Leitsatz
[1] Eine Bestimmung in einem Formularmietvertrag über Wohnraum, wonach die ordentliche Kündigung innerhalb der ersten zwei Jahre nach Vertragsschluß für beide Seiten ausgeschlossen ist, ist nicht nach § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) unwirksam (Fortführung des Senatsurteils vom - VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448).
Gesetze: BGB § 573 c Abs. 4; BGB § 575 Abs. 4; BGB § 307 Bb; BGB § 307 Ci
Instanzenzug: LG Osnabrück vom AG Nordhorn vom
Tatbestand
Die Beklagten mieteten mit schriftlichem Vertrag vom von dem Kläger ab die Wohnung Nr. 5 in dem Haus L. in N. /V. . Die monatliche Kaltmiete belief sich auf 250 €, für Nebenkosten war eine monatliche Vorauszahlung von 160 € zu leisten. In dem Formularmietvertrag heißt es unter anderem:
"§ 2 Mietdauer
...
3. Die Parteien verzichten wechselseitig für die Dauer von zwei Jahren auf ihr Recht zur Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren mit der gesetzlichen Frist zulässig. Von dem Verzicht bleibt das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund und zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt.
..."
Im August und September 2002 zahlten die Beklagten jeweils nur einen Teil der vertraglich geschuldeten Miete. Weitere Mietzinszahlungen erfolgten nicht. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte zu 1 dem Kläger mit, daß sie und der Beklagte zu 2 sich getrennt hätten und beide das Mietverhältnis kündigten. Der Kläger erklärte daraufhin seinerseits mit Schreiben vom wegen unstreitig bestehender Zahlungsrückstände die fristlose Kündigung. Nach Ablauf der Räumungsfrist ließ er die Wohnung am öffnen. Die von den Beklagten zurückgelassenen Gegenstände ließ er räumen und lagerte diese in einer ihm gehörenden Garage ein. In die Wohnungstür ließ er ein neues provisorisches Schloß einbauen. Der Kläger konnte die Wohnung erst zum anderweitig vermieten.
Der Kläger verlangt neben den Mieten für die Monate August 2002 bis April 2003 zuzüglich Nebenkosten Ersatz für die Kosten der Räumung, der Einlagerung der den Beklagten gehörenden Gegenstände und des Einbaus des neuen Profilzylinders. Insgesamt hat er die Zahlung von 2.605,61 € begehrt.
Gegen den Beklagten zu 2 erging am durch das Amtsgericht antragsgemäß ein Teilversäumnisurteil, das rechtskräftig geworden ist. Dagegen hat das Amtsgericht der Klage gegen die Beklagte zu 1 nur in Höhe von 1.883,23 € stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen; es hat dem Kläger die für April 2003 begehrte Miete nicht zugebilligt, die verlangten Nebenkosten von 180 € auf 90 €, die Lagerkosten von monatlich 50 € auf 35 € monatlich und die Räumungskosten von 594,44 € auf 399,56 € gekürzt; schließlich hat es die Kosten für den Schließzylinder von 112,50 € nicht anerkannt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Ziel einer Verurteilung auch der Beklagten zu 1 nach seinem ursprünglich gestellten Antrag weiter.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Der in § 2 Nr. 3 des Mietvertrages vereinbarte Kündigungsausschluß für die Dauer von zwei Jahren sei unwirksam. Ein befristeter Kündigungsausschluß wirke wie eine Verlängerung der Kündigungsfrist um diesen Zeitraum. Eine derartige Fristverlängerung zum Nachteil des Mieters sei nach dem Wortlaut des § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam. Berufungsrechtlich unangreifbar habe das Amtsgericht die vom Kläger beanspruchten Nebenkosten für die Zeit von Januar bis April 2003 auf 90 € gekürzt. Gleiches gelte für die Reduzierung der vom Kläger begehrten Räumungskosten um 194,88 €. Angemessen sei ferner die vom Amtsgericht zugesprochene Höhe der Lagerkosten von monatlich 35 €. Daß der Kläger die streitgegenständliche Garage in dem betreffenden Zeitraum für 50 € im Monat anderweitig hätte vermieten können, sei nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Zudem sei der Kläger, der dieses erstmals im Berufungsverfahren behauptet habe, gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO mit diesem Vorbringen ausgeschlossen. Letztlich habe das Amtsgericht zu Recht auch die nach der mündlichen Verhandlung vorgelegte Rechnung über den Schließzylinder in Höhe von 112,50 € nicht mehr berücksichtigt. Die Vorlage sei verspätet erfolgt. Eines Hinweises durch das Gericht habe es deshalb nicht bedurft, weil der Kläger bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen habe, daß diese Rechnung noch vorgelegt werden würde.
II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung, die mangels einer eindeutigen Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht in vollem Umfang zu erfolgen hat (vgl. Senat, Urteil vom - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853 unter II) nur teilweise stand.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger von der Beklagten zu 1 auch für den Monat April 2003 Schadensersatz in Höhe von 250 € verlangen. Zu Recht ist das Berufungsgericht zunächst davon ausgegangen, daß die Kündigung der Beklagten zu 1 vom das Mietverhältnis nicht beendet hat. Vielmehr ist die Beendigung erst durch die Kündigung des Klägers vom wegen des Zahlungsrückstandes der Beklagten nach § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 3 BGB eingetreten. Nicht gefolgt werden kann aber dem Berufungsgericht, soweit es in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Amtsgerichts ein Ende der regulären Mietzeit schon zum angenommen hat.
Der dem Kläger als Vermieter aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch ist grundsätzlich auf den Zeitraum beschränkt, bis zu dem der Mieter erstmalig ordentlich hätte kündigen können (vgl. Senat BGHZ 82, 121, 129 f.; , NJW 1998, 372 unter I. 3. und Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 543 Rdnr. 27). Vorliegend war nach § 2 Nr. 3 des Mietvertrages eine ordentliche Kündigung innerhalb der ersten beiden Jahre nach Vertragsschluß ausgeschlossen. Die Frage, ob ein zeitlich befristeter Verzicht des Mieters auf eine ordentliche Kündigung zulässig ist, hat der Senat in seinem Urteil vom (VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448) mittlerweile abweichend von der Auffassung des Berufungsgerichts entschieden. Die Regelung des § 2 Nr. 3 des Mietvertrages ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 575 Abs. 4 BGB, weil diese Vorschrift lediglich eine automatische Beendigung des Mietverhältnisses allein durch Zeitablauf verhindern soll. Dagegen dient sie nicht dem Schutz des Mieters vor einer längeren Bindung an den Vertrag (Senat, aaO II. 2.).
An der Wirksamkeit der Bestimmung ändert auch die Tatsache nichts, daß der zeitlich befristete Ausschluß der ordentlichen Kündigung anders als in dem der Senatsentscheidung vom zugrundeliegenden Sachverhalt durch Formularvertrag vereinbart worden ist. Die Regelung in § 2 Nr. 3 des Mietvertrages benachteiligt die Beklagten jedenfalls deshalb nicht unangemessen im Sinne von § 307 BGB, weil sie für beide Seiten gelten soll. Wie der Senat bereits in dem genannten Urteil ausgeführt hat, ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß nach der Reform des Mietrechts die Möglichkeit besteht, einen unbefristeten Mietvertrag zu schließen und für einen bestimmten, vertraglich festgelegten Zeitraum das Recht zur ordentlichen Kündigung auszuschließen (Senat aaO unter II. 1. b)). Damit liegt eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon nicht vor. Auch § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift nicht ein. Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 573 c Abs. 4 BGB keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts (Senat aaO unter II. 1. c)). Letztlich ist eine Regelung, wie sie in § 2 Nr. 3 des Mietvertrages getroffen worden ist, angesichts des Willens des Gesetzgebers, auf den bereits verwiesen wurde, jedenfalls dann nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn sich der Vermieter in gleicher Weise bindet.
Da somit der Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechts des Mieters wirksam war, war die Verpflichtung der Beklagten zu 1 zum Schadensersatz nicht auf den Zeitraum bis begrenzt. Dem Kläger stand vielmehr auch für den Monat April 2003 ein Schadensersatz in Höhe von 250 € zu.
2. Der Kläger hat ferner über die ihm zuerkannten Nebenkosten von 90 € hinaus Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages von 30 € für den Monat April 2003. Dabei geht der Senat von der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Auffassung des Amtsgerichts aus, das die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens auf monatlich 30 € geschätzt hat (§ 287 ZPO).
3. Auch die von den Vorinstanzen durchgeführte Schätzung der Räumungskosten gemäß § 287 ZPO hält den Rügen der Revision stand. Insbesondere war für die Beurteilung dieser Frage entgegen der Auffassung der Revision die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich und durfte schon mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO unterbleiben.
4. Keinen Bedenken begegnet weiterhin die Schätzung der Lagerkosten durch die Vorinstanzen. Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Kläger sei mit seinem Vorbringen, er habe die als Lagerstätte genutzte Garage anderweitig für 50 € monatlich vermieten können, nach den §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da er diese Behauptung erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen hat. In erster Instanz hat der Kläger eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 50 € ohne jede Begründung geltend gemacht.
5. Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich die von dem Kläger erst nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am vorgelegte Rechnung über den Schließzylinder für die Eingangstür unberücksichtigt gelassen. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Vortrag in erster Instanz verspätet erfolgt und war in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Eines Hinweises des Amtsgerichts bedurfte es nicht, da der Kläger in der Klageschrift selbst darauf hingewiesen hat, daß er die Rechnung noch vorlegen werde.
III.
Dem Kläger stehen somit über die bereits von den Vorinstanzen ausgeurteilten 1.883,61 € hinaus weitere 280 € Schadensersatz gegen die Beklagte zu 1 zu. Insoweit ist auf seine Revision das Berufungsurteil aufzuheben, und das erstinstanzliche Urteil ist, wie der Senat selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO), entsprechend abzuändern. Im übrigen ist die Revision zurückzuweisen.
Fundstelle(n):
DB 2004 S. 2810 Nr. 52
WAAAC-04557
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein