Leitsatz
[1] Bei einer Klage, mit der Ansprüche aus § 4 Abs. 1 EEG (2004) auf Netzanschluss einer Windenergieanlage und auf Abnahme des Stroms aus dieser Anlage geltend gemacht werden, handelt es sich, wenn die Windenergieanlage noch nicht errichtet und die Netzanschlussverbindung noch nicht erstellt ist, um eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO. Diese ist mangels Entstehung der geltend gemachten Ansprüche unzulässig, kann jedoch in eine zulässige Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO umgedeutet werden.
Gesetze: EEG (2004) § 4 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1; ZPO § 259
Instanzenzug: LG Itzehoe 5 O 152/02 vom OLG Schleswig 1 U 30/04 vom
Tatbestand
Durch Bescheid vom erteilte der Kreis D. der Klägerin die Baugenehmigung zur Errichtung einer Windkraftanlage in H. . Daraufhin bat die Klägerin die damals noch als S. AG firmierende Beklagte, ein regionales Elektrizitätsversorgungsunternehmen, um Anschluss der zu errichtenden Anlage an ihr Netz und Abnahme des von der Anlage erzeugten Stroms. Dabei ging die Klägerin von einem Anschluss an das wenige hundert Meter entfernte Umspannwerk H. aus. Die Beklagte lehnte mit der Begründung ab, die Kapazität dieses Umspannwerks sei durch die daran bereits angeschlossenen Windkraftanlagen erschöpft. Sie schlug der Klägerin vor, die Anlage an das Übertragungsnetz der E. AG anzuschließen.
In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin die Beklagte auf Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage an deren Netz und Abnahme des von der Anlage erzeugten Stroms in Anspruch genommen. In Bezug auf den zweiten Teil ihres Antrags hat die Klägerin von der Beklagten hilfsweise begehrt, den von der Anlage erzeugten Strom abzunehmen, solange die im Umspannwerk aufzunehmende Höchsteinspeisemenge nicht überschritten wird. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei mangels Bestimmtheit des Klageantrags unzulässig, weil die Klägerin darin nicht den Ort bezeichne, an dem die zu errichtende Windkraftanlage angeschlossen werden solle. Weiter hat die Beklagte vorgetragen, das Umspannwerk H. gehöre nicht zu ihrem Versorgungsnetz, da es lediglich über eine Stichleitung an das Übertragungsnetz der E. AG angeschlossen sei. Schließlich hat sich die Beklagte auf die Überlastung des Umspannwerks H. berufen. Sie hat der Klägerin den Anschluss der Windkraftanlage an ihr Netz in F. angeboten. Dies hat die Klägerin unter Hinweis auf die deutlich größere Entfernung und die dadurch bedingten höheren Anschlusskosten abgelehnt.
Das Landgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Hinblick auf die erneut erhobene Rüge der Unzulässigkeit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten hilfsweise den Anschluss der Windkraftanlage an das Umspannwerk H. und die Abnahme des von der Anlage erzeugten Stroms verlangt. In Bezug auf den zweiten Teil dieses Hilfsantrags hat sie wiederum weiter hilfsweise begehrt, den von der Anlage erzeugten Strom abzunehmen, solange die aufzunehmende Höchsteinspeisemenge im Umspannwerk nicht überschritten wird. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag den Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage an das Netz der Beklagten erstrebe, sei die Klage gemäß § 253 Abs. 1 (richtig: Abs. 2) Nr. 2 ZPO mangels eines bestimmten Antrags unzulässig. Ein Klageantrag sei unter anderem nur dann hinreichend bestimmt, wenn er die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lasse. Da die Parteien darüber stritten, an welchem Ort der Anschluss der Windkraftanlage an das Netz der Beklagten zu erfolgen habe, nämlich in H. oder südlich von F. , die Klägerin aber mit ihrem Hauptantrag den Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage begehre, ohne den Anschlussort zu bezeichnen, sei zu erwarten, dass es im Vollstreckungsverfahren zum Streit über den Anschlussort komme, wenn die Beklagte antragsgemäß verurteilt würde.
Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag die Abnahme des von der zu errichtenden Windkraftanlage erzeugten Stroms begehre, sei die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Antrag auf Abnahme von Strom gehe so lang ins Leere, als die Windkraftanlage weder an das Netz der Beklagten angeschlossen noch die Beklagte zu einem Anschluss der Anlage an ihr Netz verurteilt worden sei.
Die auf Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage an das Umspannwerk H. gerichteten Hilfsanträge der Klägerin seien unbegründet. Da die technischen Einzelheiten des Anschlusses in einem wesentlichen Punkt, nämlich bezogen auf den Anschlussort, streitig seien, stehe der Klägerin aus § 3 Abs. 1 EEG kein unmittelbarer Anspruch auf Anschluss zu, sondern nur ein Anspruch darauf, dass die Beklagte mit ihr einen Anschlussvertrag schließe.
II.
Diese Ausführungen halten unter Berücksichtigung des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) vom (BGBl. I S. 1918; nachfolgend: EEG 2004), das kurz nach dem Erlass des Berufungsurteils vom am in Kraft getreten ist und das am gleichen Tag außer Kraft getretene gleichnamige Gesetz vom (BGBl. I S. 305; nachfolgend: EEG 2000) ersetzt hat, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur bezüglich des Hauptantrages stand.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klage mit dem Hauptantrag unzulässig ist. Es kann allerdings offen bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, soweit die Klägerin den Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage an das Netz der Beklagten begehrt, ohne den Anschlussort zu bezeichnen, und der Klägerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie von der Beklagten die Abnahme des Stroms aus der zu errichtenden Windkraftanlage verlangt, bevor die Anlage an das Netz der Beklagten angeschlossen oder die Beklagte hierzu verurteilt ist. Die Klage ist jedenfalls schon deswegen unzulässig, weil die diesbezüglichen Voraussetzungen für eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO nicht erfüllt sind (a.A. Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, § 4 Rdnrn. 21 f.).
a) Die Klage ist mit dem Hauptantrag auf eine künftige Leistung gerichtet. Die damit geltend gemachten Ansprüche auf Anschluss der Windkraftanlage an das Netz der Beklagten und auf Abnahme des von der Windkraftanlage erzeugten Stroms, die beide auf § 4 Abs. 1 Satz 1 EEG 2004 (früher § 3 Abs. 1 Satz 1 EEG 2000) gestützt sind, sind noch nicht entstanden. Der Anspruch auf Anschluss setzt nach den vorgenannten Bestimmungen voraus, dass die betreffende Anlage anschlussfertig errichtet ist; der Anspruch auf Abnahme des in der Anlage erzeugten Stroms erfordert darüber hinaus, dass eine Anschlussverbindung zu dem betreffenden Netz hergestellt ist (Senatsurteil vom - VIII ZR 161/02, dokumentiert in juris, unter B I 2, insoweit in ZNER 2003, 234, 236 nicht abgedruckt). An beidem fehlt es hier bislang.
b) Die Klage auf künftige Leistung ist nach § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird. Sie bezweckt damit den Schutz des Gläubigers, der bei Gefährdung seines Anspruchs nicht, wie ansonsten erforderlich, mit der Erhebung der Klage warten muss, bis der Anspruch fällig ist, sondern diesen bereits gerichtlich geltend machen darf, wenn er - etwa mangels Ablaufs einer Frist oder mangels Eintritts einer Bedingung - noch nicht fällig ist. Die Klage auf künftige Leistung ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Sie setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist (BGHZ 43, 28, 31; 147, 225, 231, jew. m.w.Nachw.). Das ist hier, wie oben dargelegt, nicht der Fall. Bei der Errichtung beziehungsweise dem Netzanschluss der Windkraftanlage handelt es sich nicht etwa um eine - im Rahmen des § 259 ZPO unschädliche - Bedingung eines bereits bestehenden Anspruchs aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EEG 2004, sondern um eine Voraussetzung für das Entstehen dieses Anspruchs (anders noch insoweit Senatsurteil vom , aaO).
Die beiderseitigen Parteiinteressen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Beklagte würde unnötig belastet, wenn die Klägerin - gegebenenfalls mit Erfolg - schon auf Anschluss der Windkraftanlage und Abnahme des davon erzeugten Stroms klagen könnte, obwohl die Errichtung der Anlage noch ungewiss ist, insbesondere von der freien Entscheidung der Klägerin abhängt. Auf deren Seite ist kein Bedürfnis für eine solche Leistungsklage zu erkennen. Die Klägerin kann auch auf andere Weise ausreichende Planungssicherheit erlangen. Zwischen den Parteien besteht aufgrund der der Klägerin erteilten Baugenehmigung und in Anbetracht der bei Errichtung der Anlage beziehungsweise Herstellung der Netzanschlussverbindung begründeten Ansprüche aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EEG 2004 schon vor Ausführung ein Rechtsverhältnis, das dem durch Eintritt in Vertragsverhandlungen begründeten vergleichbar ist. Dieses bildet eine ausreichende Grundlage für eine Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO (vgl. Senatsurteil vom , aaO, m.w.Nachw.; weiter dazu unter II 3).
2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht dagegen stillschweigend davon ausgegangen, dass die Klage mit den Hilfsanträgen zulässig ist. Damit hat die Klägerin von der Beklagten den Anschluss der zu errichtenden Windkraftanlage an das Umspannwerk H. und die Abnahme des von der Anlage erzeugten Stroms begehrt. Auch insoweit ist die Klage mangels Errichtung der Anlage und Herstellung einer Anschlussverbindung zum Netz der Beklagten auf eine künftige Leistung gerichtet, und sie ist demgemäß aus den vorstehend genannten Gründen bereits unzulässig. Darauf, ob die Klage mit den Hilfsanträgen, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, unbegründet ist, kommt es danach im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr an.
3. Obwohl die Klage danach mit allen Anträgen unzulässig ist, erweist sich ihre Abweisung durch das Berufungsgericht dennoch hinsichtlich der Hilfsanträge als rechtsfehlerhaft.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine unzulässige oder unbegründete Leistungsklage gegebenenfalls ohne Verstoß gegen § 308 ZPO in eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO umgedeutet werden (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 194/86, WM 1987, 1313 unter A II 2 a; BGHZ 118, 70, 81 f. m.w.Nachw.). Das kommt gerade auch dann in Betracht, wenn wie hier eine Klage auf Netzanschluss einer Windkraftanlage und Abnahme des davon erzeugten Stroms vor Errichtung der Anlage und Herstellung der Netzanschlussverbindung unzulässig ist (vgl. Senatsurteil vom , aaO). In dem Antrag der Klägerin, die Beklagte zum Anschluss der Windkraftanlage an ihr Netz (Hauptantrag) beziehungsweise an das Umspannwerk H. (Hilfsanträge) und zur Abnahme des von der Anlage erzeugten Stroms zu verurteilen, ist als Weniger der Antrag auf Feststellung enthalten, dass die Beklagte zu diesen Handlungen verpflichtet ist.
b) Eine derartige Feststellungsklage ist unter Berücksichtigung der Hilfsanträge der Klägerin zulässig. Wie oben (unter II 1 b) dargelegt, besteht bereits vor Errichtung der Anlage und Herstellung des Netzanschlusses ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, das eine ausreichende Grundlage für die Feststellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten bildet. Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Im Hinblick auf die erheblichen Investitionskosten kann ihr nicht zugemutet werden, die Anlage zu errichten und die Netzanschlussverbindung herzustellen, ohne zuvor die streitigen Fragen geklärt zu haben, ob die Beklagte zum Anschluss der Anlage und zur Abnahme des davon erzeugten Stroms verpflichtet ist. Allerdings ist das rechtliche Interesse an einer Feststellung, die auf einzelne von mehreren Streitpunkten eines Rechtsverhältnisses beschränkt ist, zu verneinen, wenn die Beschränkung weitere Prozesse befürchten lässt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rdnr. 7b). Demgemäß ist hier ein Feststellungsinteresse der Klägerin nur insoweit anzuerkennen, als die Klage auch die Entscheidung des Streits der Parteien darüber ermöglicht, an welchem Ort die zu errichtende Anlage an das Netz der Beklagten anzuschließen ist. Andernfalls wäre über diese Frage eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidlich. Daher ist die Feststellungsklage nur entsprechend den Hilfsanträgen zulässig, in denen die Klägerin das Umspannwerk H. als den von ihr gewünschten Anschlussort bezeichnet hat.
c) Ob die Beklagte nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EEG 2004 verpflichtet ist, die zu errichtende Windkraftanlage der Klägerin an das Umspannwerk H. anzuschließen und den von der Anlage erzeugten Strom abzunehmen, kann derzeit nicht beantwortet werden. Bislang fehlt es insbesondere an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu den zwischen den Parteien streitigen Fragen, ob das Umspannwerk H. zum Netz der Beklagten gehört, dieses Netz gegebenenfalls die kürzeste Entfernung zum Standort der zu errichtenden Windkraftanlage der Klägerin hat, ob es für die Aufnahme des Stroms aus der Anlage geeignet ist und ob ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist (vgl. dazu jeweils § 4 Abs. 2 EEG 2004), ferner ob das Umspannwerk H. , sofern es zum Netz der Beklagten gehört, der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt dieses Netzes mit der zu errichtenden Anlage der Klägerin ist (vgl. insoweit § 13 Abs. 1 EEG 2004).
Diese Feststellungen sind nicht etwa aus den Gründen entbehrlich, aus denen das Berufungsgericht die Hilfsanträge der Klägerin für unbegründet erachtet hat. Die Auffassung des Berufungsgerichts, da der Anschlussort streitig sei, stehe der Klägerin aus § 3 Abs. 1 EEG 2000 kein unmittelbarer Anspruch auf Anschluss zu, sondern nur ein Anspruch darauf, dass die Beklagte mit ihr einen Anschlussvertrag schließe, lässt sich nach dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom am (vgl. dazu oben unter II) nicht mehr halten. Denn § 12 Abs. 1 EEG 2004 bestimmt nunmehr ausdrücklich, dass Netzbetreiber unter anderem die Erfüllung ihrer Anschluss- und Abnahmeverpflichtung gegenüber den Anlagenbetreibern aus § 4 EEG 2004 (früher § 3 EEG 2000) nicht vom Abschluss eines Vertrages abhängig machen dürfen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 15/2327 S. 35). Das räumt auch die Revisionserwiderung ein.
III.
Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Klage mit den Hilfsanträgen abgewiesen hat, die gemäß den vorstehenden Ausführungen in eine zulässige Feststellungsklage umzudeuten sind. Insoweit ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif, da es noch der vorbezeichneten tatsächlichen Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil in dem genannten Umfang aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 1485 Nr. 21
AAAAC-04359
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja