Leitsatz
[1] Gemäß Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ist § 573 c Abs. 4 BGB auf vor dem geschlossene Mietverträge auch dann nicht anzuwenden, wenn die Kündigung nach dem erklärt worden ist. Diese Übergangsregelung zum Mietrechtsreformgesetz wird nicht mit Wirkung ab durch die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB verdrängt.
Gesetze: BGB § 573 c Abs. 4; EGBGB Art. 229 § 3 Abs. 10; EGBGB Art. 229 § 5 Satz 2
Instanzenzug: AG Siegburg
Tatbestand
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über eine im Haus des Klägers in S. gelegene Wohnung. Der Mietvertrag vom enthielt in § 2 unter anderem folgende Regelungen:
"1. Das Mietverhältnis beginnt am und endet am . Es verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht gekündigt ist.
2. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate, wenn seit Beginn des Mietverhältnisses weniger als fünf Jahre vergangen sind ... .
3. Die Kündigung muß schriftlich bis zum dritten Werktag des ersten Monats der Kündigung erfolgen. ...".
Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom zum und räumte die Wohnung. Ab dem zahlte er keine Miete mehr.
Der Kläger hat von dem Beklagten Zahlung der Mieten für die Monate Juni und Juli 2003 in Höhe von jeweils 647,50 €, insgesamt mithin 1.295 €, nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Beklagte sei verpflichtet, die Mieten für die Monate Juni und Juli 2003 an den Kläger zu zahlen. Das Mietverhältnis habe sich nach § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags bis zum verlängert. Die vom Beklagten am ausgesprochene Kündigung sei nicht vor Ablauf dieser Befristung wirksam geworden. Aus § 2 Ziff. 1 ergebe sich, daß das Mietverhältnis nicht zu jedem beliebigen Termin, sondern nur zum 30. September eines jeden Jahres unter Einhaltung der in § 2 Ziff. 2 vereinbarten Frist gekündigt werden könne.
Die Vereinbarung in § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags sei wirksam. Zwar sei eine zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam. Die Anwendung des § 573 c Abs. 4 BGB sei jedoch nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ausgeschlossen, weil die Kündigungsfrist vor dem durch Vertrag vereinbart worden sei. Das Mietverhältnis sei nach Ablauf der ursprünglichen Befristung am nicht für eine "juristische Sekunde" unterbrochen gewesen und anschließend auf einer neuen vertraglichen Grundlage fortgesetzt worden; vielmehr sei es unter Wahrung seiner Identität mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt worden, nachdem es nicht zum vereinbarten Vertragsende gekündigt worden sei.
Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB werde nicht für den Zeitraum ab dem durch die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB "überspielt". Zwar lasse der Wortlaut des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB diese Auslegung zu. Diese Regelung verdränge jedoch nicht solche früheren Übergangsvorschriften, die sich auf Bestimmungen bezögen, die - wie § 573 c Abs. 4 BGB - durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht geändert worden seien. Art. 229 § 5 EGBGB regele ausschließlich den zeitlichen Geltungsbereich der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geänderten Vorschriften. Ein anderes Ergebnis sei auch nicht im Hinblick auf den Vereinheitlichungszweck des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB gerechtfertigt. Diesem Ziel stünden zudem Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegen, denen mit den Überleitungsvorschriften zur Mietrechtsreform habe Rechnung getragen werden sollen. Der Umstand, daß die Überleitungsvorschriften zur Mietrechtsreform stark ausdifferenziert seien, spreche dagegen, ihnen nur für einen Zeitraum von 16 Monaten ( bis ) Bedeutung zuzumessen. Hinzu komme, daß Art. 229 § 3 EGBGB in seinen Absätzen 2 und 6 für bestimmte Fälle ausdrücklich die Fortgeltung alten Mietrechts über den hinaus anordne. Wenn der Gesetzgeber bei der späteren Einfügung von Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB hieran etwas hätte ändern wollen, hätte er dies deutlich zum Ausdruck gebracht.
§ 2 Ziff. 1 des Mietvertrags verstoße auch nicht gegen § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F., da befristete Mietverhältnisse mit Verlängerungsklausel vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausgenommen seien.
II.
Diese Ausführungen des eingehend und überzeugend begründeten Berufungsurteils halten der rechtlichen Nachprüfung stand, so daß die Revision des Beklagten zurückzuweisen ist. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der vereinbarten Miete für die Monate Juni und Juli 2003, weil die mit Schreiben des Beklagten vom erklärte Kündigung das Mietverhältnis erst zum beendet hat.
1. Das Berufungsgericht hat § 2 des Mietvertrags vom zutreffend und von der Revision unbeanstandet dahin ausgelegt, daß das Mietverhältnis lediglich zum 30. September eines jeden Jahres gekündigt werden konnte. Das ergibt sich aus § 2 Ziff. 1, wonach das Mietverhältnis am beginnt und am endet und es sich jeweils um ein Jahr verlängert, wenn es nicht gekündigt ist. Die nach § 2 Ziff. 2 einzuhaltende Kündigungsfrist - die für den Beklagten drei Monate betrug, weil das Mietverhältnis seit weniger als fünf Jahren bestand - ist auf den in der vorangehenden Ziff. 1 genannten Stichtag 30. September bezogen.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung, daß die in § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags getroffene Vereinbarung wirksam ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 573 c Abs. 4 BGB erfüllt wären, wonach eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1 abweichende Vereinbarung unwirksam ist. Nach § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Kündigung spätestens zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags stünde hiermit nicht in Einklang, weil die Klausel eine Kündigung nicht zum Ende eines beliebigen Kalendermonats - wie es das Gesetz vorsieht -, sondern lediglich zum 30. September eines jeden Jahres zuläßt.
Jedoch findet § 573 c Abs. 4 BGB auf den am geschlossenen Mietvertrag nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB keine Anwendung. Die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts vom (Mietrechtsreformgesetz, BGBl. I S. 1149) sind erfüllt (a); Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB wird auch nicht durch die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB verdrängt (b).
a) Nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ist § 573 c Abs. 4 BGB - der durch das am in Kraft getretene Mietrechtsreformgesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden ist - nicht anzuwenden, wenn die Kündigungsfristen vor dem durch Vertrag vereinbart worden sind. § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags enthält eine solche, nach altem Recht wirksame Vereinbarung.
aa) Die in § 2 des Mietvertrags enthaltene Kündigungsfrist ist vor dem vereinbart worden. Es bedarf keiner Entscheidung, ob nach Ablauf der ursprünglichen Befristung des Vertrags am ein neuer, inhaltsgleicher Mietvertrag zustande gekommen ist (vgl. RGZ 86, 60, 62; 107, 300, 301; für eine "Widerspruchsklausel" in einem Mietvertrag über Gewerberäume Senatsurteil vom - VIII ZR 74/73, NJW 1975, 40, unter IV) oder ob das Mietverhältnis auf der ursprünglichen vertraglichen Grundlage fortgesetzt wurde, nachdem der Kündigungstermin verstrichen war, wie das Berufungsgericht angenommen hat (vgl. BGHZ 150, 373, 375 m.w.Nachw.; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 542 BGB Rdnr. 142, 148; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 542 Rdnr. 10; Staudinger/Emmerich, BGB (2003), Vorbem. zu § 535 Rdnr. 105 m.w.Nachw.). Die Kündigungsfrist nach § 2 des Mietvertrags ist im Sinne des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB durch einen vor dem geschlossenen Vertrag vereinbart. Nach § 565 a Abs. 1 BGB a.F. tritt bei einem Mietverhältnis über Wohnraum, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist und für das vereinbart ist, daß es sich mangels Kündigung verlängert, die Verlängerung ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 BGB (a.F.) gekündigt wird. Durch diese Vorschrift wurden Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit mit Verlängerungsklausel - wie der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag - hinsichtlich der Kündigungsschutzrechte des Mieters rechtlich wie Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit behandelt (vgl. nur Staudinger/Sonnenschein, BGB (1997), § 565 a Rdnr. 3, 10; MünchKommBGB/Voelskow, 3. Aufl., § 565 a Rdnr. 3). Nach Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB ist § 565 a Abs. 1 BGB a.F. auf ein am bestehendes Mietverhältnis weiterhin anzuwenden. Aus diesen Bestimmungen folgt, daß ein befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel hinsichtlich der Anwendung der Kündigungsvorschriften einem unbefristeten Mietverhältnis gleichzustellen ist. Mithin kommt es für die Anwendung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB allein darauf an, daß die Kündigungsfrist im Mietvertrag ursprünglich vor dem vereinbart wurde. Dies ist hier der Fall, weil der Mietvertrag am geschlossen worden ist.
bb) Die vertragliche Vereinbarung der Kündigungsfrist ist nach dem bis zum geltenden Recht wirksam. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß § 2 Ziff. 1 des Mietvertrags nicht gegen § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. verstößt, wonach eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, unwirksam ist. § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. ist nach allgemeiner Auffassung nicht auf befristete Mietverhältnisse mit Verlängerungsklausel anzuwenden (LG Gießen, ZMR 2000, 466; LG Mönchengladbach, ZMR 1991, 439; LG Berlin, GE 1985, 365; MünchKommBGB/Voelskow, aaO, § 565 Rdnr. 18; Palandt/ Weidenkaff, aaO, 60. Aufl., § 565 Rdnr. 21; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, 7. Aufl., § 564 Rdnr. 17; Staudinger/Sonnenschein, aaO, § 565 Rdnr. 69 m.w. Nachw.). Dies ergibt sich aus § 565 a Abs. 1 BGB a.F., weil diese Regelung voraussetzt, daß Mietverträge auf bestimmte Zeit mit Verlängerungsklauseln zulässig sind; hiermit wäre es nicht zu vereinbaren, wenn mietvertragliche Befristungen mit Verlängerungsklauseln von vorneherein nach § 565 Abs. 2 Satz 4 BGB a.F. unwirksam wären.
b) Entgegen der Auffassung der Revision wird Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB nicht durch die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab dem verdrängt.
aa) Art. 229 § 5 EGBGB enthält eine Allgemeine Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz). Nach Satz 1 dieser Bestimmung sind auf Schuldverhältnisse, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem entstanden sind, das Bürgerliche Gesetzbuch und bestimmte andere Gesetze in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Für Dauerschuldverhältnisse gilt dies mit der Maßgabe, daß anstelle der in Satz 1 bezeichneten Gesetze vom an nur das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden ist (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB).
Das Verhältnis der Überleitungsvorschrift zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zu der zuvor durch das Mietrechtsreformgesetz eingefügten Übergangsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ist umstritten. Teilweise wird angenommen, die Wirkung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB sei in zeitlicher Hinsicht durch den später in Kraft getretenen Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB begrenzt. Aus Wortlaut und Zweck dieser Überleitungsregelung ergebe sich, daß § 573 c Abs. 4 BGB mit Wirkung ab dem nunmehr auch auf "Altverträge", die vor dem geschlossen worden seien, Anwendung finde (Staudinger/Löwisch, EGBGB (2003), Art. 229 § 5 Rdnr. 4, 41; Schmidt-Kessel, NJW 2003, 3748, 3749; Claas, WuM 2004, 86; Drasdo, NJW-Spezial 2005, 2 f.; AG Bückeburg, NJW 2004, 1807). Nach überwiegend vertretener Auffassung wird Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB dagegen nicht von Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB verdrängt (LG Duisburg, NJW 2004, 3125; LG Itzehoe, WuM 2003, 329; AG Heilbronn, WuM 2004, 540 f.; Beuermann, GE 2004, 146; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 573 c Rdnr. 24; Fellner, MDR 2004, 1389, 1390; Hinz, JR 2004, 152, 154; Lützenkirchen, ZMR 2004, 323; Palandt/Weidenkaff, aaO, 64. Aufl., § 573 c Rdnr. 3; Palandt/Heinrichs, aaO, EGBGB Art. 229 § 5 Rdnr. 7; Schimmel/Meyer, NJW 2004, 1633; Wiek, WuM 2004, 407 f. m.w.Nachw.).
bb) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ist nicht aufgrund des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB außer Kraft getreten.
(1) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nicht, daß § 573 c Abs. 4 BGB nunmehr auch auf Kündigungsfristen anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am durch Vertrag vereinbart worden sind.
Die Fortgeltung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB - der die Anwendung des § 573 c Abs. 4 BGB auf vor dem geschlossene vertragliche Vereinbarungen über Kündigungsfristen ausschließt - folgt zwar nicht bereits aus der Bezugnahme des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auf Satz 1 dieser Vorschrift, wonach das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung auf Schuldverhältnisse, die vor dem entstanden sind, anzuwenden ist, "soweit nicht ein anderes bestimmt ist" (so aber Lützenkirchen, aaO; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 11. Aufl., Anh. Einl. § 241, Art. 229 § 5 Rdnr. 10; vgl. auch Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, BT-Drucks. 15/4134, S. 4). Denn der Vorbehalt "soweit nicht ein anderes bestimmt ist" läßt lediglich Ausnahmen von dem in Satz 1 geregelten Grundsatz zu, daß auf Altschuldverhältnisse noch die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum geltenden Fassung anzuwenden sind; auf die in Satz 2 enthaltene - umgekehrte und hier einschlägige - Regelung, daß auf Dauerschuldverhältnisse vom an nur das Bürgerliche Gesetzbuch in der dann geltenden Fassung anzuwenden ist, bezieht er sich dagegen nicht.
Nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist auf Dauerschuldverhältnisse mit Wirkung ab dem das Bürgerliche Gesetzbuch "in der dann geltenden Fassung" anzuwenden. Hierzu gehört zwar grundsätzlich auch der bereits am in Kraft getretene § 573 c Abs. 4 BGB; jedoch folgt daraus nicht zwingend dessen Anwendung auch auf die von Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB erfaßten Altmietverträge, weil die am anzuwendende Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches auch durch spezielle Überleitungsregelungen bestimmt wird, die im Einzelfall abweichende Regelungen vorsehen. Ob Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB die Übergangsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB mit Wirkung ab dem außer Kraft gesetzt hat - so daß § 573 c Abs. 4 BGB nunmehr auch auf Altmietverträge anzuwenden wäre -, läßt sich mithin nicht aufgrund des Wortlauts der Überleitungsregelung, sondern nur anhand der weiteren Gesetzesauslegung beurteilen.
(2) Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist gegenüber Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB nicht bereits deshalb vorrangig, weil er zeitlich später erlassen worden ist (a.A. Schmidt-Kessel, aaO, 3749). Der Grundsatz, daß im Fall der Unvereinbarkeit zweier Rechtsnormen das später erlassene dem früheren Gesetz vorgeht (lex posterior derogat legi priori), gilt nicht, wenn das ältere Gesetz eine spezielle Regelung trifft und die Auslegung ergibt, daß das später erlassene Gesetz keine das ältere Gesetz verdrängende Regelung treffen sollte (lex posterior generalis non derogat legi priori speciali; vgl. Lehmann/Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 15. Aufl., S. 37 f.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl., S. 572 f.). So liegt es hier.
Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB enthält eine spezielle Übergangsregelung für die Anwendung des § 573 c Abs. 4 BGB. Demgegenüber bestimmt Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für alle Dauerschuldverhältnisse lediglich allgemein die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs "in der dann geltenden Fassung". Eine ausdrückliche Anordnung, daß § 573 c Abs. 4 BGB - entgegen der speziellen Überleitungsregelung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB - nunmehr auf vor dem getroffene Vereinbarungen über Kündigungsfristen Anwendung finden soll, hat der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht getroffen. Wenn der Gesetzgeber, wie die Revision meint, durch die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB tatsächlich die spezielle mietrechtliche Überleitungsbestimmung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB hätte außer Kraft setzen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - zumindest zur Klarstellung - ausdrücklich zu regeln, sei es durch die (ersatzlose) Aufhebung der letztgenannten Norm, sei es durch einen entsprechenden Zusatz in § 5 Satz 2 des Art. 229 EGBGB. Daß er dies nicht getan hat, spricht gegen seine Absicht, der allgemeinen schuldrechtlichen Überleitungsbestimmung den Vorrang vor der besonderen mietrechtlichen Übergangsvorschrift einzuräumen.
(3) Ein solcher Regelungswille ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch weder aus dem Zweck der jeweiligen Überleitungsregelungen noch aus den Gesetzesmaterialien. Art. 229 § 3 EGBGB enthält eine Reihe speziell auf die einzelnen Vorschriften des Mietrechts zugeschnittener - unter anderem auch auf einer Interessenabwägung beruhender - Übergangsregelungen, die zum Teil über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hinausreichende Begrenzungen enthalten (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 2 und 6 EGBGB). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß solche auf eine längerfristige Geltung angelegten Bestimmungen aufgrund einer vorrangigen Anwendung des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB außer Kraft gesetzt werden sollten. Das gilt auch für Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB.
(a) Durch die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB sollte aus Gründen des Vertrauensschutzes sichergestellt werden, daß vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes wirksam vereinbarte Kündigungsfristen auch zukünftig wirksam bleiben (Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4553, S. 77; vgl. auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663, S. 83; Senatsurteil BGHZ 155, 178, 185). Es ist nichts dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes den durch Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bewirkten Bestandsschutz hat beseitigen wollen. Dagegen spricht bereits, daß § 573 c BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht geändert worden ist. Entgegen der Auffassung der Revision ist auch aus dem Umstand, daß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für Dauerschuldverhältnisse die Anwendung des neuen Rechts erst ab bestimmt, nichts für einen Willen des Gesetzgebers zur Außerkraftsetzung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB herzuleiten. Nach der Gesetzesbegründung sollte den Parteien durch die bis zum verlängerte Fortgeltung alten Rechts die Möglichkeit gegeben werden, ihre Verträge an das neue Recht anzupassen (BT-Drucks. 14/6040, S. 273). Daraus ist aber nicht zu schließen, daß der Gesetzgeber den aus Gründen des Vertrauensschutzes aufgrund früherer gesetzlicher Überleitungsregelungen - wie Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB - angeordneten Bestandsschutz für bestimmte vertragliche Vereinbarungen hat beseitigen wollen.
(b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die Absicht zur Aufhebung des durch Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bewirkten Bestandsschutzes auch nicht aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz. Dort ist lediglich allgemein ausgeführt, daß auf Dauerschuldverhältnisse die neuen Vorschriften für die Zukunft angewendet werden sollen; es solle vermieden werden, daß auf Jahre hinaus doppeltes Recht gelte (BT-Drucks. 14/6040, S. 273). Dies läßt jedoch nicht den Schluß zu, daß der Gesetzgeber den Bestandsschutz für Vereinbarungen über Kündigungsfristen in Altmietverträgen hat beseitigen wollen. Denn zum einen ist § 573 c Abs. 4 BGB keine "neue", durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügte oder geänderte Vorschrift. Zum anderen geht es nicht um die Anwendung "doppelten Rechts", die nach der Gesetzesbegründung vermieden werden soll; denn Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB hat nicht den Fortbestand bis zum geltender gesetzlicher Vorschriften, sondern den Bestandsschutz hinsichtlich vertraglicher, nach altem (Miet-)Recht wirksam getroffener Vereinbarungen zum Gegenstand.
(c) Daß der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die Aufhebung des durch Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB angeordneten Bestandsschutzes für vertragliche Vereinbarungen über Kündigungsfristen nicht beabsichtigt hat, folgt auch daraus, daß der Bundestag am ein Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche beschlossen hat (BT-Drucks. 15/4134, 15/5132; Plenarprotokoll 15/166). Nach Art. 1 des Gesetzes wird dem Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB folgender Satz angefügt: "Für Kündigungen, die ab dem ... [einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] zugehen, gilt dies nicht, wenn die Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum geltenden Fassung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart worden sind". Der durch diesen Gesetzentwurf beabsichtigten Aufhebung des Bestandsschutzes für bestimmte formularvertragliche Vereinbarungen (vgl. Senatsurteile BGHZ 155, 178; Urteil vom - VIII ZR 64/03, NJW 2004, 1447) bedürfte es nicht, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, daß Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bereits aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB mit Wirkung ab dem außer Kraft getreten ist.
Fundstelle(n):
DB 2005 S. 1625 Nr. 30
DAAAC-04225
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja; Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein