Leitsatz
Die Vergütungsforderung eines zugelassenen Leistungserbringers (hier: Rehabilitationsklinik) gegen eine Krankenkasse für die Versorgung eines Versicherten unterliegt bei Fehlen vertraglicher Vereinbarungen dem Anspruch auf Prozesszinsen.
Gesetze: SGB V § 111 Abs 2; SGB X § 61 S 2; BGB § 288; BGB § 291 S 1; SGG § 94
Instanzenzug: SG Gotha S 3 KR 1219/99 vom LSG Erfurt L 6 KR 276/02 vom
Gründe
I
Die Beteiligten stritten erst- und zweitinstanzlich über die Höhe der Vergütung für medizinische Rehabilitationsmaßnahmen, wobei es vor allem darum ging, ob die beklagte Krankenkasse mit Beitragsrückständen und Säumniszuschlägen aufrechnen durfte. Die Beklagte ist rechtskräftig zur Zahlung von 34.072,49 € verurteilt worden. Die Forderung hat sie am beglichen. Das Revisionsverfahren betrifft ausschließlich die Frage, ob der Vergütungsanspruch ab Rechtshängigkeit der Klage zu verzinsen ist.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der S. Klinik-Betriebs GmbH (Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen am das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Die Gemeinschuldnerin hatte im Jahre 1999 für 20 bei der Beklagten versicherte Patienten stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt und daraus - unstreitige - Vergütungsansprüche über 99.176,- DM (50.707,88 €) erworben. Hiergegen rechnete die Beklagte mit - ebenfalls unstreitigen - Beitragsrückständen der Gemeinschuldnerin und Säumniszuschlägen auf. Der Kläger war der Auffassung, die Aufrechnung sei gemäß § 96 Abs 1 Nr 3 iVm §§ 129 ff Insolvenzordnung (InsO) unzulässig, weil die Beklagte die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe.
Mit der am erhobenen Klage hat der Kläger zunächst Vergütungsansprüche in Höhe von 69.384,- DM (35.475,47 €) aus der Behandlung von 14 Versicherten bis zum geltend gemacht. Am ist die Klage im Hinblick auf die bis Ende Mai 1999 erfolgte Behandlung weiterer 6 Versicherter auf 99.176,- DM (50.707,88 €) erweitert worden, wobei nunmehr auch 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit der Klage geltend gemacht worden sind. Am hat die Beklagte den ihre Gegenforderungen übersteigenden Betrag von 18.816,- DM (9.620,47 €) an den Kläger überwiesen, sodass noch eine Vergütungsforderung von 41.087,41 € offen stand. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Aufrechnung stünden keine insolvenzrechtlichen Einwände entgegen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen verurteilt, an den Kläger 34.072,49 € zu zahlen (Urteil vom ). Eine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Prozesszinsen sei weder dargetan noch ersichtlich; insbesondere ergebe sich dieser nicht aus dem zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin geschlossenen Vergütungsvertrag vom 16./.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil war nur hinsichtlich des Zinsanspruchs erfolgreich. Soweit der Kläger die vom LSG für rechtmäßig erkannte Aufrechnung in Höhe von 7.014,92 € angegriffen hat, ist die Beschwerde vom erkennenden Senat als unbegründet zurückgewiesen worden (Beschluss vom - B 3 KR 21/04 B).
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er hält den Zinsanspruch nach § 61 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für gerechtfertigt. Dass der Vergütungsvertrag vom 16./ und der dem zu Grunde liegende Versorgungsvertrag nach § 111 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Frage der Verzinsung der Vergütungsansprüche schwiegen, stehe der Anwendung des § 291 BGB nicht entgegen. Es sei der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu folgen, wonach bei Zahlungsforderungen aus öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen auf § 291 BGB zurückgegriffen werden könne, soweit dies nicht durch Gesetz oder Vertrag ausgeschlossen sei. Dies sei hier nicht der Fall.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom und des Sozialgerichts Gotha vom hinsichtlich des Zinsanspruchs zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4 % Zinsen auf 43.692,96 € ab Rechtshängigkeit bis zum sowie auf 34.072,49 € für die Zeit vom bis zum zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie sieht für den Anspruch auf Prozesszinsen keine Rechtsgrundlage. Solange die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge eine Verzinsungspflicht nicht vorsähen, komme auch eine Verzinsung analog § 291 BGB nicht in Betracht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Vergütungsanspruch des Trägers einer Rehabilitationsklinik gegen eine Krankenkasse wegen Durchführung stationärer medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen unterliegt dem Anspruch auf Prozesszinsen. Das LSG hat diesen Anspruch zu Unrecht für unbegründet erachtet.
Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Anspruchs auf Prozesszinsen ist § 61 Satz 2 SGB X iVm § 291 BGB. Nach § 61 Satz 1 SGB X gelten für öffentlich-rechtliche Verträge die Vorschriften des gesamten Sozialgesetzbuchs, soweit sich aus den Spezialvorschriften der §§ 53 bis 60 SGB X nichts Abweichendes ergibt. Gemäß § 61 Satz 2 SGB X sind ergänzend die Vorschriften des BGB in entsprechender Anwendung heranzuziehen. Geldschulden sind nach § 291 Satz 1 BGB vom Schuldner vom Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage an zu verzinsen, auch wenn er nicht in Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Prozesszinsen sind hiernach erfüllt.
1) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Prozesszinsen auf die rechtskräftig zuerkannte Forderung von 34.072,49 € lässt sich allerdings nicht unmittelbar auf § 291 BGB stützen. Diese Vorschrift gilt nur für zivilrechtliche Geldschulden. Der hier geltend gemachte Zahlungsanspruch ist jedoch nicht zivilrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur.
Der öffentlich-rechtliche Charakter der Vergütungsansprüche der Träger von Rehabilitationseinrichtungen gegen die Krankenkassen aus der Durchführung stationärer Rehabilitationsmaßnahmen gemäß § 111 SGB V ergibt sich für die Zeit ab 2000 aus § 69 SGB V (in der durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom - BGBl I 2626 - eingeführten, ab geltenden Fassung). Danach regeln die §§ 63 und 64 SGB V sowie die §§ 69 bis 140 h SGB V (Viertes Kapitel) "abschließend" die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken und sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden (§ 69 Satz 1 SGB V). Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden "abschließend" in den §§ 63 und 64 SGB V, in den §§ 69 bis 140 h SGB V, im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie in den danach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt (§ 69 Satz 2 SGB V). Damit hat der Gesetzgeber für die Zeit ab 2000 das ausschließlich öffentlich-rechtliche Regime für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu allen zugelassenen Leistungserbringern angeordnet, und zwar unabhängig davon, ob die Rechtsbeziehungen zu den einzelnen Gruppen der Leistungserbringer bis dahin als öffentlich-rechtlich (zB Ärzte, Zahnärzte) oder als zivilrechtlich (zB Heilmittelerbringer, Hilfsmittellieferanten, vgl BSGE 79, 28 = SozR 3-2500 § 125 Nr 5; SozR 3-2500 § 125 Nr 6) angesehen wurden (BSGE 89, 24, 31 = SozR 3-2500 § 69 Nr 1). Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Trägern von Rehabilitationseinrichtungen sind demgemäß ab 2000 kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung als öffentlich-rechtlich einzustufen.
Für das hier maßgebliche Jahr 1999, als § 69 SGB V nF noch nicht galt, sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Trägern von Rehabilitationseinrichtungen aber ebenfalls schon als öffentlich-rechtlich einzustufen. Das Krankenhausrecht war ebenso wie das Vertragsarztrecht bereits in der Zeit vor 2000 durch die Rechtsprechung als öffentlich-rechtlich eingeordnet worden (BSGE 86, 166, 167 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4). Für das Verhältnis der Krankenkassen zu den Rehabilitationskliniken kann jedenfalls seit Inkrafttreten des SGB V im Jahre 1989 nichts anderes gelten. Der statusbegründende Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V ist öffentlich-rechtlicher Natur (BSGE 81, 189, 192 = SozR 3-2500 § 111 Nr 1) und führt zu einem öffentlich-rechtlichen Gleichordnungsverhältnis. Die öffentlich-rechtliche Natur dieses Rechtsverhältnisses ergibt sich aus der sachlichen Nähe zum Krankenhauswesen und aus der eingehenden Normierung der Zulassungsvoraussetzungen in den §§ 107 ff SGB V.
2) Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 291 BGB, die durch § 61 Satz 2 SGB X ermöglicht wird. Da der Vergütungsanspruch für die medizinische Rehabilitation eines Versicherten auf einem öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnis beruht (§ 111 SGB V) und weder die §§ 53 bis 60 SGB X noch die sonstigen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs eine ausdrückliche Regelung über Prozesszinsen enthalten (§ 61 Satz 1 SGB X), greift die ergänzende Verweisung auf die Bestimmungen des BGB ein, wie sie in § 61 Satz 2 SGB X vorgesehen ist.
a) Der - dispositive - Anspruch auf Prozesszinsen nach § 291 BGB ist von den Beteiligten weder vertraglich bestätigt noch vertraglich ausgeschlossen worden. Weder in dem Vergütungsvertrag vom 16./ (dort § 6) noch in dem zuvor geschlossenen Versorgungsvertrag gemäß § 111 SGB V (dort § 5 "Vergütung" und § 6 "Abrechnung") findet sich eine Regelung über eine Pflicht der Beklagten zur Verzinsung offener Forderungen oder eine Regelung über einen Verzinsungsausschluss. Mangels abweichender vertraglicher Regelung zu diesem Bereich bleibt es daher bei der grundsätzlichen Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung des § 291 BGB.
b) Der Anspruch auf Prozesszinsen ist - nach der gegenwärtigen Rechtslage - für Vergütungsansprüche von Rehabilitationskliniken, Krankenhäusern und nichtärztlichen Leistungserbringern (zB Heilmittelerbringer, Hilfsmittellieferanten, Apotheken, Pflegedienste, Krankentransport, Rettungsdienste, Hebammen) auch nicht durch eine Systementscheidung des Gesetzgebers ausgeschlossen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des BVerwG sind grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Geldforderungen entsprechend § 291 BGB zu verzinsen, falls nicht etwas Abweichendes gesetzlich geregelt ist oder Besonderheiten eines Sachgebietes einer Analogie entgegenstehen (BGHZ 10, 125, 128; BGH LM Nr 6 zu § 291 BGB; BVerwG NJW 1973, 1854; BVerwGE 7, 95, 97; 11, 314, 318; 14, 1, 3; 15, 78, 84; 15, 106, 107; 25, 72, 82; 37, 239, 242; 38, 49, 50; 48, 133, 136; 51, 287, 288; 58, 316, 326; 71, 48, 53; BVerwG Buchholz 11 Art 104a GG Nr 11 und Buchholz 239.1 § 49 BeamtVG Nr 5). Dem hat sich der 9. Senat des BSG für den Anspruch auf Ausgleich nach einer Wehrdienstbeschädigung nach § 85 Soldatenversorgungsgesetz im Jahre 1988 angeschlossen und dies mit besonderen Gegebenheiten dieses Rechtsgebiets begründet (vgl Urteil vom - 9/4b RV 39/87 - BSGE 64, 225, 230 = SozR 7610 § 291 Nr 2). Ansonsten aber war in der Rechtsprechung der anderen mit dem Anspruch auf Prozesszinsen befassten Senate des BSG in der Vergangenheit die Anwendung des § 288 BGB (Verzugszinsen) und des § 291 Satz 1 BGB auf im Sozialversicherungsrecht begründete Zahlungsansprüche stets ausgeschlossen worden, soweit in sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über eine Verzinsung enthalten ist. Auch das Reichsversicherungsamt und das Reichsversorgungsgericht hatten zuvor in gleicher Weise entschieden (RVA AN 1910, 448; 1914, 819; 1929, IV 266; 1939, IV 445; RVGE 3, 82; 12, 99, 103). Zur Begründung wurde ua auf die Solidarhaftung aller Versicherten, auf die einseitig zu Lasten der Leistungsträger getroffenen Regelungen hinsichtlich der Gerichtsgebühren (§§ 183, 184 SGG jeweils aF) sowie auf den Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten an den Leistungsträger selbst im Falle seines Obsiegens (§ 193 Abs 4 SGG aF) verwiesen (BSGE 6, 19 = Breithaupt 1958, 725, 730; BSGE 22, 150 = SozR Nr 1 zu § 288 BGB = SozR Nr 1 zu § 291 BGB; BSGE 24, 16, 18 = SozR Nr 16 zu § 1531 RVO; BSGE 24, 118 = SozR Nr 3 zu § 291 BGB; BSGE 28, 218, 222 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte vom ; BSGE 29, 44, 54 = SozR Nr 3 zu § 28 BVG; BSGE 35, 195, 203 = SozR Nr 4 zu § 1403 RVO; BSGE 49, 227, 228 = SozR 1200 § 44 Nr 2; BSGE 55, 40, 44 = SozR 2100 § 27 Nr 2; BSGE 71, 72, 74 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1; BSG SozR 2100 § 27 Nr 3; BSG SozR 1300 § 61 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 11). Auch der erkennende 3. Senat des BSG hatte sich seinerzeit dieser Auffassung angeschlossen (Urteile vom - 3 RK 3/75 - nicht veröffentlicht, sowie vom - 3 RK 2/95 - BSGE 77, 219 = SozR 3-2500 § 124 Nr 3).
Für den hier betroffenen Bereich der Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern ist diese frühere Rechtsprechung durch die Änderung der Verhältnisse überholt. Die für den Ausschluss der Verzinsungspflicht genannten Gründe sind teilweise schon mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes zum entfallen, weil dort für die Streitsachen, auf die § 116 Abs 2 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (in der bis zum geltenden Fassung) Anwendung fand, eine Kostenerstattungspflicht auch zu Gunsten einer obsiegenden Körperschaft angeordnet worden ist. Spätestens mit der Neufassung des Kostenrechts im sozialgerichtlichen Verfahren zum durch das 6. SGGÄndG vom (BGBl I 2144) können aus der Kostenregelung im SGG jedenfalls in den von § 197a Abs 1 Satz 1 SGG erfassten Streitigkeiten keine Argumente mehr für den Ausschluss von Prozesszinsen gewonnen werden. In diesen Streitigkeiten, zu denen auch die hier zu beurteilenden Auseinandersetzungen zwischen Krankenkassen und Trägern von Rehabilitationskliniken zählen, werden Gerichtskosten erhoben und gelten im Übrigen jetzt die Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das hat zur Folge, dass der unterlegene Beteiligte neben den Gerichtskosten die Anwaltskosten des obsiegenden Beteiligten nach dem maßgeblichen Streitwert zu tragen bzw zu erstatten hat. Die Annäherung des sozialgerichtlichen Kostenrechts an dasjenige der VwGO legt es nahe, auch für den Anspruch auf Prozesszinsen analog § 291 BGB keinen Unterschied mehr zu machen. Demgemäß - und aus weiteren sachlichen Erwägungen - hat der 6. Senat des BSG nunmehr entschieden, dass Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche auf Zahlung einbehaltener Anteile der Gesamtvergütung nach den §§ 83, 85 SGB V dem Anspruch auf Prozesszinsen analog § 291 BGB unterliegen, wobei allerdings der Anspruch aus Gründen des unter den besonderen Gegebenheiten des Sachverhalts gebotenen Vertrauensschutzes auf Klagen begrenzt worden ist, die nach dem erhoben worden sind (Urteil vom - B 6 KA 71/04 R - MedR 2006, 226 mit Anm Steinhilper; zur Veröffentlichung in BSGE und SozR bestimmt).
c) Unabhängig von den kostenrechtlichen Änderungen ist die entsprechende Anwendung des § 291 BGB auf die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern auch aus der wachsenden Bedeutung der Wirtschaftlichkeit in der Leistungserbringung der GKV begründet, die nach kaufmännischen Grundsätzen auf liquide Mittel angewiesen ist und wegen des Wettbewerbsdrucks auf Zinsen nicht verzichten kann. Deshalb vereinbaren die Beteiligten zunehmend für den Fall des Zahlungsverzugs eine Zinsregelung. Das trifft zB für das Vergütungsrecht für zugelassene Krankenhäuser (§§ 108, 109 SGB V) zu, für das der Abschluss von Vereinbarungen über die Folgen verzögerter Zahlungen vom Gesetz- und Verordnungsgeber ausdrücklich angeordnet worden ist. Nach § 11 Abs 1 Satz 3 KHEntgG müssen die Vertragsparteien nach § 18 Abs 2 KHG, also der jeweilige Krankenhausträger und die beteiligten Sozialversicherungsträger, in die auf das einzelne Krankenhaus bezogene Vereinbarung Bestimmungen ua über "Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung" aufnehmen. § 17 Abs 1 Satz 3 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom (BGBl I 2750) enthält eine gleichartige Regelung (ebenso schon § 16 Abs 1 Satz 2 BPflV vom , BGBl I 1666). Vergleichbare gesetzliche Bestimmungen gibt es für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu anderen Leistungserbringern zwar nicht, was aber nicht bedeutet, dass vertragliche Vereinbarungen über die Folgen des Zahlungsverzugs nicht erlaubt wären. In zahlreichen Vergütungsvereinbarungen sind daher Regelungen über Verzugszinsen enthalten. Gibt es eine - gesetzliche oder vertragliche - Regelung über Verzugszinsen, ist kein Grund ersichtlich, für Prozesszinsen die analoge Heranziehung des § 291 BGB auszuschließen, zumal in solchen Fällen die den Anspruch auf Prozesszinsen auslösende Klageerhebung in der Regel auch den Verzug begründet (§ 286 Abs 1 Satz 2 BGB).
Der erkennende Senat hat daher bereits entschieden, dass ein an die Stelle eines vertraglichen Vergütungsanspruchs tretender bereicherungsrechtlicher Anspruch eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse gemäß § 291 BGB nach Rechtshängigkeit zu verzinsen ist, weil ein gleichgerichteter vertraglicher Vergütungsanspruch zu verzinsen gewesen wäre (Urteil vom - B 3 KR 4/03 R -, BSGE 92, 223, 231 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).
d) Es gibt keinen sachlichen Grund, Prozesszinsen nur dann zu gewähren, wenn die Leistungserbringer mit den Krankenkassen zumindest Regelungen über die Zahlung von Verzugszinsen getroffen haben. Sofern in einer Vergütungsvereinbarung die Zahlung von Prozesszinsen nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, kann auf § 291 BGB vielmehr auch dann zurückgegriffen werden, wenn in der Vergütungsvereinbarung eine Regelung über Verzugszinsen nicht enthalten ist; ob dies auch dann gilt, wenn nur Verzugszinsen ausdrücklich ausgeschlossen worden sind, kann der Senat an dieser Stelle offen lassen. Die Krankenkassen auf der einen und die Leistungserbringer auf der anderen Seite stehen sich im Gesundheitsmarkt als Nachfrager und Anbieter von medizinischen Dienstleistungen (zB Heilmittel, stationäre Behandlung) und Sachleistungen (zB Hilfsmittel, Arzneimittel) gegenüber. Die Krankenkassen "kaufen" auf Grund der ihnen gegenüber ihren Versicherten obliegenden Sachleistungspflicht (vgl § 2 Abs 2 SGB V) bei Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringern, Pflegediensten und sonstigen zugelassenen Leistungserbringern Sach- und Dienstleistungen ein. Der Gesundheitsmarkt stellt sich insoweit als Teil des allgemeinen Wirtschaftslebens dar, in dem die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen und Prozesszinsen selbstverständlich ist. Demgemäß unterlagen Vergütungsansprüche von Leistungserbringern gegen die Krankenkassen aus zivilrechtlichen Verträgen immer schon dem Anspruch auf Verzugs- und Prozesszinsen (BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 3; stRspr). Es gibt keinen sachlichen Grund, den - früher teilweise, ab 2000 ausschließlich - öffentlich-rechtlich geregelten Gesundheitsmarkt im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung insoweit unterschiedlich zu behandeln.
Vergütungsansprüche von Leistungserbringern gegen die Krankenkassen unterliegen also nicht nur dort dem Anspruch auf Prozesszinsen, wo gesetzlich oder vertraglich zumindest die Möglichkeit von Verzugszinsen vorgesehen ist, sondern auch dort, wo Vergütungsvereinbarungen zur Frage der Verzinsung keine Regelung enthalten. Zu einer Vertrauensschutzregelung, wie sie der 6. Senat in dem genannten Urteil vom wegen der dort gegebenen Besonderheiten für angemessen erachtet hat, besteht in Fällen der vorliegenden Art kein Anlass.
e) Die wirtschaftlichen Gründe, die den Gesetz- und Verordnungsgeber bewogen haben, im Bereich der Leistungserbringung durch die Krankenhäuser eine besondere vertragliche Pflicht zur Beschleunigung bei der Abrechnung erbrachter Leistungen ("zeitnahe Zahlung der Entgelte") und zur Sanktionierung von Vertragsverletzungen auf diesem Gebiet ("Regelungen über Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung") vorzusehen (§ 11 Abs 3 KHEntgG, § 17 Abs 1 BPflV), und darüber auch die Möglichkeit zur Geltendmachung von Prozesszinsen zu eröffnen, treffen in gleicher Weise auch auf das Verhältnis zwischen Rehabilitationskliniken und Krankenkassen zu. Rehabilitationskliniken wie Krankenhäuser sind zur Finanzierung des laufenden Behandlungs-, Pflege- und Versorgungsbetriebs auf die zügige Begleichung der Rechnungen für die erbrachten Leistungen durch die Sozialversicherungsträger angewiesen. Bei zu langen Prüfungs- und Zahlungsfristen bestünde die Gefahr, dass die Klinikbetreiber zur Aufrechterhaltung des Betriebs auf Drittmittel angewiesen sind, die erhöhte Kosten verursachen, oder dass im Extremfall sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet sein könnte. Wenn es der Gesetzgeber trotz dieser vergleichbaren Ausgangssituation unterlassen hat, für den Bereich der medizinischen Rehabilitation dem § 11 Abs 3 KHEntgG und § 17 Abs 1 BPflV entsprechende Regelungen vorzusehen, kann daraus nur auf einen geringeren gesetzlichen Handlungsbedarf geschlossen, nicht aber ein Ausschluss der Möglichkeit, Prozesszinsen analog § 291 BGB geltend zu machen, abgeleitet werden.
f) An der hier getroffenen Entscheidung war der erkennende Senat nicht durch das Urteil des 8. Senats des - (SozR 1300 § 61 Nr 1) gehindert. Dort hatte der 8. Senat auf der Grundlage der damaligen Rechtslage (§§ 184, 184a, 372 RVO) entschieden, der Kostenübernahmeanspruch eines Krankenhausträgers (einschließlich der Rehabilitationskliniken) gegen eine Krankenkasse begründe grundsätzlich keinen Anspruch auf Verzugs- oder Prozesszinsen. Die Entscheidung betraf einen Fall aus den Jahren 1980/1981. Das Krankenhausrecht war zu jener Zeit nur rudimentär geregelt. Für Rehabilitationskliniken - damals noch Kur- und Spezialeinrichtungen genannt - gab es nur den Hinweis im Leistungserbringerrecht, dass Verträge mit den Kassen das Nähere regeln sollten (§ 372 Abs 4 RVO). Zu jener Zeit gab es auch noch keine normative Regelung über die Pflicht der Krankenkassen, bei verspäteter Zahlung der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung Verzugszinsen zu entrichten, wie es nun in § 11 Abs 1 Satz 3 KHEntgG und § 17 Abs 1 Satz 3 BPflV vorgesehen ist. Eine solche Regelung ist erst zum eingeführt worden (vgl § 16 Abs 1 Satz 2 BPflV vom ). Auch die aufgezeigten kostenrechtlichen Argumente sind nach der Entscheidung des 8. Senats weggefallen. Insgesamt ist daher das genannte Urteil des 8. Senats aus dem Jahre 1987 durch die Rechtsentwicklung überholt. Daher war es nicht geboten, beim 8. Senat nach § 41 Abs 3 SGG anzufragen, ob dieser an seiner damaligen Rechtsauffassung festhält (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 41 RdNr 12; HK-SGG/Lüdtke, SGG, 2. Aufl 2006, § 41 RdNr 4).
3) Der Anspruch auf Prozesszinsen steht dem Kläger von 28.460,55 € ab zu, weil an diesem Tag die Klage beim SG eingegangen und daher die sozialgerichtliche Rechtshängigkeit nach § 94 SGG eingetreten ist. § 253 Abs 1 und § 261 Abs 1 ZPO, wonach die Rechtshängigkeit einer zivilrechtlichen Klage erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten eintritt, sind nicht einschlägig (BSGE 64, 225, 230 = SozR 7610 § 291 Nr 2; BSGE 92, 223, 232 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 32). Die Verzinsungspflicht beginnt nach § 291 BGB iVm § 94 SGG bereits mit dem Tag der Einreichung der Klage (so bereits BSGE 64, 225, 230 = SozR 7610 § 291 Nr 2; vgl auch die den Tag der Rechtshängigkeit ausdrücklich einbeziehende Regelung in § 236 Abs 1 Satz 1 Abgabenordnung) und nicht erst mit dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit folgenden Tag (so aber BGH NJW-RR 1990, 518, 519 und BAGE 96, 228, 233 für den Fall des Eintritts der Rechtshängigkeit erst mit der Zustellung der Klage). Der Betrag von 28.460,55 € ergibt sich aus der Differenz zwischen dem eingeklagten Vergütungsanspruch über 35.475,47 € und der mit rückwirkender Kraft (§ 389 BGB) erfolgten wirksamen Aufrechnung über einen Teilbetrag von 7.014,92 € für Behandlungsfälle, die bereits von der Klageschrift erfasst waren.
Ab sind Prozesszinsen auf 43.692,96 € zu zahlen, weil an diesem Tag der Schriftsatz mit der Klageerweiterung auf 50.707,88 € beim SG eingegangen ist. Soweit der Kläger von Anfang an Prozesszinsen auf 43.692,96 € verlangt, hat er übersehen, dass diese Summe noch nicht mit der Erhebung der Klage, sondern erst mit der Klageerweiterung erreicht worden ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Ab sind Prozesszinsen nur noch auf 34.072,49 € zu zahlen, weil die Beklagte an diesem Tag 9.620,47 € überwiesen hat. Zwar müssten entsprechend § 187 Abs 1 BGB, der hier mangels Sonderregelung anwendbar ist (§ 61 SGB X), Prozesszinsen auf 43.692,96 € eigentlich auch noch für den gezahlt werden, weil die Verzinsungspflicht erst mit dem Ablauf des Zahlungstages endet (vgl Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl 2006, § 187 RdNr 1 und § 288 RdNr 5 mwN); insoweit ist der Senat aber an die Antragstellung durch den Kläger gebunden (§ 202 SGG iVm § 308 Abs 1 ZPO). Die Zinspflicht endet am , weil an diesem Tag der Betrag von 34.072,49 € gezahlt worden ist (Palandt/Heinrichs, aaO, § 288 RdNr 5 mwN).
Der Zinssatz beträgt 4 %. Er ergibt sich aus § 291 BGB iVm § 288 Abs 1 Satz 1 BGB in seiner im Jahre 1999 gültigen Fassung. Der Zinssatz für Verzugszinsen ist zwar durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom (BGBl I 330) auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht worden (vgl § 288 Abs 1 BGB nF). Diese Neuregelung gilt aber nach Art 229 § 1 Abs 1 EGBGB nur für Forderungen, die ab fällig geworden sind. Für Forderungen, die - wie hier - vor dem fällig geworden sind, bleibt es beim Zinssatz von 4 %.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der hier noch anwendbaren, bis zum geltenden Fassung. Sie bezieht sich auch auf das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, soweit diese erfolgreich war (vgl Beschluss des Senats vom - B 3 KR 21/04 B).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KAAAC-15386