Voraussetzungen für die Qualifizierung eines GmbH-Anteils als Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft
Gesetze: EStG § 15
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) waren zu gleichen Teilen Gesellschafter einer OHG, deren Zweck der Groß- und Einzelhandel mit Edelmetall und Schmuck war. Im Jahr 1991 gründeten die Kläger zusammen mit einem weiteren Gesellschafter eine GmbH, die den Einzelhandel mit Uhren, Schmuck und Juwelen in X zum Gegenstand hatte. Im Januar 1993 erwarben die Kläger auch den Anteil des weiteren Gesellschafters. Zum war die Gesellschaft überschuldet; infolge von Gesellschafterdarlehen brauchte allerdings zunächst kein Konkurs angemeldet zu werden. Zur Konkursanmeldung kam es im August 1994.
Anlässlich einer im Jahr 1996 durchgeführten Betriebsprüfung machten die Kläger erstmalig geltend, bei den GmbH-Anteilen handle es sich um notwendiges Sonderbetriebsvermögen der Kläger bei der OHG. Der bisher in den Einkommensteuererklärungen der Kläger geltend gemachte Aufgabeverlust i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stelle daher einen gewerblichen Verlust dar.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht. Der Einspruch gegen den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Änderungsbescheid zum Gewerbesteuermessbetrag 1993 hatte keinen Erfolg. Auch die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos. Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist —bei erheblichen Bedenken gegen die Zulässigkeit— jedenfalls unbegründet.
1. Bei kumulativer Begründung des vorinstanzlichen Urteils kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1995, 602; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116, Rz 28, jeweils m.w.N.). Im Streitfall hat das FG seine Entscheidung zum einen darauf gestützt, dass die GmbH-Anteile nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Kläger bei der OHG gehört hätten, zum anderen darauf, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung zum Bilanzstichtag (aus zweierlei Gründen) nicht vorgelegen hätten.
2. GmbH-Anteile als Sonderbetriebvermögen II
a) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sind nicht in zulässiger Weise dargetan.
Wird gerügt, dass das Urteil der Vorinstanz von der Rechtsauffassung des BFH oder eines anderen Gerichts abgewichen sei, so müssen in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in den angeblichen Divergenzentscheidungen so genau bezeichnet werden, dass die Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, aus neuerer Zeit z.B. , BFH/NV 2005, 1315). Das ist indes nicht geschehen. Die Beschwerdebegründung enthält zwar Rechtssätze aus verschiedenen Urteilen des BFH und anderer FG. Sie formuliert jedoch keinen Rechtssatz der Vorentscheidung, der von diesen Rechtssätzen abwiche. Die behaupteten Abweichungen liegen auch tatsächlich nicht vor.
Die Kläger vertreten die Auffassung, das FG habe in seiner Entscheidung den Rechtssatz des BFH, dass ein GmbH-Anteil zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters bei „seiner” Personengesellschaft gehöre, wenn eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen OHG und der GmbH vorliege derart, dass die eine Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen erfülle, in unzulässiger Weise eingeschränkt. Das FG gehe nämlich offensichtlich davon aus, dass diese Voraussetzung nur dann vorliege, wenn die GmbH eine wesentliche Funktion der Personengesellschaft erfülle, nicht jedoch im umgekehrten Fall.
Angesichts der Definition des Sonderbetriebsvermögens II, zu dessen Wesensmerkmal es gehört, dass das betreffende Wirtschaftsgut (hier die GmbH-Beteiligung) unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Beteiligung an der Personengesellschaft dient, ist die einschränkende Auslegung des FG jedoch naheliegend (vgl. Senatsurteil vom IV R 12/95, BFH/NV 1996, 736, 3. Sp.). Das gilt ungeachtet dessen, dass die Einschränkung nicht in allen BFH-Entscheidungen ausdrücklich hervorgehoben wird, was möglicherweise damit zusammen hängt, dass der BFH sie als selbstverständlich angesehen hat.
b) Die Beschwerdebegründung erfüllt auch nicht die Voraussetzungen, die an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der vorgenannten Rechtsfrage zu stellen sind. Hierzu wäre u.a. eine eingehende Auseinandersetzung mit dem einschlägigen Schrifttum erforderlich gewesen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 1503, zu II.1.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N.). Im vorliegenden Fall hätte sich die Beschwerdebegründung insbesondere mit den Ausführungen von Söffing (Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 2003, 455 ff.) auseinander setzen müssen, der mit überzeugenden Gründen und unter ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass ein GmbH-Anteil des Sowohl-als-auch-Gesellschafters nur dann Sonderbetriebsvermögen II bei der Personengesellschaft darstellt, wenn die Beteiligung des Mitunternehmers an der Kapitalgesellschaft seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft dient, dass es dagegen nicht ausreicht, wenn infolge der Beteiligung eines Mitunternehmers an einer Kapitalgesellschaft die Mitunternehmerschaft der Kapitalgesellschaft dient (DStZ 2003, 455, 457, l. Sp. 2. Absatz).
c) Die von den Klägern gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
aa) Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das FG den Hinweis der Kläger auf das (BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786) übersehen hätte. Die Kläger machen geltend, der BFH habe in diesem Urteil die Auffassung vertreten, es handle sich bei GmbH-Anteilen um notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers, wenn dieser vorgeschoben werde, um nicht die Mitunternehmerschaft als Träger der Rechte und Pflichten aus bestimmten Geschäften in Erscheinung treten zu lassen. Eine dahin gehende Äußerung enthält das BFH-Urteil jedoch nicht. Der BFH befasst sich (unter I.5. der Gründe) vielmehr nur mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die vom Gesellschafter eines in der Form einer Personengesellschaft betriebenen Bankhauses getätigten Bankgeschäfte den Gewinn der Mitunternehmerschaft beeinflussen. Im Streitfall stellt sich eine vergleichbare Frage schon deswegen nicht, weil nicht die Kläger, sondern die OHG die GmbH beliefert haben. Bereits aus diesem Grund brauchte das FG sich mit dem Zitat aus dem BFH-Urteil in BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786 nicht auseinander zu setzen.
bb) Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Urteil des FG auch i.S. des § 119 Nr. 6 FGO mit Gründen versehen.
Nach dem Sinn des sich aus § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO ergebenden Begründungszwangs sollen die Prozessbeteiligten darüber Kenntnis erhalten, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Diesem Zweck genügt eine Begründung nur dann nicht und stellt deshalb einen Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO dar, wenn den betroffenen Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, weil die Begründung des Urteilsspruchs überhaupt oder im Hinblick auf einen —selbständigen— prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt oder weil die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren sind (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 768).
Die Kläger haben in ihrer Beschwerdebegründung keine Tatsachen bezeichnet, die einen wesentlichen Begründungsmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO ergäben. Das FG hat das Fehlen einer engen wirtschaftlichen Verflechtung in seiner Entscheidung unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH (z.B. Senatsurteil in BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786) mit der Begründung verneint, dass die OHG zu der GmbH dieselben Geschäftsbeziehungen unterhalten habe wie zu den anderen von ihr belieferten Einzelhändlern. Es liegt daher nahe, dass es der Behauptung der Kläger, die OHG habe sich ursprünglich selbst an der GmbH beteiligen wollen, keine Bedeutung beigemessen hat.
cc) Wenn die Kläger Verstöße gegen die Denkgesetze rügen, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei solchen Verstößen nicht um Verfahrensfehler, sondern um Rechtsfehler handelt, die im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde allenfalls dann eine Rolle spielen könnten, wenn sich die Entscheidung des FG als objektiv willkürlich darstellt oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (, BFH/NV 2004, 1112, zu 5.). Davon kann im Streitfall keine Rede sein. So ist nicht erkennbar, inwiefern das FG nicht (stillschweigend) davon ausgehen durfte, dass eine Einzelhandels-GmbH für einen Großhandelsbetrieb nicht dieselbe Bedeutung hat wie eine GmbH, die den Vertrieb der gesamten Erzeugnisse eines Herstellungsunternehmens übernimmt. Das Gleiche gilt für die Annahme des FG, die Gesellschafterstellung der Kläger in der OHG habe durch die Beteiligung an der Einzelhandels-GmbH auch deswegen nicht gestärkt werden können, weil die Gesellschafter im Verhältnis zur OHG einem Wettbewerbsverbot unterlegen hätten. Zudem spielte diese Würdigung des Wettbewerbsverbots in der Argumentation des FG keine tragende Rolle, sondern diente nur zur Abrundung des gefundenen Ergebnisses.
3. Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung
Nach dem unter 1. Ausgeführten kommt es nicht mehr darauf an, ob insoweit Gründe für die Zulassung der Revision vorliegen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2257 Nr. 12
DB 2007 S. 16 Nr. 27
KÖSDI 2006 S. 15304 Nr. 11
KÖSDI 2006 S. 15306 Nr. 11
VAAAC-18560