BGH Urteil v. - X ZR 113/00

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: IntPatÜG § 6 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 97 Abs. 1; PatG § 121 Abs. 2

Instanzenzug: Bundespatentgericht vom

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des unter anderem mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 252 779 (Streitpatent), das auf einer Anmeldung vom beruht, mit der die Prioritäten französischer Patentanmeldungen vom bzw. in Anspruch genommen worden sind. Anspruch 1 des in der Verfahrenssprache Französisch erteilten Streitpatents lautet gemäß Sp. 28 Z. 36 ff. der Streitpatentschrift in deutscher Sprache wie folgt:

"Flachantenne, mit einem, zwischen zwei Masseflächen (11, 13) angeordneten, zentralen Leiter (22), wobei dieser Leiter einen durch eines dielektrischen, zwischen der oberen (11) und der unteren Massefläche (13) aufgehängten Stützblatt (12) gehaltenen Mikro-Streifenleiter ist, und strahlende Elemente, welche mit Endbereiche des zentralen Leiters in elektromagnetischer Kopplung zusammenwirken, wobei der Abstand zwischen dem dielektrischen Stützblatt des zentralen Leiters und den metallischen Platten (11, 13) durch mit Abstand zueinander angeordnete Positionierstützen (31, 10) gehalten wird,

dadurch gekennzeichnet, daß die strahlenden Elemente in den Masseflächen angebrachten und zueinander paarweise (20 a, 20 b) ausgerichteten Schlitzen sind und daß die genannten Masseflächen (11, 13) durch dünne, metallische, selbsttragende Platten gebildet werden, welche mit dem genannten dielektrischen Stützblatt (12) eine dünne Tripelstruktur (A) bilden."

Wegen des Wortlauts des Anspruchs 1 in der maßgeblichen Verfahrenssprache und des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 25 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin hat mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Der Beklagte verfolgt mit der Berufung seinen Antrag auf Abweisung der Nichtigkeitsklage weiter, wobei er das Streitpatent hilfsweise in einer Fassung verteidigt, bei welcher im letzten Halbsatz des Anspruchs 1 die Platten zusätzlich als im Bereich der Schlitze und des Mikro-Streifenleiters flach gekennzeichnet sind.

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Prof. Dr.-Ing. W. W. vom ... . Der Sachverständige hat dieses Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Erfindung nach dem Streitpatent betrifft eine Hyperfrequenz-Flachantenne, die vorzugsweise zum Empfang per Satellit ausgestrahlter Fernsehprogramme eingesetzt werden, aber auch zum Abstrahlen (Senden) hochfrequenter Signale dienen kann. Die Streitpatentschrift schildert unter Hinweis auf die aus der europäischen Patentanmeldung 0 064 313 vorbekannte Antenne und auf die in einem Artikel "Guides multiconducteurs" der Arbeit "Les techniques de l'ingenieur" beschriebene Antenne, daß man sich bei der bisherigen Entwicklung solcher Flachantennen an der Erzielung eines maximalen Wirkungsgrads orientiert und deshalb geglaubt habe, bei der Formgebung und Montage der Elemente strikte Toleranzbedingungen einhalten zu müssen (Sp. 1 Z. 15 f. u. 47 ff. d. Beschr.; deutsche Übers. S. 1, 2. Abs. u. S. 2, 2. Abs.). Dabei wird als Nachteil auch die Verwendung eines massiven, schweren dielektrischen Materials erwähnt.

