Ruhen des Verfahrens bei beiderseitigem Antrag
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Anordnung des Ruhens des Verfahrens durch das Finanzgericht (FG).
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Stundung der Nachzahlung von Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum 2002. Vor dem FG sind noch weitere Streitverfahren zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) anhängig, unter anderem eines betreffend die Körperschaftsteuer der Jahre 1990 bis 1994, die verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer auf den bis sowie die Gewerbesteuermessbeträge 1987 bis 1995, die gesonderten Feststellungen nach § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes zum bis zum , die gesonderten Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den bis zum , die Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den bis sowie die gesonderten und einheitlichen Feststellungen des gemeinen Werts der Anteile auf den bis und eines betreffend die Körperschaftsteuer 1986 bis 1989. Im Kern streiten die Beteiligten in den genannten Verfahren insbesondere um die steuerliche Behandlung von Leistungen der Klägerin an zwei Auslandsgesellschaften, bei welchen es sich nach Auffassung des FA um Domizilgesellschaften ohne eigenen Geschäftsbetrieb handele, die lediglich der Verlagerung der von der Klägerin erzielten Gewinne ins Ausland dienten.
Mit Beschluss des Senatsvorsitzenden vom hat das FG vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und § 251 der Zivilprozessordung (ZPO) in der vorliegenden Sache das Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens…angeordnet, weil anzunehmen sei, dass die Beteiligten danach den vorliegenden Rechtsstreit außergerichtlich erledigen würden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, der das FG nicht abgeholfen hat.
II. Die gemäß § 128 Abs. 1 FGO statthafte Beschwerde ist begründet, weil die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens nicht gegeben sind.
Zwar ist im finanzgerichtlichen Verfahren die gerichtliche Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach Maßgabe von § 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO möglich (, BFHE 161, 1, BStBl II 1990, 944). Wesentliche Voraussetzung einer solchen Anordnung ist aber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 251 ZPO ein entsprechender Antrag beider Hauptbeteiligter (Senatsbeschluss vom I B 72/97, BFH/NV 1998, 601), an dem es vorliegend fehlt. Keiner der Beteiligten hat das Ruhen des Verfahrens förmlich beantragt oder die Zustimmung hierzu in sonstiger Weise zum Ausdruck gebracht. Hierzu bestand gar keine Gelegenheit, weil das FG die Beteiligten —im Übrigen unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes)— vor Beschlussfassung nicht über die beabsichtigte Ruhensanordnung in Kenntnis gesetzt hat.
Eine Umdeutung des angegriffenen Beschlusses in eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen Vorgreiflichkeit eines anderen anhängigen Rechtsstreits gemäß § 74 FGO scheidet schon deshalb aus, weil die Beschlussgründe weder Feststellungen zur Vorgreiflichkeit des Verfahrens…noch Ausführungen zu der im Rahmen der Entscheidung nach § 74 FGO zu treffenden Ermessensentscheidung (vgl. Senatsurteil vom I R 12/90, BFHE 161, 409, BStBl II 1990, 986) enthalten.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt (vgl. Senatsbeschluss vom I B 91/05, BFH/NV 2006, 1115, m.w.N.).
Fundstelle(n):
KÖSDI 2007 S. 15425 Nr. 2
LAAAC-17976