BVerwG Urteil v. - 6 C 8.04

Leitsatz

Das Recht der Telekommunikationsunternehmen zur unentgeltlichen Benutzung der Verkehrswege gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. hindert nicht die Erhebung einer Gebühr für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Straßenkörpers für die Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien.

Gesetze: GG Art. 87 f Abs. 2; TKG a.F. § 50 Abs. 1 Satz 1; TKG a.F. § 50 Abs. 2 Satz 1; TKG a.F. § 50 Abs. 3 Satz 1; TKG a.F. § 52; TKG a.F. § 53; TKG a.F. § 54; TKG a.F. § 55; TKG a.F. § 56; StVO § 45 Abs. 6 Satz 1; StVG § 6 a Abs. 1 Nr. 1 a; VwGO § 6 Abs. 1 Nr. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 124 a Abs. 1 Satz 2; VwGO § 124 a Abs. 3 Satz 4; Wettbewerbsrichtlinie (90/388/EWG) Art. 4 d Satz 1

Instanzenzug: VG Ansbach VG AN 10 K 02.936 vom VGH München VGH 8 BV 03.1703 vom

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das u.a. Tiefbauarbeiten durchführt. In der Zeit von November 2000 bis September 2001 verlegte sie im Gebiet der Beklagten Kabel für Telekommunikationslinien im öffentlichen Straßengrund.

Mit Bescheid vom machte die Beklagte gegenüber der Klägerin Gebühren in Höhe von 4 877,72 € geltend. Dabei handelte es sich um Gebühren für verkehrsrechtliche Anordnungen, die die Beklagte im Zusammenhang mit der Verlegung der Kabel für Telekommunikationslinien durch die Klägerin getroffen hatte. Die Klägerin leistete die Gebühr und erhob Widerspruch, der nicht beschieden wurde. Auf die gegen den Bescheid vom gerichtete Klage hat der Einzelrichter am Verwaltungsgericht, auf den der Rechtsstreit übertragen worden war, den Bescheid aufgehoben und die Beklagte zur Rückzahlung der Gebühren sowie zur Leistung von Prozesszinsen verurteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die von dem Einzelrichter wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen dargelegt: Die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter sei verfahrensfehlerhaft. Gleichwohl sei die Berufungsinstanz an die Berufungszulassung gebunden. Die Bindungswirkung könne nur entfallen, wenn die Zulassung der Berufung offensichtlich gesetzeswidrig sei. Dies sei nicht der Fall. Die Berufungsbegründung genüge den gesetzlichen Anforderungen, obwohl die Beklagte keinen ausdrücklichen Antrag gestellt habe. Ein solcher Antrag könne den Berufungsgründen entnommen werden. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Klägerin könne sich hinsichtlich der Verlegung der Telekommunikationslinien grundsätzlich auf die Rechte ihrer Auftraggeber berufen. Mithin könne sie auch die Unentgeltlichkeit der Benutzung der Verkehrswege im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG a.F.) geltend machen. Die Bestimmung hindere den Träger der Straßenbaulast, Sondernutzungsgebühren für die Inanspruchnahme des öffentlichen Straßengrundes für Telekommunikationslinien zu erheben. Andere finanzielle Vergünstigungen bei der Verlegung oder Änderung solcher Linien und deren Betrieb seien nicht vorgesehen. Dies gelte auch für Gebühren, die für die Anordnung von straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien erhoben würden. § 52 und § 53 TKG ständen dem nicht entgegen. Der streitige Gebührenbescheid laufe auch Europäischem Gemeinschaftsrecht nicht zuwider.

Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, das Berufungsurteil sei verfahrensfehlerhaft. Der Verwaltungsgerichtshof sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er an die von dem Einzelrichter fehlerhaft zugelassene Berufung gebunden sei. Die Berufung hätte auch deshalb als unzulässig verworfen werden müssen, weil die Beklagte innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils keinen bestimmten Berufungsantrag gestellt habe. Das angefochtene Urteil erweise sich überdies auch in materieller Hinsicht als fehlerhaft. Das Recht zur unentgeltlichen Nutzung von Verkehrswegen für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien nach § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. stelle eine abschließende Regelung dar und sei weit auszulegen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs beschränke sich das Recht zur unentgeltlichen Nutzung nicht auf den Bereich des öffentlichen Sachenrechts bzw. des Straßen- und Wegerechts. Es erstrecke sich auch auf straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Verkehrswege für Telekommunikationslinien. Dies ergebe sich auch aus § 52 Abs. 1 und 2 TKG a.F. Die Beklagte sei auch mit Blick auf Art. 87 f GG gehindert, die hier in Rede stehenden Gebühren zu erheben. Die Bestimmung gehe davon aus, dass private Anbieter alternative Telekommunikationsnetze als Konkurrenz zum Netz des ehemaligen Monopolisten flächendeckend errichteten. Dies sei bei der Bestimmung der Reichweite des unentgeltlichen Nutzungsrechts im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. mit der Folge zu berücksichtigen, dass die Erhebung von Gebühren für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen nicht möglich sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sei auch nicht mit den Vorgaben des Europäischen Gemeinschaftsrechts vereinbar. Gemeinschaftsrecht verbiete, Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei der Erteilung von Wegerechten für die Bereitstellung solcher Netze zu diskriminieren. Die hier in Rede stehenden Gebühren fielen im Wesentlichen bei neuen Marktteilnehmern an und liefen dem Ziel zuwider, einen funktionsfähigen Wettbewerb auf dem Markt der Telekommunikationsdienstleistungen zu schaffen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Beteiligte verteidigt ebenfalls das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs.

II.

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil erweist sich weder in formeller (1.) noch in materieller (2.) Hinsicht als fehlerhaft.

1. Das Berufungsurteil beruht nicht auf der Verletzung von Verfahrensrecht.

a) Der Verwaltungsgerichtshof war nicht deshalb an einer Sachentscheidung gehindert, weil die Berufung nicht wirksam zugelassen worden wäre. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Verwaltungsgerichtshof an die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO durch den Einzelrichter, auf den der Rechtsstreit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO übertragen worden war, gebunden.

Nach § 124 a Abs. 1 Satz 2 VwGO ist das Oberverwaltungsgericht an die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO gebunden. Die Bindung beschränkt sich nicht auf die Fälle der Berufungszulassung durch die Kammer, sondern erfasst auch die Zulassung durch den Einzelrichter. Der Einzelrichter, dem der Rechtsstreit nach § 6 VwGO übertragen worden ist, entscheidet als "Verwaltungsgericht" im Sinne von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG 5 C 65.03 - NVwZ 2005, 98). Die Bindung an die Zulassung durch den Einzelrichter entfällt nicht deshalb, weil die Übertragung des Rechtsstreits auf ihn voraussetzt, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO), die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hingegen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erfordert. Diese gegenläufigen Voraussetzungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter ausschließen wollen. Denn der Einzelrichter ist nicht an die Bewertung der Kammer im Rahmen des Übertragungsbeschlusses, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe, gebunden (vgl. Urteil vom , a.a.O.). Ebenso wenig ist er zur Rückübertragung des Rechtsstreits an die Kammer verpflichtet, wenn er entgegen der Bewertung durch die Kammer oder aufgrund einer wesentlichen Änderung der Prozesslage zu der Einschätzung gelangt, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung aufweise; vielmehr darf er in solchen Fällen im Rahmen seines Ermessens nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO über den Rechtsstreit selbst entscheiden und zugleich die Berufung zulassen (vgl. Urteil vom , a.a.O., S. 98 f.). Soweit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erwogen wird, ob die Bindung an die Zulassung eines Rechtsmittels durch den Einzelrichter entfällt, wenn sie im Einzelfall unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergangen ist (vgl. BVerwG 1 C 10.03 - Umdruck S. 4), kann dies im vorliegenden Fall die Verneinung einer Bindung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil hier Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch den Einzelrichter nicht verletzt wurde. Von einer manipulativen oder objektiv willkürlichen Missachtung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung kann nicht die Rede sein.

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat auch zu Recht angenommen, dass die Berufung nicht deshalb unzulässig war, weil die Beklagte innerhalb der gesetzlichen Frist keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat.

Nach § 124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im Fall der Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht diese innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Berufungsbegründung muss nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Hier hat die Beklagte als Berufungsklägerin innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt. Daraus ergibt sich indes nicht die Unzulässigkeit der Berufung. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt nicht, dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt wird. Dem Antragserfordernis wird regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will (stRspr, vgl. z.B. BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 60 S. 18 m.w.N.; BVerwG 4 C 6.03 - NVwZ-RR 2004, 541). Es genügt, wenn das Ziel des Rechtsmittels aus der Tatsache seiner Einlegung allein oder in Verbindung mit den während der Rechtsmittelfrist abgegebenen Erklärungen erkennbar ist ( BVerwG 7 C 7.78 - BVerwGE 58, 299 <300 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom ohne Begründung "Berufung" eingelegt. Aus der Berufungsbegründung vom ergibt sich zweifelsfrei, dass sie das Berufungsverfahren durchführen wollte, weil sie den streitigen Gebührenbescheid im Gegensatz zu der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts insgesamt für rechtmäßig und das erstinstanzliche Urteil deshalb für unzutreffend hielt. Dies entsprach ihrem vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nur hinsichtlich eines Teils der von ihr beanspruchten Gebühren begehrte, sind nicht ansatzweise ersichtlich.

2. Das angefochtene Urteil ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Der streitige Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt deshalb die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Gebührenbescheid steht mit der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage im Einklang.

Die streitigen Gebühren wurden für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen nach § 45 Abs. 6 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vom (BGBl I S. 1565, ber. 1971 S. 38), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom (BGBl I S. 2785), erhoben. Danach müssen Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenraum auswirken, von der zuständigen Behörde Anordnungen nach Absatz 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner, ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. § 45 Abs. 1 bis 3 StVO verleiht der Straßenverkehrsbehörde die Befugnis, näher bezeichnete straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen durchzuführen und Anordnungen zu treffen. Nach § 6 a Abs. 1 Nr. 1 a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 837), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom (BGBl I S. 2785), werden u.a. für Amtshandlungen nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften, also auch für Amtshandlungen nach der auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 StVG erlassenen Straßenverkehrsordnung, Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die einzelnen gebührenpflichtigen Amtshandlungen und die Höhe der jeweils anfallenden Gebühr sind in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) vom (BGBl I S. 865), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom (BGBl I S. 2552), geregelt. Nach § 1 Satz 1 GebOSt werden für Amtshandlungen Gebühren erhoben. Die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührensätze ergeben sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 GebOSt aus dem Gebührentarif für Maßnahmen im Straßenverkehr, der Anlage zu § 1 GebOSt. Nach Nr. 261 der Anlage in der hier maßgeblichen Fassung werden für Anordnungen nach § 45 Abs. 6 StVO über Maßnahmen der Unternehmer an Arbeitsstellen 20 bis 350 DM erhoben. Bei der Gebühr handelt es sich um eine den mit der Amtshandlung verbundenen Personal- und Sachaufwand deckende Verwaltungsgebühr (§ 6 a Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz StVG). Der streitige Gebührenbescheid hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage. In ihm sind für eine Reihe von Anordnungen nach § 45 Abs. 6 StVO Gebühren zwischen 40 und 130 DM erhoben worden. Der in der Gebührenordnung festgelegte Gebührenrahmen wurde damit nicht überschritten. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht vorgetragen, dass die Bemessung der Gebühr fehlerhaft ist.

b) Der Erhebung der Gebühren steht nicht das Recht auf unentgeltliche Nutzung der Verkehrswege nach § 50 Abs. 1 Satz 1 des hier noch anwendbaren Telekommunikationsgesetzes vom (BGBl I S. 1120 - TKG a.F. -), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom (BGBl I S. 2785), entgegen. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. ist der Bund befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit nicht dadurch der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird (Nutzungsberechtigung).

aa) Die Klägerin unterfällt dem personellen Anwendungsbereich des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG.

Der Bund übt die Nutzungsberechtigung nicht selbst aus, sondern überträgt sie gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 TKG a.F. auf die Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG a.F. im Rahmen der Lizenzerteilung nach § 8 TKG a.F. Das Recht zur unentgeltlichen Nutzung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. setzt nicht voraus, dass das begünstigte Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen die Telekommunikationslinie selbst verlegt oder ändert. Die Unternehmen dürfen sich insoweit Dritter bedienen, die sich für ihre Tätigkeit auf das Gebot der Unentgeltlichkeit berufen können (vgl. Schütz in: Büchner/Ehmer/Geppert/Kerkhoff/Piepenbrock/Schütz/Schuster, Beck'scher TKG-Kommentar, 2. Aufl., § 50 Rn. 14; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 1. Aufl., § 50 Rn. 13). Nach den Feststellungen in dem angefochtenen Urteil ist den Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen, deren Telekommunikationslinien die Klägerin verlegt hat, im Rahmen der ihnen erteilten Lizenz die Nutzungsberechtigung im Sinne von § 50 Abs. 2 Satz 1 TKG a.F. übertragen worden. Mithin kann sich die Klägerin in personeller Hinsicht auf die Unentgeltlichkeit der Nutzung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. berufen.

bb) § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. hindert nicht die Erhebung der Gebühren für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen auf der Grundlage des § 45 Abs. 6 Satz 1 StVO. Die Auslegung der Bestimmung nach den herkömmlichen Kriterien ergibt, dass von der Unentgeltlichkeit nur solche Maßnahmen erfasst werden, durch die Verkehrswege für Telekommunikationslinien in Anspruch genommen werden, wie in dem hier vorliegenden Fall der Inanspruchnahme des Straßenkörpers durch Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien. Dies ist bei straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen auch dann nicht der Fall, wenn sie im Zusammenhang mit der Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien stehen.

aaa) Der Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. weist deutlich in die Richtung, dass nur die Inanspruchnahme der Verkehrswege selbst unentgeltlich ist.

Dafür spricht bereits der Inhalt des Begriffs "unentgeltlich". Durch ihn wird zum Ausdruck gebracht, dass der von der Bestimmung Begünstigte kein Entgelt zu entrichten hat. Unter "Entgelt" ist eine Vergütung als Gegenleistung für eine zuvor erbrachte Leistung zu verstehen (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., S. 435 Stichwort "Entgelt"). Die dem von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. Begünstigten gegenüber erbrachte Leistung ist das Recht, die Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien zu benutzen. Mithin bezieht sich die Unentgeltlichkeit auf die Benutzung der Verkehrswege, im vorliegenden Fall also auf die Inanspruchnahme des Straßenkörpers. Diese Auslegung trägt auch dem Begriffsinhalt des Tatbestandsmerkmals "benutzen" und seinem Verhältnis zu dem Merkmal "unentgeltlich" Rechnung. Das Gebot der Unentgeltlichkeit bezieht sich auf die Benutzung. "Benutzung" bedeutet, sich einer Sache ihrem Zweck entsprechend zu bedienen (vgl. Duden, a.a.O., S. 235 Stichwort "benutzen"). Die Sache, auf die die Benutzung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. bezogen ist, ist der Verkehrsweg. Wegen der Verknüpfung des Merkmals der Unentgeltlichkeit mit demjenigen der Benutzung erstreckt sich die Entgeltfreiheit auf die Benutzung der Verkehrswege, wie durch Inanspruchnahme des Straßenkörpers. Dieses Verständnis liegt auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats zugrunde, nach der der Begriff "Benutzung der Verkehrswege" alle Maßnahmen erfasst, durch die Verkehrswege in Anspruch genommen werden, wie etwa durch die Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien (vgl. BVerwG 6 B 3.02 - TKMR 2002, 468). Soweit sich die Nutzungsberechtigung und damit auch die Unentgeltlichkeit auf die Verlegung von Telekommunikationslinien bezieht, umfasst sie neben der Einbringung der Telekommunikationslinie in den Straßenkörper auch dessen damit verbundene weitergehende Inanspruchnahme, wie etwa zur Lagerung von Erdaushub, Baumaterial oder Baugerät (vgl. BVerwG 6 B 55.00 - Buchholz 442.066 § 50 TKG Nr. 1 S. 2).

Dem Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. ist nicht zu entnehmen, dass die Freistellung von Entgelten sich auch auf Maßnahmen erstreckt, die zwar mit der Inanspruchnahme von Verkehrswegen für Telekommunikationslinien im Zusammenhang stehen, sich hingegen nicht als eine solche Inanspruchnahme darstellen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats. Nach dieser läuft es (auch) dem Wortlaut des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. nicht zuwider, wenn für die Erteilung der für die Benutzung von Verkehrswegen für Telekommunikationslinien notwendigen Zustimmung des Trägers der Wegebaulast nach § 50 Abs. 3 Satz 1 TKG a.F. eine Gebühr erhoben wird (vgl. Beschluss vom , a.a.O., 469).

Nach dem Gesagten streitet das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung dafür, dass straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Verkehrswegen für Telekommunikationslinien ergehen, nicht von der Entgeltfreiheit erfasst werden, weil diese Anordnungen keine Inanspruchnahme von Verkehrswegen darstellen, sondern (lediglich) aus Anlass einer solchen Inanspruchnahme ergehen.

bbb) Die an Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. ausgerichtete Auslegung bestätigt, dass nur die Inanspruchnahme der Verkehrswege unentgeltlich ist.

Sinn und Zweck der Bestimmung ergeben sich insbesondere aus ihrer Entstehungsgeschichte. Nach der Begründung des Entwurfs zu § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. knüpft die Bestimmung an das früher nach § 1 Satz 1 des Telegraphenwegegesetzes (TWG) vom 18. Dezember 1899 (RGBl S. 705) i.d.F. vom (BGBl I S. 1053) zugestandene Recht der Deutschen Bundespost Telekom an, die Verkehrswege für ihre öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldelinien zu benutzen (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 48 f. zu § 49 des Entwurfs). Das Fernmeldeleitungsrecht des Bundes nach § 1 TWG war an keine Gegenleistung gebunden, also ebenfalls unentgeltlich (vgl. Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen § 1 TWG Anm. 5; Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, Bd. 2, 4. Aufl., C III § 1 TWG Rn. 57). Das unentgeltliche Nutzungsrecht ist nach der Begründung des Gesetzentwurfs ein unverzichtbares Mittel des Bundes zur Erfüllung seiner Pflicht, eine flächendeckende Versorgung im Telekommunikationsbereich zu gewährleisten. Da nach Art. 87 f Abs. 2 GG die Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die Deutsche Telekom AG und andere private Anbieter erbracht werden und deshalb das Recht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. auf private Lizenznehmer übertragen wird (§ 50 Abs. 2 Satz 1 TKG a.F.), werden durch das unentgeltliche Nutzungsrecht die privaten Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen in die verfassungsrechtliche Gewährleistungspflicht des Bundes zur flächendeckenden Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen eingebunden (vgl. BTDrucks 13/3609 S. 49). Mit der Unentgeltlichkeit der Nutzung werden wirtschafts- und ordnungspolitische Zwecke verfolgt. Sie dient der Vermeidung von Kosten, die zu einer Verteuerung von Telekommunikationsdienstleistungen führten und die flächendeckende und nachfragegerechte Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen behindern würden (vgl. Koenig/Siewer, NVwZ 2000, 609 <612>; vgl. auch Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks 13/4438 S. 36 zu Nr. 61). Die Unentgeltlichkeit verfolgt auch das Ziel der Wettbewerbsneutralität, weil die Telekommunikationslinien der Deutschen Telekom AG auf der Grundlage des unentgeltlich eingeräumten Wegerechts nach § 1 TWG errichtet wurden (vgl. Spoerr, a.a.O., § 50 Rn. 4). Die mit § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. verfolgten Zwecke beziehen sich nur auf Maßnahmen, die sich als Inanspruchnahme der Verkehrswege darstellen. Auf der Grundlage des § 50 TKG a.F. entsteht in den Fällen der Verlegung und der Änderung von Telekommunikationslinien im öffentlichen Straßenraum zwischen dem Lizenznehmer und dem Wegebaulastträger ein öffentlich-rechtliches Nutzungsverhältnis nach Maßgabe der Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes, das einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des Straßenrechts ausschließt (vgl. BVerwG 4 A 27.98 - BVerwGE 109, 192 <195>). Dieses Nutzungsverhältnis entzieht die Benutzung des Verkehrsweges durch Telekommunikationslinien dem Regime des Straßenrechts (vgl. Beschluss vom , a.a.O., S. 2) mit der Folge, dass es für die Benutzung des Verkehrsweges im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. insbesondere keiner Sondernutzungserlaubnis bedarf. Die Herausnahme der mit der Benutzung der öffentlichen Straße einhergehenden Maßnahmen aus dem Regime des allgemeinen Straßenrechts verdeutlicht zugleich die Grenze der unentgeltlichen Nutzungsberechtigung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. Sie soll den begünstigten Lizenznehmer von Entgelten freistellen, die er ansonsten für die Inanspruchnahme des Straßenraums zu entrichten hätte, insbesondere von der Gebühr für eine nach Straßenrecht an sich erforderliche Sondernutzungserlaubnis. Daran gemessen beschränkt sich das unentgeltliche Nutzungsrecht auf Maßnahmen, die als Inanspruchnahme des Straßenraums selbst anzusehen sind. Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen, die im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ergriffen werden, werden selbst dann nicht von der Unentgeltlichkeit erfasst, wenn sie mit einer Benutzung des öffentlichen Straßenraums für Telekommunikationslinien im Zusammenhang stehen. Dementsprechend hat der Senat bereits ausgesprochen, dass § 50 Abs. 1 TKG a.F. kein Gebot enthält, den Telekommunikationsunternehmen die Verwirklichung von Investitionsvorhaben im Zusammenhang mit Telekommunikationslinien frei von öffentlichen Abgaben zu ermöglichen (vgl. Beschluss vom , a.a.O., 469).

Daraus, dass - wie aufgezeigt - die Lizenznehmer in den verfassungsrechtlichen Auftrag zur flächendeckenden Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen eingebunden sind und §§ 50 ff. TKG a.F. auch den Zweck verfolgen, die telekommunikative Grundversorgung zu gewährleisten, folgt nicht, dass die Telekommunikationsunternehmen von jeglichen finanziellen Lasten im Zusammenhang mit der Benutzung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. freigestellt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats ist nicht erkennbar, dass bei Wahrung der bundesrechtlichen Vorgaben für die Erhebung von Gebühren, insbesondere bei Beachtung des Äquivalenzprinzips, die Erhebung von Gebühren im Zusammenhang mit der Ausübung der Nutzungsberechtigung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. die verfassungsrechtlichen Aufträge zur flächendeckenden Versorgung und zur Privatisierung im Bereich der Telekommunikation beeinträchtigt (vgl. Beschluss vom , a.a.O., 469). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen Zweck des Telekommunikationsgesetzes nach § 1 TKG a.F. Danach ist der Zweck des Gesetzes, durch "Regulierung" näher bezeichnete Ziele zu erreichen. Fragen der Gebührenerhebung betreffen nicht die Regulierung (vgl. BVerwG 6 C 23.03 - CR 2004, 907 <910>).

ccc) Dem bisherigen Auslegungsergebnis steht nicht die Systematik des Gesetzes entgegen. Insbesondere das Verhältnis des § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. zu den §§ 52 bis 56 TKG a.F. rechtfertigt nicht die Annahme, dass für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen nach § 45 Abs. 6 Satz 1 StVO im Zusammenhang mit der Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien im öffentlichen Straßenraum keine Gebühren erhoben werden dürfen.

Die §§ 52 bis 56 TKG a.F. regeln die Rechtsbeziehungen zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Wegeunterhaltungspflichtigen sowie zwischen dem Nutzungsberechtigten und den Betreibern "besonderer Anlagen" als sonstigen Nutzungsberechtigten. Die Bestimmungen betreffen Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Konflikte unterschiedlicher Art, die typischerweise mit der Benutzung der Verkehrswege für Telekommunikationslinien einhergehen, und normieren insoweit insbesondere Pflichten des Nutzungsberechtigten, deren Einhaltung von dem Wegeunterhaltungspflichtigen überwacht werden. Die Bestimmungen verpflichten den Nutzungsberechtigten in unterschiedlichen Zusammenhängen zur Tragung von Kosten (vgl. § 52 Abs. 2 und 3 Satz 2, § 53 Abs. 3, § 54 Abs. 3, § 55 Abs. 1 Satz 2, § 56 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 TKG a.F.). Sie sehen auch Kostenansprüche des Wegeunterhaltungspflichtigen gegenüber dem Nutzungsberechtigten vor. Den §§ 52 bis 56 TKG a.F. ist nicht zu entnehmen, dass sie das Rechtsverhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Wegeunterhaltungspflichtigen auch mit der Folge abschließend regeln, dass Gebühren für Maßnahmen, die sich nicht als Inanspruchnahme der Verkehrswege durch Telekommunikationslinien darstellen, nicht erhoben werden dürfen. Aus den Bestimmungen ergibt sich lediglich, dass hinsichtlich der in ihnen angesprochenen Sachverhalte eine abschließende Regelung insbesondere dahingehend getroffen wird, welche Pflichten den Nutzungsberechtigten treffen. Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Benutzung des öffentlichen Straßenraums durch Telekommunikationslinien sind nicht Gegenstand der Regelungen. Sie betreffen nicht die in den §§ 52 bis 56 TKG a.F. geregelten speziellen, auf den Verkehrsweg selbst bezogenen Nutzungskonflikte und werden dementsprechend nicht von dem Wegeunterhaltungspflichtigen getroffen, sondern von der Straßenverkehrsbehörde, die nicht mit dem Wegeunterhaltungspflichtigen identisch sein muss.

Daraus, dass das Telekommunikationsgesetz a.F. an verschiedenen Stellen ausdrücklich die Erhebung von Gebühren vorsieht (vgl. z.B. § 16 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. für die Lizenzgebühr, § 43 Abs. 3 Satz 3 TKG a.F. für die Nummerngebühr und § 48 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. für die Frequenzgebühr), nicht hingegen im Zusammenhang mit der Benutzung im Sinne von § 50 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F., ergibt sich nicht, dass Gebühren für Amtshandlungen aus Anlass der Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums für Telekommunikationslinien ausgeschlossen sind. Die Gebührentatbestände des Telekommunikationsgesetzes a.F. betreffen Amtshandlungen auf der Grundlage dieses Gesetzes. Gebühren für Amtshandlungen aufgrund anderer Gesetze, wie hier der Straßenverkehrsordnung, sind selbstredend nicht Gegenstand des Telekommunikationsgesetzes, so dass aus dem Fehlen solcher Regelungen im Telekommunikationsgesetz nicht auf die Unzulässigkeit der Erhebung entsprechender Gebühren geschlossen werden kann.

c) Der Erhebung von Gebühren für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums durch Telekommunikationslinien steht Europäisches Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Insbesondere ist die Gebührenerhebung nicht von Art. 4 d Satz 1 der hier noch anwendbaren Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste - Wettbewerbsrichtlinie - (ABl EG Nr. L 192 S. 10) ausgeschlossen.

Nach Art. 4 d Satz 1 der Wettbewerbsrichtlinie dürfen die Mitgliedstaaten Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei der Erteilung von Wegerechten für die Bereitstellung solcher Netze nicht diskriminieren. Angesichts des Wortlauts der Bestimmung bestehen erhebliche Zweifel an ihrer Anwendbarkeit im vorliegenden Fall, der nicht die Erteilung von Wegerechten betrifft, sondern die Erhebung von Gebühren im Zusammenhang mit der Realisierung des bestehenden Rechts an der Benutzung der Verkehrswege. Selbst wenn die Bestimmung hier grundsätzlich anwendbar sein sollte, wäre das Diskriminierungsverbot durch die streitige Gebührenerhebung nicht verletzt.

Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass Art. 4 d Satz 1 der Wettbewerbsrichtlinie insbesondere das Ziel verfolgt, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation herzustellen. Die Wettbewerbsrichtlinie bezweckt, der Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen entgegenzuwirken, die bei der Errichtung und Nutzung ihrer Netze bereits eine beherrschende Stellung einnehmen (vgl. 15. Erwägungsgrund). Der Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten (ABl EG Nr. L 74 S. 13), mit der Art. 4 d der Wettbewerbsrichtlinie eingeführt wurde, liegt auch die Erwägung zugrunde, dass zu verhindern ist, dass nach der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes die marktbeherrschenden Unternehmen ihre Stellung aufrechterhalten und diese nicht angegriffen werden kann (vgl. 6. und 9. Erwägungsgrund). Art. 4 d der Wettbewerbsrichtlinie will erreichen, dass den neu lizenzierten Betreibern ermöglicht wird, ihre Netze unter Bedingungen auszubauen, die mit denjenigen des marktbeherrschenden Unternehmens vergleichbar sind (vgl. 23. Erwägungsgrund). Daran gemessen könnte es mit Blick auf das Diskriminierungsverbot geboten sein, in Rechnung zu stellen, dass die Deutsche Telekom AG aufgrund ihrer nachwirkenden Monopolstellung über ein flächendeckendes Telekommunikationsnetz verfügt und deshalb auf die Inanspruchnahme der Verkehrswege durch Telekommunikationslinien weitaus weniger angewiesen ist als neue Wettbewerber, so dass sie auch im geringeren Umfang von Gebühren für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien betroffen sein dürfte. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wäre allerdings nur zu besorgen, wenn die hier in Rede stehenden Gebühren im Fall ihrer Umlegung auf die Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen, für deren Telekommunikationslinien die Klägerin die Arbeiten durchgeführt hat, eine spürbare Belastung im Sinne eines Wettbewerbsnachteils darstellen würden. Der Gebührenbescheid in Höhe von etwa 4 900 € bezieht sich auf straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Bautätigkeiten, wobei für je Baustelle ein Betrag zwischen 40 DM und 130 DM erhoben wurde. Gemessen an den von den Telekommunikationsunternehmen aufzubringenden Investitionskosten für die Errichtung ihres Telekommunikationsnetzes erweisen sich die Gebühren als eine kaum mehr spürbare Belastung für die Unternehmen, so dass von einer wettbewerbsrelevanten Beeinträchtigung im Sinne des Diskriminierungsverbots von Art. 4 d Satz 1 der Wettbewerbsrichtlinie nicht ausgegangen werden kann. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert behauptet, dass die hier in Rede stehenden Gebühren einen eine Verletzung des Diskriminierungsverbots bewirkenden Wettbewerbsnachteil darstellen. Dass bei dieser Lage das Diskriminierungsverbot von Art. 4 d Satz 1 der Wettbewerbsrichtlinie nicht verletzt sein kann, erweist sich als offenkundig und frei von vernünftigen Zweifeln, so dass eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 234 EG ausscheidet (vgl. 283.78 - Slg. 1982, 3415 <3430>).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 877 € festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG n.F.).

Fundstelle(n):
PAAAC-13076