Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StPO § 349 Abs. 2; StGB § 64; StGB § 21; StGB § 55 Abs. 1; StGB § 54 Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls unter Einbeziehung von drei Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten aus zwei früheren Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch den aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. In erster Linie führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, daß das Landgericht die hier gebotene Prüfung unterlassen hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
"Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte der Angeklagte seit 1996 Rauschgift, wobei es sich zunächst um Amphetamine und Haschisch handelte. Um seinen Rauschgiftkonsum zu finanzieren, beging er ab Mitte 1996 Straftaten, insbesondere Diebstähle (UA S. 4 ff.). Ab Ende 1997 genoss der Angeklagte zusätzlich an den Wochenenden Kokain, welches er in Mengen bis zu einem Gramm pro Tag schnupfte (UA S. 9). Ab dem Jahreswechsel 1998/1999 konsumierte er schließlich täglich Kokain, wobei er im Laufe des Jahres 1999 seinen Verbrauch auf bis zu fünf Gramm am Tag steigerte und sich dieses gelegentlich auch injizierte. Weiterhin nahm er fortlaufend auch Haschisch zu sich (UA S. 9 f.). Ab Oktober 2000 schnupfte der Angeklagte auch Heroin in Mengen bis zu 0,5 Gramm pro Tag, welches er sich vereinzelt auch spritzte. Seinen Lebensunterhalt und das Geld für den Drogenkonsum beschaffte er sich in dieser Zeit - d.h. auch zur Tatzeit am (UA S. 15 ff.) - ausschließlich durch Straftaten (UA S. 12 ff.). Das Vorliegen der Voraussetzungen einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB hat das sachverständig beratene Landgericht jedoch nicht festzustellen vermocht (UA S. 32 ff.).
Angesichts dieser Feststellungen liegt die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kommt es nicht darauf an, dass zumindest verminderte Schuldfähigkeit des Täters gemäß § 21 StGB feststeht (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 - Hang 2; BGH NStZ-RR 2001, 12). Ebenso wenig ist für die Feststellung eines Hanges erforderlich, dass eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit vorliegt. Es genügt vielmehr eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen. Diese Neigung muss noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 - Hang 5). Nach den Feststellungen liegt beim Angeklagten ein Hang in diesem Sinne auf der Hand. Seine Tat geht auch auf diesen Hang zurück, da sie in der Absicht der Erlangung von Geld zum Erwerb weiterer Drogen begangen wurde.
Dass bei dem Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BVerfGE 91, 1 ff.), ist den Urteilsgründen - auch wenn eine Entgiftungskur im Januar 2001 erfolglos blieb (UA S. 13) - nicht zu entnehmen. Das Landgericht hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung abgesehen hat (vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363). Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362)."
Dem schließt sich der Senat an.
2. Auch der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. Anders als der Generalbundesanwalt meint, kann der Senat nicht ausschließen, daß, hätte das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, sich dies bei der Strafrahmenwahl, zumindest aber bei der Strafbemessung im engeren Sinne günstig für den Angeklagten ausgewirkt (vgl. BGHSt 37, 5, 10).
Die Aufhebung des Strafausspruchs zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Davon unabhängig könnte der Gesamtstrafenausspruch auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil die ihn tragenden Erwägungen des Landgerichts nicht frei von rechtlichen Bedenken sind. Das Landgericht hat nämlich bei Festsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht bedacht, daß diese die äußerste Grenze des nach § 55 Abs. 1 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB zulässigen Gesamtstrafmaßes bildet, weil die Gesamtstrafe wegen des Verschlechterungsverbotes nicht höher als die Summe der Einsatzstrafe (vier Jahre und sechs Monate) und der aus den einbezogenen Strafen in der früheren Verurteilung gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr ausfallen durfte (BGHSt 15, 164, 166). Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß die Strafkammer die Gesamtfreiheitsstrafe "unter angemessener Erhöhung" (UA 44) der Einsatzstrafe gebildet hat, zumal da das Landgericht ausdrücklich noch den engen motivatorischen und zeitlichen Zusammenhang der Taten zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat.
Über den Rechtsfolgenausspruch ist deshalb insgesamt neu zu befinden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAC-08203
1Nachschlagewerk: nein