Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 265; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 349 Abs. 2; StGB § 23 Abs. 2; StGB § 49 Abs. 1; AuslG § 92; AuslG § 92 a Abs. 1; AuslG § 92 a Abs. 1 Nr. 1; AuslG § 92 a Abs. 1 Nr. 2; AuslG § 92 a Abs. 2 Nr. 2; AuslG § 92 a Abs. 4
Instanzenzug: LG Stendal vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zehn Fällen, bandenmäßigen Einschleusens in zwei Fällen und wegen Versuchs des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt; die Angeklagte G. hat es - unter Freisprechung im übrigen - wegen bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sieben Fällen und wegen Versuchs des bandenmäßigen Einschleusens zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie das Verfahren beanstanden und die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Schuldsprüche halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht beide Angeklagten im Fall II. 2. und die Angeklagte G. im Fall II. 8. der Urteilsgründe wegen (vollendeten) bandenmäßigen Einschleusens verurteilt hat.
a) Nach den auch insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Strafkammer gehörten die Angeklagten seit Anfang 2001 einer Organisation an, die arbeitsteilig überwiegend irakische Kurden illegal mit Kraftfahrzeugen von Italien über den Schengenstaat Österreich nach Deutschland verbrachten. In den Fällen II. 2. und II. 8. der Urteilsgründe scheiterte das Vorhaben allerdings, weil die von den Angeklagten mit der Durchführung der Schleusungsfahrten beauftragten Kraftfahrer und die geschleusten irakischen Staatsangehörigen bereits in Österreich festgenommen wurden.
b) Danach hat sich der Angeklagte A. im Fall II. 2. der Urteilsgründe nicht, wie das Landgericht meint, des vollendeten bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern (§ 92 a Abs. 1, 2 Nr. 2 AuslG) schuldig gemacht, sondern lediglich des Einschleusens von Ausländern (§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4 AuslG) in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern (§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 AuslG).
Zwar hat das Landgericht in den Fällen II. 2. und 8. der Urteilsgründe im Ausgangspunkt zutreffend § 92 a Abs. 4 AuslG angewendet, da die Ausländer in beiden Fällen über die gemeinsame Binnengrenze mit einem sogenannten Schengen-Staat nach Deutschland geschleust werden sollten (vgl. BGHR AuslG § 92 a Einschleusen 3 und 5; BGH NJW 2002, 3642, 3643). Die Vorschrift des § 92 a Abs. 4 AuslG erfaßt aber nur die entgeltliche oder die gewerbsmäßige, nicht aber auch die wiederholte oder bandenmäßige Tatbegehung im Sinne von § 92 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 AuslG (vgl. auch BGHR AuslG § 92 a Einschleusen 3), denn in § 92 a Abs. 4 AuslG wird nur auf § 92 a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AuslG verwiesen. Der Angeklagte A. hat jedoch nach den Feststellungen im Fall II. 2. der Urteilsgründe - anders als im Fall II. 8., den das Landgericht zutreffend als gewerbs- und bandenmäßiges Schleusen (§ 92 b StGB) gewertet hat - lediglich entgeltlich im Sinne des § 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG, nicht aber auch gewerbsmäßig im Sinne des qualifizierten Tatbestandes des Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift gehandelt. Er hat sich daher im Fall II. 2. der Urteilsgründe (nur) des vollendeten (einfachen) Einschleusens von Ausländern (nach Österreich) gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 AuslG, schuldig gemacht (zur Einschleusung nach Österreich vgl. auch BGHR AuslG § 92 a Einschleusen 5). Da der Angeklagte auch in diesem Fall bandenmäßig gehandelt hat, seine Schleusertätigkeit jedoch nicht zu dem vom Angeklagten angestrebten in § 92 AuslG vorausgesetzten Erfolg - unerlaubte Einreise der genannten Ausländer in das Bundesgebiet - geführt hat, liegt aber ein Versuch des bandenmäßigen Einschleusens gemäß § 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 AuslG vor (vgl. auch BGH StV 1999, 382), der zum vollendeten Einschleusen in Tateinheit steht (vgl. Stoppa in Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, Band II, Stand: , § 92 a Rdn. 110).
Da die Angeklagte G. nach den Feststellungen in den Fällen II. 2. und II. 8. der Urteilsgründe zwar bandenmäßig, aber weder entgeltlich im Sinne des § 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG noch gewerbsmäßig handelte, hat sie sich jeweils (nur) des versuchten bandenmäßigen Einschleusens (§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 2 , Abs. 3 AuslG) schuldig gemacht.
Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
2. Soweit die Änderung des Schuldspruchs den Angeklagten A. betrifft, läßt sie im Ergebnis den Ausspruch über die im Fall II. 2. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe unberührt; der Senat schließt aus, daß das Landgericht auf eine mildere Strafe innerhalb des nunmehr zugrunde zu legenden Strafrahmens erkannt hätte.
Die Schuldspruchänderung hinsichtlich der Angeklagten G. führt dagegen zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II. 2. und 8. der Urteilsgründe und des Gesamtstrafenausspruchs, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Taten von der Milderungsmöglichkeit der §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB Gebrauch gemacht und - wie auch im Fall II. 12. der Urteilsgründe - auf niedrigere Strafen erkannt hätte. Der Wegfall der beiden Einzelstrafen führt zur Aufhebung auch der Gesamtfreiheitsstrafe.
3. Der durch die Besonderheiten des Falles nicht gebotene außerordentliche Umfang der Entscheidungsgründe von 172 Seiten gibt Anlaß zu dem Hinweis, daß der Tatrichter mit der Beweiswürdigung lediglich belegen soll, warum er bestimmte bedeutsame tatsächliche Umstände so festgestellt hat. Hierzu bedarf es aber grundsätzlich weder einer in die Einzelheiten gehenden Schilderung von Telefonüberwachungsmaßnahmen noch - wie hier auf über 110 Seiten - der Mitteilung des Wortlautes der aufgezeichneten Telefongespräche (vgl. auch BGH NStZ-RR 2002, 263; wistra 2003, 270, 271).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAC-08026
1Nachschlagewerk: nein