BAG Urteil v. - 6 AZR 615/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: LBG NW § 10 Abs. 4; BRRG § 116; BBG § 10 Abs. 3; BAT § 50 Abs. 2; GG Art. 12 Abs. 1

Instanzenzug: ArbG Paderborn 1 (2) Ca 1942/04 vom LAG Hamm 11 Sa 787/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis in Folge der Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Widerruf beendet wurde, sowie über einen Anspruch auf unbezahlten Sonderurlaub.

Die Klägerin war seit Januar 1998 als Regierungsangestellte im Umfang von 19,25 Wochenstunden bei dem beklagten Land beschäftigt. Sie arbeitete im Studienseminar für die Primarstufe in P. Während der Zeit ihrer Beschäftigung bei dem beklagten Land absolvierte sie ein Studium der Wirtschaftswissenschaften (International Business Studies), das sie im Januar 2003 als Diplomkauffrau abschloss. Anschließend ließ sie diesen Studienabschluss als Erstes Staatsexamen für das Lehramt anerkennen und bewarb sich für den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Berufskollegs. Im Juni 2004 erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass sie zu einem entsprechenden Vorbereitungsseminar zugelassen wird. Sie beantragte daraufhin bei dem beklagten Land die Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub bis zum . Der Antrag wurde abgelehnt, ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Arbeitsgericht Paderborn blieb ohne Erfolg (Urteil vom - 1 Ga 21/04 -). Am wurde die Klägerin durch das beklagte Land zur Beamtin auf Widerruf ernannt und trat den Vorbereitungsdienst an.

Mit der Klage vom hat die Klägerin für die Zeit des Vorbereitungsdienstes vom bis zum die Gewährung von Sonderurlaub verlangt und in der Berufsinstanz klageerweiternd die Feststellung begehrt, dass das seit dem zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fortbesteht. Sie hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land sei nach § 50 Abs. 2 BAT zur Gewährung des Sonderurlaubs für den Vorbereitungsdienst verpflichtet. Die Ablehnung des Urlaubs durch die Bezirksregierung sei ermessensfehlerhaft. Die Ableistung des Vorbereitungsdienstes zur Erlangung des Zweiten Staatsexamens stelle einen wichtigen Grund für die Gewährung von Sonderurlaub dar. Eine Pflichtenkollision zwischen einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis und dem Beamtenverhältnis auf Widerruf sei nicht zu besorgen. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei daher nicht nach § 10 Abs. 4 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG NW) aufgelöst worden.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien mit Wirkung vom begründete Arbeitsverhältnis fortbesteht sowie

2. das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom bis zum Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge zu gewähren.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Sonderurlaub, weil das Arbeitsverhältnis gemäß § 10 Abs. 4 LBG NW mit der Ernennung der Klägerin zur Beamtin beendet worden sei. Die Vorschrift erfasse nach ihrem Wortlaut sämtliche Beamten- und Arbeitsverhältnisse und trage dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Hätte der Gesetzgeber nach Art und Umfang der Tätigkeit differenzieren wollen, so hätte er eine entsprechende Formulierung in den Gesetzestext aufgenommen. Öffentliche Arbeitgeber sollten nicht mit einer Einzelfallprüfung je nach dem konkreten Status eines Mitarbeiters belastet werden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel mit der Maßgabe weiter, dass das Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbesteht. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist mit der Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Widerruf zum erloschen. Der Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub für die Zeit vom bis ist mangels eines in diesem Zeitraum bestehenden Arbeitsverhältnisses unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung zusammengefasst wie folgt begründet:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei mit der Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Widerruf beendet worden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 4 LBG NW seien erfüllt. Die Norm unterscheide nicht zwischen verschiedenen Arten des Beamtenverhältnisses. Sie finde deshalb auch auf die Ernennung zum Beamten auf Widerruf Anwendung. Die Umstände des zu entscheidenden Falls rechtfertigten es nicht, von dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 4 LBG NW abzuweichen. Es widerspräche der mit dieser Vorschrift angestrebten Klarheit der Rechtsverhältnisse, wenn die kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Abwägung wechselnder Umstände des Einzelfalls abhängig gemacht würde.

Dementsprechend sei auch der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Sonderurlaub zurückzuweisen gewesen. Ein Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen der Klägerin Sonderurlaub hätte erteilt werden können, habe im Anspruchszeitraum nicht mehr bestanden.

II. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und weitgehend in der Begründung.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch besteht. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist nicht nur Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Sonderurlaub, sondern für eine Vielzahl weiterer möglicher Rechte und Pflichten. Auch der auf die tatsächliche Gewährung des Sonderurlaubs gerichtete Leistungsantrag ist zulässig, weil der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwar notwendige Voraussetzung für die Gewährung von Sonderurlaub ist, eine für die Klägerin positive Entscheidung des Antrags zu Ziffer 1 das beklagte Land aber noch nicht zur Gewährung des Urlaubs verpflichten würde.

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist gemäß § 10 Abs. 4 LBG NW erloschen.

Die Klägerin ist am durch die Aushändigung der Ernennungsurkunde zur Beamtin auf Widerruf ernannt worden (§ 88 Abs. 2 Satz 1 LBG NW). Gemäß § 10 Abs. 4 iVm. Abs. 1 LBG NW erlischt mit der Ernennung zum Beamten ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum Dienstherren (§ 2 LBG NW). Die Norm erfasst jede Ernennung zum Beamten und unterscheidet nicht zwischen der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit und der Ernennung zum Beamten auf Widerruf. Die Auslegung des Landesarbeitsgericht entspricht dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 LBG NW. Ein anderes Auslegungsergebnis ist in Anbetracht des klaren und unmissverständlichen Wortlauts auch unter Berücksichtigung weiterer Auslegungskriterien nicht möglich.

a) Die Auslegung eines Gesetzes durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen. Zunächst ist vom Gesetzeswortlaut auszugehen. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille des Gesetzgebers und der damit von ihm verfolgte Sinn und Normzweck des Gesetzes zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den systematischen Zusammenhang, sofern er im Gesetz erkennbaren Ausdruck gefunden hat ( - AP BAT-O § 23a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 612 Nr. 4), weil häufig nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden können. Ein eindeutiger Wortsinn ist grundsätzlich bindend ( -BGHZ 46, 74, 76). Von ihm darf nur abgewichen werden, wenn der Gesetzeszweck eine abweichende Auslegung nicht nur nahe legt, sondern gebietet ( - BGHZ 2, 176, 184; Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. Einleitung Rn. 40 ff. mwN). Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer zweckmäßigen, vernünftigen und gerechten Regelung führt.

b) Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen stand.

aa) Bereits aus dem Wortlaut des 10 Abs. 4 LBG NW folgt, dass ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum Dienstherrn mit der Ernennung zum Beamten und damit auch mit der Ernennung zum Beamten auf Widerruf erlischt. Der Wortlaut der Vorschrift entspricht exakt dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 BBG und beruht auf § 116 BRRG, wonach durch Gesetz bestimmt werden kann, dass mit der Berufung in das Beamtenverhältnis ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum Dienstherrn erlischt. Von dieser Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen Gebrauch gemacht. Für eine abweichende Auslegung, nur die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit - nicht aber die Ernennung zum Beamten auf Widerruf - solle zum Erlöschen des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses führen, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Raum. Anhaltspunkte für ein redaktionelles Versehen des Landesgesetzgebers sind auch in Anbetracht des Umstandes, dass beispielsweise das Land Rheinland-Pfalz in § 8 Abs. 5 Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz (LBG RP) die Ernennung zum Beamten auf Probe oder Widerruf vom Erlöschenstatbestand ausgenommen hat, nicht ersichtlich.

bb) Dieses Auslegungsergebnis folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung. § 10 Abs. 4 LBG NW dient einer klaren und eindeutigen zeitlichen Abgrenzung zwischen früherem und neuem Beschäftigungsverhältnis unter Vermeidung eines unvereinbaren Nebeneinanders von privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Rechtsverhältnis (zu § 10 Abs. 3 BBG: - BAGE 85, 351, 354; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer Kommentar zum BBG Stand Januar 2006 § 10 BBG Rn. 19). Diese Vorschrift trägt zum einen dem Grundsatz Rechnung, dass sich der Beamte gemäß § 54 Satz 1 BBG mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen hat. Mit diesem Grundsatz ist ein neben dem Beamtenverhältnis bestehendes und ebenfalls zur Dienstleistung für den Dienstherrn verpflichtendes privatrechtliches Arbeitsverhältnis grundsätzlich unvereinbar. Mit der Gewährung von Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge werden lediglich die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert, die Nebenpflichten - wie etwa das Verhalten des Arbeitnehmers/Beamten bei einem Arbeitskampf - wirken fort. Zum anderen wird durch die Regelung eine missbräuchliche Ausnutzung des Beamtenverhältnisses zu dem Zweck, dem Arbeitnehmer nur durch die formelle Begründung eines Beamtenverhältnisses eine zusätzliche Versorgung zu verschaffen, verhindert (GKÖD Stand Januar 2006 K § 10 Rn. 14). Für eine eingeschränkte Anwendung des § 10 Abs. 4 LBG NW auf bestimmte Beamtenverhältnisse - etwa ohne Beamtenverhältnisse auf Widerruf oder auf Probe - ist keine hinreichend deutliche Grundlage ersichtlich. Es liefe der mit der Vorschrift angestrebten Klarheit der Rechtsverhältnisse zuwider, die kraft Gesetzes eintretende Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses von einer möglicherweise schwierigen und unsicheren Abwägung im Einzelfall abhängig zu machen (Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer aaO § 10 BBG Rn. 22).

c) Dieser Auslegung steht die Entscheidung des - 9 AZR 63/97 - ZTR 1999, 35) nicht entgegen.

aa) Der 9. Senat hat in seinem Beschluss nach Erledigung der Hauptsache die Ablehnung der Anwendung des wortgleichen § 13 Abs. 4 des Landesbeamtengesetzes Schleswig-Holstein (LBG SH) durch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein ( - 2 Sa 423/96 - ZTR 1997, 133) für vertretbar erachtet, von einer abschließenden Stellungnahme, ob § 13 Abs. 4 LBG SH der Gewährung von Sonderurlaub entgegensteht, aber abgesehen. Das Landesarbeitsgericht hatte in seiner Entscheidung für einen mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt der Ernennung eines Angestellten zum Beamten auf Widerruf zunächst die Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 BAT bejaht und erst in einem zweiten Schritt die Anwendung des § 13 Abs. 4 LBG SH auf die Ernennung zum Beamten auf Widerruf unter Hinweis auf die Entscheidung des - 4 AZR 534/93 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 72) abgelehnt. Der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 4 LBG SH bestehe lediglich darin, eine missbräuchliche Doppelversorgung bei nebeneinander bestehendem privatrechtlichen Dienstverhältnis und Beamtenverhältnis zu verhindern. Solche Umstände seien bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis neben dem Beamtenverhältnis zur Ableistung des Vorbereitungsdienstes nicht gegeben (LAG Schleswig-Holstein - - 2 Sa 423/96 - aaO).

bb) Die Argumentation des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein überzeugt nicht.

Die Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Gewährung von Sonderurlaub iSd. § 50 Abs. 2 BAT stellt sich nur dann, wenn ein Arbeitsverhältnis - von dem Urlaub gewährt werden soll - überhaupt noch besteht. Ob ein solches Arbeitsverhältnis besteht, hängt von der Anwendbarkeit des § 10 Abs. 4 LBG NW bzw. § 13 Abs. 4 LBG SH ab.

Der Wortlaut der Vorschriften ist - wie bereits dargelegt - eindeutig. Eine einschränkende Anwendung lässt sich auch nicht mit einem abweichenden Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestandes begründen. § 10 Abs. 4 LBG NW und § 13 Abs. 4 LBG SH bezwecken unter anderem die klare und eindeutige zeitliche Abgrenzung zwischen früherem und neuem Beschäftigungsverhältnis unter Vermeidung eines unvereinbaren Nebeneinanders von privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Rechtsverhältnis (zu § 10 Abs. 3 BBG: - BAGE 85, 351, 354; Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer Kommentar zum BBG Stand Januar 2006 § 10 BBG Rn. 19; ErfK/Preis 6. Aufl. § 611 BGB Rn. 154). Das Landearbeitsgericht hat diesen Zweck der Vorschrift übersehen. Seine Auslegung läuft der mit der Vorschrift angestrebten Klarheit der Rechtsverhältnisse zuwider (Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer aaO § 10 BBG Rn. 22).

Soweit sich das Landesarbeitsgericht auf die Entscheidung des 4. Senats des - 4 AZR 534/93 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 72) beruft, hat es verkannt, dass der 4. Senat die Zulässigkeit der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit dem Dienstherrn nach der Ernennung jenes Klägers zum Beamten auf Widerruf deshalb bejaht hat, weil der Wortlaut des § 10 Abs. 4 LBG NW nur das Erlöschen des bestehenden privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses vorschreibt, der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses jedoch nicht entgegensteht ( - aaO, zu II 3 c aa der Gründe). Der Gesetzgeber hat die nachträgliche Begründung des Arbeitsverhältnisses nicht ausgeschlossen und dem Dienstherrn eine umfassende einzelfallbezogene Prüfung eingeräumt, ob die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen oder eine Pflichtenkollision zu besorgen ist. Der Ausschluss der Anwendung des § 10 Abs. 4 LBG NW auf die Ernennung zum Beamten auf Widerruf oder Probe würde dagegen dazu führen, dass der Dienstherr in jedem dieser Fälle die Voraussetzungen der Vereinbarkeit des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses mit dem Beamtenverhältnis überprüfen müsste. Zudem müsste in diesen Fällen, soweit keine einvernehmliche Beendigung erfolgt, das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung unter Beachtung etwaiger Kündigungsfristen und Kündigungsschutzvorschriften beendet werden.

Auch wenn die Gefahr einer missbräuchlichen Doppelversorgung bei der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf grundsätzlich nicht zu befürchten ist und über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille des Gesetzgebers und der damit von ihm verfolgte Sinn und Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen ist, findet eine teleologische Reduktion ihre Grenzen im Wortsinn der Norm ( - BGHZ 46, 74, 76). Eine Gesetzesauslegung darf nicht zu einer Gesetzesumgehung führen. Vom Wortsinn darf nur dann abgewichen werden, wenn der Gesetzeszweck eine abweichende Auslegung nicht nur nahe legt, sondern gebietet (Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. Einleitung Rn. 40 ff. mwN). Eine abweichende Auslegung ist unter Beachtung dieser Grundsätze vorliegend weder zulässig noch geboten. Der Bundesgesetzgeber hat mit § 116 BRRG in Ausübung seiner Rahmenkompetenz den Ländern die Entscheidung überlassen, ob sie der bundesrechtlichen Regelung folgen oder eine eingeschränkte Regelung treffen. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat in § 10 Abs. 4 LBG NW die Entscheidung getroffen, dass mit jeder Ernennung zum Beamten ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis zum Dienstherrn erlischt. Es hat seine Kompetenz ausgeübt und die entsprechende beamtenrechtliche Vorschrift ohne Einschränkung übernommen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Auffassung über eine generelle Unvereinbarkeit eines Arbeits- mit einem Beamtenverhältnis überholt sei (in diesem Sinne: - ZTR 1999, 35; anders - 2 AZR 241/96 - BAGE 85, 351, 354; - 8 AZR 369/96 -) und das Erlöschen des privaten Arbeitsverhältnisses für Beamte auf Widerruf, deren Arbeitsverhältnis ruht, nicht als zwingend erachtet (vgl. § 8 Abs. 5 LBG RP), hat der Landesgesetzgeber in § 10 Abs. 4 LBG NW eine eindeutige Regelung getroffen, die von den Gerichten zu respektieren ist. Das Interesse der Klägerin, neben der Ausbildung zur Lehrerin, die mit ihrer Tätigkeit als Regierungsangestellte nicht vergleichbar ist, ein Arbeitsverhältnis bei einem öffentlichen Arbeitgeber vorzuhalten, rechtfertigt es nicht, von dem eindeutigen Wortlaut des § 10 Abs. 4 LBG NW abzuweichen. Hätte der Landesgesetzgeber zwischen einzelnen Beamtengruppen differenzieren und gerade in den Fällen der Ernennung zum Beamten auf Widerruf auf das Erlöschen des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses verzichten wollen, so hätte er eine entsprechende Regelung getroffen. Gelangt er jedoch im Rahmen seiner Kompetenz zu einer gegenteiligen Wertung, so ist diese Entscheidung vorbehaltlich ihrer Vereinbarkeit mit höherrangigen Recht selbst dann zu respektieren, wenn eine andere Wertung sachlich vertretbar oder rechtlich zulässig wäre.

3. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 4 LBG NW bestehen nicht, insbesondere wird das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht verletzt.

a) Art. 12 Abs. 1 GG schützt sowohl die Freiheit der Berufswahl als auch die Freiheit der Berufsausübung. Die Berufsfreiheit kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Die materielle Grenze der Einschränkbarkeit wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt. Je intensiver die Berufsfreiheit eingeschränkt wird, um so schwerer müssen die Gründe wiegen, die den Eingriff rechtfertigen sollen.

Art. 12 Abs. 1 GG schützt unter anderem die freie Wahl des Arbeitsplatzes.

Diese umfasst neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch den Willen des Einzelnen, den Arbeitsplatz beizubehalten. Das Grundrecht entfaltet seinen Schutz gegen alle Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit beschränken. Allerdings ist damit weder ein Anspruch auf Bereitstellung eines Arbeitsplatzes eigener Wahl noch eine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz verbunden. Ebenso wenig verleiht das Grundrecht unmittelbaren Schutz gegen den Verlust eines Arbeitsplatzes ( - BVerfGE 92, 140, 150). Auch die Arbeitsplatzwahl kann durch Gesetz beschränkt werden. Zwischen den einzelnen Garantien von Art. 12 Abs. 1 GG ist keine klare Grenzziehung möglich. Art. 12 Abs. 1 GG formuliert ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit, dessen verschiedene Gewährleistungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings insofern Bedeutung haben, als an die Einschränkung von Berufs- und Arbeitsplatzwahl höhere Anforderungen gestellt werden als an die Einschränkung der Berufsausübung. Für erstere sind zwingende Gründe des Allgemeinwohls erforderlich ( - BVerfGE 92, 140, 151), während ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zulässig ist, wenn für den Eingriff vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen ( - BVerfGE 7, 377, 405 ff.).

b) Die Regelung des § 10 Abs. 4 LBG NW ist aber auch bei der vorliegenden Fallkonstellation, selbst wenn bei ihr von einem Eingriff in die Berufswahl auszugehen sein sollte, mit Art. 12 Abs. 1 GG jedenfalls deswegen vereinbar, weil die größere Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen ist, die dem Gesetzgeber bei berufsrechtlichen Regelungen für staatlich gebundene Berufe zukommt.

Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst zwar auch Berufe, die im öffentlichen Dienst ausgeübt werden. Für die Berufe des öffentlichen Dienstes eröffnet Art. 33 GG aber die Möglichkeit zu Sonderregelungen, die darauf beruhen, dass in diesen Berufen staatliche Aufgaben wahrgenommen werden, und die nicht allein die Zahl der verfügbaren Stellen, sondern auch die Bedingungen zur Ausübung dieses Berufes betreffen ( - BVerfGE 73, 301, 315). Wegen der Teilnahme am Vorbereitungsdienst für das zweite Staatsexamen zum Lehramt ist die Klägerin nicht in der Lage, die von ihr geschuldete Leistung im Rahmen des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses zu erbringen. Sie absolviert eine Ausbildung, die mit ihrer bisherigen Tätigkeit als Regierungsangestellte nicht zu vergleichen ist. Mit der Ernennung zur Beamtin werden Anforderungen an sie gestellt (vgl. § 55 ff. LBG NW), die sich nicht ohne weiteres mit einem fortbestehenden privatrechtlichen Arbeitsverhältnis vereinbaren lassen und die das Erlöschen des Arbeitsverhältnisses gem. § 10 Abs. 4 LBG NW auch unter Berücksichtigung der mit dieser Vorschrift angestrebten Klarheit der Rechtsverhältnisse rechtfertigen.

Den einmal gewählten Beruf als Regierungsangestellte hätte die Klägerin weiter ausüben können. Sieht der Weg zu dem später frei gewählten Beruf eine Zeit als Beamtin auf Widerruf vor, ohne dass eine Garantie gegeben ist, unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe und dann auf Lebenszeit übernommen zu werden, mag eine Ausnahme von der strikten Regel des § 10 Abs. 4 LBG NW für den Fall der Ernennung zum Beamten auf Widerruf, wie sie im LBG RP vorgesehen ist, die sinnvollere und zweckmäßigere Regelung sein. Verfassungsrechtlich geboten ist eine Bestandsgarantie für den ursprünglich gewählten Arbeitsplatz, aus dem sich der Angestellte weiter entwickeln will, jedoch nicht.

4. Der Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge für den Zeitraum vom bis nach § 50 Abs. 2 BAT war wegen fehlendem bestehenden Arbeitsverhältnisses zurückzuweisen, so dass es auf die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 BAT vorliegen, demzufolge nicht mehr ankommt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
XAAAC-16909

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein