BSG Urteil v. - B 3 KR 20/03 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB V § 2 Abs 4; SGB V § 12 Abs 1; SGB V § 70 Abs 1 Satz 2; SGB V § 109 Abs 4 Satz 3; SGB V § 112 Abs 1

Instanzenzug:

Gründe

I

Die 1918 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Beigeladene wurde am auf Grund vertragsärztlicher Verordnung wegen eines Darmkatarrhs in das von der klagenden Stadt getragene, zur Versorgung der Versicherten zugelassene Krankenhaus aufgenommen. Auf die an die Beklagte gesandte Aufnahmeanzeige mit einer voraussichtlichen Behandlungsdauer bis zum erteilte die Beklagte eine Kostenzusage "bis zur medizinisch notwendigen Dauer der Behandlung". Am wurde die Beigeladene entlassen. Mit Rechnung vom , eingegangen bei der Beklagten am , machte die Klägerin eine Vergütung von 5.373,62 DM auf der Grundlage tagesgleicher Pflegesätze geltend. Die Beklagte teilte dem Krankenhaus mit Schreiben vom mit, dass sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) um Stellungnahme zur Dauer der stationären Behandlung gebeten habe und nach Eingang der Stellungnahme über die Kostenübernahme entscheiden werde. Der MDK forderte daraufhin den Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt an und gab unter dem eine Stellungnahme des Inhalts ab, dass sich anhand der vorliegenden Unterlagen eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit nur von etwa vier bis fünf Tagen medizinisch nachvollziehen lasse. Auf die dem Krankenhaus bekannt gegebene Stellungnahme führte der Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin Dr. K. aus, dass die Versicherte auch noch in der zweiten Behandlungswoche an einer Gangstörung gelitten habe, die zu einer minutenlangen völligen Gehunfähigkeit geführt habe. Diese Gangstörung sei anfallsweise aufgetreten, sodass die Versicherte, die allein in ihrem Haushalt gelebt habe, nicht habe entlassen werden können. Der MDK nahm durch Ärzte für Innere Medizin und Psychiatrie/Neurologie dazu erneut Stellung und sah auch auf Grund der neurologischen Symptomatik keine Notwendigkeit einer weiteren stationären Behandlung in der Inneren Abteilung eines Krankenhauses; vielmehr hätte hierfür die Betreuung in einer Einrichtung der Kurzzeitpflege ausgereicht. Daraufhin bezahlte die Beklagte lediglich für sieben Tage Krankenhausbehandlung einen Betrag von 2.567,81 DM. Auf die Klage wegen der ausstehenden Restforderung hat das Sozialgericht (SG) ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, die Behandlung der Gastroenteritis hätte nicht mehr als sieben Tage in Anspruch nehmen dürfen. Das SG hat dennoch die Beklagte zur Zahlung von umgerechneten 1.434,59 Euro nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskont- oder Basiszinssatz ab verurteilt (Urteil vom ). Es hat sich der Auffassung des Sachverständigen nicht angeschlossen, weil dieser die vom Chefarzt beschriebenen Anfälle, die in der Krankenakte dokumentiert seien, nicht hinreichend berücksichtigt habe. Die Beklagte habe den Nachweis, dass die Entscheidung des Krankenhauses über die Dauer der Behandlung medizinisch nicht vertretbar gewesen sei, nicht geführt.

Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen erst ab zu zahlen habe. Es hat die Beklagte zur Bezahlung der vollen Krankenhausrechnung für verpflichtet gehalten, ohne dass im vorliegenden Verfahren zu klären sei, ob die stationäre Behandlung bis zur Entlassung medizinisch notwendig gewesen sei. Aus dem Landesvertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom (KBV) ergebe sich, dass die Krankenkasse verpflichtet sei, die Rechnung eines Krankenhauses innerhalb von 14 Kalendertagen nach deren Eingang zu bezahlen. Die vertraglich vereinbarte Zahlungsfrist werde nicht dadurch gehemmt, dass die Krankenkasse die Notwendigkeit sowie Dauer der Krankenhausbehandlung überprüfe und Einwendungen gegen die Richtigkeit der Krankenhausrechnung erhebe. Unabhängig davon, ob die Abrechnung zutreffend sei, sei das Krankenhaus befugt, bei Überschreitung der Zahlungsfrist Verzugszinsen zu berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedürfe. Den Krankenkassen sei es zwar erlaubt, Beanstandungen im Nachhinein geltend zu machen und mit Rückzahlungsansprüchen gegen spätere Rechnungen aufzurechnen. Ihnen sei es aber nicht gestattet, bei beanstandeten Rechnungen lediglich den unbestrittenen Teil der Forderung zu bezahlen und den bestrittenen Teil bis zur abschließenden Klärung zurückzuhalten. Dies folge auch nicht aus den Schlussbemerkungen in den gemeinsamen Erläuterungen und Umsetzungshinweisen der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz eV und der Verbände der Krankenkassen in Rheinland-Pfalz zu dem Landesvertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom (KÜV). Diese lauten wie folgt:

"Schlußbemerkungen

Das Verfahren der Überprüfung ist im beiderseitigen Interesse zügig von allen daran Beteiligten durchzuführen. Beziehen sich die Zweifel der Krankenkasse über ihre Leistungspflicht nur auf einen Teilabschnitt der Krankenhausbehandlung, so ist der nicht zur Überprüfung anstehende Teilabschnitt dem Krankenhaus unbeschadet der noch ausstehenden Begutachtung des übrigen Zeitabschnitts durch den Medizinischen Dienst, deren Ergebnisses und der sich daran anschließenden Entscheidung der Krankenkasse über ihre Leistungspflicht entsprechend der Rechnungslegung des Krankenhauses zu vergüten."

Das LSG hat weiter ausgeführt, weil der Krankenkasse eine Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen gegen spätere Rechnungen möglich sei, verstoße die Vereinbarung auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt eine Verletzung der §§ 2 Abs 4, 12 Abs 1, 70 Abs 1 Satz 2, 109 Abs 4 Satz 3 und 112 Abs 1 SGB V. Das LSG habe sich bei der Auslegung der Landesverträge (KÜV und KBV) nicht hinreichend mit den Schlussbemerkungen in den gemeinsamen Erläuterungen und Umsetzungshinweisen zum KÜV auseinander gesetzt. Es habe die Schlussbemerkungen lediglich zitiert. Die Auslegung der landesrechtlichen Regelung dahingehend, dass sie eine unbedingte Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen begründe, verkenne die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Das LSG hätte sich deshalb auch zur Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung äußern und diese für die gesamte tatsächliche Verweildauer überprüfen müssen. Die Vertragsauslegung des LSG verstoße insoweit gegen Bundesrecht, als § 2 Abs 4 SGB V gebiete, dass Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht werden und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden dürften. Aus § 12 Abs 1 SGB V ergebe sich, dass Krankenkassen unwirtschaftliche Leistungen nicht bezahlen dürften. Auch aus § 70 Abs 1 Satz 2, § 109 Abs 4 Satz 3 und § 112 Abs 1 SGB V folge, dass die Vertragsparteien im Rahmen der Verträge dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung zu tragen hätten. Die vom LSG angenommene unbedingte Zahlungsverpflichtung verfehle ihren Zweck, wenn eine anschließende sofortige Aufrechnungsmöglichkeit mit Rückzahlungsansprüchen bestünde. Der Streit der Parteien werde dadurch nur auf ein weiteres Verfahren verlagert. Aus den Schlussbemerkungen der Parteien in den Erläuterungen und Umsetzungshinweisen zum KÜV ergebe sich eindeutig, dass nur der nicht zur Überprüfung stehende Teil einer Krankenhausbehandlung zu vergüten sei, während für den restlichen eine Fristverlängerung zur Überprüfung eintrete.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom und des Sozialgerichts Speyer vom aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Revision schon deshalb für unbegründet, weil sie allein die Auslegung und Anwendung von Landesrecht und damit nicht revisibles Recht betreffe. Die Auslegung des Landesrechts durch das LSG sei im Übrigen zutreffend und verstoße nicht gegen Bundesrecht. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf die Schlussbemerkung in den Erläuterungen zum KÜV stützen, weil diese Regelung nur dazu gedient habe, die Praxis der Krankenkassen zu beenden, bei nur teilweise angegriffenen Krankenhausrechnungen überhaupt keine Zahlungen zu leisten. Im Übrigen sei der durch die Krankenhausärzte gesetzte Anscheinsbeweis über die Notwendigkeit der Behandlungsdauer von der Beklagten nicht zeitnah erschüttert worden. Sie habe zum einen das Prüfungsverfahren nicht zeitnah eingeleitet. Vielmehr habe sie den MDK erst nach Ablauf der 14-tägigen Zahlungsfrist eingeschaltet. Sie habe aber auch nicht ihre Zweifel an der Dauer der Krankenhausbehandlung ihr gegenüber offen gelegt. Deshalb sei sie mit allen Einwendungen ausgeschlossen. Die eingeholten Gutachten hätten schließlich nicht ergeben, dass die Dauer der Behandlung medizinisch nicht vertretbar oder unwirtschaftlich gewesen sei. Die Behauptung, die gewählte Form der Behandlung sei nicht zwingend geboten gewesen, es habe Alternativen gegeben, reiche allein nicht aus.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Soweit sich die Revision gegen die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen im KBV und im KÜV sowie der Schlussbemerkungen in den gemeinsamen Erläuterungen und Umsetzungshinweisen zum KÜV wendet, rügt sie die Verletzung von Recht, das allein im Zuständigkeitsbereich des LSG Rheinland-Pfalz gilt, und damit weder die Verletzung von Bundesrecht noch von Landesrecht, das über die Landesgrenzen von Rheinland-Pfalz hinaus reicht. Die Beklagte weist zwar darauf hin, dass in anderen Bundesländern auf der Grundlage des § 112 SGB V weitgehend ähnliche Verträge zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Landeskrankenhausgesellschaften abgeschlossen worden seien; das reicht jedoch nicht aus, weil über den Bezirk eines LSG hinausreichende Rechtsnormen nur dann anzunehmen sind, wenn sie inhaltsgleich auch im Bezirk eines anderen LSG gelten und die Inhaltsgleichheit bewusst und gewollt und nicht nur zufällig ist (BSGE 56, 45, 50 = SozR 2100 § 70 Nr 1; BSG SozR 4100 § 117 Nr 14). Eine solche Geltungserstreckung des rheinland-pfälzischen Landesrechts über die Grenzen hinaus liegt auch nicht darin begründet, dass Krankenkassen mit Sitz außerhalb der Landesgrenzen ebenfalls dem Anwendungsbereich der hier streitigen Verträge unterliegen können (vgl BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 4). Das bedeutet keine räumliche Erstreckung des Geltungsbereiches über die Landesgrenzen hinaus, sondern lediglich eine Einbeziehung auch außerhalb der Landesgrenzen ansässiger oder wohnhafter Rechtssubjekte in den subjektiven Anwendungsbereich der Verträge.

Auch soweit die Beklagte bei der Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften Verstöße gegen Auslegungsgrundsätze geltend macht, wird nicht die Verletzung von Bundesrecht gerügt. Zwar gehören die allgemein anerkannten Regeln für die Auslegung von Gesetzen und Verträgen dem Bundesrecht an; bei ihrer konkreten Anwendung auf landesrechtliche Vorschriften wird aber die an sich nicht revisible Norm nicht dadurch revisibel, dass die Verletzung dieser allgemeinen Auslegungsregeln gerügt wird (BSGE 55, 115, 116 = SozR 1500 § 162 Nr 17; BSGE 62, 131, 135 = SozR 4100 § 141b Nr 40), solange nicht das Willkürverbot des Grundgesetzes verletzt ist (BSGE 62, 131, 135; dazu Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl 2002, XI RdNr 301).

Die Vertragsauslegung des LSG ist nicht willkürlich, dh schlechthin nicht nachvollziehbar, sondern mit der gegebenen Begründung noch vertretbar (vgl BVerfGE 91, 118, 123; 83, 1, 23). Der Revision ist zwar einzuräumen, dass das Auslegungsergebnis des LSG, wonach die Krankenkassen auch bei substantiell begründeten Einwendungen gegen die Richtigkeit der Rechnung oder die Wirtschaftlichkeit der Behandlung des Krankenhauses zunächst die volle Summe bezahlen müssen und die überzahlten Beträge nur im Wege der Aufrechnung gegen andere, unstrittige Krankenhausforderungen geltend machen können, nicht zwingend ist. Dieses Auslegungsergebnis lässt sich insbesondere nicht auf die Rechtsprechung des BSG stützen. Zwar hat der Senat wiederholt entschieden, dass es den Krankenkassen nicht erlaubt ist, die Bezahlung von Krankenhausrechnungen mit der Begründung zu verzögern, dass zunächst die Richtigkeit der Abrechnung oder die wirtschaftliche Leistungserbringung geprüft werden müsse (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 1; BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; BSGE 86, 166 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1). Ferner hat der Senat ein Recht der Krankenkassen verneint, in die Behandlungsunterlagen Einsicht zu nehmen und insoweit ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Bezahlung der Krankenhausrechnung auszuüben (BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3). Daraus folgt aber nicht, dass die Krankenkassen nach Bundesrecht verpflichtet wären, Krankenhausrechnungen auch dann in voller Höhe zu begleichen, wenn sie schon innerhalb der zweiwöchigen Zahlungsfrist substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen. In den entschiedenen Fällen ging es jeweils darum, dass sich die Krankenkassen erst noch schlüssig werden wollten, ob und welche Einwendungen sie gegen die Krankenhausrechnungen erheben. Dies gab ihnen kein Recht, die Bezahlung der Rechnung - bis zum zeitlich ungewissen Abschluss ihrer Prüfung - zu verweigern. Aus der Rechtsprechung des Senats ergibt sich aber auch, dass die Krankenkassen nicht zur Zahlung zu verurteilen sind, wenn sie im Verlaufe eines gerichtlichen Verfahrens ihre Einwände spezifizieren. Dann ist über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung Beweis zu erheben (BSGE 86, 116 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1). Stellt sich die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auch aus seiner Sicht ex-ante als medizinisch nicht vertretbar heraus, ist die Klage in solchen Fällen abzuweisen; das Krankenhaus hätte dann allenfalls einen Anspruch auf Zahlung der vertraglichen Verzugszinsen für die Zeit vom Ablauf der Zahlungsfrist bis zur Spezifizierung der Einwendungen, da die Kasse bei vertragsgemäßem Verhalten die fälligen Rechnungen zunächst hätte begleichen müssen.

Die mögliche Fehlinterpretation der höchstrichterlichen Rechtsprechung macht aber die Rechtsauslegung des LSG nicht willkürlich. Die Rechtsauffassung der Beklagten, sie sei nach den vertraglichen Vereinbarungen nur verpflichtet, den unstreitigen Teil der Krankenhausrechnung zu begleichen, während ihr hinsichtlich des restlichen Teils ein Prüfungsrecht mit einer entsprechenden Verlängerung der Zahlungsfrist zustünde, ist nämlich ebenfalls nicht zwingend. Die vertraglichen Regelungen sind ersichtlich in Umsetzung des gesetzlichen Gebots (vgl § 17 Abs 1 Satz 3 Bundespflegesatzverordnung) auf eine zügige Bezahlung der Krankenhausrechnungen ausgerichtet, was durch eine - unbefristete - Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts der Zahlung schon beim Äußern von Zweifeln an der Richtigkeit der Abrechnung gefährdet würde. Den Interessen des Krankenhauses wird nicht schon dadurch Rechnung getragen, dass in Fällen einer unberechtigten Zahlungsverweigerung auch die Verpflichtung zur Bezahlung von Verzugszinsen entsteht. Denn diese Entschädigung vermag den Nachteil, der in der Gefährdung der Liquidität des Krankenhauses durch Vorenthaltung fälliger Zahlungen besteht, nicht zu vermeiden oder auszugleichen. Die Rechtsauffassung der Beklagten ist auch nicht aus dem Grunde zwingend, dass der Natur der Sache nach eine Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung und der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung regelmäßig nicht innerhalb der Zahlungsfrist von zwei Wochen erfolgen könne. Es ist zwar zutreffend, dass dies vielfach nicht der Fall sein wird. Andererseits lassen sich bei zügiger Verfahrensweise viele Unklarheiten auch innerhalb einer kurzen Frist klären. So ist auch im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass das Verfahren bis zu einer abschließenden Meinungsbildung der Beklagten über die Notwendigkeit der stationären Behandlung nach dem Rechnungseingang bei ihr am noch ca vier Monate in Anspruch nehmen musste, nämlich bis zur Bezahlung der nach ihrer Auffassung berechtigten Höhe der Forderung. Schon die Krankenhausaufnahmeanzeige mit der Einweisungsdiagnose einer Gastroenteritis und einer voraussichtlichen Behandlungsdauer von zwei Wochen hätte für die Beklagte Veranlassung bieten können, entweder die Kostenübernahmeerklärung von vornherein auf eine Woche zu befristen oder sich zumindest verwaltungsintern eine entsprechende Frist vorzumerken, um gegenüber dem Krankenhaus nach dem Stande der Behandlung zu fragen und evtl einen Kurzbericht anzufordern, der dem Krankenhaus noch einmal besondere Veranlassung gibt, die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung zu prüfen und zu begründen. Stattdessen hat die Beklagte nach Eingang der Rechnung noch ca vier Wochen benötigt, bis der MDK mit der Bitte um Prüfung der Notwendigkeit der stationären Behandlung eingeschaltet wurde. Bei frühzeitiger Anforderung eines Kurzberichts noch während der laufenden Behandlung wäre es unter Umständen auch möglich gewesen, die Dauer der Behandlung - unter Einbeziehung der Versicherten - abzustimmen, evtl Alternativen in Form einer Kurzzeitpflege oder der häuslichen Krankenpflege zu prüfen und damit auch einen Abrechnungsstreit dieser Art zu vermeiden (vgl dazu auch Urteil vom - B 3 KR 18/03 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Sollte die Praxis dennoch erweisen, dass in vielen Fällen die vereinbarten Zahlungsfristen zu kurz bemessen sind, steht es den Vertragsparteien frei, den Vertrag zu ändern, notfalls zu kündigen (§ 112 Abs 4 SGB V) und bei mangelnder Einigungsmöglichkeit die Landesschiedsstelle nach § 114 SGB V anzurufen (§ 112 Abs 3 SGB V).

Soweit die Beklagte beanstandet, dass sich das LSG bei seiner Auslegung nicht hinreichend mit den vertraglichen Bestimmungen auseinander gesetzt habe, insbesondere die Schlussbemerkungen zu den Erläuterungen und Umsetzungshinweisen nicht ausreichend gewürdigt habe, rügt sie ebenfalls nur das Auslegungsergebnis. Es ist zwar einzuräumen, dass das LSG seine Auffassung, die vertraglichen Schlussbemerkungen rechtfertigten keine andere Auslegung, nicht näher begründet hat. Das macht die Auslegung aber noch nicht willkürlich, weil sie auch mit dem Ergebnis, dass die Beteiligten sich damit nur über die Behandlung der unstreitigen Rechnungsposten geeinigt haben, sinnvoll bleibt.

Die Vertragsauslegung des LSG ist somit sachlich nicht unvertretbar und deshalb nicht willkürlich; sie verstößt auch nicht in sonstiger Weise gegen Bundesrecht. Soweit die Beklagte geltend macht, das in mehreren Vorschriften des SGB V zum Ausdruck gekommene Gebot einer wirtschaftlichen Leistungserbringung werde verletzt, weil die Krankenkassen gezwungen würden, unberechtigte Forderungen zu begleichen, ist dem nicht zu folgen. Das LSG hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es den Krankenkassen unbenommen bleibt, nach Bezahlung der Rechnungen Erstattungsansprüche geltend zu machen und gegen laufende Krankenhausrechnungen aufzurechnen. Dies führt in aller Regel dazu, dass unwirtschaftliche Krankenhausbehandlungen im Ergebnis nicht bezahlt werden. In der vom LSG gefundenen Auslegung des Vertrages verstößt dieser somit nicht gegen das gesetzliche Wirtschaftlichkeitsgebot und ist deshalb auch nicht aus diesem Grunde gemäß § 58 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch iVm § 134 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig.

Verfahrensmängel macht die Beklagte nicht geltend. Sie rügt nicht ausdrücklich das Fehlen von Gründen iS von § 202 SGG iVm § 547 Nr 6 Zivilprozessordnung als Verfahrensfehler. Ein solcher Verfahrensmangel läge auch nur vor, wenn die Entscheidungsgründe überhaupt oder zu wesentlichen Streitpunkten vollständig fehlten, unverständlich oder inhaltslos wären, nicht jedoch schon, wenn sie zu einem an sich behandelten Streitpunkt nicht erschöpfend sind (vgl Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl 2003, § 547 RdNr 11). Die Beklagte macht auch nicht als Verfahrensfehler geltend, dass das LSG keine Feststellungen zur Notwendigkeit der stationären Behandlung in dem noch streitigen Zeitraum getroffen habe. Von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des LSG aus betrachtet kam es auf diese Feststellung nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum geltenden Fassung.

Fundstelle(n):
YAAAC-15325