Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SGB VI des § 237 Abs 2 aF.
Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen höheren Höchstwert des Rechts des Klägers auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) festzusetzen hat, weil sie zu Unrecht diesen Wert wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente um 36 Kalendermonate dauerhaft um 10,8 vH herabgesetzt und damit anstatt des vollen Vorleistungswerts von 57,0448 Entgeltpunkten (EP) nur 50,8840 EP als sog persönliche EP berücksichtigt hat.
Der am geborene Kläger war von März 1955 bis April 1997 bei der Firma G. GmbH (nachfolgend: Arbeitgeberin) beschäftigt. Auf einer Betriebsversammlung im Oktober 1995 teilte die Arbeitgeberin mit, das L. Werk, in dem der Kläger beschäftigt war, werde zum geschlossen. Am vereinbarten Betriebsrat und Arbeitgeberin für das L. Werk einen Sozialplan. Von dessen persönlichem Geltungsbereich wurden grundsätzlich alle Arbeitnehmer erfasst, die am Tage ihres Ausscheidens älter als 57 Jahre und 4 Monate sein würden und deren Arbeitsverhältnis wegen der Verlegung des Betriebs auf Grund fristgemäßer Kündigung enden werde (§ 1 des Sozialplans). Ferner bestand Einvernehmen darüber, dass Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz auf Grund der Betriebsverlegung entfalle, fristgemäß gekündigt werde (§ 2 des Sozialplans). Für die betroffenen Arbeitnehmer wurde die Zahlung eines Übergangsgelds vereinbart (§ 3 des Sozialplans). Der Sozialplan trat mit seiner Unterzeichnung am in Kraft und galt bis zum (§ 4 des Sozialplans).
Am kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum ; das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger am selben Tage ausgehändigt.
Ab Mai 1997 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Ab erkannte ihm die Beklagte antragsgemäß das Recht auf eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu (Bescheid vom ). Den monatlichen Wert dieses Rechts stellte sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns mit 2.457,19 DM fest (monatlicher Auszahlungsbetrag nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen: 2.263,08 DM). Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente für 36 Kalendermonate verminderte die Beklagte den Zugangsfaktor von 1,0 um 0,108 auf 0,892. Dadurch stellte sie in die Rentenformel die persönlichen EP nicht mit 57,0448, sondern nur mit 50,8840 ein (Kürzung um 10,8 vH). Ohne diese Kürzung hätte sich der Wert des Rechts auf Rente zum auf 2.754,69 DM belaufen (monatliche Minderung: 2.754,69 DM ./. 2.457,19 DM = 297,50 DM). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er die vorgenommene Kürzung rügte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom ).
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts verurteilt, dem Kläger eine Altersrente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Kläger könne in Anwendung der Übergangsregelung des § 237 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) aF (nunmehr Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b) die Wertfestsetzung seines Rechts auf Altersrente ohne eine Kürzung des Zugangsfaktors verlangen; denn sein Arbeitsverhältnis sei bereits durch eine in dem Sozialplan vorweggenommene betriebsbedingte Kündigung am nach dem beendet worden.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 237 Abs 2 SGB VI aF. Sie macht geltend, eine arbeitsrechtlich wirksame Kündigung habe die Arbeitgeberin erst am ausgesprochen. In den Genuss der Übergangsregelung wäre der Kläger aber nur gekommen, wenn die Kündigung bis zum erfolgt wäre. Die Regelungen im Sozialplan vom hätten eine solche Kündigung nicht vorweggenommen und auch nicht vorwegnehmen können.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom und des Sozialgerichts Lüneburg vom aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger wird im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des LSG verletzt nicht Bundesrecht.
Gegenstand der Revision ist das Begehren der Beklagten, das Urteil des LSG aufzuheben, soweit dieses ihre Berufung gegen das klagestattgebende Urteil des SG zurückgewiesen hat. Im Ergebnis ist revisionsgerichtlich zu prüfen, ob der Kläger mit zulässigen und begründeten Rechtsschutzformen die Rentenhöchstwertfeststellung (= feststellender Verwaltungsakt) im Bescheid vom in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom angefochten und zu Recht die Verpflichtung der Beklagten zu einer Neufeststellung unter Berücksichtigung seines ungekürzten Vorleistungswerts sowie die Zahlung eines entsprechenden (höheren) monatlichen Geldbetrags begehrt hat.
Der Kläger hat sein Begehren erstinstanzlich in Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) geltend gemacht. Die Klagen sind zulässig. Sie sind auch begründet, wie die Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht entschieden haben.
Der Geldwert des Rechts auf Altersrente, der sog Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI), ist rechnerisch das Produkt aus Rangwert (Summe der EP) und Zugangsfaktor (beide zusammen bilden die persönlichen EP), Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert. Der Kläger hat die Rentenhöchstwertfeststellung im Bescheid vom nur teilweise angefochten. Er beanstandet nicht, dass die Beklagte den Rentenartfaktor, der das Sicherungsziel der Altersrente widerspiegelt, mit 1,0 (§ 67 Nr 1 SGB VI), den am geltenden aktuellen Rentenwert mit 48,29 DM (§ 68 SGB VI idF bis iVm § 69 SGB VI und § 1 Abs 1 der Verordnung vom <BGBl I 1078>) eingestellt sowie von einem Rangwert von 57,0448 EP ausgegangen ist, der den vollen Vorleistungswert des Klägers ausdrückt (§ 63 Abs 1 und 2 SGB VI). Angefochten hat er den wertfeststellenden Verwaltungsakt nur insoweit, als die Beklagte den Zugangsfaktor wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente um 36 Monate von 1,0 um 0,108 auf 0,892 gekürzt (§ 77 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 Nr 1 SGB VI) und damit an Stelle von 57,0448 persönlichen EP, die sich bei einem Zugangsfaktor von 1,0 ergeben hätten, nur 50,8840 persönliche EP in die Rentenformel eingestellt hat. Diese Wertfeststellung ist rechtswidrig; denn auf Grund der Vertrauensschutzregelung, die im Fall des Klägers zur Anwendung kommt, durfte die Beklagte keine Herabsetzung des Zugangsfaktors vornehmen.
Das Stammrecht des Klägers auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) ist mit dem Antrag vom September 1999 am entstanden. Sein monatlicher Wert bestimmt sich nach dem zu Beginn des Folgemonats geltenden Recht, also nach dem ab geltenden Recht in der Fassung durch das Renten-Reformgesetz 1999 vom (BGBl I 2998). Bezüglich der hier einschlägigen Vorschriften (§ 237 Abs 1, Abs 3 und Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI) ist keine - hier beachtliche - Änderung gegenüber dem bisherigen Recht eingetreten (§§ 38, 41, 237 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI idF durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand <Ruhestandsförderungsgesetz> vom <BGBl I 1078> bzw durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz vom <BGBl I 1461>).
Nach § 237 Abs 1 SGB VI haben Versicherte mit 60 Jahren ua dann ein Recht auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit), wenn sie - wie der Kläger - das 60. Lebensjahr vollendet haben, innerhalb der letzten 1 1/2 Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren, die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt und gegenüber dem Rentenversicherungsträger erklärt haben, sie wollten wegen Alters eine Rente beziehen. Die Vorzeitigkeitsgrenze für dieses Gestaltungsrecht wird nach § 237 Abs 3 SGB VI sukzessive angehoben, wenn der Versicherte nach dem geboren ist.
Die sich aus den genannten Bestimmungen ergebende Anhebung wird im vorliegenden Fall auf Grund der Übergangsregelung des § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI ausgeschlossen. Nach dieser Norm wird "bei vor 1941 geborenen Versicherten die Altersgrenze von 60 Jahren nicht angehoben", wenn das Arbeitsverhältnis auf Grund einer Kündigung (Regelung 1) oder Vereinbarung (Regelung 2), die vor dem erfolgt ist, für eine Zeit nach dem beendet worden und der Versicherte anschließend arbeitslos geworden ist.
1. Stellt man nur auf den Gesetzestext ab, erfüllt der Kläger allerdings offenkundig die Voraussetzungen der Regelung 1 aaO. Er ist vor dem geboren. Sein Arbeitsverhältnis ist durch Kündigung nach dem beendet worden, nämlich durch die am ausgesprochene und dem Kläger am selben Tag zugegangene ordentliche Kündigung der Arbeitgeberin zum . Im Anschluss an die Beendigung ist er bis zum Bezug der Altersrente (ab ) arbeitslos gewesen.
Der Gesetzestext stellt nicht auf eine Kündigung vor einem bestimmten Stichtag ab. Denn der Relativsatz "..., die vor dem erfolgt ist, ..." bezieht sich auf das Substantiv "Vereinbarung" und damit auf die Regelung 2, nicht aber auf das Substantiv "Kündigung" und damit auf die Regelung 1. Zwar ergibt sich dies nicht schon zwingend aus der Satzstellung (unmittelbarer Anschluss des Relativpronomens an das vorangestellte Bezugswort "Vereinbarung"), da sich das Relativpronomen auf beide Substantive (Kündigung und Vereinbarung) als Bezugswörter beziehen könnte; in diesem Fall hätte das Hilfsverb aber nicht "ist", sondern "sind" lauten müssen. Nach der grammatischen Auslegung ist die Stichtagsregelung im Relativsatz daher nur für die Regelung 2 bedeutsam. Demzufolge käme es allein bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund einer "Vereinbarung" darauf an, dass diese vor dem , also spätestens am , getroffen worden ist.
2. Jedoch ist davon auszugehen, dass die grammatische Ausformung des Relativsatzes in § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI auf einem "redaktionellen Versehen" beruht und dieser sich auf beide vorangestellten Substantive als Bezugswörter beziehen soll. Für eine berichtigende Auslegung spricht, dass sich eine unterschiedliche Ausgestaltung der beiden Regelungen sachlich nicht rechtfertigen ließe; denn Sinn und Zweck der Norm ist es, diejenigen Versicherten zu schützen, die vor Bekantgabe der Reformvorhaben auf den bisherigen Rechtszustand vertraut haben und nicht mehr angemessen auf die bevorstehenden gesetzlichen Änderungen reagieren konnten (dazu sogleich). Aber auch bei einer über den Wortlaut hinausgehenden Interpretation, wird der Kläger zwar nicht von der Regelung 1, wohl aber der Regelung 2 in der Übergangsnorm erfasst.
a) Bei einer solchen berichtigenden Gesetzesauslegung unterfällt der Kläger nicht der Regelung 1 des § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI. Sein Arbeitsverhältnis ist nicht auf Grund einer vor dem Stichtag, also spätestens am , von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigung beendet worden; diese hat das Arbeitsverhältnis erst am fristgemäß zum gekündigt.
b) Die Beendigung erfolgte jedoch "auf Grund" einer vor dem Stichtag getroffenen Vereinbarung.
aa) Das Tatbestandsmerkmal "Vereinbarung" eröffnet grundsätzlich einen weiten Anwendungsbereich der Regelung 2 des § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI. Der Gesetzestext nimmt keine Definition des Ausdrucks "Vereinbarung" vor. Vom Wortsinn her stellt er auf eine durch zwei- bzw mehrseitige Willenserklärungen zu Stande gekommene Einigung (= Vereinbarung, vgl §§ 154, 155 Bürgerliches Gesetzbuch) ab, ohne nach bestimmten Vertragsformen zu unterscheiden bzw bestimmte Vertragsformen auszuschließen.
Der Normtext gibt nicht zu erkennen, dass nur zwischen bestimmten Personen geschlossene Vereinbarungen erfasst werden sollen, also zB nur solche zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Für eine Beschränkung auf individuelle Verträge enthalten weder der Gesetzestext noch die Gesetzesmaterialien (BR-Drucks 208/96 = BT-Drucks 13/4336) einen Hinweis. Mit Blick auf die weiten Vertragsgestaltungen im Rahmen der sog Frühverrentungspraxis, der mit der Einführung der Norm entgegengewirkt werden sollte (dazu sogleich), hätte Anlass bestanden, eine entsprechende Einschränkung vorzunehmen, wenn sie beabsichtigt gewesen wäre. Der insoweit abweichenden Auffassung in der Literatur kann daher nicht gefolgt werden (vgl Recht, Das Ende der Frühverrentung, NZS 1996, 552, 559; Diller, Das neue Altersteilzeitgesetz, NZA 1996, 847, 853; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch SGB VI, Komm, Stand IV/00, § 237 RdNr 75). "Vereinbarung" im Sinne der Norm können daher grundsätzlich alle individuellen oder kollektiven Vereinbarungen sein, soweit sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln.
bb) Der Anwendungsbereich des § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b (Regelung 2) SGB VI wird durch das Tatbestandsmerkmal "auf Grund" und die Stichtagsregelung weiter eingeschränkt.
Unzweideutig gibt der Normtext zu erkennen, dass nur Vereinbarungen erfasst werden, die vor dem getroffen worden sind. Des Weiteren muss die Vereinbarung jedenfalls der "Rechtsgrund" für die Beendigung gewesen sein.
Augenfällig genügen stets Vereinbarungen, "durch" die der Arbeitsvertrag rechtsunwirksam wird (zB Aufhebungsvertrag). Es reicht aber auch aus, dass die Vereinbarung der Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war. Dies ergibt sich schon aus dem Merkmal "auf Grund". Das Gesetz beschränkt also den Vertrauensschutz nicht auf die Fälle, in denen der Arbeitsvertrag "durch" die Vereinbarung beendet worden ist (Gestaltungsvertrag); vielmehr genügt auch ein Verpflichtungsvertrag. Er muss rechtliche und sachliche "Grundlage" für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geworden sein, insoweit ist maßgebend, ob der Arbeitnehmer vor dem Stichtag nach den konkreten Regelungen und Umständen des Einzelfalls gehalten war, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinzunehmen. Diese Auslegung wird durch die sog Gesetzesmaterialien bestätigt.
cc) Nach der von der Bundesregierung dem Entwurf eines Ruhestandsförderungsgesetzes beigefügten Begründung (BR-Drucks 208/96 S 1, 27 f und 46 f = BT-Drucks 13/4336 S 1, 16 f und 23 f) dient die Norm dem Vertrauensschutz von Versicherten, die am das 55. Lebensjahr vollendet hatten und auf Grund der erworbenen Rentenanwartschaft sowie im Vertrauen auf die damaligen gesetzlichen Regelungen im Fall von (entsprechend langer) Arbeitslosigkeit das Recht auf eine Altersrente bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres erlangen konnten, sich aber wegen nicht mehr abänderbarer "Dispositionen" zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr auf die geänderte Rechtssituation einstellen konnten. Anlass für die Anhebung der Altersgrenze war eine erhebliche Ausweitung der sog "Frühverrentungspraxis" in den vorangegangenen Jahren. Durch diese Art der betrieblichen Personalanpassung - so die Materialien - seien gesetzliche Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung mit Kosten belastet, die letztlich nur über höhere Beitragssätze zu finanzieren seien; diese Frühverrentungspraxis schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland und gefährde die zukünftige Finanzierbarkeit sozialer Sicherungssysteme; im Hinblick darauf, dass in den kommenden Jahren zu erwarten sei, dass geburtenstarke Jahrgänge die Frühverrentungsmaßnahmen in Anspruch nähmen, sei schnelles Handeln geboten.
Mit Blick auf das beabsichtigte und auch tatsächliche "schnelle Handeln" (Beschluss des Bundeskabinetts vom , Verkündung des Gesetzes am , Inkrafttreten mit Wirkung vom ) wurde zum Schutz bestimmter Versicherter eine Übergangsregelung geschaffen. Geschützt werden sollten die besonders von der Anhebung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit betroffenen rentennahen Jahrgänge, die kurz vor der Altersgrenze von 60 Jahren standen oder diese in den nächsten Jahren erreichten und die bereits arbeitslos waren oder in absehbarer Zeit arbeitslos wurden und denen daher nur relativ wenig Zeit zur Verfügung stand, ihre weitere Lebensplanung auf die neue Rechtslage einzustellen, um Einbußen bei dem Bezug der Rente zu vermeiden (vgl hierzu: Urteil des Senats vom , B 4 RA 15/00 R, SozR 3-2600 § 237 Nr 1, mwN; vgl ferner die Parallelentscheidungen vom selben Tage, B 4 RA 10/00 R und B 4 RA 13/00 R). Der Schutzzweck der Norm beschränkt sich demgemäß nicht nur auf diejenigen Versicherten, die am Stichtag bereits eine individuelle gestaltende Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen hatten, sondern erfasst notwendig auch diejenigen, deren Arbeitsvertrag "auf Grund" einer vor dem geschlossenen wirksamen (individuellen oder) kollektiven "Frühverrentungsvereinbarung" enden sollte und deswegen dann später auch beendet worden ist.
Nach den Feststellungen des LSG, die die Beklagte nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen hat und die den Senat daher binden (§ 163 SGG), hatte die Arbeitgeberin im Oktober 1995 entschieden, dass der Betrieb in L. zum geschlossen würde. Wegen dieser Betriebsänderung haben Betriebsrat und Arbeitgeberin am , also vor dem Stichtag, einen Sozialplan, nämlich eine "Vereinbarung" über den Ausgleich bzw die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Arbeitnehmer (§ 112 Abs 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz <BetrVG>) geschlossen.
Unter seinen Anwendungsbereich fielen alle Arbeitnehmer, die am Tage der Betriebsänderung () älter als 57 Jahre und 4 Monate waren, also noch höchstens 32 Monate bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zurückzulegen hatten. Diese Regelungen knüpften an die im Februar 1996 geltenden Vorschriften über die Höchstanspruchsdauer des Arbeitslosengelds (Alg) im Arbeitsförderungsgesetz (AFG) an. Nach § 106 Abs 1 AFG in der bis zum geltenden Fassung (iVm § 114 AFG) konnten Arbeitslose ab Vollendung des 54. Lebensjahres (ab : ab Vollendung des 57. Lebensjahres) bei entsprechender Vorleistung Alg für 832 Wochentage, also 32 Monate, beanspruchen (ab : § 127 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung). Hieraus erklärt sich, warum vom persönlichen Anwendungsbereich des Sozialplans diejenigen Arbeitnehmer erfasst wurden, die bei Schließung des Werks 57 Jahre und 4 Monate alt waren und damit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres noch 32 Monate zurückzulegen hatten. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, den betroffenen Arbeitnehmern, (zeitlich parallel zum Alg) ein Überbrückungsgeld zu zahlen. Diese Regelungen verdeutlichen den Charakter des Sozialplans als "Frühverrentungsvereinbarung".
Des Weiteren verpflichtete sich die Arbeitgeberin, den vom Sozialplan erfassten Arbeitnehmern fristgemäß (ordentlich) zu kündigen. Zugleich ist aus der Zustimmung des Betriebsrats zum Sozialplan zu schließen, dass der Betriebsrat inzidenter auf sein Widerspruchsrecht bei Kündigung (§ 103 BetrVG) verzichtet hat.
Vom persönlichen Anwendungsbereich des Sozialplans wurde auch der am geborene Kläger erfasst, da er nicht zu dem Kreis der ausdrücklich in § 1 Sozialplan ausgeschlossenen Mitarbeiter zählte. In seinem Falle hatte sich damit die Sach- und Rechtslage vor dem bereits so verfestigt, dass für ihn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum unausweichlich war. Der die Beendigung bewirkende Rechtsakt, nämlich die Kündigung am , war die rechtliche Konsequenz der Vereinbarung, dh diese bildete die rechtliche und sachliche Grundlage für die Kündigung. Das Arbeitsverhältnis ist somit "auf Grund" einer vor dem getroffenen Vereinbarung beendet worden.
3. Mit seiner Entscheidung weicht der Senat nicht von der Entscheidung des 5. Senats des , SozR 4-2600 § 237 Nr 2) ab; eine Divergenz liegt ua schon deshalb nicht vor, weil der 5. Senat über einen Fall zu entscheiden hatte, in dem - anders als im vorliegenden Fall - keine Betriebsvereinbarung im Sinne eines Verpflichtungsvertrags ua über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor dem Stichtag geschlossen worden war.
4. Die Vertrauensschutz-/Übergangsregelung des § 237 Abs 4 Satz 1 Nr 1 Buchst b SGB VI erfasst nach ihrem Sinn und Zweck auch die hier vorliegende Fallkonstellation. Die Vorinstanzen haben somit im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Beklagte die Altersrente ohne Absenkung des Zugangsfaktors zu gewähren hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstelle(n):
NAAAC-13791