Geschäftsveräußerung im Ganzen
Die Veräußerung eines Unternehmens im Ganzen - auch eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs - an einen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Die OFD verweist dazu auf §§ 1 Abs. 1a und 15a Abs. 10 UStG, sowie Abschnitt 5, 215 Abs. 2, 264 Abs. 7 und 270 Abs. 3 UStR 2005. Ergänzend gilt Folgendes:
Unternehmensfortführung
Eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung liegt auch dann vor, wenn der Erwerber das Unternehmen in veränderter Form fortführt. Die Fortführung erfordert eine Kontinuität der Betriebsfortführung und damit eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der vor und nach der Übereignung ausgeübten Tätigkeiten (, BStBl 2004 II S. 665 und vom , V R 45/02, BFH/NV 2005 S. 1467, , UR 2004, S. 19-24 - Zita Modes) Ändert der Erwerber seine Verwendungsabsicht hinsichtlich des erworbenen Unternehmens, ist auf die bei der Übertragung bestehende Absicht abzustellen.
Beispiel 1:V vermietet ein Bürogebäude an M, ein Handelsunternehmen. Er veräußert es an M, der das Gebäude weiterhin für sein Handelsunternehmen nutzt.
Es liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Die von M ausgeübte Handelstätigkeit ist keine Fortführung der Vermietungstätigkeit des V.
Beispiel 2:V errichtet ein Gebäude, in der Absicht, es zu vermieten. Da er keine Mieter findet, veräußert er es an E.
Es liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn E die Absicht hat das Gebäude zu vermieten. Es ist unschädlich, dass V das Unternehmen in der Gründungsphase veräußert hat (, BStBl 2003 II S. 430). Es liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn E nicht die Absicht hat, das Gebäude zu vermieten, sondern es z.B. als Geschäftsgebäude für sein Unternehmen zu nutzen (s. Beispiel 1).
Beispiel 3:V betreibt ein auf ein Großprojekt beschränktes Bauträgerunternehmen. Er erwirbt ein Grundstück und bebaute es. Um es möglichst gut veräußern zu können, sucht er Mieter und schließt mit ihnen Mietverträge ab. Er veräußert das Grundstück an M, der die Büros vermietet.
Es liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Die Bauträgertätigkeit des V führt M nicht fort. M ist vielmehr als Vermieter tätig (, BFH/NV 2005 S. 1467)
Beispiel 4:V vermietet seit Jahren ein Grundstück. Er veräußert es an E. E beabsichtigt, die Vermietungstätigkeit dauerhaft fortzuführen. Um einer drohenden Enteignung zu entgehen, veräußert er das Grundstück drei Jahre nach Erwerb.
Es liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. E führt die Vermietungstätigkeit fort. Die spätere Veräußerung war ursprünglich nicht beabsichtigt und ist deshalb unbeachtlich. Zur Prüfung der Geschäftsveräußerung ist auf die bei der Übereignung bestehende Absicht abzustellen.
Grundstücksveräußerung als gesondert geführter Betrieb?
Sofern das verkaufte Grundstück den Rahmen des Unternehmens bildete werden die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens veräußert. Bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UStG liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor.
Sofern das verkaufte Grundstück nur einen Teil des Unternehmens umfasst wird allenfalls ein Teil der wesentlichen Grundlagen des Unternehmens veräußert. Eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen ist nur dann anzunehmen, wenn es einen gesondert geführten Betrieb (vgl. Abschnitt 5 Abs. 3 UStR 2005) darstellt. Bei vermieteten Grundstücken kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sie innerhalb des Unternehmens gesondert geführte Betriebe sind. Ein solches Grundstück ist ein wirtschaftlich selbständiger Teilbetrieb. Tritt der Erwerber in die Mietverträge ein, kann er grundsätzlich die unternehmerische Tätigkeit ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortsetzen (s. zur Unternehmensfortführung Nummer 1).
Allerdings ist ein Grundstück kein gesondert geführter Betrieb, wenn er keinen für sich lebensfähigen Organismus bildet, der nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen ist. Dies ist z.B. der Fall bei einem Unternehmer der neben anderen Tätigkeiten ein unbebautes Grundstück mit dem Ziel erwirbt, ein Gebäude zu errichten, Mieter zu beschaffen und anschließend das nun bebaute Grundstück zu veräußern. Hier mangelt es an der Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen, da das Grundstück nicht dem Unternehmen diente, um als Anlagevermögen für längere Zeit zur Verfügung zu stehen. Stattdessen ist es nur notwendig gewesen, um darauf ein Gebäude errichten zu können. Das Grundstück wird also zum Zwecke der alsbaldigen Veräußerung erworben und hat damit den Charakter von Vorratsvermögen. In diesen Fällen ist von einer steuerbaren Lieferung auszugehen.
Vorsteuerabzug
Der Vorsteuerabzug aus Veräußerungskosten (z.B. Maklergebühren) richtet sich bei einer nichtsteuerbaren Geschäftsveräußerung danach, in welchem Umfang der Veräußerer das jeweilige Wirtschaftsgut seit Beginn des Jahres der Veräußerung zur Ausführung steuerfreier Ausschlussumsätze im Sinne des § 15 Abs. 2 UStG und zum Vorsteuerabzug berechtigender Abzugsumsätze verwendet hat. Ist der Besteuerungszeitraum im Kalenderjahr der Veräußerung zu kurz, um die Ermittlung einer realistischen Quote zuzulassen, kann der vorherige Besteuerungszeitraum herangezogen werden.
Steuerausweis und Haftung
Hat der Veräußerer für die nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung Umsatzsteuer - z.B. im Kaufvertrag - gesondert ausgewiesen, schuldet er den ausgewiesenen Betrag wegen des zu hohen Ausweises (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Er ist jedoch nur unter den erschwerten Bedingungen des § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG zur Rechnungsberichtigung berechtigt (§ 14c Abs. 1 Satz 3 UStG).
Berichtigt der Veräußerer die Rechnung nicht und entrichtet er die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht, haftet der Erwerber unter den Voraussetzungen des § 75 AO i.V.m. § 191 AO als Betriebsübernehmer. Dies gilt jedoch nicht für Erwerbe aus einem Insolvenz- oder Vollstreckungsverfahren (§ 75 Abs. 2 AO).
Hat ein Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger starker, die fehlerhafte Rechnung ausgestellt und entrichtet er die Umsatzsteuer nicht, haftet er nach § 69 AO (entsprechend dem zu § 14 Abs. 3 UStG a.F. ergangenen , BStBl 1995 II S. 230). Zur Prüfung, ob ein Haftungsbescheid zu erlassen ist bittetr die OFD in geeigneten Fällen das zuständige Finanzamt wegen der Frist des § 75 Abs. 1 AO zeitnah zu informieren. Scheidet mangels vorhandener Zahlungsmittel die Verletzung steuerlicher Pflichten aus (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO), kann eine Haftung des Insolvenzverwalters auf § 60, 61 InsO gestützt werden. Der Insolvenzverwalter verletzt die ihm kraft Insolvenzrecht zugewiesenen Pflichten schuldhaft, wenn er trotz überwiegender Wahrscheinlichkeit einen steuerbaren Tatbestand durch gesonderten Steuerausweis verwirklicht. Die Haftung nach §§ 60, 61 InsO ist eine zivilrechtliche Schadensersatzregelung und deshalb vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen. Der Erlass eines Haftungsbescheides gem. § 191 AO kommt nicht in Betracht.
OFD
Münster v. - S
7100 b - 132 - St 44 -
32
Fundstelle(n):
BAAAC-19517