BVerwG Urteil v. - 2 CN 1.01

Leitsatz

Die regelmäßige Arbeitszeit beamteter Lehrer darf auf landesrechtlicher Grundlage langfristig ungleichmäßig verteilt werden, um bei vorübergehend stark ansteigenden Schülerzahlen die Unterrichtsversorgung sicherzustellen.

Um einen langfristig, aber vorübergehend erhöhten Bedarf an Unterrichtskapazität zu decken, darf die wöchentliche Arbeitszeit voll- und teilzeitbeschäftigter Lehrer in demselben Umfang erhöht werden.

Die Besoldung teilzeitbeschäftigter Beamter ändert sich nicht, wenn ihre wöchentliche Arbeitszeit innerhalb eines begrenzten Zeitraums unterschiedlich festgelegt wird, ohne dass sich dadurch der zeitliche Umfang ihrer während dieses Zeitraums insgesamt zu leistenden Arbeit ändert.

Wird die wöchentliche Arbeitszeit vollzeit- und teilzeitbeschäftigter Lehrer in demselben Umfang erhöht, ist eine mittelbare Diskriminierung ausgeschlossen, wenn besonderen Verhältnissen teilzeitbeschäftigter Lehrerinnen im Einzelfall durch individuelle Gestaltung ihrer Arbeitszeit Rechnung getragen wird.

Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 3; GG Art. 33 Abs. 5; BBesG § 6; BBesG § 48 Abs. 3; NBG § 80; NBG § 80 a Abs. 4; Nds. ArbZVO-Lehr - in der Fassung vom - Nds. GVBl vom S. 63 § 5; Nds. ArbZVO § 8 a

Instanzenzug: OVG Lüneburg OVG 2 K 642/99 vom

Gründe

I.

Der am geborene Antragsteller unterrichtet als teilzeitbeschäftigter Lehrer an einer Grund- und Hauptschule in Niedersachsen mit einer Regelstundenzahl von 21 Stunden pro Woche. Mit seinem Normenkontrollantrag wendet er sich gegen die Neunte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrer an öffentlichen Schulen, als deren Folge er seit August 1998 22 Stunden und seit August 1999 22,5 Stunden in der Woche unterrichten muss.

Die angegriffene Norm (jetzt: § 5 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen - ArbZVO-Lehr - in der Fassung vom - Nds. GVBl S. 63) hat folgenden Wortlaut:

"Verpflichtende Arbeitszeitkonten

(1) Vollbeschäftigte und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte haben bis zum Ende des Schulhalbjahres, in dem sie das 50. Lebensjahr vollenden, längstens für zehn Schuljahre, über die Unterrichtsverpflichtung nach § 4 Abs. 1 hinaus wöchentlich zusätzliche Unterrichtsstunden während folgender Schuljahre zu erteilen:

...

2. an Hauptschulen und Orientierungsstufen

a) im Schuljahr 1998/99 1 Unterrichtsstunde

b) in den Schuljahren 1999/2000 bis 2008/09 1,5 Unterrichtsstunden

...

Satz 1 gilt nicht für schwer behinderte Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50.

(2) Die von der jeweiligen Lehrkraft in der Ansparphase nach Abs. 1 Satz 1 zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden werden auf einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und später in einer Ausgleichsphase ausgeglichen.

(3) Die zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden werden in einem der Ansparphase entsprechenden Zeitraum wie folgt ausgeglichen:

1. nach einer zehn Schuljahre umfassenden Ansparphase vom Beginn des darauf folgenden Schuljahres an,

2. nach einer weniger als zehn Schuljahre umfassenden Ansparphase

a) an Grundschulen, Hauptschulen, Orientierungsstufen, Realschulen, Sonderschulen und Gesamtschulen vom Beginn des Schuljahres 2009/10 an,

...

(4) Die zusätzlich erteilten Unterrichtsstunden werden in einem der Ansparphase entsprechenden Zeitraum abweichend von Absatz 3

1. an Grundschulen, Hauptschulen, Orientierungsstufen, Realschulen, Sonderschulen und Gesamtschulen vom Beginn des Schuljahres 2004/05 an ... ausgeglichen, sofern die Lehrkraft vor Beginn der jeweiligen Ausgleichsphase nach den Nummern 1 bis 3 das 55. Lebensjahr vollendet hat. Das Kultusministerium wird ermächtigt, durch Verordnung die in Satz 1 festgelegte Altersgrenze für die jeweils folgenden Schuljahre unter Berücksichtigung der Entwicklung der Unterrichtsversorgung an den einzelnen Schulformen herabzusetzen.

(5) Auf Antrag kann die Bezirksregierung für zusätzlich erteilte Unterrichtsstunden eine von den Absätzen 3 und 4 abweichende Dauer oder einen späteren Beginn der Ausgleichsphase bewilligen, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausgleich soll sich mindestens auf ein Schulhalbjahr, bei einem darüber hinausgehenden Zeitraum auf ganze Schulhalbjahre erstrecken; er kann auch durch eine vollständige Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung bis zur Dauer von zwei Schuljahren erfolgen."

Den Normenkontrollantrag des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Das erforderliche dringende öffentliche Interesse an der Bewältigung eines länger andauernden, aber vorübergehenden Personalmehrbedarfs liege darin begründet, dass die Zahl der Schüler in einem rund zehn Jahre umfassenden Zeitraum an allgemeinbildenden Schulen um ca. 50 000 und an berufsbildenden Schulen um ca. 34 000 ansteigen werde, um danach wieder auf das alte Niveau abzufallen. Zur angemessenen Unterrichtsversorgung dieser Schüler, die im dringenden öffentlichen Interesse liege, sei es unabweisbar geboten, zusätzliche Unterrichtskapazität zu schaffen. Andere Mittel, den "Schülerberg" zu bewältigen, gebe es nicht: der Rückgriff auf freiwillige Arbeitszeitkonten sei bei weitem nicht ausreichend. Die Einstellung zusätzlicher Lehrer mit der Folge steigender Personal- und Versorgungskosten scheitere an der Finanzlage des Landes, deren Aufstockung durch Kredite verfassungsrechtliche Grenzen gezogen seien. Der Personalmehrbedarf lasse sich auch nicht dadurch decken, dass Teilzeitbeschäftigte voll herangezogen und Anträge auf Teilzeitbeschäftigung abgelehnt würden.

Falls die Mehrarbeit nicht durch Minderarbeit ausgeglichen werden könne, sehe das Gesetz eine Ausgleichszahlung in Höhe der jeweils geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte vor.

Die vom Antragsteller gerügte gleich hohe Belastung der teilzeit- und der vollzeitbeschäftigten Lehrer verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete nicht, für Teil- und Vollzeitbeschäftigte unterschiedliche Maßstäbe anzulegen, vielmehr sei der schwerwiegende sachliche Grund für die Gleichbehandlung Teilzeitbeschäftigter und Vollzeitbeschäftigter darin zu sehen, dass der Personalmehrbedarf im Schulbereich abgedeckt werden müsse und nur durch Heranziehung aller Lehrer abgedeckt werden könne. Zudem könne die individuelle Arbeitszeit den jeweiligen Wünschen und Bedürfnissen angepasst werden. Auch das die Teilzeitarbeit betreffende Gemeinschaftsrecht lasse eine unterschiedliche Behandlung Teilzeitbeschäftigter und Vollzeitbeschäftigter zu, sofern dies aus objektiven Gründen gerechtfertigt sei. Die Regelung verstoße nicht gegen § 6 BBesG, weil diese Bestimmung sich nur über die besoldungsrechtlichen Folgen der Teilzeitarbeit, nicht aber über die Dauer der Arbeitszeit selbst verhalte.

Mit seiner Revision rügt der Antragsteller die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt,

das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom aufzuheben und § 5 der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in der Fassung der Bekanntmachung vom (Nds. GVBl S. 62) für nichtig zu erklären.

Der Antragsgegner verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Revision entgegen.

II.

Die Revision ist unbegründet. § 5 ArbZVO-Lehr steht mit höherrangigem Recht im Einklang.

Rechtsgrundlage der Verordnung ist § 80 Abs. 9 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG -, der durch Art. 1 Nr. 22 des Dritten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom (Nds. GVBl S. 528) eingefügt worden ist. Danach wird die Landesregierung ermächtigt, das Nähere zur Arbeitszeit durch Verordnung zu regeln; sie kann diese Ermächtigung auf einzelne Ministerien übertragen.

Die Ermächtigung entspricht den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Danach müssen in dem zum Erlass von Verordnungen ermächtigenden Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Diese Regelung gilt unmittelbar zwar nur für Bundesgesetze und darauf gestützte Verordnungen. Der in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene, letztlich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem folgende Grundsatz ist aber auch für die Landesgesetzgebung verbindlich (BVerfGE 58, 257 <277>; BVerwG 6 P 1.99 - BVerwGE 110, 253 <255 f.>).

§ 80 Abs. 9 NBG steht im Zusammenhang mit den vorangehenden Bestimmungen. Aus ihnen ergeben sich rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechend Inhalt, Zweck und Ausmaß dessen, was in der Verordnung zu regeln ist. Die Regelungen des § 80 Abs. 4 bis Abs. 8 NBG über einen phasenweise unterschiedlichen Umfang der Arbeitszeit sind mit dem ausdrücklichen Ziel eingefügt worden, der Landesregierung die Möglichkeit zu eröffnen, "für einzelne Bereiche (z.B. zur Sicherung der Unterrichtsversorgung an Schulen) eine langfristige ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit festzulegen" (verpflichtendes Ansparmodell - vgl. Nds. LTDrucks 13/3220 S. 43). Dass im Bereich des Landes für einzelne Gruppen von Beamten - wie hier für die Lehrer - verschiedene Arbeitszeitregelungen oder verschiedene Rechtsverordnungen erlassen werden, schließt § 80 Abs. 9 NBG nicht aus.

An der ungleichmäßigen Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit besteht das nach § 80 Abs. 6 NBG erforderliche dringende öffentliche Interesse. Dieses Interesse, das über das für die freiwillige Arbeitszeitverlängerung nach § 80 Abs. 5 NBG ausreichende "dienstliche Interesse" hinausgeht, bezieht sich in erster Linie auf die Bedeutung der Aufgabe. Es muss ein gesteigertes Bedürfnis bestehen, eine wichtige staatliche Aufgabe, die langfristig, aber vorübergehend erhöhte Arbeitskapazitäten erfordert, mit dem vorhandenen Personal zu bewältigen.

Das dringende öffentliche Interesse an einer langfristigen ungleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit der Lehrer an den Schulen des Landes ergibt sich daraus, dass der in § 80 Abs. 6 NBG allgemein vorausgesetzte länger andauernde, aber vorübergehende Personalmehrbedarf aufgrund einer diskontinuierlichen Entwicklung der Schülerzahlen entstanden ist. Die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen Schulunterrichts ohne Rücksicht auf die Zahl der Schüler ist verfassungsrechtliche Verpflichtung der Länder und ein öffentlicher Belang von überragender Bedeutung. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts war auf der Grundlage der bisherigen Lehrkapazitäten die ausreichende schulische Versorgung in Niedersachsen ab 1998 gefährdet, weil die Zahl der Schüler in einem rund zehn Jahre umfassenden Zeitraum an allgemeinbildenden Schulen um ca. 50 000 und an berufsbildenden Schulen um ca. 34 000 ansteigen sollte, um danach wieder auf das frühere Niveau abzuflachen. Daraus ergibt sich ein mit Blick auf die Schulform in unterschiedlichem Umfang und zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhöhter Bedarf an Unterrichtskapazität. Der bis 2008 zu erwartende "Schülerberg" lässt sich ohne Einbußen quantitativer oder qualitativer Art nur bewältigen, wenn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Lehrstunden entsprechend erhöht wird.

Die Einführung verpflichtender Arbeitszeitkonten ist ersichtlich von dem Bestreben geleitet, den Haushalt des Landes durch die Abdeckung der zusätzlich erforderlichen Unterrichtsstunden nicht zu belasten, das Problem also möglichst kostenneutral zu bewältigen (vgl. Nds. LTDrucks 13/3220 S. 42). Hierzu war der Verordnungsgeber umso mehr berechtigt, als es dem Land Niedersachsen nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nach Landesverfassungsrecht verwehrt ist, den Unterrichtsmehrbedarf durch Maßnahmen zu befriedigen, die einen sofortigen finanziellen Mehrbedarf ausgelöst hätten.

Den Anforderungen des § 80 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 6 NBG ist ebenfalls genügt. Danach kann die regelmäßige oder die durch Teilzeitbeschäftigung ermäßigte Arbeitszeit auf bis zu 45 Stunden wöchentlich im Durchschnitt eines Jahres verlängert werden. Dieser Zeitrahmen wird durch die Festsetzung der nach § 5 ArbZV-Lehr erhöhten Arbeitszeit der Lehrer nicht überschritten. Danach ergibt sich für Lehrer an Hauptschulen eine Verpflichtung von höchstens 29 Unterrichtsstunden. Bei den bisherigen 27,5 Unterrichtsstunden für eine Lehrkraft an Hauptschulen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 ArbZVO-Lehr und einer bisherigen Regelarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche entsprach eine Unterrichtsstunde 1,45 Arbeitsstunden. Soweit den Lehrkräften an Hauptschulen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b ArbZVO-Lehr bis zu 1,5 Unterrichtsstunden zusätzlich auferlegt werden, bewegt sich diese Erhöhung im Rahmen des gemäß § 80 Abs. 5 Satz 2 NBG zulässigen Kontingents. Orientiert an der Regelung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 MVergV, wonach bei Mehrarbeit im Schuldienst drei Unterrichtsstunden als fünf (Zeit-)Stunden gelten, bleiben 1,5 zusätzliche Unterrichtsstunden ebenfalls unterhalb der Differenz von fünf Zeitstunden zwischen der regelmäßigen Arbeitszeit nach § 80 Abs. 1 NBG und der erhöhten Arbeitszeit nach Absatz 6 in Verbindung mit Absatz 5.

Die angegriffene Regelung steht im Einklang mit § 44 BRRG. Danach ist der Beamte verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse es erfordern. Diese Vorschrift des Rahmenrechts betrifft die so genannte Mehrarbeit, die der Beamte leistet, wenn er die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschreitet. Bei der angegriffenen Arbeitszeitregelung handelt es sich nicht um die Anordnung von "Mehrarbeit", sondern um die Festsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit, die allerdings auf eine längere Dauer phasenweise variiert. Vorgaben für den Umfang der durch Landesrecht festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeit enthält das Bundesrecht nicht.

§ 5 ArbZVO-Lehr ist mit § 6 BBesG vereinbar. Die mit der Einführung "verpflichtender Arbeitszeitkonten" gewählte Lösung führt nicht zu einem Anspruch auf Erhöhung der Besoldung, der mit der beabsichtigten Kostenneutralität des Modells unvereinbar wäre.

Nach § 6 Abs. 1 BBesG werden die Dienstbezüge bei Teilzeitbeschäftigung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Wie sich dem Gesamtzusammenhang der Regelung, insbesondere ihrem Absatz 2, entnehmen lässt, kommt als Form der Teilzeitbeschäftigung nicht ausschließlich eine Minderung der Wochenarbeitszeit in Betracht. Vielmehr handelt es sich auch dann um eine zulässige Form der Teilzeitbeschäftigung, wenn innerhalb eines abgegrenzten - auch längeren - Zeitraums die wöchentliche Arbeitszeit variiert, jedoch im Durchschnitt unterhalb der regelmäßigen Arbeitszeit bleibt. Mit "Arbeitszeit" ist in § 6 Abs. 1 BBesG nicht die konkrete, ausschließlich auf eine Woche bezogene Arbeitszeit gemeint, sondern die durchschnittliche Arbeitszeit, die der Beamte während der Gesamtdauer der ihm gewährten Teilzeitbeschäftigung zu leisten hat. Wie innerhalb dieses Zeitraums die Arbeitszeit verteilt wird, ist dabei ohne Belang. So behält der Beamte, der im Blockmodell der Altersteilzeit (§ 72 b BBG i.V.m. § 3 b Abs. 1 Satz 3 AZV) von der Arbeit völlig freigestellt wird, seinen der durchschnittlichen Arbeitszeit entsprechenden Besoldungsanspruch. Erhöht sich die insgesamt zu leistende Arbeitszeit und damit auch die durchschnittliche Arbeitszeit nicht, weil Zeiten zusätzlicher Arbeit durch entsprechende Zeiten herabgesetzter Arbeit ausgeglichen werden, so führt § 6 Abs. 1 BBesG weder zu einer Erhöhung des Besoldungsanspruchs während der "Ansparphase" noch zu dessen Verminderung während der "Ausgleichsphase".

Die angegriffene Norm steht im Einklang mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nach denen gemäß Art. 33 Abs. 5 GG das Beamtenrecht zu regeln ist. Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit eines Beamten nicht über 40 Stunden hinausgehen darf, dass die Lebensarbeitszeit eines Beamten nicht phasenweise unterschiedlich bestimmt werden darf oder dass Erhöhungen oder Ermäßigungen der Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Beamter auf teilzeitbeschäftigte Beamte nur proportional übertragen werden dürfen. Die Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit der Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen des Landes Niedersachsen lässt die Pflicht zu amtsangemessener Alimentation unberührt, da die Besoldung nicht von dem bisher erreichten Niveau abweichen soll, die Arbeitszeitkonten vielmehr "kostenneutral" geführt werden.

§ 5 der Verordnung verletzt nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Die Grenze seiner Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG hat der Normgeber überschritten, wenn die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, oder mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist (vgl. z.B. BVerfGE 71, 39 <58>; Urteil des Senats vom - BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <122>, jeweils m.w.N.).

Durch die angegriffene Regelung werden Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte nicht gleichheitswidrig gleich behandelt. Zwar ist bei gleichbleibender Besoldung eine Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit für beide Gruppen in demselben Umfang und nicht nur proportional vorgesehen, wodurch die teilzeitbeschäftigten Lehrer während der "Ansparphase" verhältnismäßig stärker belastet werden. Daraus ergibt sich indessen nicht ein relatives "Mehr" an Unterrichtsstunden der Teilzeitbeschäftigten. Vielmehr werden sie während der "Ausgleichsphase" wiederum linear und nicht nur proportional entlastet, so dass sich Belastung und Entlastung im Gesamtergebnis vollständig ausgleichen. Nach der Konstruktion der "Arbeitszeitkonten" führt der zusätzlich zu erteilende Unterricht nicht zur Erhöhung der insgesamt zu erbringenden Arbeitsleistung, sondern nur zu deren zeitlicher Umschichtung. Der im Sinne der Arbeitszeitkontenregelung zu "zusätzlichen Unterrichtsstunden" herangezogene Lehrer leistet diese Unterrichtsstunden nicht zusätzlich, sondern vorfristig. Solange die Mehrbelastung durch eine spätere gleich hohe Entlastung ausgeglichen wird, fehlt es daher, auf den von der Verordnung erfassten Gesamtzeitraum bezogen, sowohl bei vollzeitbeschäftigten als auch bei teilzeitbeschäftigten Lehrern an einer zusätzlichen Belastung. Es verstößt ebenfalls nicht gegen den Gleichheitssatz, dass die Zahl der zusätzlichen Unterrichtsstunden je nach Schultyp variiert. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, die Pflichtstundenzahl jeweils nach Art der Schule unterschiedlich festzusetzen (vgl. BVerwG 2 C 88.81 - Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 279). Die Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten im Hinblick auf den Umfang der zusätzlichen Unterrichtsbelastung ist gerechtfertigt, weil andernfalls die vollzeitbeschäftigten Lehrer unzumutbar höher belastet worden wären oder der Erfolg des "Arbeitszeitkontenmodells" in Frage gestellt gewesen wäre.

Der Gleichheitssatz ist nicht deshalb verletzt, weil nach § 5 Abs. 1 ArbZVO-Lehr die Verpflichtung, zusätzliche Unterrichtsstunden zu erteilen, nicht für schwer behinderte Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 und im Übrigen nur für Lehrkräfte bis zum Ende des Schulhalbjahres gilt, in dem sie das 50. Lebensjahr vollenden. Mit dieser Ungleichbehandlung knüpft der Verordnungsgeber typisierend an eine häufig eingeschränkte Leistungsfähigkeit schwer behinderter Lehrkräfte und damit an ein zulässiges Differenzierungskriterium an. Diese Erwägung trägt auch die Privilegierung der Lehrer ab dem 50. Lebensjahr. Zudem hat der Verordnungsgeber durch die Festlegung der Altersgrenze das Ziel verfolgt, den zur Erteilung zusätzlichen Unterrichts herangezogenen Lehrkräften noch ausreichende zeitliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Ausgleichsphase zu geben. Auch dies ist mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Bei voller zeitlicher Ausnutzung der auf 10 Jahre begrenzten Ansparphase stünden dem bei Phasenbeginn bereits 50 Jahre alten Lehrer allenfalls noch fünf Jahre für die Ausgleichsphase zur Verfügung. Es ist nicht sachwidrig, die Regelung so zu begrenzen, dass die Ausgleichsphase in der Mehrzahl der Fälle erreicht und genutzt werden kann.

Eine Gleichheitswidrigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Fehlen einer Regelung, die Störungen in der Ausgleichsphase berücksichtigt. § 80 Abs. 7 NBG sieht vor, dass Beamte, denen im Zuge einer langfristigen ungleichmäßigen Arbeitszeitverteilung der zustehende Zeitausgleich nicht oder nicht in vollem Umfang gewährt werden kann, nach Maßgabe der besoldungsrechtlichen Vorschriften eine Ausgleichszahlung erhalten. Eine solche Regelung enthält § 7 ArbZVO-Lehr, der auf § 48 Abs. 3 BBesG als gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage beruht und die entsprechende Geltung des § 8 a der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten - Nds. ArbZVO - anordnet. Gemäß Absatz 5 dieser Vorschrift erfolgt bei dauerhafter Unmöglichkeit des Ausgleichs des Arbeitszeitkontos eine Ausgleichszahlung in Höhe der zum Zeitpunkt des Ausgleichsanspruchs geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte.

Die angegriffene Regelung verletzt nicht den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG. Danach darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden. Eine solche Benachteiligung liegt nicht nur dann vor, wenn eine nachteilige Regelung unmittelbar an geschlechtsspezifische Merkmale anknüpft. Vielmehr kann das Diskriminierungsverbot auch dann berührt sein, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung im Ergebnis überwiegend Angehörige eines Geschlechts, etwa Frauen, betrifft (vgl. z.B. - NJW 2002, 1256). Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter und mit ihm das Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts ist zugleich Teil der grundlegenden allgemeinen Rechtsgrundsätze des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. z.B. - Slg. 1992 II S. 35 und vom - Rs C-13/94 - Slg. 1996 I S. 2143 <2165>).

Dass überwiegend Frauen, wenn sie von der Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung Gebrauch machen, durch die vorübergehende ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit stärker belastet sein werden, und zwar zu einer Zeit, in der sie im Hinblick auf die Kindererziehung einen größeren zeitlichen Freiraum benötigen als später, führt nicht zur Unvereinbarkeit der angegriffenen Norm mit höherrangigem Recht. Für diesen Fall sieht § 80 a Abs. 4 NBG vor, dass auf Antrag die regelmäßige Arbeitszeit über den Mindestumfang von mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit hinaus weiter ermäßigt werden darf. Diese Regelung ist als Härteklausel zu verstehen. Einem derartigen Antrag muss daher entsprochen werden, wenn die Beamtin glaubhaft darlegt, dass die Erhöhung der Arbeitszeit auf der Grundlage der "verpflichtenden Arbeitszeitkonten" zu einer schwerwiegenden Störung der durch Art. 6 GG geschützten privaten Belange oder anderer Belange vergleichbaren Ranges führen muss, die nicht durch anderweitige organisatorische Maßnahmen ausgeglichen werden kann. In diesem Falle scheidet die Beamtin aus dem Kreis derer aus, für die die Arbeitszeitregelung nach § 80 Abs. 6 NBG verpflichtend ist. Die Beamtin kann auf diese Weise erreichen, dass sie ohne Gehaltseinbuße ihrer Unterrichtsverpflichtung in dem bisherigen zeitlichen Umfang nachkommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2, § 73 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 4 090 € (entspricht 8 000 DM) festgesetzt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
UAAAC-12354