Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB V § 144; SGB V § 150; SGB V § 175 Abs 4; SGB V § 175 Abs 4 Satz 5
Instanzenzug: SG Düsseldorf S 8 KR 135/04 vom
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Krankenkasse im Zusammenhang mit dem Krankenkassenwahlrecht.
Der Kläger ist zum Mitglied der Taunus Betriebskrankenkasse (BKK), einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, geworden. Jeweils unter Beibehaltung des Namens Taunus BKK erfolgten anschließend Fusionen mit der Forum BKK (zum ), der BKK Hamburg-Mannheimer (zum ) und der BKK Braunschweig (zum ). Der allgemeine Beitragssatz der auf diese Weise entstandenen Beklagten beträgt seit dem 13,8 vH. Vor der Vereinigung hatte der allgemeine Beitragssatz der Taunus BKK bei 12,8 vH und derjenige der BKK Braunschweig bei 15,2 vH gelegen.
Mit Schreiben vom kündigte der Kläger unter Hinweis auf die "Beitragsanhebung" und unter Berufung auf "sein Sonderkündigungsrecht" seine Mitgliedschaft bei der Beklagten mit sofortiger Wirkung und bat um Ausstellung einer Kündigungsbestätigung. Mit Bescheid vom wies die Beklagte die Kündigung zurück. Der Kündigung zum könne nicht entsprochen werden, weil die erstmalige Beitragssatzfestsetzung durch eine nach einer Fusion neu entstandene Krankenkasse keine Beitragssatzerhöhung darstelle und deshalb kein Sonderkündigungsrecht nach § 175 Abs 4 Satz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) begründe. Vor Ablauf der Bindungsfrist von 18 Monaten, die für den Kläger am endet, sei ein Kassenwechsel ausgeschlossen. Der Widerspruch gegen diesen Bescheid blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom ). Unter dem hat der Kläger die BKK Anker-Lynen-Prym um Zusendung eines Aufnahmeantrages gebeten. Die BKK Anker-Lynen-Prym hat ihm mitgeteilt, dass es zur Durchführung der Mitgliedschaft zusätzlich zu dem Aufnahmeantrag einer Kündigungsbestätigung der früheren Krankenkasse bedürfe.
Der Kläger hat sein Begehren im Klagewege weiterverfolgt. Das Sozialgericht (SG) hat die BKK Anker-Lynen-Prym beigeladen. Mit Urteil vom hat das SG der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides festgestellt, dass die Kündigung des Klägers zum wirksam geworden ist. Die Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes auf 13,8 vH habe eine Beitragssatzerhöhung iS des § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V dargestellt mit der Folge, dass eine Ausnahme von der Bindungsfrist des Satzes 1 bestanden und dem Kläger nach Satz 2 ein Kündigungsrecht zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats zugestanden habe. Als Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren Taunus BKK müsse die Beklagte auch deren Pflichten übernehmen. Ebenso wie jene habe die Beklagte daher bei einer Anhebung des Beitragssatzes das außerordentliche Kündigungsrecht der Versicherten zu dulden. Der Kläger habe sein Kassenwahlrecht rechtzeitig ausgeübt. Ohne Auswirkungen bleibe, dass der Kläger das formalisierte Kündigungsverfahren des § 175 SGB V nicht eingehalten habe. Der gerichtlichen Feststellung komme insoweit ersetzende Wirkung zu. Dass der Zeitpunkt des begehrten Kassenwechsels bereits verstrichen sei, hindere die getroffene Entscheidung ebenfalls nicht, weil der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung durch das Gericht auch rückwirkend festgestellt werden und das Versicherungsverhältnis entsprechend rückabgewickelt werden könne.
Die Beklagte hat Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 175 Abs 4 SGB V und der §§ 150, 144 SGB V. § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Im Rahmen des Fusionsverfahrens sei durch den Verwaltungsrat der beiden fusionierenden Kassen erstmals ein Beitragssatz für die zum entstehende neue Kasse festgelegt worden. Damit liege weder eine "Erhöhung" vor noch komme eine Kündigung gerade gegenüber derjenigen Kasse in Betracht, die den in Frage stehenden Beitragssatz festgesetzt habe. Ebenso stünden systematischer Zusammenhang, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V der Annahme eines Sonderkündigungsrechts in Fällen der vorliegenden Art entgegen. Dasselbe ergebe sich im Umkehrschluss aus § 175 Abs 5 SGB V.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass festgestellt wird, dass der Kläger ein Kündigungsrecht zum hatte und sein Wahlrecht für die Beigeladene zum wirksam ausgeübt hat.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie für den Fall, dass der Senat ein Kündigungsrecht des Klägers zum und eine wirksame Wahl der Beigeladenen durch den Kläger vor dem Tag der mündlichen Verhandlung feststellt, die Versicherung bis zum Ende des Monats durchführen und dem Kläger für die von ihm zu tragenden Beiträge die Differenz zwischen den tatsächlich gezahlten Beiträgen und den auf Grund des Beitragssatzes der Beigeladenen geschuldeten Beiträgen für die Zeit ab Wirksamkeit der Wahl erstatten wolle. Die Beigeladene und der Kläger sind mit diesem Verfahren einverstanden. Die Beigeladene hat erklärt, dem Kläger für den Fall, dass ihre Wahl durch den Kläger festgestellt wird, eine Mitgliedsbescheinigung mit Wirkung vom ausstellen zu wollen. Zur Sache hat sich die Beigeladene nicht geäußert und sie hat auch keinen Antrag gestellt.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sein Begehren zulässig im Wege der Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann. Mit Recht hat das SG den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufgehoben. Gegenüber der Beklagten war festzustellen, dass der Kläger ein Kündigungsrecht zum hatte, gegenüber der Beigeladenen, dass er sein Wahlrecht für diese zum wirksam ausgeübt hat. Im Hinblick auf die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung hat der Kläger seinen Feststellungsantrag in der mündlichen Verhandlung neu gefasst und nur noch die Feststellungen beantragt, dass er ein Kündigungsrecht zum hatte und sein Wahlrecht für die Beigeladene zum wirksam ausgeübt hat. Darin liegt eine Beschränkung des ursprünglichen Feststellungsbegehrens (§ 123 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), das der Kläger vor dem SG verfolgt hat. Die vor dem SG beantragte Feststellung, die Kündigung des Klägers sei zum wirksam geworden, setzt sowohl ein Kündigungsrecht als auch die wirksame Ausübung des Wahlrechts gegenüber der neuen Krankenkasse voraus. Über letzteres hat das SG in seinem Urteil mitentschieden, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt.
1. Die erhobene Feststellungsklage, die mit der gegen die Beklagte gerichteten Anfechtungsklage verbunden ist, ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung seiner Rechtsbeziehungen (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) sowohl zur Beklagten als auch zur Beigeladenen. Bedenken, auch die Beigeladene auf eine Feststellungsklage hin zu verurteilen, bestehen nicht, weil der Anwendungsbereich des § 75 Abs 5 SGG nicht auf Leistungsklagen beschränkt ist (vgl BSGE 22, 173, 180 = SozR Nr 8 zu § 1399 RVO; im Anschluss hieran Ulmer in Hennig, SGG, Stand Februar 2004, § 75 RdNr 46: arg a maiore ad minus). Zutreffend hat der Kläger sein Wahlrecht gegenüber der Beigeladenen im April 2004 und damit vor dem Ende der Kündigungsfrist des § 175 Abs 4 Satz 2 SGB V ausgeübt. Grundsätzlich ist nämlich die Wirksamkeit der Kündigung daran gekoppelt, dass der Versicherte die Wahl einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung innerhalb dieser Frist nachweist (vgl § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V) mit der Folge, dass bei einer Wahl nach Ablauf der Kündigungsfrist die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich nicht (mehr) eintreten kann. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Kassenzuständigkeit auch für die Vergangenheit. Denn die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, den Kläger bei einem Erfolg seiner Anträge so stellen zu wollen, wie er stehen würde, wenn die Mitgliedschaft bei der Beigeladenen rückwirkend durchgeführt würde.
2. Der Kläger kann gegenüber der Beklagten das bei Beitragssatzerhöhungen einer Krankenkasse bestehende Sonderkündigungsrecht zum geltend machen (dazu a). Überdies hat er die Ausübung seines Wahlrechts gegenüber der Beigeladenen zum wirksam erklärt (dazu b).
a) Der Kläger hat das ihm gemäß § 173 SGB V zustehende Wahlrecht gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgeübt und ist nach den Feststellungen des SG zum deren Mitglied geworden. Weil er sein Wahlrecht ab dem ausgeübt hat, ist er an diese Entscheidung grundsätzlich mindestens 18 Monate gebunden gewesen (§ 175 Abs 4 Satz 1 SGB V). Eine Kündigung der Mitgliedschaft ist zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats möglich, gerechnet von dem Monat, in dem das Mitglied die Kündigung erklärt (aaO Satz 2). Die Krankenkasse hat dem Mitglied unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung auszustellen (aaO Satz 3). Die Kündigung wird wirksam, wenn das Mitglied innerhalb der Kündigungsfrist eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nachweist (aaO Satz 4; § 175 Abs 4 Satz 1 bis 4 SGB V idF des Art 1 Nr 1 Buchst c des Gesetzes zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte vom , BGBl I 1946). Erhöht eine Krankenkasse ihren Beitragssatz, kann die Mitgliedschaft abweichend von Satz 1 bis zum Ablauf des auf das Inkrafttreten des der Beitragserhöhung folgenden Kalendermonats gekündigt werden (aaO Satz 5 in der ab geltenden Fassung der Art 1 Nr 134, Art 37 Abs 1 des GKV-Modernisierungsgesetzes vom , BGBl I 2190).
Der Kläger war vor Ablauf der 18-monatigen Bindungsfrist des § 175 Abs 4 Satz 1 SGB V am auf Grund einer Beitragssatzerhöhung (vgl hierzu unmittelbar nachfolgend) berechtigt, seine Mitgliedschaft bei der Beklagten vorzeitig zu beenden. Seine Kündigung vom April 2004 wahrt zunächst die auch hier einzuhaltende Frist des § 175 Abs 4 Satz 2 SGB V zwischen dem Zugang der Erklärung bei der bisherigen Kasse und dem möglichen Eintritt ihrer inneren Wirksamkeit mit Ablauf des . Ebenso ist die seit dem einzuhaltende besondere Erklärungsfrist des § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V für die Fälle der Ausübung des Kündigungsrechts bei Erhöhung des Beitragssatzes beachtet.
Die zum errichtete Beklagte legt der Beitragsbemessung für ihre Mitglieder seither einen allgemeinen Beitragssatz von 13,8 vH zu Grunde. Für diejenigen Mitglieder der mit Ablauf des untergegangenen Taunus BKK, deren Beitrag sich nach dem allgemeinen Beitragssatz bemisst, ergibt sich damit ausgehend von dem für sie bis Ende März 2004 maßgeblichen allgemeinen Beitragssatz von 12,8 vH eine Erhöhung um 1 vH. Für den Kläger als Mitglied der Beklagten kann nur entweder unmittelbar dieser Beitragssatz (§ 241 SGB V) oder jedenfalls der hiervon abgeleitete erhöhte (§ 242 SGB V) bzw ermäßigte (§ 243 SGB V) Beitragssatz einschlägig sein. Unter diesen Umständen bedarf es keines Eingehens darauf, ob die Voraussetzungen des besonderen Kündigungsrechts nach § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V auch dann gegeben sind, wenn ein Versicherter - anders als hier - von einer Beitragssatzerhöhung seiner Kasse nicht unmittelbar selbst betroffen ist (vgl zum Meinungsstand Schmidt, NJW 2004, 2628, 2630). Ebenso ist schon nach dem Wortlaut der Norm unerheblich, worauf im Einzelnen die Beitragssatzanhebung zurückzuführen ist (Schmidt, aaO mwN).
Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich spiegelbildlich auch aus der Sicht der Beklagten um eine formell wie materiell ihr zuzurechnende "Erhöhung" und nicht lediglich um die erstmalige Festsetzung ihres Beitragssatzes durch die ihr fremden Organe der durch die Vereinigung untergegangenen Kassen und der Aufsichtsbehörde. Die Beklagte ist aus der zum wirksam gewordenen Fusion der Taunus BKK und der BKK Braunschweig hervorgegangen. Mit diesem Zeitpunkt sind die bisherigen Kassen geschlossen und ist die Beklagte in ihre Rechte und Pflichten eingetreten (§ 150 Abs 2 Satz 1 iVm § 144 Abs 4 SGB V). Hierin liegt nicht lediglich die Anordnung einer bloßen Funktionsnachfolge der Beklagten. Auch ist über den scheinbar engeren Wortlaut ("Rechte und Pflichten") hinaus im Sinne einer begrenzten Rechtsnachfolge nicht allein der Übergang bereits entstandener Rechte und Pflichten geregelt. Vielmehr handelt es sich um eine umfassende öffentlich-rechtliche Rechtsnachfolge aus Anlass des vollständigen Übergangs der Zuständigkeiten mehrerer untergegangener Hoheitsträger auf einen neuen. Während nämlich die von den untergegangenen Kassen bis zu ihrer Schließung innegehabte Rechtsposition von ihnen seither nicht mehr ausgeübt werden kann, bleiben andererseits der umfassende materielle Schutzzweck des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung für seine Versicherten insgesamt (§ 21 Abs 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil <SGB I>, § 1 Satz 1 SGB V) ebenso wie deren Mitgliedschaft von der Existenz eines einzelnen Trägers unberührt. Ein derartiger inhaltlich unveränderter Fortbestand der staatlichen Aufgabe wie der dem Bürger zugewiesenen Rechtsposition ist stets hinreichende Bedingung einer umfassenden Rechtsnachfolge des nach einer Zuständigkeitsveränderung zuständigen Hoheitsträgers im öffentlichen Recht (vgl Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, Köln ua 1984, S 78, 128). Die Beklagte ist daher als seit dem allein zuständiger neuer Träger nunmehr alleiniger Inhaber aller mit der Ausübung der ihr zugewiesenen Funktion in Zusammenhang stehenden Rechtsverhältnisse, Rechte und Pflichten. Ebenso behalten auch alle Umstände, auf Grund deren ein die Berechtigung oder Verpflichtung begründender Tatbestand erst teilweise verwirklicht war, ihre vor dem bereits eingetretene rechtliche Bedeutung unverändert auch in der Zeit danach. Die Situation entspricht insofern der - im Wesentlichen auf die Nachfolge in Vermögenspositionen beschränkten - Universalsukzession im Zivilrecht. Auch hier ist anerkannt, dass nicht nur bereits entstandene "Rechte und Ansprüche" übergehen, sondern auch noch werdende oder schwebende Rechtsbeziehungen ebenso wie bedingte oder erst künftige Rechte (vgl Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Aufl, § 1922, RdNr 26). Zutreffend wird daher auch in der Begründung zum Gesetzentwurf ein weiter Anwendungsbereich des § 144 Abs 4 SGB V zu Grunde gelegt (vgl BT-Drucks 11/2237 S 209 zu § 153 Abs 4 des Entwurfs eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen <Gesundheits-Reformgesetz - GRG>, wo von einer "generellen Nachfolgeklausel" gesprochen wird). Insbesondere bleibt durch das vollständige Einrücken aus einer Vereinigung hervorgegangener Kassen in die Rechtsstellung der Vorgänger-Kassen und das hierin gleichzeitig liegende umfassende einfachgesetzliche Verschlechterungsverbot (so auch Schmidt, aaO S 2630) gewährleistet, dass eine bloße Neuverteilung staatlicher Aufgaben nicht gleichzeitig und ohne rechtfertigenden Grund in grundrechtliche Positionen des Bürgers (insbesondere aus Art 3 Abs 1 und Art 2 Abs 1 Grundgesetz <GG>) eingreift (Schink, aaO S 93; Dietlein, Nachfolge im Öffentlichen Recht, Berlin 1999, S 148, 152). Nichts anderes gilt, wenn es sich um einfach-rechtlich begründete Positionen handelt, wie das hier zu beurteilende Sonderkündigungsrecht.
Dem allgemein akzeptierten Begriff der Rechtsnachfolge entspricht, dass der Rechte- und Pflichtenstatus inhaltlich unberührt bleibt und sich im Auswechseln des Rechte- und Pflichtensubjekts erschöpft. Rechtsnachfolge ist Substitution des Rechtssubjekts bei Kontinuität des Rechtsobjekts (Schink, aaO, S 7 mwN; vgl auch Riedl, Die Rechts- und Pflichtennachfolge im Verwaltungsrecht, Köln ua 1998, S 7 mwN). Es handelt sich jeweils um einen abgeleiteten (derivaten) Erwerb und nicht um einen Akt der erstmaligen Begründung bzw Entstehung von Rechten und Pflichten (Riedl, aaO S 29 mwN). Dies gilt auch für die Mitgliedschaft der bei den fusionierenden Kassen versicherten Mitglieder einschließlich ihrer vorgeschriebenen Mindestdauer und der Möglichkeit, sie zu beenden. Der besondere Regelungsgegenstand der "Zugehörigkeit zum System" steht dabei der Annahme einer Übergangsfähigkeit nicht ausnahmsweise entgegen. Die Position des Klägers ist auch insofern von der untergegangenen Taunus BKK als einzelnem Hoheitsträger innerhalb des Systems ablösbar und ohne Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Belange übergangsfähig (vgl dazu Schink, aaO S 28u, 33). Während damit einerseits der angeordnete Rechtsträgerwechsel eine Zäsur bedeutet, sorgt so andererseits die Gesamtrechtsnachfolgeregelung in § 144 Abs 4 Satz 2 SGB V auch insofern für Kontinuität (ebenso 6 P 1.03, IÖD 2003, 213 ff = ZTR 2003, 527 ff). Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten beruht damit nicht etwa auf einer mit der Errichtung der neuen Kasse zeitgleichen Neubegründung, sondern setzt vielmehr die durch Wahl gegenüber der Vorgänger-Krankenkasse begründete Mitgliedschaft in gerade dem Zustand fort, in dem sie sich bei Wirksamwerden der Vereinigung befindet. Sie bleibt damit dem neuen Rechtsträger gegenüber als diejenige Gesamtheit aller Rechte und Pflichten erhalten, die dem einzelnen Mitglied auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer der fusionierenden Kassen bis zu deren Untergang zustand (vgl Riedl, aaO S 33; vgl zur Übergangsfähigkeit von Mitgliedschaftsrechten auch Schink aaO S 31 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass aus einer Fusion hervorgegangene Betriebskrankenkassen entgegen dem Grundsatz des § 173 Abs 1 1. Halbsatz SGB V ausnahmsweise über einen ihnen von vornherein gesetzlich zugewiesenen und - vorbehaltlich einer von ihnen selbst vorgenommenen Beitragssatzerhöhung - auf jedenfalls 18 Monate verbundenen Mitgliederbestand verfügen sollen, sind dem Gesetz dagegen nicht zu entnehmen.
Der Beklagten als dem neuen Rechtsträger gegenüber bestehen daher auch die Kündigungsrechte des Klägers nach den allgemeinen Vorschriften weiter (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Mai 2004, § 144 SGB V RdNr 25). Dies gilt auch, soweit der zur Kündigung berechtigende Tatbestand erst teilweise verwirklicht war. Alle insofern vor dem bereits eingetretenen und insofern rechtlich relevanten Umstände behalten ihre Bedeutung. Auch die gegenüber der Beklagten maßgebliche Bindungsfrist beginnt daher mit dem Beitritt zu ihrer Rechtsvorgängerin zum und läuft vom Zuständigkeitswechsel zum unbeeinflusst fort. Der frühere Beitragssatz der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist gegenüber dem Aktuellen Vergleichsgröße, seine Änderung von 12,8 vH auf 13,8 vH daher eine im Verhältnis zur Beklagten relevante "Erhöhung" des Beitragssatzes iS von § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V. Auch im Zivilrecht wird die Rechtsstellung bei der Rechtsnachfolge in einer vergleichbaren Situation entsprechend behandelt. So hat etwa der , EBE/BGH 2003, 326 = NJW 2003, 3265) angenommen, dass auch dem als Rechtsnachfolger in ein Mietverhältnis eintretenden Familienangehörigen, dessen Wohnung veräußert wird, die Wartefrist für eine Kündigung zugute kommt, wenn der durch die Bildung von Wohneigentum begründete Kündigungsschutz schon zu Lebzeiten des verstorbenen Mieters angelegt war.
Entgegen dem Vorbringen der Revision ist die in Frage stehende Beitragssatzerhöhung der Beklagten auch zuzurechnen, obwohl diese nicht durch ihren erst mit dem zuständig gewordenen Verwaltungsrat beschlossen worden, sondern Ergebnis des vorgelagerten Fusionsverfahrens ist (§§ 194 Abs 1 Nr 4, 197 Abs 1 Nr 1, 150 Abs 2 Satz 1, 144 Abs 2 SGB V). Die Existenz der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung <SGB IV>) beruht auf öffentlich-rechtlichen Hoheitsakten, die insbesondere auch verbindlich über Zeitpunkt und Umfang ihrer Rechtsfähigkeit, ihre Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin, die ihr im Augenblick der Entstehung zugewiesenen Mitglieder sowie die im Verhältnis zu diesen maßgeblichen Satzungsbestimmungen entscheiden. Diese rechtlichen Gegebenheiten sind der Beklagten innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegeben und waren gleichermaßen rechtlich wie logisch der Gestaltbarkeit durch den erst zu schaffenden Verwaltungsträger entzogen. Sie kann demgemäß der gesetzlich angeordneten Kontinuität der ihr zugewiesenen Rechtsverhältnisse nicht durchgreifend entgegenhalten, dass ihre Existenz auf die Zeit ab begrenzt ist, und ist auch ohne eigenes Handeln Urheber der tatbestandlichen Kündigungsvoraussetzung "Beitragssatzerhöhung".
Das Bestehen eines Sonderkündigungsrechts auch beim Zusammentreffen einer Beitragssatzerhöhung und einer Kassenfusion entspricht Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Voraussetzung ist allein die äußere Wirksamkeit der entsprechenden Erklärung des Versicherten und die Einhaltung der vorgesehenen Frist, die einen Ausgleich zwischen der Wahlfreiheit der Mitglieder mit dem Interesse der Träger an der relativen Verlässlichkeit ihres Mitgliederbestandes und der Vermeidung verwaltungsaufwändiger Kurzmitgliedschaften gewährleistet (vgl BT-Drucks 12/3608 S 113). Alle sonstigen Umstände sind tatbestandlich nicht erfasst und damit rechtlich ohne Bedeutung, sodass es insbesondere auch nicht auf den Grund für die Entscheidung des Versicherten ankommt. Dies gilt auch, soweit für den Fall der Beitragssatzerhöhung die Bindungsfrist des § 175 Abs 4 Satz 1 SGB V spezialgesetzlich verdrängt und neben der Kündigungsfrist des Satzes 2 aaO die Erklärungsfrist des Satzes 5 aaO zu beachten ist. Weder ist insofern zusätzlich erforderlich, dass die Entscheidung zum Wechsel gerade auf den geänderten Beitragssatz zurückzuführen ist, noch kommt es auf den Grund der Beitragssatzerhöhung selbst an. Die Regelung soll die Kasse ohne Differenzierung und Gewichtung von Einflussgrößen ausnahmslos bei jeder Beitragssatzerhöhung mit dem Risiko belegen, dass ihre Mitglieder von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und die Kasse so mittelbar zwingen, auf Grund einer Gesamtabwägung von der Möglichkeit der Beitragssatzanhebung nur nach dem ultima-ratio-Prinzip und nach Ausschöpfung aller Wirtschaftlichkeitsreserven Gebrauch zu machen. Vor diesem Hintergrund hat auch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte vom (BGBl I 1946) insofern von einer Änderung Abstand genommen und die weite Fassung des Gesetzes belassen, obwohl das drohende Kündigungsrecht ohne Einfluss auf diejenigen zu einer Beitragssatzerhöhung führenden Umstände bleibt, die dem Zugriff der Kasse entzogen sind (vgl BT-Drucks 14/5957 S 5 und BT-Drucks 14/6568 S 3, 6), wie dies etwa für Beitragssatzerhöhungen gilt, die als Folge von Ausgleichszahlungen im Risikostrukturausgleich notwendig werden. Gleichermaßen der Schutz des einzelnen Mitglieds wie das Systeminteresse an einer Vermeidung von Beitragssatzerhöhungen liegen nach alledem dem Sonderkündigungsrecht des § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V zu Grunde und gebieten damit dessen Durchsetzbarkeit nicht etwa dann weniger, wenn die Beitragssatzerhöhung mit einer Kassenfusion zusammentrifft (ebenso Schmidt, aaO, S 2630).
Ebenfalls entgegen der Revision tritt nicht etwa das Sonderkündigungsrecht der Mitglieder im Fall von Beitragssatzerhöhungen zu Gunsten der Fusion von Krankenkassen zurück. Vielmehr handelt es sich bei Kassenfusion, Risikostrukturausgleich und Wahlrechten/(Sonder-)Kündigungsrechten um untereinander gleichwertige und in ihren Voraussetzungen voneinander unabhängige Institute des SGB V zur gemeinsamen Erreichung ein und desselben Ziels. Bereits das GRG vom (BGBl I 2477) enthielt - jeweils mit dem Ziel einer Verringerung von Beitragssatzunterschieden (vgl BT-Drucks 11/2237 S 152) - Regelungen zum Zusammenschluss von Kassen (§§ 144 ff, 150, 160 SGB V) sowie zur Durchführung eines teils freiwilligen, teils obligatorischen kassenartinternen Finanzausgleichs (§§ 265, 266, 267 SGB V). Das Gesundheitsstrukturgesetz erleichterte die Vereinigung von Krankenkassen weiter (§§ 144 ff, 149 f, 159 f, 168 SGB V), führte mit § 266 SGB V einen bundesweiten, die Kassenarten übergreifenden Risikostrukturausgleich unter den Krankenkassen ein (vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats in BSGE 90, 231= SozR 4-2500 § 266 Nr 1 und und 1249/03 in G + G 2004, Nr 9, 42 f = DVBl 2004, 1161) und eröffnete den Versicherten grundsätzlich Wahlfreiheit hinsichtlich des für sie zuständigen Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge wurde dabei davon ausgegangen, dass es als Grundlage der zur Erreichung einer Beitragssatzbegrenzung zwar notwendigen, für sich jedoch nicht für hinreichend erachteten Wahlrechte (BT-Drucks 12/3608 S 74) zunächst der Einführung des kassenartübergreifenden Risikostrukturausgleichs bedürfe. Dieser Übergangszeitraum sei unabdingbar, um größtmögliche Chancengleichheit zwischen allen Krankenkassen herzustellen. Erst nach Durchführung des kassenartübergreifenden Risikostrukturausgleichs seien gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Krankenkassen vorhanden (BT-Drucks 12/3608 S 74). Das geltende Recht enthält keinerlei Hinweise darauf, dass diese zeitlich aufeinander folgenden und aufeinander aufbauenden Schritte zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Gebots der Verminderung der Beitragssatzspanne in dem von der Beklagten postulierten Verhältnis der sachlichen Wechselbezüglichkeit bzw des gegenseitigen Vor- oder Nachrangs stehen.
b) Stand dem Kläger infolgedessen zum Ablauf des auf den April 2004 folgenden übernächsten Kalendermonats, also zum , das in § 175 Abs 4 Satz 5 SGB V geregelte Sonderkündigungsrecht zu, so war weiter festzustellen, dass er sein Wahlrecht gegenüber der Beigeladenen zum wirksam ausgeübt hat.
Nach den Feststellungen des SG hat der Kläger die Beigeladene am mit dem Ziel der Aufnahme als Mitglied um die Übersendung eines Aufnahmeantrages gebeten, dh sein Wahlrecht gegenüber der gewählten Krankenkasse erklärt (§ 175 Abs 1 Satz 1 SGB V). Er hat damit die Frist des § 175 Abs 4 Satz 4 SGB V gewahrt. Hiernach wird die Kündigung grundsätzlich nur wirksam, wenn innerhalb der Kündigungsfrist die Wahl einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung nachgewiesen wird, der Versicherte also auch die Wahl selbst vor Ablauf der Kündigung erklärt hat (vgl zur Rechtslage, wenn die gekündigte Krankenkasse durch die rechtswidrige Weigerung, eine Kündigungsbestätigung auszustellen, die Ursache dafür gesetzt hat, dass das Verfahren zum Wechsel der Krankenkasse nicht den im Gesetz vorausgesetzten Ablauf nehmen kann, Urteil vom heutigen Tage im Rechtsstreit B 12 KR 23/04 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Wahl der Beigeladenen ist nach ihrer tatsächlichen Ausübung mit Ablauf des Monats Juni 2004 wirksam geworden (vgl zur fehlenden Rückwirkung einer Beitrittserklärung ebenfalls Urteil im Rechtsstreit B 12 KR 23/04 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstelle(n):
FAAAC-14906