Leitsatz
[1] Zur Auslegung einer Vollständigkeitsklausel in einem Bauvertrag.
Gesetze: VOB/B § 2
Instanzenzug: LG Berlin
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts teilt der Senat jedoch nicht uneingeschränkt.
1. Das Berufungsgericht hat die dem Vertrag der Parteien zugrundegelegte Klausel
"(2.1) Die Angebots- und Vertragspreise gelten für die fertige Leistung bzw. Lieferung frei Bau einschließlich Abladen und Verpackung. Für die angebotenen Leistungen übernimmt der Auftragnehmer die Verpflichtung der Vollständigkeit, d.h. Leistungen und Nebenleistungen, die sich aus den Positionen zwangsläufig ergeben, sind einzukalkulieren, auch wenn sie im Leistungsverzeichnis nicht ausdrücklich erwähnt sind. Der Bieter wird ausdrücklich angehalten, sich vor Kalkulation des Angebots von der Situation an Ort und Stelle zu informieren. Nachforderungen auf Grund unberücksichtigter Schwierigkeiten werden grundsätzlich nicht anerkannt."
sinngemäß dahin ausgelegt, daß damit das bei Einheitspreisverträgen bestehende Risiko von Massenänderungen auf den Auftragnehmer übertragen wird. Dieser Auslegung der überregional verwendeten Klausel folgt der Senat nicht. Die Klausel ist lediglich als wirksame Verpflichtung des Auftragnehmers zu verstehen, die zur Ausführung der Leistungen einer ausgeschriebenen Position notwendigen Teilarbeiten bei der Kalkulation vollständig zu berücksichtigen. Auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Frage, ob das Massenänderungsrisiko bei Altbausanierungsvorhaben durch Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam auf den Auftragnehmer übertragen werden kann, kommt es hiernach nicht an. Soweit die Sätze 3 und 4 der Klausel eine umfassende Verpflichtung des Bieters zur Besichtigung der Baustelle enthalten und die Vergütung des Auftragnehmers bei Erschwerungen der Leistung einschränken, begegnet das im Hinblick auf § 9 AGBG Bedenken; auch hierüber muß aber nicht entschieden werden, da das Massenänderungsrisiko insoweit nicht betroffen ist.
2. Die nach Prüfung durch einen Architekten erfolgende Zahlung des Auftraggebers auf eine als Teilschlußrechnung bezeichnete Rechnung stellt ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte kein Anerkenntnis der darin geltend gemachten Ansprüche dar. Eine grundsätzliche Entscheidung des Revisionsgerichts hierzu ist aber nicht veranlaßt, weil das Berufungsgericht die Zahlung nur zu einer sich ohnehin aus allgemeinen Grundsätzen zu § 812 BGB ergebenden Beweislastumkehr hat führen lassen.
3. Die unverzügliche Anzeige nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B (Fassung 1992) ist Anspruchsvoraussetzung. Es kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Auftraggeber bei einer Anzeige die Leistung zu einem niedrigeren Entgelt hätte erlangen können.
Auf diesen Rechtsfehler kommt es nicht an. Der Ausschluß der Vergütungspflicht bei Versäumung der Anzeige ist wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers (§ 9 Abs. 1 AGBG) unwirksam, wenn die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden ist (vgl. , BGHZ 113, 315; Urteil vom - VII ZR 79/02, BauR 2003, 1892, 1896). So liegt es hier, weil die vorrangig vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen von der VOB/B abweichen (vgl. , zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
4. Von einer Begründung im übrigen wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).
Fundstelle(n):
YAAAC-03661
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein