Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: EGVtr Art 81
Instanzenzug:
Gründe
I
Der Kläger, ein griechischer Staatsangehöriger, ist als Inhaber eines in E ansässigen Transportunternehmens seit 1990 Mitglied der beklagten Berufsgenossenschaft (BG). Mit zwei Bescheiden vom setzte die Beklagte den vom Kläger für das Jahr 1998 für die Arbeitnehmerversicherung und die Unternehmerpflichtversicherung zu zahlenden Unfallversicherungsbeitrag auf 72.071,53 DM und den für eine freiwillige Zusatzversicherung zur Unternehmerversicherung zu entrichtenden Beitrag auf 1.173,69 DM fest. Für das Jahr 1999 forderte sie vom Kläger für die Arbeitnehmerversicherung und die Unternehmerpflichtversicherung einen Beitrag von 109.305,93 DM (Bescheid vom ).
Die Beitragsbescheide wurden vom Kläger mit der Begründung angefochten, die zwangsweise Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung und die Erhebung von Pflichtbeiträgen seien mit der europarechtlich gewährleisteten Dienstleistungs- und Wettbewerbsfreiheit unvereinbar. Auch sei das im Fünften und Sechsten Kapitel des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) verankerte Versicherungsmonopol der gesetzlichen Unfallversicherungsträger wegen unzulässiger Beschränkung der Freiheitsrechte aus Art 2 Abs 1, 12 Abs 1 und 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungswidrig.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Sozialgericht abgewiesen (Urteil vom ). Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom ). Der Versicherungs- und Beitragszwang in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung kollidiere nicht mit den im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGVtr) garantierten Grundfreiheiten. Die Wettbewerbs- und Dienstleistungsfreiheit seien schon deshalb nicht betroffen, weil die Unfallversicherungsträger keine am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Unternehmen im Sinne der Art 81, 82 (vormals Art 85, 86) EGVtr seien. Dies habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits für das italienische Unfallversicherungssystem entschieden, das mit der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland in den Grundzügen vergleichbar sei. Die zwangsweise Einbeziehung in eine öffentlich-rechtlich organisierte Unfallversicherung verstoße auch nicht gegen das GG. Insbesondere werde dadurch die Freiheit der beruflichen und wirtschaftlichen Betätigung nicht in unerlaubter oder unverhältnismäßiger Weise beschnitten.
Mit der Revision rügt der Kläger Verstöße gegen den EGVtr und gegen innerstaatliches Verfassungsrecht. Die BGen übten ungeachtet ihres sozialen Auftrags und der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht zumindest auf ihrem Hauptaufgabengebiet der Regulierung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten eine wirtschaftliche und damit unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Art 81 EGVtr aus. Die Versicherung beruhe auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung, und die Beitragsbemessung orientiere sich weitgehend an Kriterien aus der Privatwirtschaft. Dass Versicherungsträger staatlicher Aufsicht unterlägen, sei kein Spezifikum der gesetzlichen Unfallversicherung und spreche deshalb nicht gegen die Unternehmenseigenschaft. Da die den BGen übertragenen Aufgaben ebenso gut von privaten Versicherern wahrgenommen werden könnten, sei das Versicherungsmonopol unvereinbar mit den für die Europäische Union konstitutiven Prinzipien der Wettbewerbs- und Dienstleistungsfreiheit. Aus demselben Grund seien die mit der Zwangsmitgliedschaft verbundenen Eingriffe in die berufliche Betätigungsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit auch nach dem GG unzulässig.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom und des Sozialgerichts Karlsruhe vom sowie die Bescheide der Beklagten vom und vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist unbegründet.
Der Kläger bestreitet im Revisionsverfahren nicht (mehr), dass die Beklagte die gesetzlichen Vorschriften über die Beitragspflicht zur Unfallversicherung (§ 150 SGB VII) und über die Beitragshöhe (§§ 152 ff SGB VII) mit den angefochtenen Bescheiden korrekt umgesetzt hat. Sein Einwand, diese Bescheide seien gleichwohl rechtswidrig, weil die der Beitragspflicht zugrunde liegende Einbeziehung der in Deutschland ansässigen Unternehmen in die gesetzliche Unfallversicherung und die damit einhergehende Mitgliedschaft in einer BG oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft als Träger dieser Versicherung (§§ 114 ff, 121 ff SGB VII) höherrangiges Gemeinschafts- und Verfassungsrecht verletze, greift nicht durch.
Die Vereinbarkeit der genannten Vorschriften mit europäischem Recht kann der Senat feststellen, ohne eine Vorabentscheidung des EuGH herbeizuführen. Zwar ist ein nationales Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nach Art 234 Abs 3 (vormals Art 177 Abs 3) EGVtr zur Anrufung des EuGH verpflichtet, wenn es für die Rechtsfindung auf die Auslegung von Bestimmungen des EG-Vertrages ankommt. Von einer Vorlage kann jedoch abgesehen werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage in einem gleich gelagerten Vorlageverfahren bereits geklärt wurde ( in den verbundenen Rechtssachen 28/62 bis 30/62, Da Costa ua, EuGHE 1963, 63; Urteil vom in der Rechtssache C-337/95, Parfums Christian Dior, EuGHE 1997, I 6013 RdNr 31) oder wenn zu dieser Frage bereits eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs vorliegt, auch wenn sie sich in anderen Verfahren herausgebildet hat und die strittigen Fragen nicht vollkommen identisch sind ( 283/81, Cilfit, EuGHE 1982, 3415 RdNr 14). Dementsprechend sieht auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den in Art 101 Abs 1 Satz 2 GG garantierten Anspruch auf den gesetzlichen Richter (nur dann) als verletzt, wenn eine Anrufung des EuGH unterbleibt, obwohl zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts noch keine oder keine erschöpfende Rechtsprechung vorliegt, eine Fortentwicklung durch den EuGH nicht nur als entfernte Möglichkeit erscheint und das letztinstanzliche Gericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats vom - 1 BvR 1036/99 -, SozR 3-1100 Art 101 Nr 2 = NJW 2001, 1267 mwN).
Nach diesen Maßstäben bedarf es hier keiner Vorabentscheidung, denn die von der Revision aufgeworfene, entscheidungserhebliche Frage, ob eine öffentlich-rechtlich organisierte Pflichtversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten nach der Art der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Wettbewerbs- und Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist, hat der EuGH bereits geklärt.
Die Wettbewerbsregeln der Art 81 ff EGVtr sollen wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Verhaltensweisen der im Gemeinsamen Markt tätigen Wirtschaftsunternehmen sowie eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eines solchen Unternehmens verhindern und einen ungehinderten Handel zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen. Adressaten der Kartellvorschriften sind deshalb Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, indem sie Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbieten (, Höfner und Elser, EuGHE 1991, I-1979 RdNr 21; Urteil vom in den verbundenen Rechtssachen C-180/98 bis C-184/98, Pavlov ua, EuGHE 2000, I-6451 RdNr 74, 75). Keine Unternehmen im Sinne dieses funktionalen Unternehmensbegriffs und damit von den Wettbewerbsregeln ausgenommen sind dagegen Träger staatlich organisierter und beaufsichtigter Sozialversicherungssysteme, die keinen Marktgesetzen folgen, sondern einem sozialen Zweck dienen und wesentlich auf dem Grundsatz der Solidarität aufgebaut sind ( in den verbundenen Rechtssachen C-159/91 und C-160/91, Poucet und Pistre, EuGHE 1993, I-637 RdNr 18 f; zur Abgrenzung vgl Urteil vom in der Rechtssache C-244/94, Fédération Fran(aise de Sociétés d'Assurance ua, EuGHE 1995, I-4013 RdNr 17 ff und Urteil vom in der Rechtssache C-67/96, Albany, EuGHE 1999, I-5751 RdNr 81 ff).
Das Letztere hat der EuGH in seinem Urteil vom in der Rechtssache C-218/00, INAIL (EuGHE 2002, I-691) für den staatlichen italienischen Unfallversicherungsträger Istituto nazionale per l'assicurazione contro gli infortuni sul lavoro (INAIL) angenommen, der ein in weiten Teilen der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland vergleichbares System der arbeitgeberfinanzierten Pflichtversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verwaltet. Er hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass die Absicherung berufsbedingter Gesundheitsrisiken zu den traditionellen Aufgaben der Sozialversicherung gehört und in ihrer konkreten Ausgestaltung durch die italienische Gesetzgebung ein soziales Anliegen verwirklicht, indem den geschützten Personen eine Deckung gegen die Risiken des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit unabhängig von einer Pflichtverletzung des Geschädigten oder des Arbeitgebers und unabhängig von der rechtzeitigen Zahlung der geschuldeten Versicherungsbeiträge zur Verfügung gestellt wird (aaO, RdNr 32 ff). Als wesentlich für die Einstufung der Tätigkeit des Versicherungsträgers als nicht-wirtschaftlich wurde ferner angesehen, dass die Versicherung sowohl auf der Beitrags- wie auf der Leistungsseite durch Elemente eines Solidarausgleichs geprägt ist (aaO RdNr 38 ff) und dass die Tätigkeit des INAIL staatlicher Aufsicht unterliegt, so dass Beiträge und Leistungen letztlich vom Staat bestimmt werden können (aaO, RdNr 43 f).
In den vom EuGH hervorgehobenen Punkten weisen die deutsche und die italienische Pflichtversicherung gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten ähnliche und teilweise identische Merkmale auf. Die Unterschiede zwischen beiden Systemen sind entgegen dem Revisionsvorbringen nicht von solchem Gewicht, dass sie eine abweichende Bewertung rechtfertigen. In anderen Punkten, wie bei der Finanzierung, hebt sich das Versicherungskonzept des SGB VII noch deutlicher als das der staatlichen italienischen Unfallversicherung von marktüblichen privaten Versicherungsangeboten ab, so dass für die BGen eine Einordnung als Unternehmen letztlich noch weniger in Betracht kommt als für das INAIL.
Dass auch die deutsche gesetzliche Unfallversicherung mit dem Ziel der Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, der Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit nach dem Eintritt entsprechender Versicherungsfälle sowie deren Entschädigung für einen breiten Kreis von zum Teil beitragsfrei Versicherten und deren Hinterbliebenen soziale Zwecke verfolgt, ergibt sich schon aus ihrer Eingliederung in das Sozialgesetzbuch und wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. Das allein wie auch die öffentlich-rechtliche Form der Versicherung und das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht schließen allerdings nach der Rechtsprechung des EuGH eine Einordnung der BGen als Unternehmen im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsrechts nicht aus. Entscheidend ist vielmehr die Natur der angebotenen Versicherungsleistungen. Sie müssen, soll eine wirtschaftliche Tätigkeit des Versicherungsträgers bejaht werden, so beschaffen sein, dass sie zumindest im Grundsatz auch von privaten Versicherungsunternehmen erbracht werden könnten. Das ist hier nicht der Fall.
Eine strukturelle Vergleichbarkeit mit privaten Versicherungsangeboten ist schon wegen der Art der Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland nicht gegeben. Anders als private Risikoversicherungen - und anders auch als die staatliche italienische Unfallversicherung für den gewerblichen Sektor (siehe dazu die Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache C-218/00, EuGHE 2002, I-693 Nr 21, 58) - finanzieren sich die BGen nicht nach dem Kapitaldeckungsprinzip, sondern durch Umlage des jeweils aktuellen Finanzbedarfs auf die Mitgliedsunternehmen. Die Beiträge werden nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage erhoben, wobei die Umlage den Bedarf des abgelaufenen Kalenderjahres einschließlich der zur Ansammlung der gesetzlich vorgeschriebenen Rücklage nötigen Beträge decken muss (§ 152 Abs 1 SGB VII). Ein solches umlagefinanziertes Versicherungssystem kann von einem privaten Versicherer nicht angeboten werden, weil er damit nicht sicherstellen kann, dass der Leistungsbedarf aus den bereits eingetretenen Versicherungsfällen auch in Zukunft von den dann versicherten Beitragszahlern aufgebracht werden wird (Schlussanträge aaO, Nr 56 bis 58).
Im Übrigen wird die deutsche genauso wie die italienische Berufsunfallversicherung wesentlich durch Elemente der Solidarität geprägt, die einer privaten Versicherung fremd sind. So hängt auch nach dem SGB VII die Entstehung von Leistungsansprüchen bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht davon ab, dass der Arbeitgeber die fälligen Beiträge entrichtet hat. Die Proportionalität von Beitrag und Leistung wird dadurch eingeschränkt, dass für die Beitragserhebung das gesamte Arbeitsentgelt bis zur Grenze des Höchstjahresarbeitsverdienstes herangezogen wird (§ 153 Abs 1 und 2 SGB VII), während für die Bemessung der Geldleistungen des Versicherungsträgers eine Entgeltuntergrenze in Gestalt des Mindestjahresarbeitsverdienstes festgelegt ist (§ 85 Abs 1 SGB VII iVm § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV -). Durch die Anknüpfung an eine (im Vergleich zum italienischen Modell prozentual nur geringfügig niedrigere, im absoluten Betrag dagegen deutlich höhere) Mindestarbeitsentgeltgrenze kommt es im Ergebnis zu einer Umverteilung zwischen Beziehern hoher und niedriger Einkommen und so zu einem Solidarausgleich, der für Geringverdiener von erheblicher Bedeutung ist, weil sie einen vergleichbaren Versicherungsschutz von einem privaten Versicherungsunternehmen nur mit Unterstützung des Staates erlangen könnten (Penner, NZS 2003, 234, 237). Dem Ziel einer solidarischen Tragung der Versicherungslasten dient ferner der in den §§ 176 ff SGB VII für Fälle der übermäßigen Belastung eines Versicherungsträgers mit Renten- oder Entschädigungsleistungen vorgeschriebene Lastenausgleich zwischen den gewerblichen BGen, der sich in einem marktwirtschaftlich organisierten System ersichtlich nicht verwirklichen ließe.
Schließlich unterliegen die BGen, ähnlich wie das INAIL in Italien, einer staatlichen Aufsicht, die sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem für sie maßgeblichen Recht erstreckt (§ 87 Abs 1 SGB IV) und bewirkt, dass Beiträge und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung weitgehend unter der Kontrolle des Staates bleiben. Während die bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit zu erbringenden Leistungen durch Gesetz bestimmt sind, trifft dies für die Höhe der Beiträge allerdings nicht zu, da die maßgebenden Berechnungsfaktoren, der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs 1 SGB VII), nur zum Teil im Vorhinein bekannt sind. Soweit die BG über den von ihr gemäß § 157 SGB VII als autonomes Recht zu beschließenden Gefahrtarif die Beitragshöhe beeinflusst, ist sie aber durch gesetzliche und verfassungsrechtliche Vorgaben weitgehend eingeengt; zudem bedarf ihre Entscheidung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs 1 SGB VII), so dass eine freie Tarifgestaltung, wie sie für ein marktwirtschaftlich handelndes Versicherungsunternehmen typisch wäre, nicht möglich ist.
Zu Unrecht beruft sich die Revision darauf, dass die den BGen übertragenen Aufgaben in anderen europäischen und außereuropäischen Ländern von privaten Versicherungsgesellschaften wahrgenommen werden, die Absicherung der Risiken des Arbeitsunfalls und der Berufskrankheit also nicht zwingend im Rahmen einer staatlich organisierten Zwangsversicherung erfolgen muss. Diese Argumentation übersieht, dass das Gemeinschaftsrecht nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt lässt (Urteile vom in der Rechtssache C-158/96, Kohll, EuGHE 1998, I-1931 RdNr 17 und vom in der Rechtssache C-157/99, Smits und Peerbooms, EuGHE 2001, I-5473 RdNr 44 ua). Die Vereinbarkeit des in Deutschland bestehenden Unfallversicherungsmonopols mit den Grundfreiheiten des EGVtr kann deshalb nicht anhand einer allgemeinen Gegenüberstellung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Versicherungssysteme beurteilt werden, sondern entscheidet sich danach, ob das konkret in Rede stehende System mit seinen jeweiligen Gegebenheiten im Hinblick auf das Verhältnis von Beitrags- und Leistungshöhe auch privatwirtschaftlich von anderen Versicherern betrieben werden könnte.
