Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB III § 206 Nr 1; AlhiV 2002 § 1 Abs 1 Satz 1
Instanzenzug:
Gründe
I
Die Klägerin begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld (Alg).
Die am geborene, unverheiratete Klägerin war zuletzt bis zum als Buchhalterin versicherungspflichtig beschäftigt. Ab bezog sie Alg bis . Im Anschluss daran beantragte sie die Gewährung von Alhi. Zu diesem Zeitpunkt verfügte sie nach ihren Angaben über folgende Vermögensgegenstände:
Zwei Girokonten mit einem Positivsaldo von 1.325,00 bzw 3.047,24 € (Stand ), ein Sparbuch mit einem Positivsaldo von 241,33 € (Buchungsstand ), Lebensversicherung Debeka (im Folgenden: LV 1), Versicherungssumme fällig zum in Höhe von 60.419,87 €, mit einem Rückkaufswert ohne Überschussbeteiligung zum von 18.695,20 €, Lebensversicherung Debeka (im Folgenden: LV 2), Versicherungssumme fällig zum in Höhe von 46.476,94 €, mit einem Rückkaufswert ohne Überschussbeteiligung zum von 15.707,69 €.
Zu den Lebensversicherungen gab die Klägerin an, die bisherigen Beitragszahlungen hätten 21.085,02 € (LV 1) bzw 16.872,68 € (LV 2) betragen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom den Antrag ab. Die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 18.754,93 € (errechnet aus dem Girokonto mit Stand 3.047,24 € und Rückkaufswert der LV 2 in Höhe von 15.707,69 €). Abzüglich des Freibetrags von 10.800,00 € (54 x 200,00 €) sei ein Betrag von 7.954,93 € bei der Bedürftigkeitsprüfung zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom erläuterte die Beklagte die Berechnungsgrundlagen und führte aus, die LV 2 sei zum Rückkaufswert berücksichtigt worden, nicht hingegen die LV 1, da bei diesem Vertrag der Rückkaufswert um mehr als 10 vH unter den eingezahlten Beiträgen liege.
Während des Klageverfahrens beantragte die Klägerin im August 2003 erneut die Gewährung von Alhi. Sie gab an, sie erziele aus einer selbstständigen Tätigkeit als Networkerin seit dem bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von drei bis fünf Stunden ein Einkommen von monatlich 12,50 € brutto. Zu den Vermögensverhältnissen gab sie an, die Girokonten wiesen nunmehr Guthaben von 256,72 € bzw 727,64 €, das Sparbuch ein Guthaben von 41,33 € auf. Zu den Lebensversicherungen bezog sie sich auf die Angaben zum vorangegangenen Antrag.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom wiederum mit der Begründung ab, es sei Vermögen über der Freibetragsgrenze vorhanden. Dies bezifferte sie mit 5.933,38 € (Rückkaufswert LV 2: 15.707,69 € zuzüglich Girokonten: 256,72 € und 727,64 € zuzüglich Sparbuch: 41,33 € <Gesamtsumme: 16.733,38 €> abzüglich Freibetrag: 10.800,00 €). Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom zurück.
Die Klage, die die Klägerin auch auf den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom erweiterte, hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Bescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden. Auf Grund der zulässigen Klageerweiterung sei Gegenstand des Rechtsstreits der Leistungszeitraum ab bis zur mündlichen Verhandlung des Senats. Die Klägerin habe für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Alhi. Sie sei nicht bedürftig iS des § 190 Abs 1 Nr 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) iVm § 193 Abs 2 SGB III und den Bestimmungen der Arbeitslosenhilfe-Verordnung 2002 (AlhiV 2002) in der ab in Kraft getretenen Fassung des Art 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 4607). Nach § 1 Abs 1 Nr 1 AlhiV 2002 sei das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteige. Nach § 1 Abs 2 AlhiV 2002 belaufe sich dieser Freibetrag auf 200,00 € je vollendetem Lebensjahr; unter Berücksichtigung des Lebensalters der Klägerin (53 Jahre) am errechne sich somit ein Freibetrag in Höhe von 10.600,00 € (53 x 200,00 €). Sie habe im Zeitpunkt der Antragstellung am über Vermögen in Höhe von 31.374,72 € verfügt (Summe der Kontoguthaben und der Rückkaufswerte von LV 1 und LV 2 abzüglich Freibetrag). Im Zeitpunkt der weiteren Antragstellung im August 2003 habe sich der Freibetrag auf 10.800,00 € erhöht (54 x 200,00 €) und es sei von einem Vermögen in Höhe von 30.131,41 € auszugehen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats sei bei unverändertem Freibetrag der Wert des Vermögens auf 33.856,47 € (Rückkaufswert von LV 1 und LV 2 bezogen auf abzüglich Freibetrag) zu bestimmen. Abgesehen von dem auf den Girokonten vorhandenen Guthaben seien bei der Klägerin auch die beiden kapitalbildenden Lebensversicherungen jeweils mit ihrem Rückkaufswert zu berücksichtigen. Die Rückkaufswerte seien zugleich auch die Verkehrswerte iS von § 1 Abs 4 Satz 1 AlhiV 2002, denn greifbare Alternativen zu einem Rückverkauf seien nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass der Rückkaufswert der LV 1 bezogen auf den 1. Februar und den die Beitragsleistung relativ geringfügig unterschritten habe (ca 4,2 vH bzw ca 3,2 vH - Rückkaufswerte: 20.196,01 €, 20.415,37 € - Beitragsleistung 21.085,02 €), begründe keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung dieser Lebensversicherung. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Bedürftigkeit der Klägerin selbst dann nicht (zeitweise - im August 2003 habe der Rückkaufswert der LV 1 bereits 21.579,09 € betragen) entfiele, wenn man die Verwertbarkeit der LV 1 anders beurteilen wollte. Denn bereits nach dem Rückkaufswert der LV 2 (per 17.406,47 €) sei die Bedürftigkeit der Klägerin nicht gegeben, wobei bezüglich dieser Versicherung der Beitragsaufwand (mit 16.872,68 €) unter dem Rückkaufswert gelegen habe. Die Verwertung der berücksichtigten Vermögenswerte sei somit nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS von § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002. Da das anrechenbare Vermögen von der Klägerin während des gesamten streitigen Zeitraums nicht verbraucht worden sei, sei sie auch für diesen Zeitraum nicht bedürftig. Durchgreifende Bedenken gegen die AlhiV 2002 bestünden nicht. Da die Änderung des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 zum durch den Gesetzgeber selbst erfolgt sei, sei Prüfungsmaßstab nicht die gesetzliche Ermächtigungsnorm (§ 206 Nr 1 SGB III), sondern die Verfassung.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin einen Verstoß der Regelungen der AlhiV 2002 gegen die Ermächtigungsnorm des § 206 Nr 1 SGB III, der hier - im Gegensatz zur Rechtsauffassung des LSG, das allein auf die gesetzliche Einführung des § 1 Abs 1 Satz 1 AlhiV 2002 abgestellt habe - weiterhin Prüfungsmaßstab sei. Außerdem habe das LSG den Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit in § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 nicht verfassungskonform ausgelegt. Auf jeden Fall müsse bei ihr von einem Härtefall iS der Rechtsprechung des 7. Senats des Bundessozialgerichts <BSG> (vor allem Urteile vom - B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R) ausgegangen werden. Denn ihre Erwerbsbiografie weise die Besonderheit auf, dass sie sich in den Jahren 1982 bis 1992 dazu entschlossen habe, eine weiterbildende Schulausbildung und ein Studium zu absolvieren. Dies habe Auswirkungen auf die in Zukunft zu erwartende Rente, welche nach der bereits vorgelegten Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - bezogen auf den - ca 539,34 € monatlich betragen werde. Diese unzureichende Alterssicherung sei für sie bei Beendigung ihres Studiums - im Alter von 43 Jahren - absehbar gewesen, und sie habe deshalb die allein zur angemessenen Alterssicherung dienenden Lebensversicherungsverträge abgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom sowie die Bescheide der Beklagten vom und jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom bzw aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und verweist auf die Entscheidung des 7. Senats des (BSGE 91, 94 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1), mit der bereits die Privilegierung von Altersvorsorgevermögen nach § 6 Abs 4 Nr 2 AlhiV 1974 in der ab 1999 geltenden Fassung in Höhe von 1.000,00 DM je Lebensjahr als mit höherrangigem Recht vereinbar beurteilt worden sei. Durch Gesetz vom sei der Freibetrag auf 200,00 € herabgesetzt worden. Die amtliche Begründung (Hinweis auf BT-Drucks 15/1525 S 41) verweise darauf, dass diese Regelung einen ersten Schritt zur Zusammenführung der Alhi mit der Sozialhilfe darstelle. Der Gesetzgeber sei offenbar davon ausgegangen, dass die Privilegierung der Alhi-Empfänger gegenüber den Sozialhilfeempfängern nicht mehr gerechtfertigt sei. Die in den Gesetzesmaterialien erwähnte Zusammenlegung der Alhi mit der Sozialhilfe sei vom Gesetzgeber durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl I 2954) vollendet worden. Die für die Berücksichtigung von Vermögen bei der Alhi geltenden Regelungen fänden sich nunmehr in § 12 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auch hiernach würden Girokonten und - so wie hier - Lebensversicherungen grundsätzlich dem verwertbaren Vermögen unterfallen und der Hilfebedürftige könne grundsätzlich nur einen Freibetrag in Höhe von 200,00 € pro Lebensjahr absetzen (§ 12 Abs 2 Nr 1 SGB II). Soweit der 7. Senat nunmehr in seinen Urteilen vom (B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R) die Auffassung vertreten habe, die AlhiV 2002 entspreche nicht den Vorgaben des Gesetzgebers, soweit sie keine Rechtsvorschrift mehr enthalte, nach der die besonderen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden könnten (allgemeine Härteklausel), könne sie dieser Rechtsprechung nicht folgen. Die dabei vom 7. Senat herangezogene Härtefallklausel des § 88 Abs 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei im Kontext des § 88 Abs 1 BSHG zu sehen, wonach der Hilfesuchende vor Inanspruchnahme von Sozialhilfe grundsätzlich sein gesamtes verwertbares Vermögen aufbrauchen müsse. Ausgenommen sei lediglich das sog Schonvermögen gemäß § 88 Abs 2 BSHG, für das allerdings wesentlich niedrigere Freibeträge in Form sog "kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte" gemäß § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG gelten würden. Hieraus folge, dass die allgemeine Härteregelung des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG lediglich ein Ausgleich für die besonders harten Vermögensanrechnungsvorschriften des BSHG sei, weil die Sozialhilfe das letzte soziale Netz für den Bürger darstelle. Entsprechend dem unterschiedlichen Rechtscharakter von Arbeitslosen- und Sozialhilfe weise die Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi einen anderen Rechtscharakter auf als die bei der Sozialhilfe. Schließlich bestehe auch kein Wertungswiderspruch zwischen der fehlenden allgemeinen Härteklausel in der AlhiV 2002 und dem später in Kraft getretenen SGB II, das ab in § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II wieder eine allgemeine Härteklausel enthalte. Eine solche Auffassung verkenne, dass es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende - ebenso wie bei der Sozialhilfe - um eine reine Fürsorgeleistung handele und deshalb keine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Alhi bestehe. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass die Rechtsprechung des BSG zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Alhi nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG übertragbar sei ( 5 C 3.03 - DVBl 2005, 376). Diese Divergenz in der Rechtsprechung der beiden obersten Bundesgerichte gebe aus Sicht der Beklagten Anlass, den vorliegenden Rechtsstreit dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorzulegen. Sie sei ferner der Auffassung, dass die betreffenden Normen der AlhiV 2002 idF durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt formellen Gesetzesrang hätten, mit der Folge, dass insoweit das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts zu beachten sei.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
1. Entgegen der Rechtsansicht des LSG standen die Vorschriften der ab in Kraft getretenen AlhiV 2002 (idF vom , BGBl I 3734) nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom , BGBl I 594) iVm § 193 Abs 2 SGB III (hier idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom , BGBl I 266) in Einklang, weil in der AlhiV 2002 keine allgemeine Härteklausel (mehr) enthalten war (vgl hierzu das Urteil des Senats vom - B 11a/11 AL 73/04 R). Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - zum durch den Gesetzgeber geänderte Fassung der AlhiV 2002 (vgl Art 11 Nr 1 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 4607, 4619), wie der 7. Senat des BSG bereits in mehreren Entscheidungen (vor allem Urteile vom - B 7 AL 44/04 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, und B 7 AL 56/04 R) ausgeführt hat. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Er lässt - ebenso wie der 7. Senat - hierbei offen, ob der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Änderung bzw Herabsetzung der Vermögensfreibeträge in § 1 Abs 2 AlhiV 2002 auf 200,00 € pro Lebensjahr Gesetzes- oder Verordnungsrang zukommt. Denn der Mangel einer fehlenden Härtefallklausel haftet jedenfalls der AlhiV seit als Verordnung an und konnte auch dadurch nicht geheilt werden, dass der Gesetzgeber selbst später eine einzelne Vorschrift der Verordnung gezielt geändert hat (vgl hierzu insbesondere das Urteil des 7. Senats des ).
2. Die Notwendigkeit einer allgemeinen Härtefallregelung und deren Prüfung im Einzelfall bedeutet, dass auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden kann, ob der Klägerin für den streitigen Zeitraum Alhi zusteht.
Dies wäre dann der Fall, wenn die Klägerin die Voraussetzungen des § 190 Abs 1 SGB III (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, fehlende Anwartschaftszeit auf Arbeitslosengeld, Vorfrist, Bedürftigkeit) erfüllt hat. Vorliegend kann insbesondere nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin bedürftig iS des § 190 Abs 1 Nr 5 SGB III war.
Gemäß § 193 Abs 1 SGB III ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht; § 193 Abs 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Ob und inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, konkretisiert § 1 der AlhiV 2002 in der hier maßgebenden, ab geltenden Fassung (dazu sogleich unter 3.). Die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 4 Abs 2 AlhiV 2002 liegen - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - bei der Klägerin nicht vor. Denn sie erfüllt nicht die dort genannten zwei Alternativen, nämlich Entstehen eines Anspruchs auf Alhi im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum oder Zugehörigkeit zum Personenkreis, der bis zum geboren ist.
3. a) Vorliegend hat das LSG Bedürftigkeit verneint, weil nach § 1 Abs 1 AlhiV 2002 das gesamte verwertbare Vermögen der Klägerin zu berücksichtigen ist, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Nach § 1 Abs 2 AlhiV 2002 in der seit geltenden Fassung beträgt der Freibetrag 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und darf 13.000,00 € nicht übersteigen. Allein mit ihrer noch nicht aufgelösten Lebensversicherung LV 1 mit einem Rückkaufswert von 20.196,01 € (per ) bzw 20.415,37 € (per ) und mit 21.579,09 € (per August 2003) lag die Klägerin sowohl im Jahre 2003 als auch im Folgejahr über dem für den geltend gemachten Leistungszeitraum ab Februar 2003 maßgeblichen Freibetrag in Höhe von 10.600,00 € (53 x 200,00 €) bzw - bezogen auf den Zeitpunkt der zweiten Antragstellung im August 2003 und dem dann vollendeten 54. Lebensjahr - von 10.800,00 € (54 x 200,00 €). Dem steht nicht entgegen, dass der Rückkaufswert der LV 1 bezogen auf den 1. Februar und den - wie vom LSG bindend festgestellt - die Beitragsleistung geringfügig unterschritten hat (ca 4,2 vH bzw ca 3,2 vH). Denn von einer "offensichtlich unwirtschaftlichen" Verwertung iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 kann nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nur dann gesprochen werden, wenn der dadurch erlangte bzw zu erzielende Gegenwert in einem (deutlichen) Missverhältnis zum wirklichen Wert des verwerteten bzw zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht oder stehen würde (vgl dazu BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7; Senatsurteil vom - B 11 AL 69/01 R - veröffentlicht in juris und ua B 7 AL 44/04 R und B 7 AL 30/04 R - sowie Senatsurteil vom heutigen Tage - B 11a/11 AL 73/04 R). Geringfügige Abweichungen - wie hier in Höhe von rund 3 bis 4 vH - sind insoweit unerheblich. Es kann offen bleiben, ob die zur früheren AlhiV 1974 vertretene Ansicht der Beklagten, Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer kapitalbildenden Lebensversicherung sei dann zu bejahen, wenn der Rückkaufswert (nach Abzug von Gebühren) die Summe der eingezahlten Beiträge um mehr als 10 vH unterschreitet (Durchführungsanweisung 8/94 zu § 137 unter 3.46 Abs 9 - Rz 65), zutrifft. Der Festlegung einer absoluten Grenze bedarf es hier schon deshalb nicht, weil bei der Klägerin - wie das LSG zu Recht ausgeführt hat - im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nicht nur die LV 1, sondern auch die LV 2 zu berücksichtigen war. Der Rückkaufswert der LV 2 (per ) 17.406,47 € (einschließlich der Überschussanteile) überstieg den Freibetrag von 10.600,00 € deutlich, wobei bezüglich dieser Versicherung der Rückkaufswert sogar über dem Beitragsaufwand (mit 16.872,68 €) lag, sodass sich insofern die Frage einer unwirtschaftlichen Verwertung iS des § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 gar nicht stellt.
b) Wie das LSG ferner bereits zu Recht ausgeführt hat, greift zu Gunsten der Klägerin auch nicht die Ausschlussregelung in § 1 Abs 3 Nr 3 und 4 AlhiV 2002 ein. Denn die Privilegierung der so genannten Riesterrente nach § 1 Abs 3 AlhiV 2002 und die Privilegierung der Alterssicherung, wenn der Arbeitslose oder sein Partner nach § 231 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, betrifft eindeutig nicht die Klägerin.
Wie der 7. Senat des BSG bereits in seiner Rechtsprechung (ua Urteile vom - B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R - beide zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgeführt hat, könnte eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegenüber den nach § 231 SGB VI in der Rentenversicherung Befreiten, deren Altersvorsorgebeträge ohne jegliche Begrenzung privilegiert sind, nur bei einer besonderen Berufsbiografie und daraus resultierenden Versorgungslücken in Betracht kommen. Dem muss dann - im Anschluss an die zitierte Rechtsprechung des 7. Senats - gegebenenfalls im Rahmen der aus § 193 Abs 2 SGB III abzuleitenden Härtefallregelung Rechnung getragen werden. Ob eine solche Fallgestaltung bei der Klägerin vorliegt, die geltend macht, auf Grund einer besonderen Berufsbiografie erhebliche Lücken in ihrer Altersversorgung zu haben, kann letztlich dahingestellt bleiben. Auch wenn § 1 Abs 3 Nr 4 AlhiV 2002 die vorliegende Fallgestaltung nicht erfasst, lassen sich Gleichheitsprobleme (Art 3 Abs 1 Grundgesetz) über die Härtefallklausel lösen.
4. Obwohl bei der Klägerin Bedürftigkeit iS des § 193 Abs 2 SGB III iVm § 1 AlhiV 2002 somit nicht vorlag, kann sie mit ihrem Klagebegehren Erfolg haben, wenn bei ihr ein Härtefall zu bejahen ist.
Die von der Beklagten gegen die Rechtsprechung des 7. Senats und die Notwendigkeit einer Härtefallklausel erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Soweit die Beklagte meint, der Regelungscharakter der Alhi erfordere - anders als bei der Sozialhilfe - keine zusätzliche allgemeine Härtefallregelung, ist dies unzutreffend. Trotz des unterschiedlichen Rechtscharakters von Alhi und Sozialhilfe ist eine Korrekturmöglichkeit zwecks individueller Prüfung aller Vermögens- und Lebensumstände, wie sie § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG in der bis zum geltenden Fassung vorsieht, auch im Bereich der Alhi unverzichtbar. Dies hat der 7. Senat in seiner Rechtsprechung (ua Urteile vom - B 7 AL 30/04 R und B 7 AL 44/04 R - beide zur Veröffentlichung vorgesehen) im Einzelnen bereits ausgeführt. Dem steht auch insbesondere nicht entgegen, dass es das BVerwG abgelehnt hat, die bisherigen Kriterien aus der Rechtsprechung des BSG zur Verwertung einer Lebensversicherung im Bereich der Alhi nahtlos auf die Sozialhilfe zu übertragen ( 5 C 3.03 - NJW 2004, 3647 und DVBl 2005, 376). Abgesehen davon, dass sich der 7. Senat in den zitierten Urteilen bereits mit der genannten Rechtsprechung des BVerwG auseinander gesetzt hat und die Verbindung der Härtefallklausel des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG mit § 88 Abs 1 und Abs 2 BSHG durchaus berücksichtigt hat, ändert dies nichts an der Notwendigkeit einer § 88 Abs 3 BSHG entsprechenden allgemeinen Härteklausel in der AlhiV 2002. Hierauf hat der 7. Senat bereits in seinem Urteil vom (BSGE 91, 94, 105 RdNr 40 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1), auf das sich die Beklagte bezogen hat, hingewiesen und entschieden, dass ein feststehender Freibetrag von damals 1.000,00 DM je Lebensjahr eine starre Regelung darstellt, die allein nicht in der Lage ist, die Dynamik notwendiger Altersvorsorge abzubilden. Für eine - von der Beklagten angeregte - Anrufung des Großen Senats des BSG bzw des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes sieht der Senat keinen Anlass.
Dass eine allgemeine Härteklausel nicht entbehrlich ist, hat der Gesetzgeber nunmehr im SGB II selbst eingeräumt. Es ist deshalb folgerichtig, im Rahmen der AlhiV 2002 die später vom Gesetzgeber im SGB II gesetzten Standards zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in der Gesetzesbegründung selbst davon ausging, die Absenkung des generellen Freibetrags stelle einen ersten Schritt zur Zusammenführung von Alhi und Sozialhilfe dar (vgl BT-Drucks 15/25 S 41 zu Art 11). Darüber hinaus sieht § 12 Abs 2 SGB II - abgesehen von einem Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners (Nr 1) - in Nr 3 eine Privilegierung des der Altersvorsorge dienenden Vermögens vor. Danach sind vom Vermögen abzusetzen "geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200,00 € je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jedoch jeweils 13.000,00 € nicht übersteigt". Außerdem findet sich in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II wieder eine allgemeine Härteklausel, nach der als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind "Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde". Der Rückgriff auf diese Regelungen ist entgegen der Ansicht der Beklagten keineswegs deshalb unzulässig, weil es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende - wie bei der Sozialhilfe - um eine Fürsorgeleistung handele und insoweit keine Vergleichbarkeit mit der bisherigen Alhi bestehe. Vielmehr bietet sich die Schlussfolgerung an, dass, wenn der Gesetzgeber des SGB II schon für diesen Bereich die Notwendigkeit einer allgemeinen Härteklausel erkannt hat, dieser Maßstab erst recht für die - als Lohnersatzleistung ausgeprägte (vgl § 198 Abs 1 iVm § 116 Nr 6 SGB III) - Alhi gelten muss (vgl auch ).
5. Um zu gewährleisten, dass auch für die Zeit bis zum Inkrafttreten des SGB II Arbeitslose im Rahmen einer gesetzlichen Härtefallregelung (§ 193 Abs 2 SGB III) zumindest in den Genuss der in § 12 Abs 2 Nr 3 enthaltenen Privilegierungsregelung kommen können, hat der 7. Senat seine bisherige Rechtsprechung in der Entscheidung vom (B 7a/7 AL 68/04 R - zur Veröffentlichung vorgesehen) dahingehend präzisiert, dass die in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II bezeichnete Unverwertbarkeit auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung nicht uneingeschränkt gelten kann. Denn vor dem konnten bei Lebensversicherungen die Versicherungsnehmer die Voraussetzungen des erst am in Kraft getretenen § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II bei der damaligen Vertragsgestaltung, die eine Einschränkung der Verwertbarkeit üblicherweise nicht vorsah, von vornherein nicht erfüllen. Dies zwingt bei der entsprechenden Anwendung des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II in der Zeit vor dem für die Härtefallprüfung des § 193 Abs 2 SGB III dazu, auf die Voraussetzungen einer vertraglichen Vereinbarung über die Nichtverwertbarkeit jedenfalls für die von § 165 Abs 1 und 2 Versicherungsvertragsgesetz betroffenen Lebensversicherungen zu verzichten. Auch insoweit schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 7. Senats an.
Im Rahmen der Härtefallprüfung wird das LSG - allerdings unter Berücksichtigung der in der Norm genannten Beträge - bei der Klägerin lediglich zu prüfen haben, ob die beiden Lebensversicherungsverträge nach der subjektiven Zweckbestimmung (vgl Spellbrink in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr 216 mwN) der Altersvorsorge dienten. Dabei genügt es für die Alhi, wenn die Fälligkeit der Verträge - wie im Fall der Klägerin - in etwa auf den Zeitpunkt des 60. bzw 65. Lebensjahres datiert ist (vgl B 7a/7 AL 68/04 R mwN). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist mithin in der Zeit vor dem bei den entsprechenden Lebensversicherungsverträgen typisierend im Rahmen der Härtefallprüfung von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass die beiden Lebensversicherungen (laut der vorgelegten Versicherungsbescheinigung) für die Zeit ab bis unterbrochen worden sind. Denn dies ändert am Bestand der Verträge nichts und nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin das anrechenbare Vermögen auch während des gesamten streitigen Zeitraums nicht in anderer Form (zB durch Abtretung) verbraucht. Da im vorliegenden Fall der Rückkaufswert der beiden Lebensversicherungen (20.196,01 € und 17.406,47 € per , insgesamt 37.602,48 €) nicht nur den generellen Freibetrag (10.600,00 €), sondern auch diesen Altersvorsorgefreibetrag (nochmals 10.600,00 €) übersteigt, wird das LSG im Rahmen der Härtefallprüfung ferner zu klären haben, ob im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte, besondere Berufsbiografie und daraus resultierende Versorgungslücken ein Härtefall vorliegt (vgl dazu BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7 mwN).
Nach Zurückverweisung ist auch zu prüfen, inwieweit Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur die angefochtenen Bescheide vom und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom bzw sind oder gegebenenfalls entsprechend § 96 SGG Folgebescheide einzubeziehen sind (vgl dazu Senatsurteil vom - B 11a/11 AL 73/04 R).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstelle(n):
MAAAC-14814