Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StGB § 64; StGB § 66; StPO § 354 Abs. 1
Instanzenzug: LG Frankfurt am Main vom
Gründe
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, jeweils begangen in Tateinheit mit Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Weiter hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, daß ein Drittel der Strafe vor der Unterbringung zu vollstrecken ist. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Er hat folgende Beschränkung seines Rechtsmittels erklärt: "Ausdrücklich nicht gerügt wird die verhängte Maßnahme nach § 64 StGB und die Ablehnung einer Maßnahme nach § 66 StGB."
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit eine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet wurde; diese hat zu entfallen. Im übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
II. Der Maßregelausspruch war aufzuheben.
1. Die Beschränkung der Revision war im vorliegenden Fall nicht rechtswirksam. Der Revisionsführer hätte mit einer Beschränkung seines Rechtsmittels auf den Strafausspruch auch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom Rechtsmittelangriff wirksam ausnehmen können (vgl. hierzu auch Senatsbeschluß vom - 2 StR 204/94). Seiner Revisionsbegründung läßt sich aber nicht zweifelsfrei entnehmen, daß sein Rechtsmittel auf den Strafausspruch beschränkt sein soll. Zum einen wird dort nicht klargestellt, daß der Schuldspruch nicht angefochten sein soll, vielmehr wird eine umfassende Verfahrensrüge erhoben. Zum anderen beantragt er selbst die vollständige Aufhebung des angefochtenen Urteils. Da somit auch von einer Anfechtung des Schuldspruchs ausgegangen werden muß, ist mit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung gemäß § 64 StGB verzichtet worden, da die Feststellung einer Symptomtat unerläßliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist.
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt durch den Tatrichter erweist sich als rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat bereits nicht festgestellt, daß der Angeklagte den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Zu den Konsumgewohnheiten des Angeklagten hat das Landgericht mitgeteilt, daß der Angeklagte "Haschisch und Alkohol konsumiert, dabei jeden Tag Haschisch, jedoch Alkohol nicht jeden Tag".
Vor beiden Taten hatte der Angeklagte Alkohol getrunken. Beide Vergewaltigungsopfer, die sich jeweils längere Zeit in der Gewalt des Angeklagten befanden, konnten keinerlei Auffälligkeiten im Hinblick auf Alkohol oder Drogen feststellen. Das Gericht ist von einer gewissen alkoholischen Beeinflussung des Angeklagten bei den Taten ausgegangen, hat aber in Übereinstimmung mit einem Sachverständigen ausgeschlossen, daß der Angeklagte im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gehandelt hat. Das Landgericht gibt den Sachverständigen dahin wieder, der Angeklagte sei durch den Mißbrauch von Alkohol und Drogen mental nicht beeinträchtigt, für eine Abhängigkeit bestünden keine Hinweise. Er habe jedoch den Hang, beides zu nehmen. Es sei von einem gewohnheitsmäßigen Alkohol- und Haschischkonsum auszugehen, wobei die Delinquenz des Angeklagten durch das Zusammenwirken von Drogenmißbrauch und dissozialer Persönlichkeitsstörung hervorgerufen werde. Die Kammer ist der Auffassung, daß der Angeklagte wegen seines Hanges zum Konsum von Alkohol und Drogen die Taten begangen habe, wenn auch unter Mitverursachung durch seine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Sie hat die Maßregel nach § 64 StGB angeordnet, da zu befürchten sei, daß der Angeklagte derartige Taten wieder begehen werde. Zur Begründung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe vor der Maßregel hat die Kammer "vor allem" auf die dissoziale Persönlichkeitsstörung abgestellt.
Danach ergibt sich weder aus den getroffenen Feststellungen noch aus den Ausführungen der Kammer hierzu, daß der Angeklagte den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Die Feststellungen legen vielmehr nahe, daß ein derartiger Hang nicht gegeben ist. Daß ein Täter sich gelegentlich oder auch öfter betrinkt und dann im Rausch Straftaten begeht, reicht genauso wenig aus, wie wenn er gelegentlich oder häufig Rauschgift konsumiert (vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 64 Rdn. 7).
Im vorliegenden Fall ist darüber hinaus auch der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen Tat und Hang nicht hinreichend dargetan, da ersichtlich die dissoziale Persönlichkeitsstörung eine wesentliche Ursache für die Begehung der Taten darstellte.
Die Maßregelanordnung hat daher keinen Bestand.
3. Unter den hier gegebenen Umständen kann der Senat ausschließen, daß eine neue Verhandlung Feststellungen ergeben könnte, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen würden. Er erkennt daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Unterbringungsanordnung (vgl. auch m.w.N.).
Die - rechtlich ebenfalls bedenkliche - Bestimmung über die Vollstreckungsreihenfolge wird dadurch gegenstandslos.
4. Trotz dieses Teilerfolgs der Revision hält es der Senat nicht für unbillig, den Angeklagten mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Es ist nämlich nicht erkennbar, daß der Angeklagte das Urteil nicht angefochten hätte, wenn von einer Unterbringung abgesehen worden wäre. Hier ist es vielmehr so, daß der Angeklagte die Maßregelanordnung nicht angreifen wollte, so daß sich der Erfolg des Rechtsmittels als sehr gering darstellt.
Fundstelle(n):
GAAAC-10098
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