Eine Vorabentscheidung des EuGH zu dieser für die gesetzliche Unfallversicherung durch die bisherige Rechtsprechung ausreichend geklärten Frage ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb geboten, weil der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren betreffend die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland als Unternehmen im gemeinschaftsrechtlichen Sinne einzustufen sind (Beschluss vom - KZR 31/99 - VersR 2001, 1361). Abgesehen davon, dass Kranken- und Unfallversicherung bei den für die Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts wesentlichen Merkmalen erhebliche Unterschiede aufweisen, bezieht sich die Vorlage des BGH nicht auf die Tätigkeit der Krankenkassen als Versicherer (für diese hat der 12. Senat des BSGE 90, 231, 267 = SozR 4-2500 § 266 Nr 1 eine Unternehmenseigenschaft der gesetzlichen Krankenkassen iS des europäischen Wettbewerbsrechts ausdrücklich verneint), sondern auf ihre davon zu trennende Tätigkeit als Nachfrager medizinischer Dienst- und Sachleistungen. Da der Unternehmensbegriff vom EuGH funktional verstanden wird, kann die Frage der Unternehmenseigenschaft für ein und dieselbe Einrichtung je nach Tätigkeitsbereich unterschiedlich zu beurteilen sein. Schon aus diesem Grunde kann aus der Vorlage des BGH nicht geschlossen werden, dass hinsichtlich der Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln auf die gewerblichen BGen in Deutschland noch Klärungsbedarf bestehen könnte.
Die Zwangsmitgliedschaft des Klägers bei der beklagten BG ist auch mit den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr (Art 49, 50 - vormals Art 59, 60 - EGVtr) vereinbar. Durfte der deutsche Gesetzgeber, wie dargelegt, im Rahmen seiner Befugnis zur Ausgestaltung des nationalen Systems der sozialen Sicherheit ohne Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht eine solidarisch finanzierte staatliche Pflichtversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten einrichten, so liegt auf der Hand, dass jedenfalls die Zwangsmitgliedschaft bei dem Träger dieser Versicherung und die daraus folgende Unmöglichkeit, sich den Versicherungsschutz gegebenenfalls bei einem konkurrierenden Versicherungsunternehmen in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft zu beschaffen, nicht gleichzeitig gegen den Grundsatz der (passiven) Dienstleistungsfreiheit verstoßen kann. Angesichts dessen kann auf sich beruhen, dass der Kläger mit dem Einwand, Versicherungsunternehmen aus anderen Staaten seien wegen des gesetzlichen Monopols gehindert, in Deutschland entsprechende Versicherungsleistungen anzubieten (Einschränkung der aktiven Dienstleistungsfreiheit), schon deshalb nicht gehört werden kann, weil er selbst nicht als Anbieter auf dem deutschen Markt tätig werden will und die Beklagte ihm dieses Recht mit den angefochtenen Bescheiden nicht bestritten hat.
Die Bestimmungen des SGB VII über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung, die damit verbundene Beitragspflicht und die Beitragshöhe verletzen schließlich auch keine Grundrechte des Klägers. Sie sind insbesondere mit den Regelungen in Art 2 Abs 1, Art 12 Abs 1 und Art 14 Abs 1 GG vereinbar, wie das BVerfG für vergleichbare Systeme in anderen Zweigen der Sozialversicherung wiederholt entschieden und ausführlich begründet hat (BVerfGE 10, 354, 371 ff; BVerfGE 12, 319, 323 ff; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 685/88 - NJW 1990, 1653, jeweils für berufsständische Versorgungswerke; BVerfGE 44, 70, 89 ff für die gesetzliche Krankenversicherung der Landwirte). Generell wird dabei dem Gesetzgeber im Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der Freiheit des Einzelnen und den Erfordernissen einer sozialstaatlichen Ordnung eine weite Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der Sozialversicherungssysteme zugebilligt. Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzen dieser Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung überschritten wären, sind dem Revisionsvorbringen nicht zu entnehmen. Angesichts der feststehenden verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu diesem Fragenkomplex sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.
Die Revision des Klägers war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes in der bis zum geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR-3 2500 § 116 Nr 24).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAC-15149