Leitsatz
[1] a) § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist auf den Fall einer öffentlichen Zustellung, deren Voraussetzungen für das Gericht erkennbar nicht vorlagen, nicht entsprechend anwendbar (Ergänzung von BGHZ 153, 189).
b) Lagen die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung für das Gericht erkennbar nicht vor, werden Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsfristen nicht in Gang gesetzt (Bestätigung von BGHZ 149, 311).
Gesetze: ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4
Instanzenzug: LG Düsseldorf 1 O 382/04 vom OLG Düsseldorf I-15 U 57/05 vom
Tatbestand
Der Beklagte reichte am gegen den Kläger eine auf Zahlung von 38.717,70 € nebst Zinsen gerichtete Klage ein und beantragte, diese an dem spanischen Wohnort des Klägers zuzustellen. Je ein Zustellungsversuch an dem spanischen und an dem früheren deutschen Wohnort des Klägers blieb erfolglos. Daraufhin ordnete das Landgericht auf Antrag des Beklagten am die öffentliche Zustellung der Klage an. Da sich der Kläger nicht meldete, erließ es am ein Versäumnisurteil, durch welches es ihn antragsgemäß zur Zahlung verurteilte. Es ordnete am gleichen Tag die öffentliche Zustellung auch dieses Urteils an.
Mit der vorliegenden Nichtigkeitsklage möchte der Kläger die Aufhebung seiner Verurteilung erreichen. Er behauptet, er habe erstmals am von dem Urteil erfahren, und meint, das Landgericht habe seinerzeit zu Unrecht die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung angenommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zu erneuten Verhandlung und Entscheidung in der Hauptsache des Ausgangsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision strebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hält die Nichtigkeitsklage in entsprechender Anwendung von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für zulässig. Zwar habe der Bundesgerichtshof eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle, in denen eine öffentliche Zustellung formell ordnungsgemäß angeordnet worden sei, abgelehnt. Offen gelassen habe er aber, ob das auch gelte, wenn die öffentliche Zustellung verfahrensfehlerhaft angeordnet worden sei. Ein solcher Fall liege hier vor. Das Landgericht habe im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung zu Unrecht angenommen und die öffentliche Zustellung auch des Versäumnisurteils ohne entsprechenden Antrag des Beklagten verfügt. In einem solchen Fall müsse in entsprechender Anwendung von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die Nichtigkeitsklage eröffnet sein, um dem Zustellungsbetroffenen rechtliches Gehör zu gewähren. Die Sache sei in entsprechender Anwendung des § 538 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, da dieses, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, über die Hauptsache des Ausgangsverfahrens nicht neu verhandelt habe.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Entscheidung erweist sich aber im Ergebnis aus einem anderen Grund als richtig.
1. Die erhobene Klage ist als Nichtigkeitsklage unzulässig, weil es an einem Nichtigkeitsgrund fehlt.
a) Einer der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe des § 579 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor. Das Berufungsgericht geht auch zutreffend davon aus, dass § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO hier nicht schon deshalb entsprechend angewendet werden kann, weil die Klage und das Versäumnisurteil überhaupt öffentlich zugestellt worden sind (BGHZ 153, 189, 194-196). Es meint aber, die Vorschrift sei dann entsprechend anzuwenden, wenn die Vorschriften über die öffentliche Zustellung fehlerhaft angewandt worden seien. Das ist umstritten (dafür: KG NJW-RR 1987, 1215, 1216; MünchKomm-ZPO/Braun, 2. Aufl., § 579 Rdn. 19; Wieczorek/Schütze/Borck, ZPO, 3. Aufl., § 579 Rdn. 52, 57; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 579 Rdn. 6; Brüggemann, JR 1969, 361, 370; Fischer, ZZP 107 [1994] 163, 179; ähnlich Waldner, Der Anspruch auf rechtliches Gehör, 2. Aufl., Rdn. 574; dagegen: Hk-ZPO/Kemper, § 579 Rdn. 5; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 579 Rdn. 7; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 579 Rdn. 6, 8; Gaul, JZ 2003, 1088, 1095 f.). Höchstrichterlich entschieden ist die Frage bislang nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei Beschlüssen die Möglichkeit angedeutet, § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO auf Fälle der Verletzung des rechtlichen Gehörs entsprechend anzuwenden (NJW 1992, 496; 1998, 745), hat aber keine Aussage zu der hier vorliegenden Fallgestaltung gemacht. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bisher offen gelassen (, NJW 1992, 2280, 2281; BGHZ 153, 189, 195). Das Gleiche gilt für das Bundesarbeitsgericht (BAGE 73, 378, 383).
b) Hier ist die Frage zu entscheiden. Der Senat verneint sie.
aa) Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist eine planwidrige Lücke in den gesetzlichen Vorschriften. Diese wird von den Befürwortern einer entsprechenden Anwendung darin gesehen, dass der von einer verfahrensfehlerhaft angeordneten öffentlichen Zustellung Betroffene einen solchen Fehler nicht erfolgreich rügen und sich gegen die Folgen einer verfahrensfehlerhaften öffentlichen Zustellung nicht effektiv zur Wehr setzen könne (dazu Brüggemann, JR 1969, 361, 370). Das trifft jedenfalls heute nicht mehr zu.
bb) Der Bundesgerichtshof hat in solchen Fällen zunächst die Möglichkeit der Wiedereinsetzung eröffnet. Sie ist bei einer unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordneten öffentlichen Zustellung ohne weiteres zu gewähren (, NJW 1992, 2280, 2281; ähnlich schon BVerfG, NJW 1988, 2361). Damit scheidet die Annahme einer Rechtsschutzlücke jedenfalls in Fällen aus, in denen der Fehler bei der Anordnung der öffentlichen Zustellung vor Ablauf der in § 234 Abs. 3 ZPO bestimmten Jahresfrist bemerkt wird.
cc) Später hat der Bundesgerichtshof den Schutz des Betroffenen erweitert und hierbei auch die Fälle einbezogen, in welchen der Verstoß gegen § 185 ZPO nach Ablauf der in § 234 Abs. 3 ZPO bestimmten Frist bemerkt wird und damit eine Wiedereinsetzung ausscheidet.
(1) Eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung löst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die sich an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 104, 301, 306) und des Bundesfinanzhofs (BFHE 192, 200, 202; BFH/NV 2005, 998, 1000) anlehnt, die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO nicht aus und setzt damit keine Frist in Lauf (BGHZ 149, 311, 321; ähnlich BayObLG NJW-RR 2000, 1452, 1453; OLG Hamm NJW-RR 1998, 497). Das gilt jedenfalls dann, wenn die öffentliche Zustellung bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nicht hätte angeordnet werden dürfen, deren Fehlerhaftigkeit für das Gericht also erkennbar war (BGHZ 149, 311, 323). In einem solchen Fall, von dem das Berufungsgericht hier ausgeht, kommt das Verfahren nicht zu einem wirklichen Abschluss. Es ist bei Entdeckung des Fehlers fortzusetzen, ohne dass es dazu einer Wiedereinsetzung bedürfte (BGHZ 149, 311, 322). Damit fehlt einer Nichtigkeitsklage die Grundlage.
(2) Diese Rechtsprechung hat Zustimmung (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 185 Rdn. 5), aber auch Kritik erfahren (MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Erg.-Band ZPO-Reform, § 185 Rdn. 9; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 185 Rdn. 14; Gaul, JZ 2003, 1088, 1091 f.; differenzierend Zöller/Stöber, aaO, § 186 Rdn. 9). Eingewandt wird vor allem, dass Fehler bei der Anwendung des § 185 ZPO weder den Anordnungsbeschluss als gerichtliche Entscheidung (MünchKomm-ZPO/Wenzel und Gaul jeweils aaO) noch das etwa durch eine öffentlich zugestellte Klage eingeleitete Gerichtsverfahren oder die an den Zustellungsakt anknüpfenden materiellrechtlichen Wirkungen in Frage stellen dürften (Zöller/Stöber aaO). Das allerdings geschieht in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch nicht (zutreffend Zöller/Stöber aaO). In den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs, an denen sich der Bundesgerichtshof orientiert hat, ist zwar von einer Unwirksamkeit der Verwaltungszustellung die Rede. Der Bundesgerichtshof hat der erkennbar verfahrensfehlerhaften öffentlichen Zustellung im Zivilprozess aber nicht schlechthin ihre Wirksamkeit abgesprochen, sondern einschränkend ausgeführt, dass sie in Ansehung der (im seinerzeitigen und auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen) Einspruchsfrist unwirksam sei, und diese Besonderheit mit dem Zusatz "wirkungslos" beschrieben (BGHZ 149, 311, 321). Das bedeutet im Ergebnis nur, dass eine unter erkennbar fehlerhafter Anwendung von § 185 ZPO ergangene Anordnung der öffentlichen Zustellung lediglich Fristen nicht in Gang setzt, im Übrigen aber in ihrer Wirksamkeit nicht berührt wird. Eine solche einschränkende Auslegung des § 188 ZPO ist sachlich geboten, da dem Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes gegen Fehler des Gerichts bei der Anwendung des § 185 ZPO und dem Anspruch auf rechtliches Gehör zweckmäßiger und systemgerechter nicht Rechnung getragen werden kann.
c) Damit scheidet eine entsprechende Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO auf Fälle wie den vorliegenden von vorneherein aus.
2. Die Entscheidung erweist sich aber aus einem anderen Grund als richtig.
a) Die von dem Kläger erhobene Nichtigkeitsklage ist nämlich als Einspruch gegen das Versäumnisurteil im Ausgangsverfahren anzusehen. Der Kläger hat in seiner Klageschrift keinen der gesetzlich bestimmten Nichtigkeitsgründe geltend gemacht. Er hat vielmehr vorgetragen, dass er das Versäumnisurteil deshalb angreifen wolle, weil er mangels ordnungsgemäßer Zustellung bislang keine Gelegenheit zur Rechtsverteidigung gehabt habe. Aus dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Anwendung des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zur Sicherung des rechtlichen Gehörs ergibt sich auch, dass der Kläger den zur Verfolgung dieses Sachanliegens gegebenen Rechtsbehelf einlegen wollte. Das ist der Einspruch. Die von ihm eingereichte Nichtigkeitsklage genügt den Anforderungen an eine Einspruchsschrift. Sie war an das Landgericht zu richten, das er angerufen hat. Sie ist deshalb als Einspruch gegen das Versäumnisurteil zu behandeln.
b) Der in der Nichtigkeitsklage liegende Einspruch war auch rechtzeitig.
aa) Die Einspruchsfrist ist durch die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils nicht in Gang gesetzt worden, weil diese fehlerhaft war.
(1) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt das allerdings nicht schon daraus, dass der Beklagte die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils nicht beantragt, sondern das Landgericht sie im Ausgangsverfahren von Amts wegen bewilligt hat. Das widersprach zwar der früheren Rechtslage nach § 204 Abs. 1 ZPO a.F. Diese war aber für die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vom nicht mehr maßgeblich. Am ist nämlich das Zustellungsreformgesetz vom (BGBl. I S. 1206) in Kraft getreten. Dieses sieht keine Überleitungsvorschriften vor. Die geänderten Zustellungsvorschriften galten daher auch in laufenden Verfahren für die nach seinem Inkrafttreten vorzunehmenden Zustellungen. Nach §§ 166 Abs. 2, 186 ZPO bedarf es für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung keines Antrags (mehr), wenn die Zustellung von Amts wegen zu erfolgen hat (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 186 Rdn. 3; Stein/Jonas/Roth, aaO, § 186 Rdn. 2). So liegt es bei einem Versäumnisurteil (§ 317 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es bedarf deshalb auch keiner Entscheidung darüber, ob der allein fehlende Antrag schon dazu führt, dass eine ansonsten ordnungsgemäße öffentliche Zustellung Fristen nicht in Gang setzt (offen gelassen in BGHZ 149, 311).
(2) Die angeordnete öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils war aber fehlerhaft, weil die Voraussetzungen des § 185 ZPO erkennbar nicht vorlagen. Auf § 185 Nr. 2 ZPO ließ sich die öffentliche Zustellung nicht stützen. Dafür kam es nicht auf den Erfolg der von dem Landgericht veranlassten Zustellung der Klageschrift in Spanien an. Maßgeblich ist vielmehr, ob mit dem Zustellungsland Rechtshilfeverkehr besteht und dieser grundsätzlich Erfolg verspricht (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 185 Rdn. 7; Zöller/Stöber, aaO, § 185 Rdn. 3). Das ist nach der VO (EG) Nr. 1348/2000 (ABl. EG Nr. L 160 S. 37) der Fall. Der Aufenthaltsort des Klägers war auch nicht unbekannt (§ 185 Nr. 1 ZPO). Der Kläger wohnte damals an dem Ort in Spanien, den der Beklagte im Ausgangsverfahren in seiner Klageschrift angegeben hatte und den das Versäumnisurteil als letzten bekannten Aufenthalt des Klägers bezeichnet. Das hätte das Landgericht auch erkennen können, wenn es mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen wäre. Es durfte zwar davon ausgehen, dass sich seit der nur zwei Monate zurückliegenden öffentlichen Zustellung der Klageschrift keine neuen Erkenntnisse über den Aufenthaltsort des Klägers ergeben hatten, und die öffentliche Zustellung ohne ergänzende Prüfung bewilligen. Das setzte aber voraus, dass die öffentliche Zustellung der Klageschrift ihrerseits verfahrensfehlerfrei bewilligt worden war. Daran aber fehlt es.
(3) Aus welchen Gründen das Landgericht die öffentliche Zustellung der Klageschrift bewilligt hat, ist seinem Bewilligungsbeschluss nicht zu entnehmen. Der Beklagte hat in seinem Antrag geltend gemacht, der Kläger sei unbekannten Aufenthalts, weil ihm die Klageschrift weder an seinem spanischen Wohnort noch an seinem früheren deutschen Wohnort habe zugestellt werden können. Diese Angaben waren zwar zutreffend. Hiermit durfte sich das Landgericht im Ausgangsverfahren aber nicht begnügen. Der Beklagte hatte in seinem Antrag nämlich auch mitgeteilt, dass der Kläger seine in der Klageschrift angegebene Anschrift bei dem Einwohnermeldeamt als Zweitwohnsitz angegeben habe. Das gab Veranlassung, die Ordnungsmäßigkeit der Auslandszustellung in Spanien noch einmal zu prüfen.
(4) Hierbei wäre aufgefallen, dass die spanischen Zustellungsbehörden die Klageschrift der spanischen Post mit unvollständigen Angaben übergeben hatten und ihre Mitteilung über das Ergebnis des Zustellungsversuchs im entscheidenden Punkt unergiebig war. In dem Zustellschreiben war nur die Anschrift der Wohnanlage, nicht aber die Nummer des Bungalows angegeben, in welchem der Kläger wohnt. In der Mitteilung der spanischen Stellen über das Ergebnis ihrer Bemühungen heißt es zwar, dass sich der mit der Zustellung betraute Bedienstete in Person an dem Ort eingefunden habe, den die Sekretärin der Anlage angeben habe. Als dabei gewonnene Erkenntnis wird in der Mitteilung aber nur festgehalten, dass der Kläger unter seiner deutschen Anschrift ausfindig gemacht werden könne. Zu der entscheidenden Frage, nämlich ob der Kläger in dem Bungalow in der Anlage wohnt, ob er dort zufällig gerade nicht anwesend war und ob versucht wurde, die Klageschrift durch Übergabe an die Sekretärin zur späteren Aushändigung, durch eine Niederlegung oder in anderer Weise zuzustellen, enthält die Mitteilung keine Angaben. Daran ändert auch der von dem Landgericht hervorgehobene Umstand nichts, dass eine Zustellung durch ausländische Justizbehörden gewöhnlich ein hohes Maß an Sicherheit bietet. Diese Erwartung hat sich hier nicht erfüllt. Die Mitteilung, die das Landgericht von den spanischen Justizbehörden erhalten hatte, bot keine Grundlage für die Annahme, der Kläger halte sich nicht an dem angegebenen Wohnort in Spanien auf. Dass sich, wie die Revision darlegt, dieser Mangel beheben und im Nachhinein aufklären ließe, wer die Sekretärin der Wohnanlage ist, mit welcher die spanische Zustellperson Kontakt aufgenommen haben will, und was diese Zustellperson im Einzelnen unternommen hat, ist unerheblich. Dies hätte vor der Bewilligung der öffentlichen Zustellung geschehen müssen, ist aber verfahrensfehlerhaft unterblieben.
(5) Auch das Fehlschlagen der anschließenden Zustellung an der früheren deutschen Anschrift des Klägers berechtigte das Landgericht nicht zu der Annahme, dass der Aufenthalt des Klägers unbekannt war. Ein solches Fehlschlagen war nämlich zu befürchten, da der Beklagte den Kläger unter seiner spanischen Anschrift verklagt und in seinem Antrag auf öffentliche Zustellung mitgeteilt hatte, der Kläger habe seinen spanischen Wohnsitz bei dem deutschen Melderegister angegeben. Jedenfalls half dieser Umstand nicht über die Unsicherheit hinweg, ob eine Zustellung in Spanien wirklich nicht möglich war. Das Landgericht musste deshalb, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, vor Bewilligung der öffentlichen Zustellung die Möglichkeiten einer Zustellung in Spanien weiter aufklären. Es drängte sich geradezu auf, einen erneuten Zustellungsversuch mit der vollständigen Anschrift zu unternehmen. Das wäre mit einer unmittelbaren Zustellung durch die Post nach Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1348/2000 (heute gemäß § 1068 Abs. 1 ZPO durch Einschreiben mit Rückschein) auch in einem Zeitrahmen möglich gewesen, der dem Beklagten als Gläubiger unter Berücksichtigung des erheblichen Zeitraums zumutbar war, den die erste förmliche Zustellung in Anspruch genommen hatte.
bb) Die Einspruchsfrist ist gewahrt. Der Kläger hat nach seinen Angaben am erstmals von der Existenz des Versäumnisurteils am Telefon erfahren und kann danach das Urteil nicht früher als zwei Wochen vor Einreichung seiner Nichtigkeitsklageschrift erhalten haben. Diese Angaben hat der Beklagte zwar mit Nichtwissen bestritten. Das war aber unzureichend. Die öffentliche Zustellung hatte die Einspruchsfrist nicht ausgelöst. Dies konnte erst nach § 189 ZPO durch anderweitigen Zugang geschehen. Ein solcher war mit dem Erlass der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die der Beklagten aufgrund des Versäumnisurteils am erwirkt hatte, nicht verbunden, weil das Urteil dazu nach § 750 Abs. 1 ZPO nicht erneut zugestellt werden musste. Wie ein früherer anderweitiger Zugang des Urteils bei dem Kläger sonst bewirkt worden sein soll, hat der Beklagte nicht dargelegt.
3. Das Landsgericht wird daher die Nichtigkeitsklage in der neuen Verhandlung als rechtzeitigen Einspruch gegen das Versäumnisurteil im Ausgangsverfahren zu behandeln und nach §§ 342, 343 ZPO zu verfahren haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HFR 2007 S. 401 Nr. 4
NJW 2007 S. 303 Nr. 5
WM 2007 S. 276 Nr. 6
KAAAC-27400
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja