BSG Urteil v. - B 1 KR 6/04 R

Leitsatz

Krankenkassen sind nicht für Arzneimittel leistungspflichtig, deren arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit auf der aufschiebenden Wirkung einer Klage beruht, mit welcher der Hersteller die Verlängerung einer Alt-Zulassung nach dem AMG 1961 begehrt.

Gesetze: SGB V § 2 Abs 1 S 3; SGB V § 12 Abs 1; SGB V § 13 Abs 3 Alt 2 F: 1992-12-21; SGB V § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 F: 2001-06-19; SGB V § 27 Abs 1 S 2 Nr 3; SGB V § 31 Abs 1; AMG § 1 J: 1976; AMG § 2 Abs 1 J: 1976; AMG § 2 Abs 2 Nr 1 J: 1976; AMG § 21 Abs 1 J: 1976; AMG § 29 J: 1976; AMG § 73 J: 1976; AMG § 105 Abs 1 J: 1976 F: 2001-07-04; AMG § 105 Abs 2 J: 1976; AMG § 105 Abs 3 J: 1976; AMG § 105 Abs 5b S 2 J: 1976; VwGO § 80 Abs 1

Instanzenzug: SG Landshut S 4 KR 56/02 vom LSG München L 4 KR 217/02 vom

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für das Arzneimittel Wobe-Mugos E.

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger litt an einem Prostata-Karzinom. Nach einer im April 2001 erfolgten transurethralen Resektion der Harnblase erwarb er im Jahr 2001 in einer Apotheke unter Vorlage privatärztlicher Rezepte 21-mal das Fertigarzneimittel Wobe-Mugos E und begehrte von der Beklagten Kostenübernahme bzw Kostenerstattung.

Der Hersteller von Wobe-Mugos E ging zu dieser Zeit von der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit des Mittels aus, weil im Juni 1978 dem Bundesgesundheitsamt angezeigt worden war, bereits Mitte 1976 sowie Anfang 1978 sei das Fertigarzneimittel "Enzym-Klistier-Tabletten mit Hydrolysat" auf dem deutschen Markt gewesen, ua für die Anwendung bei der Langzeitbehandlung maligner Tumore und zur Metastasenprophylaxe. Ein neuer Hersteller - die M GmbH & Co KG - beantragte im Dezember 1989 bei der Zulassungsbehörde die Verlängerung der Zulassung unter Hinweis darauf, dass es sich um Tabletten zum Einnehmen handele, um ein "pflanzliches Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen" bzw ein apothekenpflichtiges Kombinationspräparat mit vier arzneilichen Wirkstoffen. Im März 1991 zeigte dieser Hersteller eine Änderung der Bestandteile an, wobei er den Begriff "magensaftresistente Tabletten" verwendete. Im Zuge einer Änderungsanzeige im Oktober 1991 entfiel der Bestandteil "Enzymfraktion aus Kalbsthymus" und das Präparat wurde in seinen heutigen Namen umbenannt. Die für die Überwachung des Arzneimittelverkehrs zuständige bayerische Landesbehörde und das (nunmehr bundesrechtlich zuständige) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilten dem Hersteller 1997 mit, dass das Präparat keine Arzneimittelzulassung mehr besitze und wegen der zwischen 1978 und 1989 erfolgten Änderung der Darreichungsform einer Neuzulassung bedürfe. Mit Bescheid vom lehnte das BfArM die Verlängerung der Zulassung ab, ohne die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung anzuordnen. Deshalb erhob der Hersteller Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Dieses wies mit VG 14 A 218.98 - die dagegen gerichtete Klage des Herstellers auf Verlängerung der Altzulassung ab, weil es an einer verlängerbaren fiktiven Zulassung der Filmtabletten Wobe-Mugos E fehle; die Umwandlung der ursprünglichen "Klistier-Tablette" in eine oral zu verabreichende Filmtablette habe eine Neuzulassungspflicht nach sich gezogen. Gegen dieses Urteil wandte sich der Hersteller an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, das in einem Beschluss vom die fortdauernde aufschiebende Wirkung der Klage anordnete. Inzwischen hat das OVG Berlin die - zwischenzeitlich zugelassene - Berufung des Herstellers in der Hauptsache zurückgewiesen, und zwar auch im Wesentlichen mit der Begründung, es habe an einer verlängerbaren fiktiven Zulassung gefehlt ( OVG 5 B 8.03). Gegen dieses Urteil soll Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sein. Zum hat der Hersteller Wobe-Mugos E in Deutschland aus dem Verkehr genommen.

Die Beklagte lehnte die Erstattung der vom Kläger für Wobe-Mugos E begehrten Kosten ab, da das Mittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung sei und das BfArM 1998 die Verlängerung der Alt-Arzneimittelzulassung abgelehnt habe (Bescheide vom 25. Mai, 12. Juni und ; Widerspruchsbescheid vom ).

Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten für das zwischen dem 1. Juni und dem beschaffte Arzneimittel Wobe-Mugos E (abzüglich Zuzahlungen) beim Sozialgericht ohne Erfolg geblieben: Wegen der abgelehnten Verlängerung der arzneimittelrechtlichen Zulassung sei das Mittel nicht verkehrs- und verordnungsfähig gewesen. Die fehlende Bestandskraft des Bescheides des BfArM vom spiele keine Rolle, da die erforderliche Neuzulassung unterblieben sei (Urteil vom ).

Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit einer von der erstinstanzlichen Entscheidung wesentlich abweichenden Begründung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen des § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seien nicht erfüllt, weil die Beklagte die begehrte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt habe. Das Arzneimittel sei zwar wegen von der Beklagten und von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu beachtenden weiter bestehenden aufschiebenden Wirkung der verwaltungsgerichtlichen Klage des Herstellers arzneimittelrechtlich weiterhin verkehrsfähig gewesen. Gleichwohl könne die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weil sich die Beklagte zu Recht auf die "Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung" (AMuwV - sog Negativliste) vom berufen habe. Danach seien bestimmte Arzneimittel, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen sei, als unwirtschaftlich von der Versorgung ausgeschlossen. Zu den ausgeschlossenen Mitteln gehöre auch Wobe-Mugos E, wie im Einzelnen ausgeführt wird, ua unter Hinweis auf eine Befragung der Beratungsapothekerin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung. Es könne offen bleiben, ob die Verordnung von Wobe-Mugos E zudem gegen die Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung verstoßen habe (Urteil vom ).

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt die Verletzung von § 31 Abs 1 SGB V iVm § 34 Abs 3 SGB V und § 3 AMuwV. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Wobe-Mugos E vom Ausschluss in Anlage 2 Nr 5 AMuwV erfasst sei. Das in Wobe-Mugos E enthaltene Papain stelle nach der erfolgten fraktionierten Zentrifugation und Ultrafiltration kein "Rohpapain" mehr dar. Zudem sollten nach einer arzneimittelrechtlichen Aufbereitungsmonografie Gemische aus verschiedenen Enzymen, wie sie in Wobe-Mugos E enthalten seien, nicht ausgeschlossen sein. Das LSG sei nicht auf § 3 Satz 3 AMuwV eingegangen und habe es unterlassen zu prüfen, ob Wobe-Mugos E tatsächlich der Phytotherapie zuzurechnen sei; Letzteres setze nämlich voraus, dass sich ein Mittel ausschließlich aus pflanzlichen Bestandteilen zusammensetze. Das LSG habe insoweit auch seinen (des Klägers) Vortrag in der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt gelassen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Es habe gegen § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen, weil es von notwendigen Ermittlungen abgesehen, insbesondere kein neutrales Sachverständigengutachten eingeholt habe. Es sei verfahrensfehlerhaft, dass sich das LSG auf die dreiminütige, nicht protokollierte ihm (dem Kläger) ungünstige Aussage der - als befangen anzusehenden - Beratungsapothekerin der Beklagten gestützt und ihn zudem nicht darauf hingewiesen habe, dass es diese Aussage für entscheidungserheblich halte. - In den Ausführungen des LSG, Wobe-Mugos E sei zugelassen und verkehrsfähig gewesen, liege im Übrigen eine Tatsachenfeststellung, an welche das Bundessozialgericht (BSG) revisionsrechtlich gebunden sei.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom und des Sozialgerichts Landshut vom aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom , und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom zu verurteilen, ihm 1.745,57 € (= 3.414 DM) abzüglich zu leistender Zuzahlungen für das zwischen dem und dem selbst beschaffte Arzneimittel Wobe-Mugos E zu erstatten,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das LSG-Urteil im Ergebnis für zutreffend. Wobe-Mugos E enthalte die in der AMuwV genannten leistungsausschließenden Bestandteile. Das LSG habe das streitige Mittel zu Recht unter § 3 AMuwV subsumiert und der Phytotherapie zugerechnet, weil es dafür unerheblich sei, dass es weitere nichtpflanzliche Wirkstoffe enthalte. Das LSG habe sich im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung auf die Ausführungen der Beratungsapothekerin stützen dürfen. Die im LSG-Urteil erörterten arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkte trügen allerdings dem Urteil des VG Berlin nicht hinreichend Rechnung. Da die Änderung der Darreichungsform nach § 29 Abs 3 Satz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) eine Neuzulassungspflicht bedinge, stelle sich die Frage einer fiktiven Nachzulassung hier gar nicht. Die bloße Anmaßung einer Rechtsposition durch den Arzneimittelhersteller habe einen Suspensiveffekt der erhobenen Klage nämlich nicht auslösen können.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm zwischen dem und dem aufgewandten Kosten für die Beschaffung des ihm privatärztlich verordneten Fertigarzneimittels Wobe-Mugos E (zu diesem Mittel vgl bereits BSGE 79, 41 ff = SozR 3-2500 § 34 Nr 5).

1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten des selbst beschafften Arzneimittels kann hier nur § 13 Abs 3 Alt 2 SGB V bzw Abs 3 Satz 1 Alt 2 (idF des Gesundheits-Strukturgesetzes vom , BGBl I 2266 bzw - ab - idF von Art 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom , BGBl I 1046) sein. Eine Krankenkasse ist danach zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht allerdings nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; - BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 - Immucothel; - BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 - Visudyne). Dazu gehört das streitbefangene Arzneimittel nicht, weil es entgegen der Auffassung des LSG (schon) in der streitigen Zeit die Anforderungen an ein im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiges Arzneimittel iS von § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 31 SGB V nicht erfüllte.

2. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Präparate, die - wie hier Wobe-Mugos E - als Fertigarzneimittel iS von § 4 Abs 1 AMG (vom , BGBl I 2445, idF der Bekanntmachung vom , BGBl I 3586, hier in der bei den Beschaffungsvorgängen durch den Kläger maßgeblich gewesenen Fassung) - von der Grunddefinition des § 2 Abs 1 AMG erfasst werden und nach § 21 Abs 1 AMG der Arzneimittelzulassungspflicht unterliegen, grundsätzlich auch als Arzneimittel iS der §§ 27, 31 SGB V anzusehen (BSGE 86, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 63 - ASI). Nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (vgl § 2 Abs 1 Satz 1, § 12 Abs 1 SGB V) speziell einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist (stRspr, vgl zB BSGE 72, 252, 256 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 8 f mwN - Edelfosin - bestätigt durch BVerfG <Kammer> NJW 1997, 3085; BSGE 82, 233 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol, vgl zu diesem Mittel BVerfG <Kammer> - MedR 1997, 318; SozR 3-2500 § 31 Nr 7 S 23 f - ATC; BSGE 89, 184, 185 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 - Sandoglobulin). Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn eine abschlägige Zulassungsentscheidung bei Verabreichung des Präparats noch nicht bestandskräftig ist; denn dann gebietet der Gesichtspunkt der Gewährleistung optimaler Arzneimittelsicherheit gleichermaßen, dass Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit iS von § 1 AMG, dh die Einhaltung der Mindestsicherheits- und Qualitätsstandards, in einem dafür vorgesehenen Verfahren nachgewiesen worden sind (BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 9 f; vgl auch BSGE 82, 233, 235 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 16 f). Das Gleiche gilt, wenn eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die arzneimittelrechtliche Zulassung nicht ergangen ist, weil das Zulassungsverfahren zwar eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurde oder weil der Hersteller die Zulassung überhaupt nicht beantragt hat (BSGE 82, 233 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 5; zum Ganzen vgl zB die Darstellungen bei: Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, § 31 SGB V RdNr 86 ff mwN - Stand April 2002; Höfler in: Kasseler Kommentar, § 31 SGB V RdNr 10; Fastabend/Schneider, Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, RdNr 120 mwN).

3. Der arzneimittelrechtliche Zulassungsstatus des Mittels Wobe-Mugos E im hier betroffenen Beschaffungszeitraum des Jahres 2001 unterscheidet sich auf der Grundlage der Feststellungen des LSG, gegen die die Beteiligten keine Revisionsrügen erhoben haben und bezüglich derer Rechtsfehler nicht ersichtlich sind, in wesentlicher Hinsicht von den bisher vom Senat entschiedenen Sachverhalten. Anders als ein Arzneimittel, das der Zulassung - iS eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (vgl schon BSGE 72, 252, 257 = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 S 84; Schlenker, SGb 1988, 474) - bedarf, dem aber diese Zulassung (noch) nicht erteilt worden ist (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 9 f mwN), durfte das Mittel im Jahr 2001 arzneimittelrechtlich in den Verkehr gebracht werden. Das beruhte darauf, dass das BfArM, als es den Antrag auf "Verlängerung der Zulassung" mit Bescheid vom ablehnte, nicht die sofortige Vollziehung nach § 105 Abs 5b Satz 2 AMG anordnete und der Hersteller - ein pharmazeutischer Unternehmer iS von § 105 Abs 5b AMG - Klage auf Verlängerung der Zulassung erhob, welche aufschiebende Wirkung hatte (die später im Jahr 2002 vom OVG Berlin verlängert wurde).

Die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gründete sich nicht auf eine arzneimittelrechtliche Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels (§ 1 AMG), vielmehr wirkten insoweit arzneimittelrechtliches Übergangs- und Verfahrensrecht zusammen. Des Übergangsrechts bedurfte es, weil das bis Ende 1977 geltende AMG vom (BGBl I 533 - AMG 1961) lediglich eine formelle Registrierung der auf dem Markt befindlichen Präparate vorsah, während das AMG vom (AMG 1976) ein vollständig umgestaltetes materielles Zulassungsverfahren für Arzneimittel einführte, das eine optimale Arzneimittelsicherheit gewährleisten sollte (vgl dazu schon BSGE 72, 252, 258 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17; Schmidt, aaO, § 31 SGB V RdNr 85). Ziel der Übergangsregelung ist es, bis zum Ablauf des Übergangszeitraums sicherzustellen, dass die beim Inkrafttreten des AMG 1976 unter Geltung des AMG 1961 verkehrsfähig gewesenen Arzneimittel, die nach dem AMG 1976 der Zulassung bedürfen, zwar zunächst weiterhin zum Verkehr zugelassen sind; da während des Übergangszeitraums die Überprüfung der Alt-Arzneimittel nach den Kriterien des § 1 AMG 1976 vorgesehen war, sollten am Ende des Übergangszeitraums dann aber nur noch solche Arzneimittel zugelassen sein, die den Kriterien des § 1 AMG 1976 genügen. Für bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 und in der Folgezeit auf dem deutschen Markt angebotene Fertigarzneimittel wurde den Arzneimittelherstellern deshalb durch die Übergangsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen ein befristeter Bestandsschutz eingeräumt: Nach § 105 Abs 1 AMG gelten Fertigarzneimittel, die Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 oder Abs 2 Nr 1 AMG sind und sich am im Verkehr befanden, als zugelassen, wenn sie sich bereits am im Verkehr befanden (vgl dazu genauer: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht-Kommentar, § 100 AMG Anm 1 und § 105 AMG Anm 1; Hofmann/Nickel, NJW 2000, 2700 f). § 105 Abs 2 AMG normiert insoweit lediglich eine qualifizierte bis zum befristete Anzeigepflicht, deren Erfüllung es ermöglichte, das Fertigarzneimittel weiterhin in den Verkehr zu bringen. Nach § 105 Abs 3 AMG erlosch die Zulassung eines nach Abs 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels am , es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt worden war (oder ein dem gleichgestellter Tatbestand vorlag). Auf diesen sog Nachzulassungs-Status berief sich der Hersteller von Wobe-Mugos E auch in der im vorliegenden Fall relevanten Zeit im Jahr 2001. Zwar hatte das BfArM für dieses Mittel auch hier bereits einen Antrag des Herstellers auf "Verlängerung der Zulassung" abgelehnt (Bescheid vom ). Wegen der dagegen erhobenen Klage stand anschließend aber noch nicht endgültig fest, dass Wobe-Mugos E zunächst noch als fiktiv zugelassenes sog Alt-Arzneimittel angesehen werden musste, für das der Hersteller zu Recht den Schutz des hier anzuwendenden § 105 Abs 1 AMG (idF des 10. AMG-ÄndG vom , BGBl I 1002) bzw der zuvor geltenden, inhaltsgleichen Übergangsregelung in Art 3 § 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts (vom , BGBl I 2445) in Anspruch nehmen durfte.

Das Verfahrensrecht des § 105 Abs 5b AMG 1976 wirkte sich in diesem Schwebezustand der gerichtlich angegriffenen Ablehnung einer Verlängerung der fiktiven Zulassung zu Gunsten des Herstellers dahingehend aus, dass für die Dauer der aufschiebenden Wirkung seiner Klage die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels Wobe-Mugos E erhalten blieb.

Der verfahrensrechtliche Gehalt des hier entscheidenden § 105 Abs 5b AMG 1976 ist allerdings grundsätzlich darauf gerichtet, das gesamte Nachzulassungsverfahren zu beschleunigen und Gerichtsverfahren zu vermeiden, die trotz geringer Erfolgsaussicht angestrengt werden, nur um eine weitere Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach Ablehnung der Verlängerung der Zulassung zu erreichen (vgl näher Kloesel/Cyran, aaO, § 105 AMG RdNr 78). Deshalb findet nach dieser Regelung ein Vorverfahren bei Rechtsmittel gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nicht statt und soll nach § 80 Abs 2 Nr 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei liegt der Entscheidung des Gesetzgebers, für das Fortbestehen der Verkehrsfähigkeit während des gerichtlichen Verfahrens nicht an § 123 VwGO, sondern an die Grundsätze von § 80 VwGO anzuknüpfen, eine Interessenabwägung zwischen der Aufrechterhaltung der Marktposition zu Grunde, die der das Nachzulassungsverfahren betreibende pharmazeutische Unternehmer errungen hat, und dem öffentlichen Interesse zu verhindern, dass sog Alt-Arzneimittel unter dem Deckmantel des Nachzulassungsverfahrens verkehrsfähig bleiben, obwohl sie weder den Anforderungen des § 1 AMG 1976 genügen noch deren Überprüfung hinreichend betrieben wird. Von der im AMG 1976 als Regelfall ausgestalteten Befugnis, nach § 105 Abs 5b Satz 2 AMG die sofortige Vollziehung anzuordnen, hat das BfArM aber keinen Gebrauch gemacht; die Gründe dafür sind im hiesigen Rechtsstreit nicht zu Tage getreten, auf sie kommt es aber für die hier zu klärenden Fragen auch nicht an.

4. Entgegen der Ansicht des LSG und der Revision bewirkte die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit von Wobe-Mugos E keine Leistungspflicht der beklagten Krankenkasse für das im Jahr 2001 vom Kläger selbst beschaffte Mittel. Denn die Verkehrsfähigkeit beruhte nur auf der Klageerhebung des Arzneimittelherstellers gegen die Versagung der Verlängerung der Zulassung und der damit einhergehenden verfahrensrechtlichen Position, es als Alt-Arzneimittel ohne hinreichend gesicherte Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit weiterhin in Verkehr bringen zu dürfen.

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben nicht die Befugnis, arzneimittelrechtliche Entscheidungen der nach dem AMG zuständigen Behörden oder der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die - wie hier - nur im Rahmen der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sind und daher häufig nur auf einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage beruhen, selbst vollumfänglich zu überprüfen; die im Kern gegenteilige Auffassung der Beklagten, die ein Eingreifen der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel des Arzneimittelherstellers überhaupt in Zweifel zieht (unter Hinweis auf BayVGH BayVBl 1978, 247), erweist sich insoweit als unzutreffend (dazu im Folgenden a). Jedoch begründet - entgegen dem von der Revision eingenommenen Standpunkt - die auf dem einstweiligen Rechtsschutz beruhende vorläufige Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels nach Arzneimittelrecht nicht automatisch die Verordnungsfähigkeit nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu unter b). Richtigerweise ist nach den spezifischen Kriterien des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung die Leistungsgewährung regelmäßig ausgeschlossen, wenn eine abschlägige Entscheidung der zuständigen Behörde über die Verlängerung der Arzneimittelzulassung ergangen ist und die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit des Mittels deshalb nur noch aus rein verfahrensrechtlichen Gründen des einstweiligen Rechtsschutzes hergeleitet werden kann (dazu unter c).

a) Eine eigenständige Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hinsichtlich der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines streitbefangenen Präparats kommt nicht in Betracht. Würde man dies annehmen, käme es auf diese Weise zu einem Eingriff in die Befugnisse der für die Überprüfung arzneimittelrechtlicher Entscheidungen zuständigen Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wie der Senat bereits früher ausgeführt hat, ist es der sozialgerichtlichen Rechtsprechung verwehrt, die Entscheidungen des Bundesgesundheitsamtes oder des BfArM auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen oder für deren Beachtung danach zu differenzieren, aus welchen Gründen die Zulassung eines Medikaments versagt worden ist (so BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 10). Daran hält der Senat fest.

b) Umgekehrt begründet eine allein die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels betreffende arzneimittelrechtliche Entscheidung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel (in diese Richtung aber von Czettritz, PharmaRecht 1999, 2 ff; aA zB: Schlenker, DOK 1987, 236, 238 f; Thier, ZSR 1989, 61, 102; Mrozynski in: Wannagat, SGB, § 31 SGB V RdNr 26; vgl auch BVerwGE 58, 167, 173 = SGb 1980, 170). Denn eine rechtsgebietsübergreifende Bindung in dem Sinne, dass all dasjenige, was arzneimittelrechtlich zulässig ist, zwingend auch zur krankenversicherungsrechtlichen Leistungspflicht der Krankenkassen führen müsste, ist gesetzlich nicht angeordnet worden. Auch die bisher vom BSG angenommene Bindungswirkung von Entscheidungen auf Grund des Arzneimittelrechts bezieht sich allein auf die arzneimittelrechtliche Beurteilung der Rechtslage. Ausgeschlossen ist es demgegenüber nicht, sondern - wie sogleich unter c) näher darzulegen ist -, prägend und typisch, dass das Krankenversicherungsrecht zusätzliche, über das Arzneimittelrecht hinausgehende Anspruchsvoraussetzungen für die Pflicht zur Leistungsgewährung aufstellt. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die gesetzliche Krankenversicherung immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 10; BSGE 82, 233, 236 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 18; BSGE 85, 36, 51 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 52 f mwN - SKAT; BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 7 S 23; Schlenker, DOK 1987, 236, 239; ders, SGb 1988, 473, 475; Schmidt, aaO, § 31 SGB V RdNr 86 und 86b mwN). Selbst in dem von der Revision angeführten Edelfosin-Urteil spricht der Senat nur davon, dass Entscheidungen nach dem AMG auch im Rahmen des SGB V "zu berücksichtigen" sind (SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 11), während sich daraus eine umfassende Bindung für das Krankenversicherungsrecht nicht herleiten lässt.

c) Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln setzt nach dem SGB V mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit - insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§ 2, 12 SGB V - auch in anderem Zusammenhang wiederholt angenommen, dass nicht alles, was arzneimittelrechtlich erlaubt und statthaft ist, automatisch auch zur Leistungspflicht unter dem Blickwinkel des Krankenversicherungsrechts führt. Dies erhellt schon aus der Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen (vgl zB § 2, § 12 Abs 1, § 31, §§ 33a bis 35a, § 84 Abs 1, § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 und Abs 2 SGB V) und den diese ausfüllenden untergesetzlichen Regelungen (zB Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung vom <BGBl I 301>, idF vom <BGBl I 1593>, AMuwV - sog "Negativliste" - gebilligt durch BVerfG SozR 3-2500 § 34 Nr 1; Arzneimittel-RL des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen/Gemeinsamen Bundesausschusses). Der Senat hat dieses Verständnis auch über die genannten normativen Regelungen hinaus zum Ausdruck gebracht und mit Blick darauf Leistungsansprüche der Versicherten gegen ihre Krankenkasse verneint: So resultiert eine krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht nicht schon daraus, dass eine klinische Erprobung von Arzneimitteln nach § 21 Abs 2 Nr 2 AMG arzneimittelrechtlich zulässig ist (vgl schon BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 11 f - Edelfosin; vgl auch BSG < 3. Senat> BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2: keine Leistungspflicht für Krankenhausbehandlung mit klinischen Arzneimittel-Studien). Obwohl das AMG einem Arzt die indikations- und zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht verbietet, darf selbst ein zugelassenes Arzneimittel grundsätzlich nicht (sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen) zu Lasten der Krankenkasse in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich seine Zulassung nicht erstreckt (BSGE 89, 184, 188 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 32 - Sandoglobulin). Ebenso führen die Zulassung eines Arzneimittels in einem anderen Staat und die arzneimittelrechtliche Möglichkeit, ein solches Mittel im Rahmen des Einzelimports gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 AMG nach Deutschland einzuführen, im Allgemeinen nicht dazu, dass ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb auch Anspruch auf Versorgung mit diesem Mittel hat (BSGE 93, 1, 4 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 10 - Immucothel; BSGE 93, 236, 242 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 18 - Visudyne; vgl auch Urteil des 3. Senats des - Tasmar, zur Veröffentlichung vorgesehen); eine Ausnahme davon hat der Senat nur für den Fall zugelassen, dass das Mittel der Therapie einer singulären, dh nicht systematisch erforschbaren Krankheit dient und eine quasi notstandsähnliche Situation bzw ein außergewöhnlicher Notfall vorliegt (Urteil Visudyne, aaO), worum es im Fall des Klägers nicht geht.

Wesentlicher Grund für die dargestellte Rechtsprechung des Senats ist, dass der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen unterliegt. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Hierzu genügt es nicht, dass die Arzneimitteltherapie bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll und ggf herkömmlichen Arzneimitteln vorzuziehen sei (vgl zB BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11). Zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels muss es vielmehr grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zB BSGE 93, 1, 2 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 7 mwN). Hinzu kommt, dass die umfassende, systematische Ausnutzung enger Ausnahmebestimmungen des Arzneimittelrechts durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, welches ca 90% der Bevölkerung erfasst, stets eine umfangreiche Anwendung der streitbefangenen Mittel auf Kosten der Leistungsträger nach sich zu ziehen droht, sodass hier in besonderem Maße der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse entgegengewirkt werden muss (vgl schon BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36; BSGE 93, 1, 4 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 10; BSGE 93, 236, 245 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 23). Könnten außerdem Therapien mit Fertigarzneimitten im System des SGB V beansprucht werden, obwohl bei dem konkret in Rede stehenden Mittel eine vorgesehene innerstaatliche Kontrolle der Sicherheit und Qualität zu keinem positiven Ergebnis geführt hat, wäre dies mit einem inakzeptablen unkalkulierbaren Risiko etwaiger Gesundheitsschäden behaftet, dessen Auswirkungen gerade der Versichertengemeinschaft nicht aufgebürdet werden dürfen, die die Behandlungen - typischerweise unter Anwendung des Instruments der Versicherungspflicht, also zwangsweise - finanziert (vgl schon BSGE 89, 184, 190 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 34; vgl auch Schmidt, aaO, § 31 SGB V RdNr 86b).

Auch die Rechtsentwicklung hat wesentlich zu der aufgezeigten Rechtsprechung des Senats geführt und die Unterschiede zum Arzneimittelrecht beleuchtet. Wie der Senat bereits in seinem Remedacen-Urteil vom - 1 RK 6/95 - (BSGE 76, 194, 198 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11 f) ausgeführt hat, gelten nach dem Recht des SGB V seit 1989 strengere Anforderungen für die Leistungsgewährung bei umstrittenen Heilmethoden als noch nach dem zuvor geltenden Recht der Reichsversicherungsordnung. So müssen - wie dargelegt - nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V nun Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, wofür der Senat in seiner Rechtsprechung genauere Kriterien aufgestellt hat. Während im Arzneimittelrecht - wie dargestellt - ein übergangsweiser Bestandsschutz des Verkehrs mit Arzneimitteln geschaffen wurde, die bereits 1976 unter weit weniger strengen Voraussetzungen verkehrsfähig waren, hat das SGB V keinen solchen oder vergleichbaren Bestandsschutz von alten, aber umstritten gewesenen bzw gewordenen Therapien geschaffen, sondern im Gegenteil die Anspruchsvoraussetzungen sogar verschärft.

Danach kann es für den Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach § 31 Abs 1 SGB V nicht genügen, dass - wie im Falle von Wobe-Mugos E - der arzneimittelrechtliche Status nur aus der Inanspruchnahme einer bloßen verfahrensrechtlichen, bestenfalls auf eine summarische Prüfung gegründeten Position resultiert, ohne dass eine eingehende arzneimittelrechtliche Prüfung mit einem für den Hersteller positiven Ergebnis stattgefunden hat. Der geringe Aussagegehalt der Entscheidungen - zunächst des BfArM, entgegen § 105b Satz 2 AMG nicht die sofortige Vollziehung anzuordnen, und dann des OVG Berlin, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des BfArM anzuordnen -, für die nach dem SGB V zentralen Fragen nach Qualität und Wirksamkeit sowie Versichertenschutz wird daran deutlich, dass § 105 Abs 5b Satz 2 AMG davon ausgeht, dass die sofortige Vollziehung für den Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Mithin fließen in entscheidendem Umfang Wertungen in die Begründung der einstweiligen Verfahrensposition ein, die - wie der Schutz getätigter Investitionen für den prozessierenden Unternehmer - arzneimittelrechtlich bedeutsam sind, krankenversicherungsrechtlich aber offenkundig unerheblich sein müssen (vgl zur Abwägung auch Kloesel/Cyran, aaO, § 105 AMG Anm 78). Denn obwohl es erhebliche Anhaltspunkte dafür gab, dass Wobe-Mugos E ohnehin einer Neuzulassung bedurfte, trotz bereits behördlich abgelehnter Verlängerung der Altzulassung und trotz aufgetretener erheblicher Zweifel am Vorliegen einer verlängerbaren fiktiven Altzulassung blieb das Inverkehrbringen des Mittels kraft der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsmittels unter einfachen Voraussetzungen weiter möglich. Selbst arzneimittelrechtlich handelte es sich dabei nicht um einen gesicherten Status, sondern um einen unklaren, weil nicht endgültig behobenen zulassungsrechtlichen Schwebezustand, der durch eine Entscheidung in der Hauptsache jederzeit beseitigt werden konnte, dies, ohne dass eine arzneimittelrechtliche Prüfung jemals positiv das Vorliegen der Kriterien für eine Zulassung iS von § 1 AMG 1976 ergeben hatte. Auch eine fiktive Zulassung steht in diesem Sinne "unter dem Vorbehalt des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit im Nachzulassungsverfahren, vermittelt also lediglich die Chance auf endgültige Zulassung" (so OVG 5 B 8.03, Umdruck Seite 15). Stellt man in Rechnung, dass im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bereits zum Zeitpunkt der Behandlung zweifelsfrei geklärt sein muss, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwiegen (stRspr, vgl schon BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 13 f - immunbiologische Therapie; SozR 3-2500 § 135 Nr 12 S 56 f - ASI, jeweils für Festlegungen in den RL des Bundesausschusses; BSGE 93, 236, 243 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 19 für eine Pharmakotherapie), würde die Anerkennung der Leistungspflicht für im Nachzulassungsverfahren befindliche, aber dort bereits negativ beurteilte Alt-Arzneimittel im vorliegenden Fall letztlich darauf hinauslaufen, den Krankenkassen systematisch die Kosten einer nach den Grundsätzen des Remedacen-Urteils (aaO) ausgeschlossenen Therapie aufzuerlegen. Das aber steht im Gegensatz zu Sinn und Zweck der Regelungen über die Wirtschaftlichkeit iS von § 2 Abs 1 und § 12 SGB V und zum Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V.

5. Ergibt sich nach alledem, dass im Falle von Wobe-Mugos E das bloße, ausnahmsweise durch die aufschiebende Wirkung der Klage seines Herstellers bedingte fiktive Fortwirken einer Alt-Arzneimittelzulassung nicht zur Leistungspflicht der Beklagten führen konnte, kann die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Auf die Frage, ob sich die Beklagte zu Recht auf die AMuwV berufen hat und ob insoweit ggf - wie die Revision geltend macht - weitere Feststellungen des LSG erforderlich gewesen wären, kam es mithin nicht an.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2007 S. 206
XAAAC-15616