Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 13 Abs. 1; BVerfGG § 93a Abs. 2; BVerfGG § 93b; StPO § 102; StPO § 103
Instanzenzug: LG Amberg 1 Qs 89/2005 vom AG Schwandorf Gs 20/06 vom
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund fehlt (§ 93a Abs. 2, § 93b BVerfGG). Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt ihr nicht zu, und sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin; denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Durchsuchung von Wohnungen sind geklärt.
a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Dem Gewicht des schwerwiegenden Eingriffs (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>) und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Dieser Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl. BVerfGE 20, 162 <223>; 57, 346 <355 f.>; 76, 83 <91>; 103, 142 <150 f.>). Das Grundgesetz verlangt eine eigenverantwortliche richterliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen. Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (vgl. BVerfGE 57, 346 <355>).
b) Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient auch dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf und die zu suchenden Beweismittel so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den von der Durchsuchung Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212 <221>; 103, 142 <151 f.>). Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220 f.>). Der Schutz der Privatsphäre, die auch von übermäßigen Maßnahmen im Rahmen einer an sich zulässigen Durchsuchung betroffen sein kann, darf nicht allein dem Ermessen der mit der Durchführung der Durchsuchung beauftragten Beamten überlassen bleiben (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>). Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>; 44, 353 <371>; 45, 82; 50, 48 <49>; 71, 64 <65>).
c) Schließlich verlangt die Schwere des Eingriffs eine besondere Beachtung der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung. Sie muss nicht nur in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen, sondern es muss auch gerade diese Zwangsmaßnahme in dem angeordneten Umfang zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat, die Gegenstand des Verdachts ist, erforderlich sein (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>).
2. Auslegung und Anwendung von Strafverfahrensrecht ist Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, soweit bei der angegriffenen Entscheidung nicht Willkür vorliegt oder spezifisches Verfassungsrecht verletzt ist. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, möglicherweise fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten liegen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 34, 369 <379>). Nur in diesen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidungen der Fachgerichte aufheben.
3. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen werden der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts und der ihn bestätigende Beschluss des Landgerichts noch gerecht. Die Grenze der Willkür ist noch nicht überschritten.
Das vom Amtsgericht verwendete Formular drängt geradezu zu einer zu oberflächlichen Darlegung der Durchsuchungsvoraussetzungen, bei der zweifelhaft bleiben kann, ob eine der Funktion des Richtervorbehalts gerecht werdende eigenverantwortliche Überprüfung stattgefunden hat. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht bereits aus Anlass der Verwendung eines inhaltsgleichen Formulars hingewiesen (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 2005, S. 275 <276>).
a) Die Angabe der "§§ 102 ff" StPO lässt die für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit maßgebliche Differenzierung zwischen Durchsuchungen beim Verdächtigen (§ 102 StPO) und beim Unbeteiligten (§ 103 StPO) gerade offen. Das führt hier jedoch ausnahmsweise nicht zur Beanstandung, weil das Amtsgericht deutlich werden lässt, dass sich gegen die von der Durchsuchung Betroffene ein Tatverdacht richte.
b) Die ebenfalls vorgedruckte Anordnung, die "zur Sache gehörenden, sichergestellten Gegenstände" zu beschlagnahmen, kann den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit des Durchsuchungszwecks nur gerecht werden, weil der Tatvorwurf einfach strukturiert ist, sich nämlich auf den Handel mit Betäubungsmitteln richtet, die der Beschluss der Gattung nach bezeichnet, so dass allein daraus deutlich wird, dass gerade nach diesen Gegenständen zu suchen ist.
c) Die inhaltliche Bestimmtheit der Formulierung des Tatverdachts, zu der die Beschwerdeentscheidung nichts Zusätzliches beiträgt, genügt den Anforderungen nur unter Berücksichtigung der Umstände dieses Einzelfalles. Die zur Individualisierung der Tat grundsätzlich unerlässliche Angabe der Tatzeit (vgl. § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO) kann hier nur deshalb entbehrt werden, weil sich der Vorwurf auf die noch unbeendete Begehung einer fortdauernden Handlung richtet, nämlich auf das Verwahren von zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmitteln. Für die Vorwerfbarkeit ist der Beginn nicht maßgeblich. Eine nähere Bezeichnung der Betäubungsmittel kann entbehrt werden, weil allein die verwendete Gattungsbezeichnung auch für juristische Laien aussagekräftig ist und weil es auf eine Differenzierung zwischen erlaubten und verbotenen Betäubungsmitteln oder zwischen mehreren verbotenen Mitteln im hier zu entscheidenden Fall nicht ankommt.
d) Es begegnet noch keinen verfassungsrechtlichen, nur am Willkürmaßstab orientierten Bedenken, dass die befassten Gerichte auch gegen die Beschwerdeführerin den Tatverdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln richteten: die Ermittlungen hatten ergeben, dass sie mit ihrem auf Grund anderer Tatsachen des Drogenhandels verdächtigen Lebensgefährten nicht nur gemeinsam wohnt, sondern auch eine Gastwirtschaft gemeinsam führt. Es kann nicht beanstandet werden, daraus den für eine Verdachtsannahme ausreichenden Schluss zu ziehen, die Beschwerdeführerin könnte die Drogengeschäfte ihres Lebens- und Geschäftspartners unterstützen. Es ist nicht zwingend erforderlich, in der Durchsuchungsgestattung die Indiztatsachen anzugeben, auf die der Verdacht gestützt wird. Wenn die Begrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses auf andere Weise ausreichend erfüllt wird, dient die Bekanntgabe der Beweisgrundlagen des Verdachts der Ermöglichung einer sachgerechten Verteidigung gegen den Vorwurf. Dies kann unabhängig von der Durchsuchung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NStZ 2004, S. 160).
e) Schließlich ist auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch beachtet. Der durch eine Zeugenaussage begründete Verdacht einer Teilnahme an Drogendelikten ist hinreichend gewichtig, um eine Wohnungsdurchsuchung zu rechtfertigen. Dass die Angaben derart vage und unpräzise wären, dass sie von vornherein als unglaubwürdig hätten angesehen werden müssen, hat auch die Beschwerdeführerin nicht darlegen können. Dass sich der Tatverdacht später nicht bestätigte, steht einer Durchsuchung grundsätzlich nicht entgegen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstelle(n):
CAAAC-15743