BVerwG Beschluss v. - 6 B 65.06

Leitsatz

In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist eine weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 4 GVG zur Klärung des Rechtswegs ausgeschlossen.

Gesetze: GVG § 17a Abs. 4

Instanzenzug: VG Potsdam VG 2 L 430/06 vom OVG Berlin-Brandenburg OVG 1 L 59.06 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

1. Die weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz hinsichtlich der Vergabe eines Bauauftrags durch den Antragsgegner an ein Konkurrenzunternehmen. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an ein Landgericht verwiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Beschwerde der Antragstellerin dagegen zurückgewiesen und die (weitere) Beschwerde zugelassen.

Die Beschwerde ist nicht wegen der Bindungswirkung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist der oberste Gerichtshof des Bundes an die Zulassung der Beschwerde gebunden. Diese Bindung beschränkt sich wie bei einer Revisionszulassung (dazu BVerwG 6 C 13.05 -) auf die Zulassungsentscheidung als eine von mehreren Zulässigkeitsvoraussetzungen. § 17a Abs. 4 Satz 6 GVG verfolgt den Zweck, dass eine Überprüfung der Zulassungsentscheidung bei einer ihrer Natur nach beschwerdefähigen Entscheidung nicht stattfinden soll. Die Bindungswirkung geht darüber nicht hinaus. Alle weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen bleiben davon unberührt.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Zurückweisung der Beschwerde gegen einen erstinstanzlichen Beschluss, durch den der Rechtsweg in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren für unzulässig erklärt worden ist, unterliegt nicht der (weiteren) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Es ist schon fraglich, ob es mit dem Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens überhaupt vereinbar ist, ein auf die Rechtswegfrage beschränktes Beschwerdeverfahren nach § 17a Abs. 4 GVG durchzuführen (vgl. Beschlüsse vom - BVerwG 3 B 10.00 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286 und vom - BVerwG 3 B 77.05 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr. 24). Das kann hier auf sich beruhen. Jedenfalls ist in einem solchen Verfahren eine (weitere) Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen. Aus § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG folgt, dass die weitere Beschwerde der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dienen soll. Diese Voraussetzung zeigt, dass das Gesetz mit der weiteren Beschwerde auf eine Entscheidung zielt, die in ihrem Gewicht einer Revisionsentscheidung nahe kommt. Die Klärung fallübergreifender Probleme widerstreitet dem Ziel des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens, in einem bestimmten Einzelfall bis zur Entscheidung in der Hauptsache zur Erhaltung des bestehenden Zustandes oder zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Antragsteller oder nach Abwägung der widerstreitenden Vollzugsinteressen eine Regelung zu treffen. Ein Verfahren mit einer solchen Zielrichtung würde durch eine weitere Beschwerde mit dem Ziel der Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nachgerade konterkariert. In einem auf die Beantwortung grundsätzlicher Rechtsfragen gerichteten Verfahren könnte ein Beschluss erst nach unter Umständen zeitraubender schriftsätzlicher Aufbereitung und unter Auswertung von Gesetzgebungsmaterialien, Rechtsprechung und wissenschaftlichen Äußerungen ergehen, da eine solche Entscheidung über den Fall hinausgehende Breitenwirkung hätte und Prüfungsmaßstab für Revisionszulassungsentscheidungen wäre (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dies könnte zu einer folgenreichen Verzögerung der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes führen. Es liegt im Wesen eines solchen Antrags, dass die Entscheidung des Gerichts möglichst ohne Verzögerung ergeht. Dementsprechend ordnet § 146 Abs. 4 VwGO für die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes an, dass die Beschwerde unverzüglich dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt wird, dass eine Abhilfeentscheidung des Verwaltungsgerichts unterbleibt und dass das Oberverwaltungsgericht nur die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe prüft. Die weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 152 VwGO ausgeschlossen. In Anbetracht dieser besonderen Vorkehrungen des Gesetzgebers für einen zügigen Abschluss des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht angenommen werden, dass den Beteiligten für den in einem solchen Verfahren angefallenen Zwischenstreit über den Rechtsweg ein weitergehender Instanzenzug eröffnet ist als in dem zugrunde liegenden Verfahren selbst (vgl. BVerwG 8 B 125.98 - BVerwGE 108, 153 <156> = Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 18).

Die Frage der Klärung des Rechtswegs bei Klagen gegen Vergabeentscheidungen für öffentliche Aufträge unterhalb der Schwelle des § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 2 VgV muss daher einer Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 21 Abs. 1 GKG.

Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 3593 Nr. 49
HAAAC-12983