BSG Urteil v. - B 11 AL 71/02 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 1606; GG Art 3

Instanzenzug: SG Neuruppin vom

Gründe

I

Der Kläger begehrt von der Beklagten für die Zeit vom 28. Juni bis höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Der Kläger ist verheiratet. Die Ehefrau ist erwerbstätig. Im Haushalt lebt der 1986 geborene Sohn der Ehefrau, für den sein leiblicher Vater Barunterhalt zahlt. Der Kläger bezog im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld seit dem Alhi (Bescheid vom ). Die Bewilligung erfolgte nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 870 DM, der Leistungsgruppe A und dem erhöhten Leistungssatz von 57 %. Das zu berücksichtigende Einkommen des Ehegatten berechnete die Beklagte mit 83,93 DM. Danach ergab sich eine Alhi in Höhe von 213,43 DM wöchentlich. Der Kläger nahm ab dem eine Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme auf.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, bei der Berechnung der Alhi sei bei dem zu berücksichtigenden Einkommen seiner Ehefrau der von dieser geleistete Unterhalt für das Kind zu Unrecht nicht mit dem Regelsatz berücksichtigt worden. Der Widerspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, der leibliche Vater des Kindes leiste Barunterhalt und die Ehefrau des Klägers, die leibliche Mutter, den Betreuungsunterhalt. Da die Kindesmutter mithin den finanziellen Ausgleich für Aufwendungen für das Kind in Form des Barunterhaltes erhalte, erfolge keine Erhöhung des Freibetrages nach § 194 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III). Der Betreuungsunterhalt bleibe insoweit unberücksichtigt (Widerspruchsbescheid vom ).

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alhi unter Berücksichtigung eines Betreuungsunterhaltes seiner Ehefrau in Höhe von 380 DM zu bewilligen (Urteil vom ). Das SG ist davon ausgegangen, dass der von der Ehefrau des Klägers in Gestalt von Sachleistungen geleistete Unterhalt zu berücksichtigen sei. Der Unterhalt sei nach der Sachbezugsverordnung zu ermitteln und entspreche dem Barunterhalt des Kindesvaters in Höhe von monatlich 380 DM.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, die Großmutter des Kindes habe für dessen Betreuung monatlich 300 DM erhalten. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG geändert, die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 28. Juni bis 30. Juni Alhi in Höhe von 16,37 € (32,01 DM) täglich zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt: Für die Zeit vom 28. Juni bis habe der Kläger Anspruch auf insgesamt 96,03 DM, statt der von der Beklagten bewilligten 91, 47 DM. Für die Zeit vom 1. Juli bis könne der Kläger keinen Anspruch auf höhere Alhi geltend machen. Das tatsächlich zu berücksichtigende Einkommen der Ehefrau sei in dieser Zeit sogar immer geringfügig höher gewesen, als das von der Beklagten zu Grunde gelegte. Die Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages für den von der Ehefrau geleisteten Betreuungsunterhalt komme nicht in Betracht. Zwar erfülle der das Kind persönlich betreuende Elternteil seine Verpflichtung, zum Unterhalt beizutragen, durch die Pflege und Erziehung des Kindes gemäß § 1606 Abs 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darüber hinaus stelle § 1606 Abs 3 Satz 2 BGB auch klar, dass die Erbringung dieser Leistung Unterhalt darstelle und dieser zum finanziellen Beitrag des Barunterhaltspflichtigen gleichwertig sei. Dies erfordere jedoch nicht, den Geldwert der Betreuung durch den Ansatz von Aufwendungen, die für die Besorgung vergleichbarer Dienste durch Hilfskräfte erforderlich wären, oder durch ähnliche Schätzung zu ermitteln. Auch wenn die Betreuungsleistungen die Kräfte der Mutter neben ihrer Erwerbstätigkeit zusätzlich beanspruchten, bleibe das tatsächlich verfügbare Einkommen unangetastet. Darüber hinaus stehe einer Berücksichtigung eines erhöhten Freibetrages entgegen, dass der Ehefrau des Klägers im Rahmen der Berücksichtigung eines hypothetischen Alhi-Anspruchs ein erhöhter Leistungssatz angerechnet worden sei. Ein monatlicher Betrag von 300 DM für die Betreuung des Kindes könne auch nicht zu den notwendigen Aufwendungen für den Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung des Einkommens gerechnet werden, die vom Einkommen abzusetzen seien. Diese Aufwendungen seien nach dem Steuerrecht nicht als Werbungskosten abzusetzen.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 1606 BGB und des Gleichheitssatzes gemäß Art 3 Grundgesetz (GG). Das zu berücksichtigende Einkommen sei wegen des Betreuungsunterhalts mindestens um einen Betrag in Höhe des Barunterhalts von 380 DM zu mindern. Die Argumentation des LSG, dass das tatsächlich verfügbare Einkommen der Ehefrau des Klägers in Bezug auf den Kindesunterhalt unangetastet bleibe, sei falsch. Auch der Betreuungsunterhalt müsse in irgendeiner Weise verdient, also in Geld erwirtschaftet werden. Die Argumentation des LSG greife nur in Fällen, in denen die Kindesmutter keiner Erwerbstätigkeit nachgehe. Auch der Einwand, der Betreuungsunterhalt könne nicht monetarisiert werden, sei nicht haltbar. Die Ehefrau des Klägers sei in zweierlei Hinsicht benachteiligt und der Gleichheitssatz verletzt. Würde die Ehefrau des Klägers nicht oder nur in Teilzeit arbeiten, so würde das geringere Einkommen zu einer höheren Alhi führen. Die Kindesmutter sei aber auch gegenüber dem Barunterhaltsverpflichteten benachteiligt, weil diesem bei der Berechnung der geleistete oder zu leistende Unterhalt einkommensmindernd angerechnet werde.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II

Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

1. Die in § 190 Abs 1 SGB III aufgezählten Voraussetzungen des Anspruchs auf Alhi erfüllt der Kläger nach den vom LSG getroffenen Feststellungen. Nach diesen Feststellungen steht dem Kläger Alhi ab nach einem Bemessungsentgelt von 870 DM wöchentlich, der Leistungsgruppe A und dem erhöhten Leistungssatz von 57 % zu. Hieraus errechnet sich unabhängig von der Frage, in welchem Umfang der Kläger wegen des zu berücksichtigenden Einkommens der Ehefrau nicht bedürftig ist, eine wöchentliche Leistungshöhe von 297,36 DM (§§ 195, 198, 136, 137, 139 SGB III; Anlage 3 zur SGB III - Leistungsentgeltverordnung vom , BGBl I, 3349).

2. Den Betrag, um den diese Alhi wegen fehlender Bedürftigkeit (§ 193 SGB III) des Klägers zu mindern ist, hat das LSG zutreffend festgestellt, lässt man den wegen des Betreuungsunterhalts bei der Ehefrau einkommensmindernd geltend gemachten Geldbetrag und die geltend gemachten Aufwendungen für die Betreuung des Kindes außer Betracht. Die Bedürftigkeit entfällt im vorliegenden Fall allein, soweit nach § 194 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB III Einkommen der Ehefrau zu berücksichtigen ist. Dessen Höhe hat das LSG auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen unter Beachtung von § 194 Abs 1 Sätze 2 und 3 und Abs 2 SGB III im Übrigen zutreffend festgesetzt. Das zu berücksichtigende Einkommen betrug danach für die Zeit vom 28. Juni bis wöchentlich 73,27 DM und in der Zeit vom bis zwischen wöchentlich 120,29 DM und 86,24 DM. Da die Beklagte durchgehend von einem zu berücksichtigenden Einkommen von 83,93 DM ausgegangen war, ergab sich für die Zeit vom 28. Juni bis der vom LSG ausgeurteilte Zahlbetrag der Alhi. Für die Zeit danach verbleibt es auf der Grundlage dieser Berechnung bei der den Kläger begünstigenden Alhi-Festsetzung der Beklagten.

3. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welchem Umfang das zu berücksichtigende Einkommen der Ehefrau durch Aufwendungen für die Betreuung ihres Kindes zu mindern ist.

3.1 Ohne Erfolg macht die Revision allerdings insoweit geltend, das zu berücksichtigende Einkommen des Ehegatten sei schon im Hinblick auf den von der Ehefrau gegenüber ihrem leiblichen Kind geleisteten Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs 3 Satz 2 BGB) zu mindern. Als zu berücksichtigendes Einkommen gilt nach § 194 Abs 1 Nr 2 SGB III Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, soweit es den Freibetrag übersteigt. Freibetrag ist nach dieser Vorschrift ein Betrag in Höhe der Alhi, die dem Einkommen des vom Arbeitslosen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten entspricht. Ein "Mindestfreibetrag" ist in Höhe des Betrages in Ansatz zu bringen, bis zu dem auf Erwerbsbezüge eines Alleinstehenden Einkommensteuer nicht festzusetzen wäre (§ 32a Abs 1 Satz 2 Nr 1 Einkommensteuergesetz <EStG>). Schließlich erhöht sich der Freibetrag um Unterhaltsleistungen, die der Ehegatte Dritten auf Grund einer rechtlichen Pflicht zu erbringen hat (§ 194 Abs 1 Satz 3 SGB III).

Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass es sich bei dem von der Ehefrau des Klägers geleisteten "Betreuungsunterhalt" nicht um eine Unterhaltsleistung iS des § 194 Abs 1 Satz 3 SGB III handelt, die zur Erhöhung des Selbstbehaltes führt. Mit der Formulierung "Unterhaltsleistung" deutet bereits der Wortlaut der Vorschrift darauf hin, dass lediglich der "Barunterhalt" zur Erhöhung des Freibetrags zuzulassen ist. Diese Sichtweise entspricht der Bedürftigkeitsprüfung bei der Anrechnung von Einkommen des Ehegatten, weil jeweils auf die tatsächlichen Verhältnisse im konkreten Zahlungszeitraum abzustellen ist. Entscheidend ist jeweils, ob der Lebensunterhalt während des Zeitraums gesichert ist, für den Alhi beansprucht wird (BSGE 84, 48, 50 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 17). Kommt es nach der Struktur der Bedürftigkeitsprüfung auf die tatsächlich zu ermittelnden Einkommensverhältnisse an, so können fiktive Ausgaben nicht in Ansatz gebracht werden, es sei denn, das Gesetz sieht dies ausdrücklich vor.

Auch wenn § 1606 Abs 3 Satz 2 BGB ausspricht, dass derjenige Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seiner Verpflichtung, zum Unterhalt beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes entspricht, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kindesbetreuung dem Barunterhalt regelmäßig gleichwertig ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das gesetzliche Merkmal "Pflege und Erziehung" sich auf grundsätzlich persönlich zu erbringende Dienstleistungen erstreckt (vgl zum Begriff der Betreuung Luthin in Münchner Kommentar BGB, 4. Aufl 2002, § 1606 RdNr 19; Holzhauer in Erman, BGB, 10. Aufl 2002, § 1606 RdNr 6). Damit führt der Betreuungsunterhalt zwar zu einer faktischen Belastung des Unterhaltsverpflichteten, kann jedoch dem Barunterhalt in Bezug auf die Bedürftigkeitsprüfung nicht gleichgesetzt werden.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die vom Kläger geltend gemachte Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) nicht vorliegt. Wie bereits dargelegt, orientiert sich die Bedürftigkeitsprüfung an den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Anrechnungszeitraum. Diese Gestaltung lässt eine Differenzierung zwischen Barunterhaltspflichtigen und denjenigen, die den Unterhalt durch tatsächliche Betreuung erbringen, zu. Eine hiervon zu unterscheidende Frage ist es, ob auch die der Ehefrau des Klägers infolge der Kinderbetreuung tatsächlich entstandenen Aufwendungen unberücksichtigt bleiben können (s dazu unten unter 3.2). Keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ergibt sich schließlich im Verhältnis zu denjenigen Empfängern von Alhi, deren Ehegatten nur teilzeitbeschäftigt oder nicht berufstätig sind. Denn durch den Freibetrag in Höhe der hypothetischen Alhi nach § 194 Abs 1 Satz 2 SGB III und den zusätzlich nach § 194 Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB III für den erwerbstätigen Ehegatten abzusetzenden Freibetrag wird gewährleistet, dass sich die Berufstätigkeit durch einen höheren Alhi-Zahlbetrag positiv auf das Familieneinkommen auswirkt. Damit liegt die dem Kläger behauptete Gleichbehandlung beider Gruppen nicht vor.

3.2 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob bestimmte Aufwendungen, die der Ehefrau des Klägers im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit durch die Betreuung des Kindes entstehen, als notwendige Aufwendungen für den Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen vom Einkommen nach § 194 Abs 2 Nr 3 SGB III abzusetzen sind. Diese Umschreibung entspricht zwar - abgesehen von der Einschränkung des "Notwendigen" - dem Begriff der Werbungskosten in § 9 Abs 1 EStG. Jedoch sind Sinn und Zweck der Gewährung von Alhi zu beachten und damit uU Modifikationen gegenüber dem Steuerrecht erforderlich (BSGE 45, 60, 62 = SozR 4100 § 138 Nr 2; BSGE 63, 237, 239 = SozR 4100 § 138 Nr 19; BSG SozR 4100 § 138 Nr 26; SozR 3-4100 § 138 Nr 13). Dies gilt auch für Aufwendungen im Hinblick auf die Unterbringung von Kindern, wenn sie zum Erwerb der Einnahmen erforderlich sind.

Insoweit hat das LSG zwar darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) Aufwendungen für Kinderbetreuungskosten auf Grund der Berufstätigkeit der Eltern keine Werbungskosten sind, selbst wenn sie die Berufstätigkeit erst ermöglichen (BFHE 185, 8, 14 mwN). Diese Betrachtungsweise kann jedoch nicht auf die Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi übertragen werden, weil sie ausschließlich mit der Systematik des Steuerrechts begründet worden ist. Der BFH hat der Systematik des EStG entnommen, dass Aufwendungen für die Betreuung von Kindern nur unter den Voraussetzungen der §§ 10 und 33 ff EStG absetzbare Kosten der allgemeinen Lebensführung seien. Dies sollte ausdrücklich auch dann gelten, wenn die Aufwendungen Voraussetzung für die Berufsausübung eines Elternteils waren (BFHE 137, 304, 306; 185, 8, 14).

Die allein auf die Systematik des Steuerrechts abstellende Argumentation des BFH beansprucht nur für dieses Rechtsgebiet Geltung und erscheint auf die Feststellung des im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigenden Einkommens nicht übertragbar. Denn für die Beurteilung der insoweit maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse macht es keinen Unterschied, ob die für den Erwerb der Einnahmen notwendigen Aufwendungen etwa infolge von Fahrten zur Arbeitsstätte oder einer notwendigen Kinderbetreuung notwendig werden. Entscheidend ist vielmehr, ob das Einkommen berufsbedingt gemindert wird und deshalb für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung steht. Der Rechtsprechung des BFH sind deshalb keine durchgreifenden Argumente gegen eine Berücksichtigung von Aufwendungen der Kinderbetreuung zu entnehmen, soweit die Voraussetzungen des § 194 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III erfüllt sind. Ob diese Beurteilung auch noch für Zeiträume ab zutrifft, braucht nicht entschieden zu werden. Darauf hinzuweisen ist aber, dass sich die steuerrechtliche Rechtslage insofern geändert hat, als § 32 Abs 6 EStG (idF des Gesetzes zur Familienförderung vom , BGBl I, 2552; geändert durch das Zweite Gesetz zur Familienförderung vom , BGBl I, 2074) einen einheitlichen Betreuungsfreibetrag vorsieht (vgl zu den damit zusammenhängenden verfassungsrechtlichen Fragen Glanegger in Schmidt, EStG, 22. Aufl 2003, § 32 RdNr 3).

Schließlich wird die Auffassung des Senats, das Einkommen des Ehegatten müsse um diesem infolge der Berufsausübung tatsächlich entstandene Kinderbetreuungskosten bereinigt werden, durch die allgemeine Auffassung zur Auslegung der sozialhilferechtlichen Parallelregelung bestätigt. Nach § 76 Abs 2 Nr 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sind vom Einkommen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Zu dieser Regelung ist nicht umstritten, dass Ausgaben für die Kinderbetreuung während der Ausübung einer Berufstätigkeit vom Einkommen abzusetzen sind (VGH Baden-Württemberg FEVS 43, 261; Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 76 RdNr 40; Brühl in Lehr- und Praxiskommentar BSHG, § 76 RdNr 122; Mergler/Zink, BSHG, § 76 RdNr 11), obwohl auch im Sozialhilferecht grundsätzlich vom Begriff der Werbungskosten ausgegangen wird.

Ob die vom Kläger geltend gemachten Betreuungskosten tatsächlich entstanden sind und ob diese Kosten für die Ausübung der Berufstätigkeit seiner Ehefrau erforderlich waren, hat das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - offen gelassen. Die tatsächlichen Feststellungen reichen deshalb für eine abschließende Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht aus. Das LSG wird insbesondere zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang der Ehefrau durch die Ausübung der Berufstätigkeit Kosten der Kinderbetreuung im streitigen Zeitraum tatsächlich entstanden sind. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 194 Abs 2 Satz 2 Nr 3 SGB III wird das LSG davon ausgehen können, dass der Notwendigkeit der Aufwendungen das Lebensalter des damals zwölf Jahre alten Kindes nicht entgegensteht.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2004 S. 99 Nr. 1
WAAAC-14773