BFH Beschluss v. - X S 5/06 (PKH)

Instanzenzug:

Gründe

I. In den Steuerbescheiden für die Streitjahre 1991 bis 1997 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Steuern und den Gewerbesteuermessbetrag im Wege der Schätzung fest. Die Schätzungsgrundlagen beruhten auf einer im Zuge einer Fahndungsprüfung vorgenommenen Durchsuchung aufgrund eines nicht angefochtenen Durchsuchungsbeschlusses. Die Einsprüche des Klägers, Beschwerdeführers und Antragstellers (Kläger) waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Dagegen hat der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Verfahrensmängel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Zugleich beantragt er unter Vorlage der „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).

II. Der Antrag auf PKH ist unbegründet.

1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Ist, wie im Streitfall, das Ziel der Rechtsverfolgung die Zulassung der Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil und hat der Beteiligte bereits durch eine vor dem BFH zur Vertretung berechtigte Person als Bevollmächtigten fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese auch fristgerecht begründet, erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten durch den BFH darauf, ob in der Beschwerdeschrift ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO ordnungsgemäß dargelegt ist ( (PKH), BFH/NV 2003, 1077).

2. Nach diesen Maßstäben kann dem Kläger PKH nicht bewilligt werden, weil die mit der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

a) Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe bei summarischer Prüfung nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH muss der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache —abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall ihrer Offenkundigkeit— schlüssig darlegen. Eine solche schlüssige Darlegung erfordert, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte und zugleich klärungsfähige Rechtsfrage herausstellt. Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers bei kursorischer Prüfung nicht.

b) Der Kläger ist der Ansicht, das FG habe das ihm bei der Würdigung strafrechtlicher Ermittlungen zustehende Ermessen nicht gesehen. Er misst daher der Frage des Ermessensspielraums und der freien Beweiswürdigung eines erstinstanzlichen Gerichts im Hinblick auf Entscheidungen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und Strafverfahren grundsätzliche Bedeutung bei. Der Kläger konnte jedoch nicht darlegen, dass diese Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann.

c) Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es auf diese Frage nicht an. Das FG hat dargelegt, dass es seine Überzeugung aufgrund des gesamten Verfahrens gewonnen hat (S. 10 des Urteils), nachdem es die Aussagen des Klägers und seiner Ehefrau in den verschiedenen Verfahren (S. 14 und 15 des Urteils) ebenso ausführlich gewürdigt hat wie die Einkommensverhältnisse der Ehefrau (S. 14 des Urteils). Das FG hat weiter dargelegt, aufgrund welcher Überlegungen es zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist und hat sich dazu mit den Feststellungen im Ermittlungsverfahren auseinandergesetzt. Es hat auch darauf abgestellt, dass der Kläger die ihm gegebene Gelegenheit, die durch die Feststellungen im Ermittlungsverfahren ermöglichten Annahmen zu entkräften und zu widerlegen, nicht genutzt habe. Von daher entbehrt die Ansicht des Klägers der Grundlage, das FG habe sich durch das Ermittlungsverfahren und insbesondere durch den rechtskräftigen Durchsuchungsbeschluss an der Bildung einer freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung gehindert gesehen. Das FG hat lediglich —in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung— darauf hingewiesen, dass ihm wegen der Rechtskraft des Durchsuchungsbeschlusses dessen nochmalige Überprüfung verwehrt ist und dass Ermittlungsmaßnahmen nur dann ein Verwertungsverbot bewirken, wenn sie für rechtswidrig erklärt worden sind (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594, m.w.N.). Der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach dem Ermessensspielraum bei der Verwertung strafrechtlicher Ermittlungsergebnisse kommt somit in dem angestrebten Revisionsverfahren keine Bedeutung zu.

2. Der Kläger hat auch den Zulassungsgrund der Abweichung des angefochtenen Urteils von anderen Entscheidungen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Weise dargelegt.

Rügt der Beschwerdeführer —wie hier—, das FG sei von Entscheidungen des BFH abgewichen, so ist dieser Zulassungsgrund nur dann ordnungsgemäß dargelegt, wenn in der Beschwerdebegründung abstrakte, entscheidungserhebliche Rechtssätze des angefochtenen Urteils und der behaupteten Divergenzentscheidungen herausgearbeitet und einander gegenübergestellt werden. Daran hat es der Kläger fehlen lassen. Letztlich stützt er die Divergenzrüge ausschließlich auf die durch die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils widerlegte Ansicht, das FG habe das ihm zustehende Ermessen bei der Verwertung der strafrechtlichen Ermittlungsergebnisse nicht ausgeübt.

3. Die Zulassung der Revision kann ebenso wenig auf die Einwendungen des Klägers gestützt werden, das FG habe weder in schlüssiger noch in sonst nachvollziehbarer Weise dargetan, wer Eigentümer der bei der Durchsuchung gefundenen Vermögensgegenstände ist, noch sich mit der Eigentumsvermutung des § 1006 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auseinandergesetzt; vielmehr habe es sich in unvollkommener Weise mit der Tatsache beschäftigt, dass die Vermögensgegenstände nicht bei ihm selbst, sondern in der Wohnung seiner damaligen Freundin (der späteren Ehefrau) gefunden worden seien, und sich insoweit auch nicht mit seinem Vortrag befasst. Die in diesen Ausführungen liegende Behauptung einer fehlerhaften Würdigung des Sachverhalts und der Beweise ist dem materiellen Recht zuzuordnen und der Prüfung des BFH im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82, m.w.N.).

4. Auch die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen kursorischen Prüfung nicht vor.

a) Die Rüge des Klägers, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt, weil es sich auf einen unveröffentlichten und ihm nicht bekannten Beschluss vom bezogen habe, entbehrt der Grundlage. Der genannte Beschluss ist in einem den Kläger selbst betreffenden Verfahren ergangen und war ihm daher bekannt. Zudem hatte sich das FG auf diesen Beschluss bereits in dem Beschluss vom bezogen, mit dem es den vom derzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers gestellten Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt hat.

b) Die Rüge des Klägers, das FG habe die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht.

Rügt der Beschwerdeführer die Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG mit der Begründung, das FG habe eine Zeugin nicht vernommen, obwohl er selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, so muss er darlegen, weshalb sich die Zeugenvernehmung dem FG auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen. Ein solches Vorbringen hat der im Klageverfahren rechtskundig vertretene Kläger unterlassen.

5. Insgesamt ist somit bei der gebotenen summarischen Prüfung kein Grund für eine Zulassung der Revision erkennbar, so dass die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Entscheidung über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde stellt der Senat bis vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses zurück, um dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, zu prüfen, ob er ggf. seine Beschwerde zur Vermeidung höherer Gerichtskosten zurücknehmen möchte.

6. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstelle(n):
GAAAC-19469