Leitsatz
[1] Zur Verpflichtung des Rechtsanwalts, die Notierung sowohl der Berufungs- als auch der Berufungsbegründungsfrist zu prüfen, wenn ihm die Handakte zu einer Besprechung mit seinem Mandanten vorgelegt worden ist, in deren Verlauf der Mandant ihn beauftragt, Berufung einzulegen, und im Anschluß an die er die Berufungsschrift diktiert (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 und vom - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183 f.).
Gesetze: ZPO § 233 Fc; ZPO § 85 Abs. 2; ZPO § 520 Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug: LG Landshut
Gründe
I.
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Das Landgericht verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung eines ihm von der Klägerin gewährten Darlehens von 220.000 DM nebst Zinsen. Der Beklagte ließ das ihm am zugestellte Urteil durch seine erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte nebst Anschreiben am per Fax an die Münchener Kanzlei der Rechtsanwaltspartnerschaft K. übermitteln und vereinbarte mit dem dort tätigen Rechtsanwalt Dr. N. einen Besprechungstermin für den .
Im Rahmen dieses Besprechungstermins, zu dem Rechtsanwalt Dr. N. die neu angelegte Akte mit dem Fax vom vorgelegt wurde, beauftragte der Beklagte ihn, fristwahrend Berufung gegen das Urteil einzulegen und die Erfolgsaussichten der Berufung zu prüfen. Unmittelbar im Anschluß an diese Besprechung diktierte Rechtsanwalt Dr. N. die Berufungsschrift, die am gefertigt wurde und am beim Oberlandesgericht einging.
Am ließ Rechtsanwalt Dr. N. sich die Akte erneut vorlegen und stellte dabei fest, daß die am abgelaufene Frist zur Begründung der Berufung im Fristenkalender nicht notiert und ihm die Akte deshalb nicht rechtzeitig zur Fertigung der Berufungsbegründungsschrift vorgelegt worden war.
Das Berufungsgericht hat den am zugleich mit einer Berufungsbegründung eingegangenen Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, aber nicht zulässig. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch ist sie geeignet, der Fortbildung des Rechts zu dienen; auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
1. Das Berufungsgericht sieht ein dem Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten Dr. N. darin, daß dieser bei Annahme des Mandats die Berufungsbegründungsfrist nicht selbst geprüft und deren Notierung veranlaßt habe. Diese Aufgabe habe ihm allein oblegen, da er nicht davon habe ausgehen dürfen, daß seine zuverlässige Büroangestellte die Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung nebst Vorfristen schon anläßlich des Eingangs des Faxschreibens der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten am notiert habe. Weder lägen Anhaltspunkte dafür vor, daß dem übermittelten Urteil das Datum seiner Zustellung habe entnommen werden können, noch stelle der Eingang einer solchen Faxnachricht in einer Sache, in der zuvor noch kein Mandatsverhältnis bestanden habe, einen Vorgang dar, bei der sich einer Rechtsanwaltsfachangestellten aufdrängen müsse, daß Fristen zu notieren seien.
2. Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Faxanschreiben der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten habe einen ausdrücklichen Hinweis auf die Zustellung des Urteils am enthalten, was das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt habe. Deshalb habe die mit der Fristenüberwachung beauftragte zuverlässige Angestellte - auch aufgrund einer im einzelnen dargelegten allgemeinen Büroanweisung - sehr wohl Anlaß gehabt, die einfache Fristenberechnung eigenverantwortlich vorzunehmen und die entsprechenden Fristen zu notieren. Rechtsanwalt Dr. N. habe deshalb bei der Besprechung am darauf vertrauen dürfen, daß dies geschehen sei.
3. Darauf kommt es indes im Ergebnis nicht an. Ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ist jedenfalls darin zu sehen, daß dieser nicht alles ihm Zumutbare getan und veranlaßt hat, damit die Frist zur Begründung des Rechtsmittels gewahrt wird (std. Rspr., etwa - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 12). Der Rechtsanwalt ist nämlich insbesondere verpflichtet, die Anbringung von Erledigungsvermerken über die Notierung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfristen zu überprüfen, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung vorgelegt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 und vom - XII ZB 243/03 - FamRZ 2004, 1183 f. m.N.).
a) Hier waren Rechtsanwalt Dr. N. die Handakten zu dem Besprechungstermin am vorgelegt worden. Auch wenn ihm das Mandat zur Einlegung der Berufung erst im Rahmen dieser Besprechung erteilt wurde, lagen ihm die Akten somit von diesem Zeitpunkt an und insbesondere bei dem anschließenden Diktat der Berufungsschrift "im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozeßhandlung" (vgl. Senatsbeschluß vom aaO S. 1184 oben) vor. Denn auch die Vorlage zu einer Besprechung, in der erst noch entschieden werden sollte, ob eine fristgebundene Prozeßhandlung vorzunehmen war, ist jedenfalls dann, wenn diese Entscheidung positiv ausfällt, eine Vorlage im Zusammenhang mit einer solchen Prozeßhandlung.
b) Auch wenn die Ansicht der Rechtsbeschwerde zuträfe, daß Rechtsanwalt Dr. N. am allenfalls die Eintragung der Berufungsfrist, nicht aber auch der Berufungsbegründungsfrist hätte kontrollieren müssen, hätte ihm auffallen müssen, daß die Handakten keinen Vermerk über die Eintragung der Berufungsfrist enthielten, so daß er dem sich daraus ohne weiteres ergebenden konkreten Verdacht hätte nachgehen müssen, auch die Notierung der Berufungsbegründungsfrist könne unterblieben sein. Der Umstand, daß die Berufungsfrist hier trotz fehlender Fristnotierung gewahrt wurde, läßt daher - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - die Ursächlichkeit dieser versäumten Kontrolle für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht entfallen.
c) Allerdings trifft die Auffassung der Rechtsbeschwerde, aus Anlaß der Besprechung vom und des daran anschließenden Diktats der Berufungsschrift habe allenfalls die Berufungsfrist und deren Notierung überprüft werden müssen, nicht zu. Denn die Kontrollpflicht des Rechtsanwalts beschränkt sich, wenn ihm die Handakten im Zusammenhang mit der Fertigung der Berufungsschrift vorliegen, nicht auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist notiert ist; sie erstreckt sich vielmehr auch auf die Erledigung der Notierung der Berufungsbegründungsfrist. Diese beginnt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Ihr Ablauf steht daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits fest. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen Fristversäumnisse zu treffen, wäre es deshalb nicht zu vereinbaren, wollte sich der Anwalt bei der gebotenen Prüfung der Fristennotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die - ebenfalls bereits feststehende - Berufungsbegründungsfrist aussparen (vgl. Senatsbeschlüsse vom und vom aaO S. 1184).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAC-06036
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja