BGH Urteil v. - V ZR 146/02

Leitsatz

[1] Das Revisionsgericht kann sich einer Stellungnahme zur Zulassungsfrage enthalten, wenn es auf sie bei der ihm möglichen Vertragsauslegung nicht ankommt.

Gesetze: ZPO § 543

Instanzenzug: LG Berlin

Tatbestand

Die Klägerin, damals unter der Bezeichnung Treuhandanstalt, verkaufte den Beklagten mit notariellen Verträgen vom 24. April und verschiedene Grundstücke gegen einen vorläufigen Kaufpreis von 2.454.500 DM und von 575.880 DM. Nach den Verträgen sollte frühestens auf den , spätestens auf den eine Nachbewertung stattfinden, wobei der endgültige Kaufpreis, wenn sich die Parteien nicht einig sein sollten, durch einen öffentlich bestellten, vereidigten Sachverständigen verbindlich festzustellen war. Die Beklagten hatten den danach geschuldeten Betrag "binnen drei Monaten nach Einigung bzw. nach Erhalt des Gutachtens" an die Klägerin zu bezahlen. Der von der Klägerin im Dezember 1992 beauftragte Sachverständige kam zu der Feststellung, daß die verkaufte Fläche einen Verkehrswert von 3.575.669 DM habe. Im Vorprozeß wurden die Beklagten am rechtskräftig verurteilt, an die Klägerin weitere 3.024.349,60 DM zu zahlen.

Die Klägerin hat, gestützt auf den Umstand, daß den Beklagten die Nutzungen der Grundstücke gebührt, die Zahlung gesetzlicher Zinsen für das Jahr 1995 aus dem Betrag von 3.024.349,60 DM verlangt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision, der die Beklagten entgegentreten, verfolgt die Klägerin den Anspruch weiter.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht läßt es offen, ob die in den Verträgen vorgesehene Stundung über drei Monate, wie das Landgericht gemeint hat, auch für den Fall gelten soll, daß eine Partei das Sachverständigengutachten gerichtlich überprüfen läßt. Denn ein Anspruch der Klägerin auf Verzinsung des Kaufpreises nach § 452 BGB a.F. scheitere daran, daß der endgültige Kaufpreis erst mit der Rechtskraft des Urteils vom fällig geworden sei. Wegen dieser Frage hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Das Landgericht ist, anders als das Berufungsgericht meint, nicht in ergänzender, sondern in einfacher Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu der Auffassung gelangt, die vertragliche Stundungsvereinbarung erfasse auch den Fall der Bestimmung der Leistung durch Urteil (§ 319 Abs. 1 BGB). Denn das Landgericht hat eine Lücke im Vertrag aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin als Erklärungsempfängerin (§ 130 BGB) verneint und den Parteiwillen aus dem Sinn des ausdrücklich Vereinbarten erschlossen. Danach sollten die Beklagten den vorläufigen Kaufpreis entrichten und die Grundstücke bis zum Ablauf des dritten Monats nach Abschluß der Nachbewertung zinslos nutzen. Dem schließt sich der Senat an, wozu er, da tatsächliche Feststellungen nicht mehr erforderlich sind, befugt ist (BGHZ 65, 107, 112). Der Vertrag legt die Fälligkeit der Leistung auf einen Zeitpunkt fest, der der verbindlichen Bestimmung der Leistungshöhe, sei es durch Einigung der Parteien, sei es durch die Erklärung des Schiedsgutachters nach § 318 Abs. 1 BGB, mit einer Frist von drei Monaten folgt. Dies gilt auch im Falle der Bestimmung der Leistung durch gerichtliches Gestaltungsurteil (Senatsurt. v. , V ZR 174/94, NJW 1996, 1054), das, wie hier, die offenbar unbillige Bestimmung des Gutachters ersetzt. Beide Parteien hatten das Schiedsgutachten für offenbar unbillig gehalten. Die gerichtliche Bestimmung war auf die Widerklage der Klägerin (damaliger Beklagten) erfolgt. Erst danach stand fest, was die Beklagten schuldeten. Eine in der Höhe ungewisse Schuld entzog sich der Verzinsung. Auf die Frage nach den Voraussetzungen des § 452 BGB a.F. kommt es mithin nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EAAAC-01984

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja