Leitsatz
[1] Zur Berücksichtigung der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zum württembergischen Notar im Landesdienst (Bezirksnotar) bei der Bewerbung um die Stelle eines Anwaltsnotars im Land Hessen.
Gesetze: BNotO § 6 Abs. 3
Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main
Gründe
I. Der Antragsteller ist seit 1991 Rechtsanwalt und beim Landgericht und Amtsgericht F. zugelassen. In der Zeit vom bis zum hatte er in Baden-Württemberg eine Ausbildung zum württembergischen Notar im Landesdienst (Bezirksnotar) absolviert und mit der Note "befriedigend" abgeschlossen.
Der Antragsgegner schrieb im Justizministerialblatt vom eine Notarstelle für den Amtsgerichtsbezirk L. aus. Um diese Stelle bewarben sich der Antragsteller und der weitere Beteiligte. Im Rahmen des Auswahlverfahrens ermittelte der Antragsgegner für den weiteren Beteiligten gemäß Abschnitt A II 3 des Runderlasses vom (JMBl. 1999, 222) 128,30 Punkte. Beim Antragsteller ging er davon aus, daß die fachliche Eignung durch die erfolgreiche Ausbildung zum Bezirksnotar trotz fehlender Teilnahme an dem Grundkurs nach A II 2 des Runderlasses nachgewiesen sei. Bedenken gegen die Erfüllung der örtlichen Wartezeit stellte der Antragsgegner zurück. Er errechnete für den Antragsteller ohne Einbeziehung der Ausbildung zum Bezirksnotar 84,15 Punkte. Da der Antragsteller unter anderem geltend gemacht hatte, hierfür seien ihm Fortbildungspunkte und Sonderpunkte nach A II 3 c und f des Runderlasses zuzubilligen, legte der Antragsgegner hierfür in einer Alternativberechnung die Höchstzahl von 45 Fortbildungspunkten und 15 Sonderpunkten zugrunde. Dadurch ergaben sich unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze nach A II 3 e des Runderlasses 124,15 Punkte.
Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Verfügung der Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom mit, es sei beabsichtigt, die ausgeschriebene Stelle nicht mit ihm, sondern mit dem weiteren Beteiligten zu besetzen. Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller den Antrag weiter. Hilfsweise beantragt er, im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festzustellen,
daß der Antragsteller bei künftigen Bewerbungen für eine ausgeschriebene Notarstelle in Hessen bei Fortgeltung der bestehenden Rechtslage gemäß § 6 Abs. 3 BNotO i.V. mit dem Runderlaß über die Ausführung der BNotO vom (JMBl. S. 222) durch die am abgeschlossene Ausbildung zum Notar im Landesdienst Baden-Württemberg (Bezirksnotar) nachfolgende Kriterien im Rahmen der Auswahl unter mehreren Mitbewerbern erfüllt:
a) Durch die vorgenannte abgeschlossene Ausbildung zum Notar im Landesdienst Baden-Württemberg ist er als fachlich geeignet im Sinne von Abschnitt II 2 des vorgenannten Runderlasses anzusehen und bedarf insoweit keiner Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme an dem vom Deutschen Anwaltsinstitut e.V. - Fachinstitut für Notare - veranstalteten Grundkurs (Einführungskurs Teil I und II),
b) im Sinne von Abschnitt II 3 b des Runderlasses ist nicht nur die Tätigkeit als Rechtsanwalt, sondern auch die Ausbildungszeit vom bis pro vollendeten Monat mit 0,25 Punkten als "anwaltliche Tätigkeit", aber mit nicht mehr als 45 Punkten zu qualifizieren,
c) die Ausbildung zum Notar im Landesdienst Baden-Württemberg rechtfertigt, dem Antragsteller nach Abschnitt II 3 c des vorgenannten Runderlasses eine maximale weitere Punktzahl von 45 zuzubilligen, wie sie üblicherweise bei dem Besuch von Fortbildungskursen des Deutschen Anwaltsinstitutes e.V. - Fachinstitut für Notare - angesetzt werden,
d) dem Antragsteller sind nach Ziffer II 3 f des Runderlasses wegen der vorstehend zitierten Ausbildung zum Notar im Landesdienst Baden-Württemberg weitere 15 Zusatzpunkte anzurechnen, da die Ausbildung ihn in besonderer Weise für das Notaramt qualifiziert.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom ist nicht rechtswidrig. Die Hilfsanträge sind unzulässig.
1. Die gemäß § 6 Abs. 3 BNotO i.V. mit dem Runderlaß des Antragsgegners getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des weiteren Beteiligten ist nicht zu beanstanden.
a) Nach Auffassung des Antragstellers ist seine praktische Ausbildungszeit zum Bezirksnotar als hauptberufliche Anwaltstätigkeit nach A II 3 b des Runderlasses zu werten. Daraus errechnet er sich weitere 10,5 Punkte. Damit läge er punktemäßig vor dem weiteren Beteiligten, wenn im übrigen von den alternativ errechneten 124,15 Punkten auszugehen wäre.
Der Antragsgegner und das Oberlandesgericht haben die Ausbildungszeit zu Recht nicht als hauptberufliche Anwaltstätigkeit angesehen. Dies wäre mit § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO nicht zu vereinbaren. Eine Gleichbehandlung anderer juristischer Berufe oder gar der Ausbildungszeit für andere juristische Berufe widerspräche der gesetzlichen Wertung (Senatsbeschluß vom - NotZ 9/01 - ZNotP 2001, 363 unter 2 a m.w.N.).
b) Der Antragsteller meint weiter, wegen der nur geringen Differenz von allenfalls 4,15 Punkten zwischen seiner alternativen Punktzahl von 124,15 Punkten und der Punktzahl des weiteren Beteiligten von 128,30 Punkten müsse er wegen seiner besonderen Eignung dennoch dem Mitbewerber vorgezogen werden. Er beruft sich hierfür auf A II 3 Abs. 2 des Runderlasses (nach Nr. 3 f.).
Derartiges sieht der Runderlaß aber nicht vor. Es heißt dort, die Notarstelle erhalte im Regelfall die Bewerberin oder der Bewerber mit der höchsten Punktzahl, sofern sie oder er nicht persönlich weniger geeignet erscheint als die Bewerberin oder der Bewerber mit der nachfolgenden Punktzahl. Daß der weitere Beteiligte persönlich weniger geeignet erscheint als der Antragsteller, hat dieser selbst nicht behauptet, es ist auch nicht ersichtlich. Was der Antragsteller offenbar meint, ist die fachliche Eignung. Diese ist aber beim Antragsteller in der Alternativberechnung, abgesehen von der hauptberuflichen Anwaltstätigkeit, mit den Höchstpunktzahlen angesetzt worden. Ob die Zubilligung der maximalen Punktzahl für Fortbildung und Sonderqualifikation (A II 3 c und f des Runderlasses) gerechtfertigt wäre, kann offenbleiben, weil es im Rahmen der Anfechtungsklage darauf nicht ankommt. Die Praxis des Justizministeriums Baden-Württemberg bei der Bestellung von Anwaltsnotaren im Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart, auf die der Antragsteller sich beruft, stützt sein Begehren nicht. Das Justizministerium hat ihm am geschrieben, der erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zum württembergischen Notar mit der Note befriedigend bis voll befriedigend könne mit drei Sonderpunkten, der Abschluß mit gut mit bis zu sechs Sonderpunkten bewertet werden. Der Grundkurs sei entbehrlich, wenn der Abschluß nicht wesentlich mehr als 20 Jahre zurückliege. Weitere Vergünstigungen für Bewerber mit abgeschlossener Ausbildung zum Bezirksnotar gewährt das Justizministerium offensichtlich nicht.
Der Antragsteller macht unter Hinweis unter anderem auf seine Dissertation, Vorträge, Veröffentlichungen und Bearbeitung hochkarätiger Erbrechtsmandate ferner geltend, er verfüge über herausragende Kenntnisse im Erbrecht. Dies bezweifelt der Senat nicht. Bei der Auswahlentscheidung können solche Kenntnisse und Erfahrungen über die Höchstpunktzahlen hinaus aber schon im Hinblick auf die Chancengleichheit und die Transparenz des Bewerbungsverfahrens nicht berücksichtigt werden. Der Vergleich mit den Verhältnissen anderer Bewerber setzt ein gewisses Maß an Abstraktion, Generalisierung und Schematisierung voraus, damit ein einheitlicher Maßstab gewonnen werden kann, nach dem sich die Justizverwaltung zu richten hat und auf den sich die Bewerber einstellen können (vgl. Senatsbeschluß vom - NotZ 19/93 - Nds. RPfl. 1994, 330 unter 2 c cc). Dem entspricht das Bewertungssystem des Antragsgegners, das in sich ausgewogen ist und auch dem besonders bedeutsamen Kriterium der zweiten juristischen Staatsprüfung das ihm zukommende Gewicht verleiht (Senatsbeschluß vom - NotZ 5/01 - ZNotP 2001, 403 unter 1). Diese Ausgewogenheit wäre in einer für die Bewerber nicht kalkulierbaren Weise beeinträchtigt, wenn besondere Kenntnisse und Erfahrungen über die vorgesehenen Höchstpunktzahlen hinaus bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wären. Sie können ausnahmsweise nur bei punktgleichen Bewerbern den Ausschlag geben (Senatsbeschluß vom - NotZ 5/01 - aaO). Im übrigen wären eine im Regelfall durchzuführende Überprüfung und Bewertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen praktisch kaum handhabbar. Der damit verbundene Aufwand und die dadurch verursachte Rechtsunsicherheit würden dazu führen, daß ausgeschriebene Notarstellen über den jetzt schon oft sehr langen Zeitraum hinaus nicht besetzt werden könnten.
2. Die hilfsweise erhobenen Feststellungsanträge sind unzulässig.
a) Für die begehrte Feststellung, durch die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zum Bezirksnotar sei die fachliche Eignung im Sinne von A II 2 des Runderlasses nachgewiesen, fehlt es jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsgegner hat sich den insoweit geäußerten Zweifeln der Notarkammer K. nicht angeschlossen. Aus der Bemerkung im angefochtenen Bescheid, dies wäre hier nicht abschließend zu entscheiden, lassen sich solche Zweifel des Antragsgegners nicht herleiten. Sie wären auch nicht berechtigt. Es liegt auf der Hand, wie die Verwaltungspraxis bei der Bestellung von Anwaltsnotaren im Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart zeigt, daß die mehr als fünfjährige praktische und theoretische Ausbildung zum Bezirksnotar dem Regelnachweis in Form des Grundkurses nach A II 2 des Runderlasses mindestens gleichwertig ist.
b) Daß diese Ausbildung nicht als hauptberufliche Anwaltstätigkeit gewertet werden darf, ist bereits im Rahmen des Anfechtungsantrags ausgesprochen worden.
c) Ob und in welchem Umfang für diese Ausbildung Fortbildungspunkte und Sonderpunkte vergeben werden können (Anträge c und d), war zwar im Rahmen des Anfechtungsantrags nicht zu entscheiden. Gleichwohl sind die Anträge unzulässig. Feststellungsanträge sind im Verfahren nach § 111 BNotO grundsätzlich nicht zulässig. Der Senat läßt allerdings ausnahmsweise Fortsetzungsfeststellungsanträge zu, also einen Übergang vom Anfechtungsantrag zum Feststellungsantrag nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsakts, wenn der Antragsteller sonst in seinen Rechten beeinträchtigt wäre und die begehrte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Landesjustizverwaltung künftig bei weiteren Bewerbungen ebenso stellen wird (Beschlüsse vom - NotZ 6/93 - NJW-RR 1995, 1081 unter II A und vom - NotZ 4/98 - NJW-RR 1999, 208 unter II 2 m.w.N.).
Hier liegen schon die Voraussetzungen eines Fortsetzungsfeststellungsantrags nicht vor. Der angefochtene Verwaltungsakt hat sich nicht erledigt. Im übrigen steht nicht fest, daß die Fragen, deren Klärung der Antragsteller erstrebt, bei künftigen Bewerbungen entscheidungserheblich sind. Ob es darauf überhaupt ankommt, hängt von der jeweiligen Bewerberlage ab. Der Antragsteller wird im Hinblick auf künftige Bewerbungen auch nicht rechtlos gestellt. Sollte es bei der Auswahlentscheidung darauf ankommen, ob und in welchem Umfang für seine Ausbildung zum Bezirksnotar Fortbildungspunkte oder Sonderpunkte zu vergeben sind, kann er die Entscheidung des Antragsgegners auf dem Rechtsweg überprüfen lassen.
3. Für die vom Antragsteller angeregte Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den (NJW-RR 2002, 57, vgl. dazu den Senatsbeschluß vom - NotZ 20/01 - ZNotP 2002, 119) besteht kein Anlaß.
Fundstelle(n):
ZAAAC-01494
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein