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Grundlagen - Stand: 23.06.2024

Finanzinnovationen

Roland Ronig
Abgeltungsteuer

Durch die ab dem eingeführte Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge ergeben sich Auswirkungen auf die Besteuerung der Einlösungs-/ und Veräußerungserlöse bei Finanzinnovationen. Deren Veräußerung oder Einlösung ist bis 2008 regelmäßig und ab 2009 immer steuerpflichtig.

I. Definition der Finanzinnovationen

Als Finanzinnovationen werden Wertpapiere bezeichnet, bei denen sich die Kapitalerträge (teilweise) im Kurs niederschlagen. Die gesetzliche Normierung erfolgt durch § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG (Rechtslage bis 2008). Mit der Erweiterung dieser Norm im Jahr 1994 reagierte der Gesetzgeber auf die innovativen Gestaltungen der Kreditinstitute nach Einführung des Zinsabschlags.

Eine Finanzinnovation liegt nur dann vor, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der bis zum geltenden Fassung erfüllt sind. Danach muss die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden sein. Diese Merkmale müssen zum Zeitpunkt der Emission gegeben sein; eine rückschauende Betrachtung ist nicht möglich.

Die Besonderheit bei diesen Wertpapieren ist, dass – im Gegensatz zu den klassischen Schuldverschreibungen – die Veräußerung oder die Einlösung auch schon vor der Einführung der Abgeltungsteuer zu einem Tatbestand nach § 20 EStG führt, obwohl normalerweise solche Vorgänge im Privatvermögen bis dahin lediglich innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 EStG steuerpflichtig waren.

II. Rechtslage bis 2008

1. Fallgestaltungen

Besteuert wird der Veräußerungs-, Abtretungs- oder Einlösungsvorgang folgender Kapitalforderungen:

  • ab- oder aufgezinste Kapitalforderungen

    Beispiele: Zerobonds, Nullkuponanleihen oder auch niedrig verzinsliche Wertpapiere u.ä.; vgl. hierzu Stichwort „Abgeld-Aufgeld”

  • Kapitalforderungen ohne Zinsforderung bzw. Zinsforderung ohne Kapitalforderung zu einem abgezinsten Preis durch den zweiten oder weitere Erwerber (nicht durch den Ersterwerber)

    Beispiel: stripped bonds

  • Kapitalforderungen mit Zinsforderung,

    1. wenn Stückzinsen nicht gesondert in Rechnung gestellt wurden (sog. Flat-Handel) oder

    2. wenn die Höhe der Erträge von einem ungewissen Ereignis abhängt

    Beispiele: Indexzertifikate mit Garantie sowie (nach umstrittener Verwaltungsmeinung) REX-P-Zertifikate, nicht aber Floater (Floating Rate Notes). Aktienanleihen bzw. Umtauschanleihen werden einheitlich als Finanzinnovationen eingestuft und im Rahmen der sog. Marktrendite berücksichtigt. Die anderslautende Auffassung der OFD Rheinland ist mittlerweile überholt.

  • Kapitalforderungen mit Zinsforderung, wenn die Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe oder für unterschiedlich lange Zeiträume gezahlt werden

    Beispiele: Stufenzinsanleihen, nicht aber Ratinganleihen

Sofern aus Finanzinnovationen laufende Zinsen oder Stückzinsen zufließen, sind diese nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bzw. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG anzusetzen.

Um zu prüfen, ob das jeweilige Wertpapier einen der o. g. Tatbestände erfüllt, sind die Emissionsbedingungen des Wertpapiers heranzuziehen. Häufig reicht auch die Bezeichnung des Wertpapiers für eine erste steuerliche Einstufung aus.

2. Einkunftsermittlung

Da nur die Kapitalerträge im Rahmen des § 20 EStG versteuert werden dürfen, müssen diese aus dem Verkaufs- bzw. Einlösungspreis herausgerechnet werden. Hierfür sieht der Gesetzgeber zwei Methoden vor:

  • Grundsätzlich sind die Kapitaleinkünfte nach der besitzzeitanteiligen Emissionsrendite anzusetzen (s. Tz. 2a).

  • Kann diese nicht angesetzt werden bzw. wird diese nicht nachgewiesen, findet die sog. Marktrendite Anwendung (s. Tz. 2b). Zum Wahlrecht zur Marktrendite vgl Tz. 2c.

a) Emissionsrendite

Emissionsrendite ist die Rendite, die bei Ausgabe des Papiers von vornherein versprochen wird und bei Einlösung mit Sicherheit erzielt werden kann. Bei Zwischenveräußerung (= Veräußerung vor Endfälligkeit) bzw. Zwischenerwerb (= Erwerb nach Emission) ist nur die besitzzeitanteilige Emissionsrendite zu versteuern. So wird sichergestellt, dass marktzinsbedingte Kursschwankungen der Vermögenssphäre zugeordnet werden.

Die Berechnung der Emissionsrendite ist im „Zerobondserlass” mit einem Beispiel erläutert.

Von der rechnerisch ermittelten Emissionsrendite sind die bereits als Kapitaleinnahmen versteuerten Zinsen und Stückzinsen abzuziehen , da ansonsten eine Doppelbesteuerung eintreten würde.

b) Marktrendite

Haben die Wertpapiere keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach, gilt als Einnahme aus Kapitalvermögen der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung. Diese sog. Marktrendite (auch Differenzmethode) wurde vom Gesetzgeber bewusst als Ertragsermittlung zugelassen, da sie einfacher als die Emissionsrendite zu berechnen ist. Allerdings wirken sich Kursschwankungen der Vermögenssphäre (z.B. durch Zinsänderungen) bei dieser Methode steuerlich aus.

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