BVerwG Urteil v. - 5 C 84.02

Leitsatz

1. Eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall - hier: Leistungen auf einen Grabpflegevertrag - ist nach § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG zu verschonen.

2. Einem Sozialhilfeempfänger, dem nach dem geschlossenen Grabpflegevertrag ein Kündigungsrecht zusteht, kann eine Kündigung nur insoweit abverlangt werden, als eine angemessene Grabpflege erhalten bleibt und ein Teil der (vorausgeleisteten) Vergütung zurückerlangt werden kann.

Gesetze: BSHG § 12; BSHG § 14; BSHG § 28 Abs. 2; BSHG § 88 Abs. 2; BSHG § 88 Abs. 3

Instanzenzug: VG Minden VG 6 K 4252/98 vom OVG Münster OVG 16 A 3819/99 vom

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Anspruchs auf ergänzende Hilfe zur Pflege, den die Klägerin an Stelle der am verstorbenen Hilfeempfängerin K. - der früheren Klägerin - weiter verfolgt.

Die am geborene ledige Frau K., die keine Angehörigen oder ähnlich nahe stehende Personen mehr besaß, war aufgrund fortschreitender Unselbständigkeit am in ein Altenheim in der Trägerschaft der Klägerin aufgenommen worden. Nachdem Frau K. die Heimkosten zunächst noch selbst hatte bezahlen können, beantragte sie am Sozialhilfe für die nicht durch eigene Einkünfte gedeckten Heimkosten. Dabei legte sie einen Überweisungsauftrag vom Juni 1990 über 10 000 DM an die Kirchengemeinde S. für "Grabpflege" vor. Dieser Zahlung lag ein am zwischen Frau K. und der Kirchengemeinde S. abgeschlossener Vertrag über die Pflege einer bestimmten Doppelgrabstätte auf dem Friedhof der Kirchengemeinde S. für eine Ruhezeit von 40 Jahren beginnend auf besondere Vereinbarung, mit dem Tod des Grabstelleninhabers und nach Überweisung von 10 000 DM zu Grunde. Der Vertrag sollte nach den Vorstellungen der Frau K. eine angemessene Grabpflege nach dem eigenen Tod sicherstellen und war abgeschlossen worden, als sich abzeichnete, dass sie das bereits auf dieser Grabstätte befindliche Grab ihres 1985 vorverstorbenen langjährigen Lebensgefährten, von dem sie auch das zum damaligen Erwerb der Doppelgrabstätte und zum Abschluss des Grabpflegevertrages notwendige Vermögen geerbt hatte, auf Dauer nicht selbst würde weiter pflegen können. Die Grabpflegeleistungen aus dem Vertrag waren dementsprechend auch ab 1992 tatsächlich in Anspruch genommen worden.

Mit Schreiben vom stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, das in den Grabpflegevertrag eingezahlte Kapital zuzüglich Zinsen zähle zum verwertbaren Vermögen. Dem trat die Hilfeempfängerin entgegen. Eine Kündigung sei im Grabpflegevertrag nicht vorgesehen und nicht möglich. Da üblicherweise ein erheblicher Teil der Einzahlungssumme allein schon für die Anlegung der Grabstätte verbraucht werde, sehe sie sich nicht zu einer Kündigung in der Lage. Wegen des von ihrem Lebensgefährten stammenden Geldes betrachte sie es als ihre Pflicht, weiter für die Pflege seines Grabes zu sorgen. Auch sei die Kirchengemeinde S. nicht bereit, sie aus dem Grabpflegevertrag zu entlassen.

Durch Bescheid vom übernahm der Beklagte rückwirkend ab dem die durch anderweitige Einnahmen nicht gedeckten Heimpflegekosten, nachdem er festgestellt hatte, dass das von der Grabpflegevorsorge nicht betroffene Vermögen den Freibetrag von 4 500 DM nur noch um 518,72 DM überstieg. Die vermeintlichen Ansprüche aus dem Grabpflegevertrag leitete der Beklagte nach § 90 BSHG auf sich über und erteilte der Klägerin als Trägerin des Altenheims bis auf weiteres eine Kostenzusicherung. Durch rechtskräftiges Urteil vom hob das Verwaltungsgericht Minden die Überleitungsanzeige des Beklagten mit der Begründung auf, der Hilfeempfängerin habe mangels Kündigung des Vertrages im Zeitpunkt der Anzeige gegen die Kirchengemeinde S. kein (überleitungsfähiger) Anspruch auf Rückgewähr des auf den Vertrag gezahlten Betrages zugestanden.

Mit Bescheid vom zog der Beklagte seine mit Schreiben vom erteilte Zusage mit Ablauf des mit im Wesentlichen folgender Begründung zurück: Frau K. verfüge nicht nur über verzinsliches Sparguthaben in Höhe von ca. 4 500 DM, sondern auch über die bei Abschluss des Grabpflegevertrages mit der Kirchengemeinde S. hinterlegte und verzinsliche Summe von 10 000 DM. Dieses hinterlegte Kapital unterliege nicht der Verschonung nach § 88 Abs. 3 BSHG. Eine Vertragskündigung würde ihre Lebensführung in keiner Weise beeinträchtigen. Da Frau K. kurzfristig jedenfalls auf ihr Sparguthaben zugreifen könne, bestehe kein sozialhilferechtlicher Bedarf. Der Widerspruch hiergegen wurde mit der Begründung zurückgewiesen, der bloß sittlichen Verpflichtung zur Pflege des Grabes ihres verstorbenen Lebensgefährten könne Frau K. mit ihrem Schonvermögen nachkommen.

Das Verwaltungsgericht hat die auf Sozialhilfe für die Zeit vom bis zum gerichtete Klage der Hilfeempfängerin abgewiesen. Nach Berufungszulassung und Tod der Hilfeempfängerin hat die Klägerin unter Hinweis auf die Abtretung des Klageanspruchs und auf § 28 Abs. 2 BSHG den Rechtsstreit aufgenommen. Der Beklagte hat vor dem Berufungsgericht keine Bedenken gegen den Parteiwechsel geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat der Klage mit im Wesentlichen folgender Begründung stattgegeben ( - <NVwZ-RR 2002, 199>):

Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus § 28 Abs. 2 BSHG. Die Klägerin habe für ihren Bedarf in der streitgegenständlichen Zeit den Grabpflegevertrag nicht verwerten müssen. Soweit Frau K. überhaupt ein Kündigungsrecht zugestanden haben sollte, sei ihr unter den besonderen Umständen des Einzelfalles eine solche Kündigung nicht zuzumuten gewesen. Sie sei nicht gehalten gewesen, auf den Grabpflegevertrag zuzugreifen, weil er der Deckung eines zum notwendigen Lebensunterhalt zählenden Bedarfs gedient habe, den sie wegen der vom Beklagten in dieser Frage eingenommenen Haltung nicht anders habe befriedigen können. Denn über die Aufzählung in § 12 BSHG hinaus sei die Grabpflege für den vorverstorbenen langjährigen Lebensgefährten ein gleich zu achtender Belang. Von ihm habe sie ein nicht unbeträchtliches Vermögen geerbt, das sie in die Lage versetzt habe, trotz der hohen Heimkosten für eine gewisse Zeit unabhängig von Sozialhilfeleistungen zu leben. Gerade im Alter vermöge das Gedenken an den verstorbenen Partner unter Zurücktreten anderer Interessen einen wesentlichen Lebensinhalt darzustellen. Die Versorgung des Grabes ihres Lebensgefährten sei für die Hilfeempfängerin elementar und lebenserhaltend gewesen. Da der Beklagte der Hilfeempfängerin keinen akzeptablen Weg aufgezeigt habe, zukünftig die Kosten der Grabpflege sicherzustellen, habe sie an dem Grabpflegevertrag als geeignetem Mittel, den aufgezeigten Bedarf abzudecken, festhalten dürfen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten. Mit dem Hinweis, dass streitgegenständlich nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht ein Anspruch auf einrichtungsbedingte Pflegekosten oder Pflegegeld, sondern ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt für die Grabpflege eines besonders nahe stehenden Verstorbenen über die Aufzählung der Bedarfe in § 12 BSHG hinaus sei, rügt der Beklagte die Verletzung des § 28 Abs. 2 BSHG, der den Forderungsübergang auf die Hilfe in einer Einrichtung bzw. auf die Gewährung von Pflegegeld begrenze. Zudem verletze die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Grabpflegevertrag unverwertbar sei, weil er einem Bedarf nach § 12 BSHG diene, die gesetzliche Systematik des Bundessozialhilfegesetzes.

Die Klägerin beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

II.

Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zu einer Entscheidung in der Sache selbst bedarf es noch tatsächlicher Feststellungen und auf den Einzelfall bezogener Würdigungen, die im Revisionsverfahren nicht zu treffen sind.

Zu Recht hat das Berufungsgericht zwar dahin erkannt, dass die Klägerin für das Klagebegehren nach § 28 Abs. 2 BSHG aktivlegitimiert ist. Denn mit dem hier streitgegenständlichen Anspruch auf Übernahme nicht gedeckter Heimpflegekosten steht ein Anspruch auf Hilfe in einer Einrichtung im Streit. Dieser Anspruch auf Hilfe in einer besonderen Lebenslage wird nicht dadurch zu einem Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, dass das Berufungsgericht inzident bei der Prüfung einsetzbarer bereiter Mittel einen Zugriff auf den Grabpflegevertrag mit der Begründung abgelehnt hat, er werde für die Grabpflege für einen besonders nahe stehenden Verstorbenen als einem zum notwendigen Lebensunterhalt zählenden Bedarf benötigt.

Zu Unrecht aber hat das Berufungsgericht jeden Zugriff auf den Grabpflegevertrag mit der Begründung als unzumutbar angesehen, er werde für die Grabpflege für einen besonders nahe stehenden Verstorbenen benötigt. Denn auf Grund der vom Berufungsgericht bisher festgestellten Tatsachen ist es mit Bundesrecht nicht vereinbar, die Zulässigkeit eines Zugriffs auf den Grabpflegevertrag als bereites Mittel für die Heimpflegekosten insgesamt abzulehnen.

Zwischen den Beteiligten steht außer Frage und das Berufungsgericht ging im Berufungsurteil davon aus, dass die Hilfeempfängerin Frau K. in der streitgegenständlichen Zeit heimpflegebedürftig im Sinne von § 68 Abs. 1 BSHG war. Streitig ist allein, ob und gegebenenfalls inwieweit Frau K. in dieser Zeit mit dem Grabpflegevertrag Vermögen oder ein bereites Mittel zur Deckung ihrer Heimpflegekosten zur Verfügung stand.

Die von Frau K. im Juni 1990 an die Kirchengemeinde S. überwiesenen 10 000 DM gehörten in der streitgegenständlichen Zeit, also von Mitte Mai bis Ende November 1998, nicht mehr zu ihrem Vermögen (vgl. Müller-Hannemann, ZFSH/SGB 2000, 715 <716>). Der streitgegenständliche Grabpflegevertrag vom ist ein Leistungsaustauschvertrag (vgl. BFHE 195, 440 <445>), die 10 000 DM sind das vereinbarte Entgelt für die vereinbarte Grabpflege. Mit der Überweisung im Juni 1990 gingen die 10 000 DM aus dem Vermögen der Frau K. in das Vermögen der Kirchengemeinde S. über (vgl. BFHE 195, 440 <445>) und gehörte zum Vermögen der Frau K. nunmehr deren Anspruch auf die vereinbarten Grabpflegeleistungen.

Der Anspruch der Frau K. auf die vereinbarten Grabpflegeleistungen gehörte aber nicht zum verwertbaren Vermögen im Sinne des § 88 Abs. 1 BSHG. Da dieser Anspruch auf eine bestimmte Grabstätte bezogen und damit für Dritte nicht von Interesse war, konnte ihn Frau K. nicht am Markt zu Geld verwerten, um damit ihre Heimpflegekosten bezahlen zu können.

Ein Hilfeempfänger hat aber auch "bereite Mittel" einzusetzen ( BVerwG 5 B 52.96 - Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 20). Dazu gehören Mittel, über die der Hilfeempfänger nach einer ihm möglichen und zumutbaren Rechtsgestaltung, z.B. Vertragskündigung, rechtzeitig zur Bedarfszeit verfügen kann.

Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Hilfeempfängerin den Grabpflegevertrag hätte kündigen können, weil es ihr ungeachtet eines Kündigungsrechts unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar gewesen sei, den Grabpflegevertrag zu kündigen. Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist es aber mit Bundesrecht nicht vereinbar, die Zumutbarkeit eines Zugriffs auf den Grabpflegevertrag als bereites Mittel für die Heimpflegekosten insgesamt zu verneinen.

Zwar hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht dahin erkannt, dass Vermögen und bereite Mittel, die für Grabpflegekosten bestimmt sind, vom sozialhilferechtlichen Einsatz verschont sein können. Dabei bedarf es unter den Gegebenheiten des vorliegenden Falles keiner Auseinandersetzung mit der Auffassung des Berufungsgerichts, die Grabpflege für einen dem Hilfesuchenden besonders nahe stehenden Verstorbenen sei ein den in § 12 BSHG aufgezählten Bedarfen gleichwertiger Bedarf zum notwendigen Lebensunterhalt. Vermögen und bereite Mittel können sozialhilferechtlich auch dann verschont sein, wenn ihrer Beschaffung kein sozialhilferechtlicher Bedarf zugrunde liegt (vgl. nur die in § 88 Abs. 2 BSHG genannten Vermögensgegenstände).

Mittel für die Grabpflege sind zwar nicht in der Aufzählung verschonter Vermögensgegenstände in § 88 Abs. 2 BSHG aufgeführt. Ihre Verschonung ist aber unter den Voraussetzungen des § 88 Abs. 3 BSHG möglich. Nach § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde (der Zusatz "und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen" ist im Streitfall ohne Bedeutung).

Die Verschonung der für Grabpflege zurückgelegten Mittel beruht allerdings nicht auf § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG. Nach dieser Vorschrift bedeutet der Vermögenseinsatz bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen eine Härte vor allem, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Die Frage, ob für die Grabpflege zurückgelegte Mittel "Schonvermögen" sind, stellt sich in Fällen der Hilfe zum Lebensunterhalt gleichermaßen wie in solchen der Hilfe in besonderen Lebenslagen. Zudem kann die Grabpflege nicht als Bestandteil der Alterssicherung verstanden werden (a.A. Spranger, NVwZ 2001, 877 <878>).

Die Verschonung der für die Grabpflege zurückgelegten Mittel ergibt sich vielmehr unmittelbar aus § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG, wobei zum einen auf die Leitvorstellungen des Gesetzes für die Verschonung zurückzugreifen ist, die in § 88 Abs. 2 BSHG zum Ausdruck gekommen sind (BVerwGE 23, 149 <158 f.>), und zum anderen auch (Schutz-)Wertungen aus anderen Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes zu berücksichtigen sind (vgl. OVG 6 B 20.95 - FEVS 49, 218 <222 ff.>). Dies entspricht Sinn und Zweck des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG als Härtevorschrift für andere als die in § 88 Abs. 2 BSHG aufgeführten Verschonungsfälle.

Nach § 1 Abs. 2 BSHG ist es Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Dementsprechend schützt beispielsweise § 88 Abs. 2 Nr. 5 BSHG Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung eine besondere Härte bedeuten würde, und nimmt § 88 Abs. 2 Nr. 6 BSHG Gegenstände von Einsatz und Verwertung aus, die zur Befriedigung geistiger, besonders wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist. Entsprechend ist der Wunsch vieler Menschen, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, dahin zu respektieren, dass ihnen die Mittel erhalten bleiben, die sie für eine angemessene Bestattung und eine angemessene Grabpflege zurückgelegt haben. Denn nur auf diese Weise, d.h. nur dann, wenn die für Bestattung und Grabpflege zurückgelegten Mittel zu Lebzeiten nicht zu einem anderen Zweck eingesetzt werden müssen, stehen sie nach dem Tod für Bestattung und Grabpflege zur Verfügung. Auch wenn der Gesetzgeber das Sterbegeld nicht in § 88 Abs. 2 BSHG als verschont aufgeführt hat, so hat er doch die Vorsorge dafür sozialhilferechtlich anerkannt (§§ 14, 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG). Es ist deshalb gerechtfertigt, eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall nach § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG zu verschonen (OVG Lüneburg, OVG 4 LC 523/02 und 4 LB 178/03 - juris; a.A. - <FEVS 54, 534>). Soweit Frau K. aus dem Grabpflegevertrag bereite Mittel zur Verfügung standen, sind sie nur insoweit geschützt, als sie für eine angemessene Grabpflege bestimmt sind. Die Angemessenheit einer Grabpflege beurteilt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles, wobei eine Grabpflege jedenfalls dann als angemessen angesehen werden kann, wenn sie für die Dauer der Mindestruhezeit das Grab in einem der maßgeblichen Friedhofsordnung entsprechenden Zustand hält (vgl. Spranger, ZFSH/SGB 1998, 334 <336> und NVwZ 2001, 877 <878 f.>).

Die Angemessenheit der hier getroffenen Vorsorge lässt sich hier nicht abschließend beurteilen.

Frau K. standen aus dem Grabpflegevertrag bereite Mittel überhaupt nur dann zur Verfügung, wenn sie den Grabpflegevertrag kündigen konnte. Ob dies der Fall ist, hat das Berufungsgericht offen gelassen. Dies erscheint hier aus Rechtsgründen weder sicher noch ausgeschlossen.

Unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles wird das Berufungsgericht nunmehr zu prüfen und zu entscheiden haben, ob Frau K. ein Kündigungsrecht zustand.

Sollte Frau K. ein Kündigungsrecht zugestanden haben, so kann von ihr eine Kündigung allerdings nur insoweit verlangt werden, als ihr einerseits eine angemessene Grabpflege erhalten bleibt und sie andererseits einen Teil der (vorausgeleisteten) Vergütung zurückerlangen kann, um damit ihren (Sozialhilfe-)Bedarf decken zu können.

In welchem Umfang ein Hilfeempfänger durch Kündigung seine finanzielle Lage verbessern kann, beurteilt sich dabei nach § 649 Satz 2 BGB: Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen beziehungsweise zu behalten; er muss sich jedoch das anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Die Verhältnismäßigkeit zwischen verringerter Grabpflege einerseits und der durch die Kündigung zu erlangenden Rückvergütung andererseits, die die Hilfeempfängerin dann für ihren sozialhilferechtlichen Bedarf einsetzen könnte, lässt sich nur nach den Besonderheiten des Einzelfalles beurteilen; etwa um wie viel die Dauer der Grabpflege hätte verkürzt oder die jahreszeitliche Bepflanzungsfolge hätte verringert werden können oder ob ein Übergang zu einer Dauerbepflanzung in Betracht gekommen wäre und wie viel Vergütung dafür hätte zurückerlangt werden können.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
TAAAC-12940