Leitsatz
[1] a) Verbindet der Vermieter von Wohnraum die Klage auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung mit einer Klage auf Zahlung der erhöhten Miete, so bestehen im Berufungsverfahren gegen die Zulässigkeit der Zahlungsklage jedenfalls dann keine Bedenken (mehr), wenn der Mieter in erster Instanz verurteilt worden ist, der Mieterhöhung zuzustimmen, und diese Verurteilung vor der Berufungsverhandlung über die Zahlungsklage in Teilrechtskraft erwachsen ist.
b) Die zweimonatige Kündigungssperre für den Wohnraumvermieter nach § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB gilt auch dann, wenn der Mieter rechtskräftig verurteilt worden ist, einer rückwirkenden Mieterhöhung zuzustimmen.
Gesetze: BGB § 558b; BGB § 569; ZPO § 259; ZPO § 524
Instanzenzug: LG München I vom
Tatbestand
Die Beklagten sind Mieter einer Doppelhaushälfte in M. , die ihnen die Klägerin mit Vertrag vom vermietet hat. Durch Schreiben vom forderte die Klägerin die Beklagten auf, mit Wirkung vom einer Erhöhung der Miete von bislang 888,58 € auf 1.012,42 € monatlich zuzustimmen. Dem Mieterhöhungsverlangen war ein Gutachten beigefügt, nach dessen Inhalt die geforderte Mieterhöhung die Grenze der ortsüblichen Miete nicht überschritt.
Die Klägerin hat am Klage auf Zustimmung zu der verlangten Mieterhöhung erhoben. Mit Schriftsatz vom , den Beklagten zugestellt am , hat sie die Klage um den Antrag erweitert, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung des Mieterhöhungsbetrages von monatlich 123,84 € für die Monate April bis August 2002, insgesamt 619,20 €, nebst Zinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 123,84 € seit 5. April, 5. Mai, 5. Juni, 5. Juli und zu verurteilen.
Das Amtsgericht hat die Beklagten verurteilt, dem Mieterhöhungsverlangen zuzustimmen; die Zahlungsklage hat es als (derzeit) unbegründet abgewiesen. Die Beklagten haben gegen das ihnen am zugestellte Urteil kein Rechtsmittel eingelegt. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie das Zahlungsbegehren mit der Maßgabe weiter, daß Zinsen erst ab verlangt werden.
Gründe
Die Revision hat bis auf einen Teil der Zinsforderung Erfolg. Insoweit ist über das Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagten trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht anwaltlich vertreten waren. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf umfassender Würdigung des Sach- und Streitstands (BGHZ 37, 79, 81 f.). Soweit sich die Klage hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung als unbegründet erweist, ist die Revision der Klägerin ungeachtet der Säumnis der Beklagten durch kontradiktorisches Urteil zurückzuweisen (, NJW 1967, 2162).
I.
Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Zahlungsklage wie folgt begründet:
Eine im Mieterhöhungsprozeß neben dem Zustimmungsantrag erhobene Zahlungsklage sei nicht zulässig. Da der Mieter die erhöhte Miete - wenn auch rückwirkend - erst mit Eintritt der Rechtskraft seiner Verurteilung zur Zustimmung schulde, sei die Zahlungsklage im Zeitpunkt ihrer Erhebung auf eine zukünftige Leistung gerichtet. Sie sei daher gemäß § 259 ZPO nur dann zulässig, wenn die Besorgnis gerechtfertigt sei, daß der Mieter sich der rechtzeitigen Zahlung des erhöhten Mietzinses entziehen werde. Das sei nicht schon dann der Fall, wenn der Mieter die Zustimmung zu dem Mieterhöhungsverlangen mit dem Ziel verweigere, dessen Berechtigung überprüfen zu lassen. Die Besorgnis der Nichterfüllung sei vielmehr nur dann begründet, wenn der Mieter sinngemäß ankündige, er werde auch im Falle der Berechtigung des Erhöhungsverlangens die erhöhte Miete nicht zahlen. Gründe der Prozeßökonomie sprächen ebenfalls gegen die Zulassung einer solchen Klage, da durch sie vielfach der Streit über eine Mietminderung in den Mieterhöhungsprozeß hineingezogen und dieser dadurch "aufgebläht" würde. Auch seien Unzuträglichkeiten zu befürchten, wenn die mangels Fälligkeit unbegründete Zahlungsklage in erster Instanz vorab durch Teilurteil abgewiesen und hiergegen Berufung eingelegt werde. Durch eine zugleich mit der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung erhobene Klage auf Zahlung der erhöhten Miete würde schließlich der durch § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB bezweckte Mieterschutz unterlaufen.
Ein - mangels Zulässigkeit der Zahlungsklage nicht zur Entscheidung stehender - Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen aus den eingeklagten Mieterhöhungsbeträgen müßte an fehlendem Verschulden der Beklagten scheitern.
II.
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Der Streitfall gibt keine Veranlassung, in eine grundsätzliche Prüfung der Frage einzutreten, ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter von Wohnraum eine Klage nach § 558b Abs. 2 BGB auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen mit einer Klage auf Zahlung der erhöhten Miete verbinden kann. Denn die Bedenken, die nach Auffassung des Berufungsgerichts der Zulässigkeit einer solchen Klage gemäß § 259 ZPO entgegenstehen, waren jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung am ausgeräumt.
Jedenfalls zu diesem - für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage durch das Berufungsgericht maßgeblichen (vgl. MünchKommZPO-Lüke, 2. Aufl., § 257 Rdnr. 12; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 257 Rdnr. 7) - Zeitpunkt war die Klage auf Zahlung der Mietdifferenz für die Monate April bis August 2002 nicht (mehr) auf eine künftige Leistung gerichtet. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß die Verurteilung der Beklagten, der Mieterhöhung zuzustimmen, bereits vor der Berufungsverhandlung über den Zahlungsanspruch in Rechtskraft erwachsen und die Mieterhöhung damit wirksam geworden war. Die Beklagten haben gegen das ihnen am zugestellte Urteil des Amtsgerichts keine Berufung eingelegt. Die Möglichkeit, sich der Berufung der Klägerin anzuschließen, von der sie ebenfalls keinen Gebrauch gemacht haben, endete gemäß § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der seinerzeit geltenden Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom (BGBl. I S. 1887), inzwischen geändert durch Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz vom (BGBl. I S. 2198), mit Ablauf eines Monats nach der am erfolgten Zustellung der Berufungsbegründung, somit am . Mit dem Verlust der Möglichkeit, sich dem Rechtsmittel der Klägerin anzuschließen, ist das Urteil des Amtsgerichts hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten, der Erhöhung der Miete ab auf monatlich 1.012,42 € zuzustimmen, in Teilrechtskraft erwachsen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 41/93, WM 1994, 548 = NJW 1994, 657 unter II 4 b). Mit dem Eintritt der Teilrechtskraft gilt die Zustimmung, zu der die Beklagten verurteilt worden sind, als erteilt (§ 894 ZPO); damit ist die Mieterhöhung zu diesem Zeitpunkt rückwirkend zum zustande gekommen. Demzufolge hatte das Berufungsgericht am nicht (mehr) über künftige, sondern, ohne daß es hierzu einer Änderung des Klageantrags bedurfte (Zöller/Greger aaO § 257 Rdnr. 7; aA Musielak/Foerste, ZPO, 4. Aufl., § 257 Rdnr. 6), über bereits entstandene und fällige Zahlungsansprüche zu entscheiden.
2. Dahingestellt bleiben kann unter diesen Umständen ferner, ob die Bedenken berechtigt sind, die das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie gegen eine Verbindung von Zustimmungs- und Zahlungsklage aufzeigt. Denn auch diese Bedenken haben sich jedenfalls dadurch erledigt, daß die von der Klägerin eingeklagten Zahlungsansprüche vor der Berufungsverhandlung entstanden und fällig geworden sind. Minderungsgründe, die zu einer "Aufblähung" des Zustimmungsprozesses hätten führen können, haben die Beklagten weder in erster noch in zweiter Instanz geltend gemacht. Es bedarf deshalb auch keiner abschließenden Stellungnahme zu der wenig einleuchtenden Auffassung des Berufungsgerichts, über Einwendungen des Mieters gegen den Anspruch des Vermieters auf Zahlung der erhöhten Miete könne ökonomischer in einem Folgeprozeß entschieden werden. Dasselbe gilt für die weitere Überlegung, die das Berufungsgericht für den Fall anstellt, daß die Zahlungsklage in erster Instanz vorab durch Teilurteil mangels Fälligkeit abgewiesen wird; denn ein solches Teilurteil ist hier nicht erlassen worden und hätte - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - wegen der Vorgreiflichkeit des Zustimmungsbegehrens auch gar nicht erlassen werden dürfen.
3. Schließlich ist dem Berufungsgericht insoweit nicht zu folgen, als es aus dem Schutzzweck des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB Bedenken gegen eine Verbindung der Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung mit einer Klage auf Zahlung der erhöhten Miete herleiten will. Die vom Berufungsgericht als "Schonfrist" bezeichnete zweimonatige Kündigungssperre für den Vermieter besteht nach dieser Vorschrift - ungeachtet ihres mißverständlichen Wortlauts - unabhängig davon, ob der Mieter bereits rechtskräftig zur Zahlung der erhöhten Miete verurteilt worden ist oder ob seine Zahlungspflicht sich daraus ergibt, daß er rechtskräftig verurteilt ist, einer rückwirkenden Mieterhöhung zuzustimmen (Kraemer WuM 2001, 163, 170; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 569 BGB Rdnr. 62; Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. IV Rdnr. 185; Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 569 Rdnr. 32; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 569 Rdnr. 21; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Teil III Rdnr. 865; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 569 Rdnr. 64).
III.
Das Berufungsurteil ist nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, so daß der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da sich die Miete für die den Beklagten vermietete Doppelhaushälfte rückwirkend zum um monatlich 123,84 € erhöht hat, sind die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung des Mieterhöhungsbetrages für die Monate April bis August 2002 in Höhe von zusammen 619,20 € zu verurteilen.
Zinsen hierauf schulden die Beklagten gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab Fälligkeit der Mieterhöhungsbeträge, die, wie der Senat in einer heute verkündeten Grundsatzentscheidung (Urteil vom - VIII ZR 94/04, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) näher dargelegt hat, auch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume erst mit der - hier nach § 894 ZPO fingierten - Zustimmung des Mieters zu dem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters eintritt. Danach sind die Mieterhöhungsbeträge für die Monate April bis August 2002 infolge des Eintritts der Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils mit Ablauf des , somit am fällig geworden. Bezüglich des weitergehenden Zinsanspruchs sind Berufung und Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2005 S. 2577 Nr. 47
NJW-RR 2005 S. 1169 Nr. 17
OAAAC-04590
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja