Leitsatz
[1] a) Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages, daß ein Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5% der Bausumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist durch eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft abgelöst werden kann, verstößt nicht gegen § 9 Abs. 1 AGBG (im Anschluß an , BGHZ 136, 27).
b) Wird die Ablösung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft zusätzlich davon abhängig gemacht, daß keine wesentlichen Mängel vorhanden sind, ist diese Vertragsklausel unwirksam.
Gesetze: AGBG § 9 Bf
Instanzenzug: OLG Dresden vom LG Dresden vom
Tatbestand
Die Klägerin, ein Bauträgerunternehmen, nimmt die beklagte Bank aus einer Gewährleistungsbürgschaft auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Sie hat die inzwischen insolvente S. GmbH mit Generalunternehmervertrag vom (GUV) damit beauftragt, ein Haus in D. schlüsselfertig zu modernisieren. Als die Klägerin die Beseitigung von Mängeln verlangte, lehnte der Gesamtvollstreckungsverwalter die weitere Erfüllung des Vertrages ab.
In § 16 Nr. 2 GUV ist vereinbart:
"Zur Absicherung eventueller Gewährleistungsansprüche werden 5 % des Pauschalfestpreises für die Dauer von fünf Jahren in Geld einbehalten. Der Auftragnehmer kann, soweit die Sicherheitsleistung nicht verwertet ist, die Auszahlung verlangen ... (,) sofern er in Höhe der geschuldeten Sicherheit eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft ... gem. § 17 Ziff. 4 VOB/B ohne Hinterlegungsklausel erbringt und wesentliche Mängel nicht mehr vorhanden sind.
Die Anlegungs- und Verzinsungspflicht nach § 17 Ziff. 6 VOB/B wird abbedungen.
... "
Die Beklagte hat eine solche Bürgschaft ausgegeben. Sie hält jedoch die Vertragsklausel für unwirksam und möchte deshalb aus der Bürgschaft nicht für die Erfüllung der Verbindlichkeit einstehen. Nach ihrer Ansicht hat die Klägerin die Bürgschaft wegen der Unwirksamkeit des § 16 Nr. 2 GUV ohne Rechtsgrund erlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten, welche die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.
Gründe
Die Revision ist begründet. Die Berufung der Klägerin ist unter Aufhebung des Berufungsurteils zurückzuweisen.
Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum geltenden Gesetzen.
I.
1. Das Berufungsgericht stellt fest, daß es sich bei § 16 Nr. 2 GUV um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin handelt.
Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Revision als ihr günstig hingenommen.
2. Das Berufungsgericht führt aus, die Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag, wonach der Auftraggeber nach Abnahme des Bauwerks 5 % der Auftragssumme für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist als Sicherheit einbehalten dürfe, benachteilige den Auftragnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen und sei unwirksam, wenn dem Auftragnehmer kein angemessener Ausgleich zugestanden werde.
Das stellt die Revision zu Recht nicht in Frage; es entspricht der Rechtsprechung des Senats (, BGHZ 136, 27).
3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist § 16 Nr. 2 GUV zunächst dahingehend zu verstehen, daß die Hauptschuldnerin den als Sicherheit einbehaltenen Betrag nur durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ablösen könne. Die Möglichkeit, Sicherheit durch Hinterlegung gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B zu leisten, sei ausgeschlossen, desgleichen das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B. Diese Auslegung der Klausel wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen und sie ist rechtlich nicht zu beanstanden.
4. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, eine selbstschuldnerische Bürgschaft als einzige Austauschsicherheit sei kein angemessener Ausgleich für den vorgesehenen 5%igen Sicherheitseinbehalt. Diese Auffassung teilt der Senat nicht, jedoch ist die Klausel aus anderen Gründen unwirksam.
§ 16 Nr. 2 GUV ist gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil der Auftragnehmer unangemessen benachteiligt wird. Das ergibt sich im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus der Einschränkung, daß der Sicherheitseinbehalt nur gegen eine selbstschuldnerische Bürgschaft auszuzahlen ist (a), sondern aus der weiteren Voraussetzung, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen (b).
a) Anders als im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (, a.a.O.) bietet die Möglichkeit eines Austausches des Sicherheitseinbehaltes gegen eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft einen hinreichenden Ausgleich zu dem in der Vertragsklausel vorgesehenen Einbehalt. Die Klausel stellt den Auftragnehmer vor die Alternative, entweder für fünf Jahre auf unbestrittenen restlichen Werklohn zu verzichten, entsprechende Zinsverluste hinzunehmen und das Insolvenzrisiko des Auftraggebers zu tragen, oder seine Liquidität durch Beibringung einer Bankbürgschaft zu schmälern, die regelmäßig auf Kosten der Kreditlinie geht; außerdem sind für die Bankbürgschaft Avalzinsen zu zahlen, die wiederum einen Zinsertrag aus dem abgelösten Sicherheitseinbehalt schmälern. Die in der Zinsbelastung und dem Einfluß auf die Kreditlinie liegenden Nachteile bei Bereitstellung einer Bürgschaft erscheinen, berücksichtigt man auf der anderen Seite die berechtigten Interesse des Auftraggebers, nicht als so gewichtig, daß ihretwegen die Unwirksamkeit der Klausel angenommen werden müßte (vgl. für den Fall der Vertragserfüllungsbürgschaft , BauR 2000, 1498 = ZfBR 2000, 477).
b) Die weitere Voraussetzung in § 16 Nr. 2 GUV dagegen, daß wesentliche Mängel nicht vorhanden sein dürfen, führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Diese Voraussetzung bedeutet eine so weitreichende Einschränkung der Berechtigung, eine Austauschbürgschaft zu stellen, daß ein angemessener Ausgleich zu den Nachteilen des Sicherheitseinbehaltes nicht mehr zugestanden wird. Jeder Streit um wesentliche Mängel blockiert das Austauschrecht, so daß es bei dem Sicherheitseinbehalt bleibt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß solche Auseinandersetzungen sich selbst bei unberechtigten Beanstandungen über die Dauer der Gewährleistungsfrist hinziehen.
5. Auf die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts zu einer bedingten Bürgschaft, für deren Vereinbarung sich aus der Vertragsklausel keine Anhaltspunkte ergeben, kommt es aus den vorstehenden Überlegungen nicht an.
II.
Weitere Feststellungen sind nicht zu treffen, so daß der Senat in der Sache selber entscheiden kann. Da § 16 Nr. 2 GUV unwirksam ist, hält die Klägerin die Bürgschaft ohne Rechtsgrund. Aus ihr kann sie die Beklagte nicht in Anspruch nehmen (§§ 768 Abs. 1, 812 Abs. 1 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2004 S. 539 Nr. 10
OAAAC-03621
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja