BGH Urteil v. - IX ZR 98/03

Leitsatz

[1] a) Wenn ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis besteht, kann eine Bank von ihrem Pfandrecht an den Forderungen eines Kunden aus einem Kontoguthaben auch schon vor Pfandreife Gebrauch machen, indem sie zur Sicherung einer späteren Verwertung keine Verfügungen des Kunden mehr zuläßt ("Kontosperre").

b) Läßt die Bank es zu, daß der Kunde über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend im letzten Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Gutschriften der Kontostand, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar (im Anschluß an BGHZ 150, 122, 125 f).

Gesetze: InsO § 95 Abs. 1 Satz 3; InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3; InsO § 131 Abs. 1; BGB § 1281 Satz 2 Halbs. 1; AGB-Banken Nr. 14

Instanzenzug:

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der M. GmbH (i.F.: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der verklagten Bank ein im Guthaben geführtes Kontokorrentkonto. Im Rahmen einer Kreditlinie von 700.000 DM hatte die Beklagte der Schuldnerin einen Solawechselkredit zur Verfügung gestellt, der in Höhe von 500.000 DM bis zum verlängert worden war. Ferner hatte die Beklagte der Schuldnerin im Jahre 2001 ein Mietaval in Höhe von 42.000 DM eingeräumt.

Nachdem die Beklagte von der Schuldnerin über Liquiditätsprobleme informiert worden war, kündigte sie mit Schreiben vom die Kreditlinie; zugleich teilte sie mit, das "gemäß Ziff. 14 AGB als Sicherheit haftende Guthaben" auf dem Kontokorrentkonto in Höhe von 542.000 DM gesperrt zu haben.

Am stellte die Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am , einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrags, hatte sich das Guthaben auf dem Konto noch auf etwa 1 Million DM belaufen. Bis zum hatte sich der Kontostand auf 393.396,23 DM verringert. Am stand das Konto mit 564.430,92 DM im Haben.

Am - nach Eintritt der Fälligkeit des Diskontkredits - verrechnete die Beklagte ihre daraus folgende Forderung mit dem Kontoguthaben. Am wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem die Beklagte im Dezember 2001 aus dem Mietaval in Anspruch genommen worden war und Zahlung geleistet hatte, verrechnete sie auch die daraus herrührende Forderung mit dem gesperrten Kontoguthaben.

Der Kläger hat die Verrechnungen angefochten und die Beklagte auf Zahlung von zunächst 290.328,72 € in Anspruch genommen. Die Klage hatte vor dem Landgericht in Höhe von 286.905,94 € Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil - unter Abweisung im übrigen - in Höhe von 277.120,20 € bestätigt. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten hat teilweise Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne die von der Beklagten am durchgeführte Sperrung des Kontokorrentkontos gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechten und von der Beklagten die Zahlung des damals einbehaltenen Betrages von 542.000 DM (= 277.120,20 €) verlangen. Die Kontosperrung sei eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO. Die dadurch erlangte Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Wechselkredit und dem Mietaval sei über das ihr gemäß Nr. 14 AGB-Banken zustehende Pfandrecht hinausgegangen. Die dadurch bewirkte Sicherung der Bank greife erst ein, wenn der Sicherungsfall eingetreten sei. Bis dahin habe der Bankkunde die volle Verfügungsfreiheit über die verpfändeten Werte. Als die Beklagte durch die Kontosperrung von dem Pfandrecht Gebrauch gemacht habe, seien die gesicherten Forderungen noch nicht fällig gewesen, habe mithin noch keine Pfandreife vorgelegen. Die Beklagte sei auch nicht aus § 1281 BGB zur Kontosperrung berechtigt gewesen, weil diese Vorschrift durch die Regelung über das AGB-Pfandrecht abbedungen worden sei. Die Kontosperrung sei inkongruent, weil dadurch im Ergebnis die Kredite der Beklagten vor Fälligkeit zurückgeführt worden seien. Die Kontosperrung sei geeignet gewesen, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Da die Beklagte die Aufrechnungsmöglichkeit anfechtbar erlangt habe, seien auch die Verrechnungen anfechtbar.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Soweit sich die Anfechtung gegen die am in Höhe von 500.000 DM im Verrechnungswege erlangte Befriedigung der Beklagten richtet, hat die Revision überwiegend Erfolg. Nur in Höhe von 106.603,77 DM ist die Verrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil die Klägerin die Möglichkeit dazu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat.

a) Die durch Verrechnung erlangte Befriedigung ist, für sich genommen, nicht als inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar. Zu dem genannten Zeitpunkt war die Diskontkreditverbindlichkeit der Schuldnerin fällig.

b) Die Befriedigung ist insofern inkongruent, als sie durch die zuvor verhängte Kontosperre ermöglicht wurde und die Kontosperre ihrerseits als inkongruente Sicherungsmaßnahme anfechtbar ist. In Höhe von 393.396,23 DM scheidet eine Anfechtung aus, weil die Kontosperre insoweit durch ein Pfandrecht der Beklagten gedeckt war; nur in Höhe der restlichen (500.000 DM

./. 393.396,23 DM =) 106.603,77 DM greift die Anfechtung durch.

aa) Die Kontosperre ist eine "Rechtshandlung" im Sinne der §§ 129 ff InsO. Darunter ist jede Willensbetätigung zu verstehen, die eine rechtliche Wirkung auslöst, gleichgültig ob diese selbst gewollt ist oder nicht. Der Begriff ist weit gefaßt, damit grundsätzlich alle Arten gläubigerbenachteiligender Maßnahmen Gegenstand einer Anfechtung sein können (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rn. 7). Durch die Kontosperre verhinderte die Beklagte weitere Verfügungen der Schuldnerin über ihr Guthaben, um sich dieses bis zur Fälligkeit ihrer Forderungen als Pfand zu sichern (vgl. , z.V.b.).

bb) Gläubigerbenachteiligend war die Kontosperre, weil sie dazu diente, die Beklagte - unter Ausschluß aller anderen Gläubiger - zu befriedigen. Hätte die Beklagte das Guthaben nicht blockiert, hätte nach Feststellung des Berufungsgerichts die Schuldnerin vor Insolvenzeröffnung anderweitig darüber verfügt.

cc) Die Kontosperre ist allerdings nur zum Teil inkongruent, nämlich insoweit, als das Pfandrecht, auf das die Beklagte sich stützte, seinerseits inkongruent ist. Im übrigen ist sie kongruent.

(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagten am an dem gesamten Kontoguthaben von damals 564.430,92 DM ein Pfandrecht gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken zustand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts durfte die Beklagte von ihrem Pfandrecht in der Weise Gebrauch machen, daß sie das Konto in Höhe der Forderung aus dem Diskontkredit, die ihr gegen den Kontoinhaber zustand, sperrte. Daß diese Forderung noch nicht fällig war, ändert daran nichts.

Zwar darf der Pfandgläubiger das Pfand erst nach Eintritt der Pfandreife, also nach Fälligkeit der gesicherten Forderung, verwerten. Die Kontosperre war jedoch noch keine Verwertungsmaßnahme, sondern diente nur der Sicherstellung der späteren Verwertung.

Die Sicherstellung der späteren Verwertung durch eine Kontosperre war durch § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB gedeckt (vgl. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten 6. Aufl. Rn. 700). Nach dieser Vorschrift kann der Pfandgläubiger vor Pfandreife verlangen, daß der Schuldner an ihn und den Gläubiger gemeinschaftlich leistet. Bei Identität von Schuldner und Pfandgläubiger - wie sie für das AGB-Pfandrecht der Banken kennzeichnend ist, soweit Ansprüche des Kunden gegen die Bank selbst erfaßt werden (vgl. BGHZ 93, 71, 76; , WM 1962,183,185; v. - III ZR 105/82, NJW 1983, 2701, 2702; v. - II ZR 17/87, NJW 1988, 3260, 3262) - kann der Gläubiger (Kunde) nicht Leistung an sich verlangen (, LM § 610 BGB Nr. 1 = WM 1956, 217, 218). Ebensowenig kann er verlangen, daß der Schuldner (Bank) auf seine Anweisung an einen Dritten leistet. Dadurch wird das Konto faktisch "gesperrt".

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Regelung des § 1281 Satz 2 Halbsatz 1 BGB auch nicht durch die Vereinbarung über das Pfandrecht gemäß Nr. 14 AGB-Banken abbedungen worden. Im Gegensatz zu Nr. 14 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken, wonach das Pfandrecht die aus einer Haftungsübernahme folgende Schuld erst ab deren Fälligkeit sichert (vgl. dazu , z.V.b.), folgt aus dem Wortlaut der Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken nicht, daß dem Bankkunden bis zum Eintritt der Pfandreife die volle Verfügungsfreiheit über sein Kontoguthaben erhalten bleiben muß. Wenn es dort heißt, das Pfandrecht diene der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank gegen den Kunden "zustehen", bedeutet dies nicht, daß die Sicherung der Bank nur dann eingreift, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist. Andernfalls wäre die Erwähnung der künftigen und bedingten Ansprüche nicht verständlich. Die Auslegung des Berufungsgerichts verträgt sich auch nicht mit Sinn und Zweck des AGB-Pfandrechts. Wenn die Bank bis zur Pfandreife nichts unternehmen könnte, um ihr Pfandrecht zu sichern, wäre dieses weitgehend im Wert gemindert. Eine Kündigung des Kredits, die nicht zur sofortigen Fälligkeit geführt hat, würde der Kunde vielfach zum Anlaß nehmen, das Konto "abzuräumen". Dem muß die Bank vorbeugen können.

Der Hinweis auf die Freigaberegelung in Nr. 16 Abs. 2 Satz 2 AGB-Banken, mit dem die Revisionserwiderung (gestützt auf Merkel, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 93 Rn. 203) die Ansicht des Berufungsgerichts verteidigt, verfängt nicht. Wenn die Bank verpflichtet ist, dem Pfandrecht unterliegende Gegenstände freizugeben, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt, und in diesem Rahmen auch verpflichtet ist, Aufträge des Kunden über die dem Pfandrecht unterliegenden Werte auszuführen, folgt daraus umgekehrt, daß unterhalb der Deckungsgrenze ein Freigabeanspruch nicht besteht. Insoweit wird also das Sicherungsbedürfnis der Bank anerkannt. Diesem kann sie auch schon vor Pfandreife Geltung verschaffen.

Unerheblich ist, daß die Bank im Laufe einer störungsfreien Giro- oder Kontokorrentbeziehung den Kunden weiter über die Guthaben auf den Konten verfügen läßt. Dadurch werden die abverfügten Beträge von dem Pfandrecht freigegeben; neue Zahlungseingänge fallen statt dessen darunter (vgl. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 6. Aufl. Rn. 6.218a). Selbst wenn dieses Verfahren längere Zeit praktiziert wird, ist die Bank nicht gehindert, jederzeit auf das Pfandrecht zurückzugreifen, wenn es zur Absicherung eines Kredits benötigt wird (Obermüller, aaO; vgl. ferner Gößmann, in: Gößmann/Wagner-Wieduwilt/Weber, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken 1993 Rn. 1/383; Steppeler/Künzle, Kommentar zu den Sparkassen-AGB 3. Aufl. Nr. 21 AGBSp Anm. II D). Sie kann dann eine interne Sperre verhängen, von welcher der Kunde nur Kenntnis erhält, wenn er eine Verfügung treffen und die Bank diese nicht zulassen will, oder - wie im vorliegenden Fall - eine externe Sperre vornehmen.

Daran ändert nichts der - für sich genommen zutreffende - Hinweis der Revisionserwiderung, daß die Giro- oder Kontokorrentabrede die Bank verpflichtet, den Kunden bei ausreichender Deckung jederzeit über sein Kontoguthaben verfügen zu lassen. Diese Verpflichtung wird durch das Recht zur Sicherung aus dem AGB-Pfandrecht aufgehoben. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung wird der Kunde dadurch, daß die Bank unter Berufung auf ihr AGB-Pfandrecht bereits vor Pfandreife ein Kontoguthaben sperren kann, auch nicht in unangemessener Weise benachteiligt. Zwar ist der Kunde dann gehindert, sein Guthaben, soweit die Sperre reicht, zur Befriedigung anderer Gläubiger zu verwenden. Es ist indessen jeder Verpfändung eines Rechts wesenseigen, daß der Inhaber über das verpfändete Recht nicht mehr beliebig disponieren (§§ 876, 1276 BGB) und dieses, soweit es sich gegen den Pfandgläubiger selbst richtet, nicht gegen diesen durchsetzen kann.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht die Akzessorietät des Pfandrechts ebenfalls nicht entgegen. Entscheidend ist, daß die Bank für ihre Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung jederzeit - selbst wenn die Ansprüche noch bedingt oder noch nicht fällig sind - von dem Kunden Sicherheiten (auch solche akzessorischer Art) verlangen kann (Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken). Erhöht sich das Risiko der Bank, ohne daß bereits der Sicherungsfall eingetreten wäre, kann sie zusätzliche Sicherheiten verlangen (Nr. 13 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken; vgl. hierzu , WM 1981, 150, 151; Beschl. v. - III ZR 223/83, WM 1985, 769). Würde ihr dies verwehrt, könnte sie den Kredit mit sofortiger Wirkung kündigen (Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken). Dann kann sie vor Eintritt des Sicherungsfalls auch eine bereits bestellte Sicherheit in der Weise "aktivieren", daß eine spätere Verwertung erleichtert wird.

(2) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob der Kläger das Pfandrecht erfolgreich angefochten hat (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO), ist zu bejahen, soweit es innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist.

Das Pfandrecht an der Forderung des Kunden gegen die Bank entsteht, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, wenn nicht schon mit Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift, so spätestens mit Entstehung des Anspruchs aus der Gutschrift (BGHZ 135, 140, 148; , ZIP 1996, 2082; v. - IX ZR 166/02, NJW 2003, 2171; vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, aaO § 19 Rn. 13). Auf die Anzeige an den Schuldner (§ 1280 BGB) kommt es bei der Bestellung eines Pfandrechts an eigener Schuld nicht an ( aaO; Bunte, aaO Rn. 30). Fällt dieser Entstehungszeitpunkt in die Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO, ist das Pfandrecht inkongruent und somit ohne weiteres anfechtbar (BGHZ 150, 122, 125 f).

Bei ihrem Hinweis darauf, daß der Beklagten bereits am , einen Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ein Pfandrecht am Guthaben der Schuldnerin in Höhe von 542.000 DM zugestanden habe, läßt die Revision einen wesentlichen Umstand außer acht. Unstreitig belief sich der Kontostand am zwar auf mehr als 542.000 DM, nämlich auf etwa 1 Million DM. Durch Sollbuchungen sank der Kontostand aber bis zum auf 393.396,23 DM. Da die Beklagte diese Verminderung des Kontostandes hingenommen hat, ist das Pfandrecht in entsprechender Höhe freigegeben worden (Obermüller, aaO Rn. 6.218a). Zwar stieg der Kontostand anschließend bis zum infolge von neuen Gutschriften wieder auf 564.430,92 DM. Das durch die neuen Gutschriften entstandene Pfandrecht ist jedoch (in Höhe von 106.603,77 DM) inkongruent.

Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht gilt nicht etwa deshalb etwas anderes, weil die Soll- und Habenbuchungen insgesamt als Bargeschäft anzusehen wären. Ob die dazu von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 150, 122, 127 ff) überhaupt auf im Haben geführte Konten anzuwenden sind, erscheint zweifelhaft, weil Sollbuchungen auf einem solchen Konto keine Kreditgewährung darstellen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Die Rechtsfigur des Bargeschäfts hat nur für die Frage der Anfechtbarkeit von Verrechnungen Bedeutung. Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber darum, wann ein Pfandrecht entsteht und ob dieser Zeitpunkt in die Krise im Sinne des Anfechtungsrechts fällt.

2. Soweit die Revision sich dagegen wendet, daß die Beklagte in den Vorinstanzen zur Rückzahlung des Betrages von 42.000 DM verurteilt worden ist, den sie sich zum Zwecke der Befriedigung wegen der Mietavalforderung verschafft hat, bleibt sie erfolglos.

Den fraglichen Betrag hat die Beklagte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt. Insofern steht § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO der Wirksamkeit der Aufrechnung entgegen. Der Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten ist erst nach Insolvenzeröffnung und erst zu einem Zeitpunkt unbedingt geworden, nachdem die Guthabenforderung der Schuldnerin fällig war (Obermüller, aaO Rn. 5.427a).

Die Lage der Beklagten wäre nur dann günstiger, wenn die Forderung, die sie verrechnet hat, durch ein insolvenzfestes Pfandrecht gesichert gewesen wäre. Indes reichte das Pfandrecht, wie im Vorstehenden unter 1. ausgeführt, nicht einmal hin, um die zuvor aufgerechnete Forderung von 500.000 DM in vollem Umfang anfechtungsfest zu sichern. Das Pfandrecht für die darüber hinaus bestehende Forderung von 42.000 DM unterliegt daher ebenfalls der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

III.

Da im Tatsächlichen nichts mehr aufzuklären ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Die Beklagte hat gemäß § 143 Abs. 1 InsO 106.603,77 DM (inkongruenter Teil der Verrechnung der Forderung aus dem Diskontkredit) und 42.000 DM (Verrechnung der Forderung aus dem Mietaval) an den Kläger zurückzuzahlen, insgesamt also 148.603,77 DM. Dies entspricht nach nunmehriger Währung 75.979,90 €.

Fundstelle(n):
BB 2004 S. 732 Nr. 14
DB 2004 S. 1095 Nr. 20
DStR 2004 S. 1575 Nr. 37
DStR 2004 S. 1753 Nr. 41
BAAAC-01074

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja