BVerwG Urteil v. - 2 C 15.02

Leitsatz

Die Vollstreckungsvergütung der Gerichtsvollzieher in den neuen Bundesländern unterliegt nicht der Bemessungsregelung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV.

Gesetze: 2. BesÜV § 2 Abs. 1; BBesG § 1 Abs. 2 Nr. 5; BBesG § 49; VollstrVergV § 1; KostGErmAV § 1

Instanzenzug: VG Magdeburg VG 8 A 10/00 MD vom

Gründe

I.

Der Kläger ist Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht M. Dessen Präsident errechnete die Vollstreckungsvergütung des Klägers für die Jahre 1998, 1999 und 2000 in der Weise, dass er den Betrag, auf den sich der dem Gerichtsvollzieher als Vergütung zustehende 15 v.H.-Anteil der von ihm vereinnahmten Gebühren beläuft, nach der Bemessungsregelung des § 2 Abs. 1 der 2. Besoldungs-Übergangsverordnung kürzte. Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen diese Kürzung gewandt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zu Recht habe der Beklagte bei der Berechnung der Vollstreckungsvergütung neben § 1 der Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung auch § 2 der 2. Besoldungs-Übergangsverordnung herangezogen. Weil beide Vorschriften unterschiedliche Zwecke verfolgten, seien sie nebeneinander anwendbar.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom aufzuheben und festzustellen, dass sich die dem Kläger zustehende Vollstreckungsvergütung ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 der 2. Besoldungs-Übergangsverordnung berechnet.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Revision ist begründet. Die dem Kläger zustehende Vollstreckungsvergütung wird nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. Besoldungs-Übergangsverordnung - 2. BesÜV) i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 2764), zuletzt geändert durch Art. 10 des 6. Besoldungsänderungsgesetzes vom (BGBl I S. 3702), gekürzt.

§ 2 Abs. 1 der 2. BesÜV bestimmt, dass sich die Dienstbezüge für Beamte, Richter und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, auf einen - im Zeitraum 1998 bis 2000 zwischen 85 und 87 liegenden - Vom-Hundertsatz der für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge belaufen. Bereits aufgrund seines Wortlauts ist § 2 Abs. 1 Satz 2 2. BesÜV nicht auf die Vollstreckungsvergütung der Gerichtsvollzieher anwendbar.

Die Vollstreckungsvergütung gehört zwar zu den Dienstbezügen (§ 1 Abs. 2 Nr. 5, § 49 BBesG). Sie stellt jedoch keine "für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge" dar, wie die Bemessungsvorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV dies voraussetzt. Eine für das bisherige Bundesgebiet geltende Vollstreckungsvergütung gibt es nicht. Nach der seit ihrem Erlass in unveränderter Fassung geltenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Vergütung für Beamte im Vollstreckungsdienst (Vollstreckungsvergütungsverordnung - VollstrVergV) vom (BGBl I S. 1783), nunmehr geltend i.d.F. der Bekanntmachung vom (BGBl I S. 8), erhalten die im Außendienst beschäftigten Gerichtsvollzieher (planmäßige und hilfsweise beschäftigte Beamte) als Vergütung einen Anteil an den vereinnahmten Gebühren, der im gesamten Bundesgebiet 15 v.H. der tatsächlich erzielten Gebühreneinnahmen beträgt (vgl. § 1 Abs. 2 VollstrVergV). Diese Bemessungsgrundlage ist eine variable Größe. Mit der Vollstreckungsvergütung partizipiert der Gerichtsvollzieher an den Einnahmen, die er aufgrund eigener Anstrengungen dem Staat verschafft hat. Die Höhe der Vergütung ist von dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit abhängig. Dieser "Erfolg" hängt von zahlreichen Faktoren wie der gesetzlich festgesetzten Höhe der Gebühren, der Anzahl und der Art der Aufträge, der Zahlungsfähigkeit der Vollstreckungsschuldner und dem Einsatz des Gerichtsvollziehers ab. Die Vollstreckungsvergütung ist deshalb eine "Anspornvergütung", die den Gerichtsvollziehern von jeher die Möglichkeit eröffnet hat, durch Tüchtigkeit und rationelles Wirtschaften ein wesentlich über ihren festen Dienstbezügen liegendes Einkommen zu erzielen (vgl. BVerwG 6 C 25.70 - BVerwGE 41, 95 <98>).

Die von den individuellen Verhältnissen abhängige Vollstreckungsvergütung gehört nicht zu den Dienstbezügen, die für das bisherige Bundesgebiet jeweils gelten. Diese Regelung erfasst nicht sämtliche Bezüge, die als Besoldung auch in den neuen Bundesländern gezahlt werden. § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV normiert kein allgemeines Prinzip der Besoldungsabsenkung. Vielmehr beschränkt sich die Kürzungsregelung auf solche Besoldungsbestandteile, die der Höhe nach bestimmt und in dieser Höhe prinzipiell einheitlich für das bisherige Bundesgebiet festgesetzt sind. Nur diese Bezüge können allgemein und ohne Rücksicht auf die Verhältnisse im Einzelfall prozentual verringert werden.

Eine Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV auf die Vollstreckungsvergütung der Gerichtsvollzieher wäre auch vom Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht mehr gedeckt. Sie schreibt die Ermäßigung der Dienstbezüge der in den neuen Bundesländern tätigen Beamten wegen der dort unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse vor ( - <zur Veröffentlichung vorgesehen>; BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <121 ff.>). Diesen besonderen Verhältnissen ist bei der Besoldung der Gerichtsvollzieher bereits durch die Absenkung der Vollstreckungsgebühren durch § 1 der Verordnung zur Anpassung der für die Kostengesetze in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet geltenden Ermäßigungssätze (Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung - KostGErmAV) vom (BGBl I S. 604) Rechnung getragen. Nach § 1 dieser Verordnung sind die Vollstreckungsgebühren um 10 % ermäßigt, so dass schon aus diesem Grunde die Gebühren der Gerichtsvollzieher in den neuen Bundesländern reduziert sind. Eine weitere Absenkung wäre auch mit dem Anliegen einer Anspornvergütung schwerlich vereinbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 1 140 € (entspricht 2 332 DM) festgesetzt (vgl. die Aufstellung Bl. 22 ff., 103 ff. der Gerichtsakten).

Fundstelle(n):
OAAAC-12194