Die Streitpatentschrift wendet sich sodann Entwicklungen zu, die als Versuche bezeichnet werden, sich von den bisherigen Toleranzgrenzen zu befreien. Neben dem Vorschlag, der aus der vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents eingereichten, aber erst nach diesem Zeitpunkt veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 0 228 742 ersichtlich ist, handelt es sich hierbei um die Flachantenne, die Gegenstand der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 ist. Diese Antenne wird als Vorrichtung beschrieben, die mit einem als zentraler Leiter arbeitenden Mikro-Band versehen sei, das zwischen zwei Metallplatten aufgehängt sei, die eine erhebliche Dicke (in der Größenordnung von 7 bis 10 mm bei 12 GHz) hätten. Dadurch wird die Notwendigkeit massiven dielektrischen Materials zwischen zentralem Leiter und Masseflächen vermieden; erforderlich ist ein solches Material lediglich als Träger für das Mikro-Band. Dieser Umstand ist in der Streitpatentschrift zwar nicht ausdrücklich erwähnt, ergab sich für den Fachmann, der sich im Prioritätszeitpunkt mit der Erfindung befaßte, jedoch ebenso ohne einen solchen Hinweis wie die Erkenntnis, daß die Ausfüllung des Zwischenraums zwischen den Platten durch ein entsprechend massives Dielektrikum zwar eine besonders genaue Positionierung der beiden Leiter zueinander erlaubt, aber - wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat - bei größeren Antennen, wie sie für den Satellitenempfang nötig sind, zu untragbaren Verlusten und Kosten führt. Von diesem Erkenntnisstand kann ausgegangen werden, weil es um einfache Schlußfolgerungen bzw. um in der Elektrotechnik geläufige Erkenntnisse geht, die einem Fachmann ohne weiteres zugetraut werden können. Bei diesem handelt es sich um einen Diplomingenieur oder promovierten Ingenieur der Elektrotechnik mit Erfahrungen auf den Gebieten der Streifenleitungstechnik und der Feldtheorie. Nach den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen waren Personen dieser Qualifikation diejenigen, die zum Prioritätszeitpunkt die Entwicklungstätigkeit auf dem Gebiet der Hyperfrequenz-Antennen leisteten.

An dem Vorschlag der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 wird in der Streitpatentschrift jedoch bemängelt, daß stets ein Bearbeitungsvorgang an den dicken Metallplatten erforderlich sei, um Wellenleiter zu bilden, die mit Endabschnitten des zentralen Leiters gekoppelt seien (Sp. 2 Z. 3 ff.; deutsche Übers. S. 2, 2. Abs.). Auch diesen Nachteil im Stand der Technik will die Erfindung nach dem Streitpatent vermeiden.

Insgesamt ergibt sich aus der erwähnten Schilderung der Nachteile im Stand der Technik in Verbindung mit den an verschiedenen Stellen der Streitpatentschrift hervorgehobenen Vorteilen der Erfindung, daß mit ihr eine zum Betrieb in einem breiten Band geeignete, durch Module zu verwirklichende Antenne zu Verfügung gestellt werden soll, die ausgezeichnete Leistungen bei einem Herstellungsverfahren bietet, bei dem vorkommende geringere Ungenauigkeiten nicht schaden und das eine Massenproduktion mit geringen Entstehungskosten erlaubt.

2. Hierzu wird nach Anspruch 1 des Streitpatents eine Hyperfrequenz-Flachantenne vorgeschlagen, die aufweist

1. Platten (eine untere und eine obere), die

a) metallisch sind,

b) dünn sind,

c) selbsttragend sind,

d) mit dem nachfolgend beschriebenen Stützblatt eine dünne Tripelstruktur bilden,

e) Masseflächen bilden,

2. ein Stützblatt, das

a) dielektrisch ist,

b) zwischen den Masseflächen aufgehängt ist,

3. Positionierstützen, die

a) im Abstand zueinander angeordnet sind,

b) die Platten und das dielektrische Stützblatt jeweils im Abstand zueinander halten,

4. einen zentralen Leiter, der

a) ein Mikro-Streifenleiter ist,

b) zwischen den Masseflächen angeordnet ist,

c) vom Stützblatt gehalten wird,

d) Endbereiche hat,

5. strahlende Elemente,

a) in Form von Schlitzen, die

b) in den Masseflächen angebracht sind,

c) paarweise ausgerichtet sind,

d) mit den Endbereichen des zentralen Leiters in elektromagnetischer Kopplung zusammenwirken.

Das Sachverständigengutachten und die ergänzende Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung haben ergeben, daß bei dieser Lösung das Erfordernis dünner Platten (Merkmal 1 b) und die Notwendigkeit, die Aperturen als Schlitze auszuführen (Merkmal 5 a), einander bedingen. Danach verstand der Fachmann des Prioritätszeitpunkts Merkmal 5 a entsprechend der für ihn gewohnten Ausdrucksweise als eine Öffnung in einer Ebene, d.h. ohne wesentliche Ausdehnung in der dritten Dimension, mit der Folge, daß praktisch ein Hohlraum in der Platte nicht vorhanden sein darf, der eine zum Abstrahlen oder zum Empfang von Signalen nutzbare Tiefe hat, insbesondere als Wellenleiter verwendet werden kann. Als dünn im Sinne des Merkmals 1 b kann demgemäß eine metallische Platte angesehen werden, die deutlich unter der für einen Wellenleiter erforderlichen Abmessung von mindestens der halben Wellenlänge bleibt und bei den im Hyperfrequenzbereich verwendeten Signalwellen nur etwa die in Spalte 18 Zeile 43 der Streitpatentschrift angegebene Stärke von 0,8 mm aufweist.

Für die solch hinreichend dünne, geschlitzte und selbsttragende Masseplatten nutzende Flachantenne hebt die Streitpatentschrift im Rahmen der Erläuterung des gemachten Vorschlags zum Schluß der Beschreibung hervor, daß und in welcher Weise sich durch angestellte Versuche erwiesen habe, wie weit erfindungsgemäß die Herstellungstoleranzen reichten. Danach wurden diese Versuche sowohl mit einem Element mit lediglich einem Abstrahlöffnungspaar als auch mit einem Modul mit 16 solchen Elementen durchgeführt, wobei unter dem/jedem Abstrahlöffnungspaar ein bestimmter zylindrischer, geschlossener Hohlraum vorhanden war. Das/Die Element(e) bestanden im übrigen aus zwei Masseplatten aus Aluminium mit einer Dicke von 0,8 mm, die 1,7 mm voneinander beabstandet waren. Dazwischen trug eine dünne Folie aus Kapton mit einer Dicke von 75 µ den zentralen Leiter. Die Versuchsreihen bestanden darin, daß einmal (sozusagen als Referenz) ein durch Lithographie hergestellter Standardleiter, zum anderen ein mit einem Messer manuell geschnittener Leiter verwendet wurde. Schließlich wurde der untere zylindrische Hohlraum mit einem Durchmesser von 20 mm und einer Tiefe von 9,2 mm durch einen Hohlraum ersetzt, der manuell aus Aluminiumküchenpapier geformt war. Die Streitpatentschrift reklamiert, als bemerkenswert habe sich ergeben, daß die Qualität der Versuchsergebnisse durch keine der gewählten Abwandlungen wesentlich verändert worden sei.

3. Gegenüber Anspruch 1 des Streitpatents besteht der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, und zwar unabhängig von der Beantwortung der Frage der Neuheit (Art. 54 f. EPÜ). Denn der Gegenstand dieses Patentanspruchs ergab sich für den Fachmann des Prioritätszeitpunkts jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ).

a) Wie es in der Streitpatentschrift auch angegeben ist, ist aus dem Stand der Technik vor allem die in der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 beschriebene Hyperfrequenz-Flachantenne heranzuziehen. Diese Vorrichtung hat eine dünne dielektrische Folie, auf welcher der Endbereiche aufweisende Mittelleiter in Form von Mikro-Streifen aufgebracht ist. Folie und Mittelleiter befinden sich zwischen zwei Platten, die mit paarweise ausgerichteten kreisförmigen Löchern versehen sind und aus Metall bestehen können, jedenfalls aber leitend sein müssen, weil sie die Masseflächen der Antenne ausbilden. Die Lage der Folie mit dem Mittelleiter wird durch beabstandete Positionierungsvorsprünge erhalten, die auf den Platten angeordnet oder deren Bestandteil sind. Aufgrund der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 war damit zum Prioritätszeitpunkt eine Hyperfrequenz-Flachantenne bekannt, die, was metallische, selbsttragende und Masseflächen bildende Platten (Merkmale 1, 1 a, 1 c, 1 e), das Stützblatt (Merkmale 2, 2 a, 2 b), die Positionierstützen (Merkmale 3, 3 a, 3 b) und den zentralen Leiter (Merkmale 4, 4 a-d) betrifft, mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents übereinstimmt. Die bekannte Antenne weist ferner Aperturen nach Maßgabe des nach den Merkmalen 5 b und c für Schlitze gemachten Vorschlags auf, die zur Kopplung mit den jeweiligen Endbereichen des zentralen Leiters dienen (vgl. Merkmal 5 d).

Hiervon ausgehend mußte der Fachmann nur noch die sich in den Merkmalen 1 b (dünne Platten) und 5 a (Schlitze als strahlende Elemente) ausdrückende Gestaltung auffinden. Daß hierin der wesentliche Schritt zur Lösung nach dem Streitpatent bestand, gilt unabhängig davon, ob und inwieweit die Offenbarung der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 auch etwas im Hinblick auf die nach Merkmal 1 d notwendigerweise dünne Tripelstruktur sowie darauf hergab, daß nach Merkmal 5 d die Verantwortlichkeit der Schlitze für die elektromagnetische Kopplung gegeben sein muß. Denn die Verwirklichung der Merkmale 1 b und 5 a bei einer ansonsten nach der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 gestalteten Flachantenne bedeutet zugleich eine Gestaltung nach den Merkmalen 1 d und 5 d. Während es auf der Hand liegt, daß bei Verwendung dünner Masseplatten eine dünne Tripelstruktur, d.h. ein dreifach gestufter Aufbau mit geringer Höhe, vorhanden ist (Merkmal 1 d), ergibt sich das bei Merkmal 5 d ebenfalls ohne weiteres. Denn wie auch der Beklagte immer wieder betont hat, führen Schlitze bei einer auch ansonsten die Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents aufweisenden Gestaltung zu der mit dem Merkmal 5 d beanspruchten Kopplung.

b) Der Senat ist davon überzeugt, daß zum Auffinden einer den Merkmalen 1 b und 5 a entsprechenden Gestaltung bei einer ansonsten aufgrund der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 beschaffenen Flachantenne eine erfinderische Leistung nicht erforderlich war.

Was die nach dem Vorgesagten im Hinblick auf die Verwirklichung der Merkmale 1 b und 5 a letztlich maßgebliche Dicke der Masseplatten dieser Antenne betrifft, erhielt der Fachmann durch die europäische Patentanmeldung 0 123 350 keine eindeutige Anweisung. Unmittelbare Angaben zu der Stärke der Platten mit den Bezugszeichen 40 und 10 fehlen in dieser Schrift. Aus der Darstellung in der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 ließen sich auch keine zwingenden Rückschlüsse gewinnen, ob dieser Vorschlag auf eine bestimmte Dicke der Platten abhebt.

Entgegen der Meinung des Beklagten ließ sich dieser Schrift nicht entnehmen, daß die Wirkung dieser Antenne auf dem Wellenleiterprinzip basiert, das nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung Hohlkörper mit durchgehender leitender Wandung und einer Erstreckung von mindestens der Hälfte der zu empfangenden bzw. abzustrahlenden Welle voraussetzt und das auch nach der Darstellung des Beklagten, wonach Töpfe oder Trichter mit unterbrochener Wandung ebenfalls als Wellenleiter wirken können, deutlich dickere Masseplatten voraussetzt, als sie für das Streitpatent kennzeichnend sind. Wie der gerichtliche Sachverständige auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, erwähnt die Beschreibung der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 nicht, daß die vorgeschlagene Antenne mit Hohlleitern arbeiten solle. Den Figuren 1 a und b der europäischen Patentanmeldung 0 123 350, die bezogen auf das Stützblatt vergleichsweise sehr dicke Platten mit den Bezugszeichen 40 und 10 zeigen, konnte der Fachmann in dieser Hinsicht Verläßliches ebenfalls nicht entnehmen, weil in der Beschreibung ausdrücklich angegeben ist, aus Gründen der Klarheit der Darstellung seien die Abmessungen in Richtung der Dicke im Querschnitt stark übertrieben gezeigt. Als Hinweis darauf, daß die Antenne der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 mit Masseplatten mit für einen Wellenleiter erforderlicher Dicke auszuführen sei, bleibt deshalb allenfalls der Umstand, daß in den Figuren 1 a und b der äußere Rand der Aperturen in der Platte 40 mit einer Fase versehen dargestellt ist. Dem steht jedoch entgegen, daß die Tiefe b in den Figuren 3 b bzw. 4 b mit 1,8 bzw. 2 mm angegeben ist (S. 5 Z. 11, S. 6 Z. 8; deutsche Übers. S. 6 bzw. 7). Denn hieraus läßt sich - wie der gerichtliche Sachverständige, ohne daß dem seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten worden wäre, bestätigt hat - auf eine Dicke der in den Figuren 1 a und b gezeigten Platten von etwa 2 mm, also auf die Verwendung relativ dünner Platten schließen, welche die Ausbildung eines Wellenleiters für den im Streitfall relevanten Wellenbereich nicht erlauben.

Unter diesen Umständen rechtfertigt sich die Überzeugung, daß der sich zum Prioritätszeitpunkt mit der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 befassende Fachmann zu der Erkenntnis gelangte, hinsichtlich der Dicke der Masseplatten, die zu verwenden seien, die Wahl selbst treffen zu müssen, die zu einer brauchbaren Flachantenne führt. Die Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, wie ein Fachmann mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten zum Prioritätszeitpunkt üblicherweise bei seiner Arbeit vorging, führt ferner zu der Überzeugung, daß der Fachmann dabei den Weg des praktischen Versuchs einschlug. Die Qualität seiner Ausbildung hätte dem hier maßgeblichen Fachmann zwar auch erlaubt, sich unter Nutzung theoretischer Ansätze und der Mathematik zu entscheiden. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen erforderten die insoweit nötigen Berechnungen zum Prioritätszeitpunkt jedoch noch vergleichweise lange Zeiträume, weshalb Versuche die Aussicht auf schnellere Ergebnisse boten. Dementsprechend waren die Fachleute daraufhin ausgebildet und gewohnt, die Technik auf dem hier interessierenden Gebiet durch Versuche voranzutreiben.

In Anbetracht des zuvor Erörterten konnte sich diese Vorgehensweise im Streitfall sowohl darauf erstrecken, die Antenne nach der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 mit - um es kurz auszudrücken - dicken Masseplatten zu versehen, als auch darauf, ihre Leistungsfähigkeit bei Verwendung dünner Masseplatten zu erproben. Auch hiervon kann aufgrund der ausführlichen Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ausgegangen werden. Anschaulich hat der Sachverständige dabei angegeben, als Mitarbeiter eines Antennenherstellers, der er vor seiner Hochschullaufbahn jahrelang gewesen sei, hätte er angesichts der Unklarheit des in der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 gemachten Vorschlags diese Antenne in beiderlei Richtungen daraufhin untersucht, was zu den besseren Ergebnissen führe. Damit war es aber (jedenfalls auch) nahegelegt, aufgrund des Vorschlags nach der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 eine Flachantenne mit Platten herzustellen, deren Aperturen Schlitze bilden, weil die Platten die hierfür nötige geringe Stärke besitzen, und auf diese Weise zu der erfindungsgemäßen Antenne zu gelangen. Denn angesichts der Qualifikation des hier maßgeblichen Fachmanns ist kein Raum für durchgreifende Zweifel, daß die insoweit nötigen Versuche ebenfalls in seinem Fachkönnen lagen. Angesichts der auch vom gerichtlichen Sachverständigen genannten Zielrichtung von Versuchen kann ferner angenommen werden, daß eine fachgerechte Vorgehensweise nicht bei Platten endete, die im Sinne des Streitpatents noch zu dick sind, sondern einschloß, sich für den hier interessierenden Hyperfrequenzbereich etwa ganz dünne Bleche von einer Stärke von 0,8 mm nutzbar zu machen.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, für die Verwendung dickerer Platten habe eine Präferenz bestanden, oder es habe gegen die Verwendung solch dünner Platten sprechende Kenntnisse gegeben. Der gerichtliche Sachverständige hat die Angaben der Streitpatentschrift bestätigt, wonach zum Prioritätszeitpunkt die Möglichkeit der preiswerten Massenherstellung von Flachantennen im aktuellen Interesse lag. Unter diesem Gesichtspunkt mußte dem Fachmann insbesondere eine dünne Gestaltung der beiden Platten der in der europäischen Patentanmeldung 0 123 350 vorgeschlagenen Flachantenne sinnvoll erscheinen. Es lag auf der Hand, daß völlig aus metallischem Material hergestellte dicke Platten einen vergleichsweise hohen Aufwand an leitender Masse bedeuten; bei dicken Platten mußten ferner in jedem Fall die Aperturen als kreisförmige Hohlräume herausgearbeitet werden. Es kommt hinzu, daß andere Entgegenhaltungen dem Fachmann zeigten, auch Flachantennen mit ganz dünnen Masseplatten in Betracht zu ziehen. So haben beide Platten der in der britischen Patentschrift 1 594 559 vorgeschlagenen Antennenstruktur nach der Darstellung in Figur 3 eine dem Stützblatt vergleichbare Dicke und können durch herkömmliches Metallprägen in die ihnen eigene und insbesondere aus Figur 2 ersichtliche Form gebracht werden; sie sind also dünne Bleche und - was auch von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird - auch dünn im Sinne des Merkmals 1 b. Das deutsche Gebrauchsmuster 82 12 076 offenbarte darüber hinaus eine weitere Verringerung der Stärke der die Masseflächen bildenden Schichten. Danach können Flachantennen sogar mit aufgedampften metallischen Schichten als Masseplatten betrieben werden.

Die Vorbildfunktion dieser Entgegenhaltungen zieht der Beklagte vergeblich mit dem Hinweis in Zweifel, diese Schriften behandelten gegenüber dem patentgemäßen Vorschlag artverschiedene Flachantennen. Soweit der Beklagte hierbei darauf abstellt, daß das Gebrauchsmuster 82 12 076 von einer Anregung durch Dipole ausgehe, ist dem bereits entgegenzuhalten, daß Seite 10 der Beschreibung dieses Gebrauchsmusters auch Flachantennen offenbart, die mit Enden einer Streifenleitung arbeiten, so daß die bei dieser Flachantenne als hauchdünne leitende Schicht auf das verwendete Dielektrikum aufgedampften Massenflächen - wie nach Anspruch 1 des Streitpatents - strahlende Elemente in Form von Schlitzen ausbilden, die paarweise ausgerichtet mit den Endbereichen des zentralen Leiters in elektromagnetischer Kopplung zusammenwirken (Merkmal 5 d). Abgesehen davon waren für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt jedenfalls im Hinblick auf anzustellende Versuche auch Flachantennen anderer Wirkweise durchaus von Interesse. Das entnimmt der Senat dem Sachverständigengutachten, weil der gerichtliche Sachverständige für die Vergleichbarkeit letztlich nur als entscheidend angesehen hat, ob es sich jeweils um eine planare Mikro-Antenne handelt. Die Annahme, daß der Fachmann im Prioritätszeitpunkt sich von einer engeren Sicht leiten ließ, würde auch der Erfahrung widersprechen, daß bei einer zielgerichteten Entwicklung, wie sie Diplomingenieure zu machen gewohnt sind, eine ergebnisorientierte Betrachtungsweise vorherrscht. Daß im Streitfall Fehlvorstellungen oder andere Gründe den Fachmann hieran gehindert hätten, hat auch der Beklagte nicht geltend gemacht.

Bei fachgemäßen Versuchen, wie sie im Können des Fachmanns im Prioritätszeitpunkt lagen, waren schließlich auch die Ergebnisse gewährleistet, welche die Streitpatentschrift für sich beansprucht und als überraschend bezeichnet (Sp. 4 Z. 46 ff., deutsche Übers. S. 7, 1. vollständiger Abs.). Das schloß die Erlangung der Erkenntnis ein, daß bei der versuchsweise genutzten Antenne die Aperturen in den dünnen Platten strahlende Elemente sind, die mit den Endbereichen des zentralen Leiters in elektromagnetischer Kopplung zusammenwirken, und daß diese Antenne deshalb nicht auf die Nutzung eines Wellenleiters angewiesen ist. Dies gilt um so mehr, als - wie bereits erwähnt - in dem Gebrauchsmuster 82 12 076 für ein Antennenelement mit Enden eines Streifenleiters inmitten zweier dort unterbrochener, ansonsten durch massives Dielektrikum beabstandeter Metallfolien vorbeschrieben war, daß man hierdurch eine Kopplung zwischen aufeinander gerichteten Aperturen in als Erdungs- oder Masseflächen dienenden äußerst dünnen Leitern und dem Ende des anderen Leiters (Streifenleiters) verwirklichen könne.

4. Die Ansprüche 2 bis 25 können aus den erörterten Gründen ebenfalls keinen Bestand haben. Der Beklagte selbst macht nicht geltend, wegen der insoweit beanspruchten Gestaltungen könne eine erfinderische Tätigkeit festgestellt werden. Der gerichtliche Sachverständige hat in ihnen ebenfalls nur Bekanntes oder Nahegelegtes ohne erfinderischen Gehalt gesehen. Ob hinsichtlich Anspruch 24 eine unzulässige Erweiterung gegeben ist, wie die Klägerin geltend gemacht hat, kann deshalb dahinstehen.

5. Die Berufung des Beklagten kann auch nicht mit dem Hilfsantrag Erfolg haben.

Nach der hilfsweise verteidigten Fassung des Anspruchs 1 sind die Platten durch das zusätzliche Merkmal (1 f) gekennzeichnet, daß sie

1 f) im Bereich der Schlitze und des Mikro-Streifenleiters flach sind.

Hiermit soll - wie der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung hat erläutern lassen - nur klargestellt werden, daß in den Antennenbereichen, die für Empfang bzw. Aussendung besondere Bedeutung haben, die dünnen Masseplatten eben ausgebildet sind. Eine solche Ausbildung war jedoch eine für Flachantennen gebräuchliche Gestaltung. Auch insoweit kann auf die bereits abgehandelten Entgegenhaltungen verwiesen werden. Die unter 3. und 4. gemachten Ausführungen gelten deshalb für das Streitpatent in der hilfsweise verteidigten Fassung gleichermaßen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO, 121 Abs. 2 PatG.

Fundstelle(n):
NAAAC-04868

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein