Leitsatz
[1] Verlangt der Vermieter des insolventen Mieters Auskunft über die seinem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen, kann der Insolvenzverwalter dazu auch dann verpflichtet sein, wenn die Sachen unter der Verantwortung seines Amtsvorgängers von dem vermieteten Grundstück entfernt wurden.
Soweit der Insolvenzverwalter die Mietsache noch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nutzt, ist der Vermieter mit seiner Mietzinsforderung Neumassegläubiger.
Gesetze: InsO § 50 Abs. 1; InsO § 167 Abs. 1 Satz 1; InsO § 209 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug: LG Mannheim
Tatbestand
Die Klägerin vermietete Grundstücke an die R E. B. GmbH & Co KG (im folgenden: Schuldnerin) zum Betrieb eines Möbeleinzelhandels. Die Schuldnerin übertrug im Jahr 1997 sämtliche in den Mieträumen befindliche Ware durch Raumsicherungsübereignung auf ein Kreditinstitut. Am wurde Rechtsanwalt H. , der frühere Beklagte, zum vorläufigen Verwalter in dem Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Ein Veräußerungsverbot wurde dieser nicht auferlegt. Daraufhin machte die Klägerin mit Schreiben vom ihr Vermieterpfandrecht geltend. Am wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt H. zum Insolvenzverwalter ernannt. Dieser kündigte am das Mietverhältnis zum . Mit an demselben Tag beim Insolvenzgericht eingegangenem Schreiben vom zeigte er die Masseunzulänglichkeit an.
Im Wege der Stufenklage hat die Klägerein den damaligen Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt H. , auf Erteilung von Auskünften über den Warenbestand am , über den Warenabgang zwischen dem 24. Juni und dem , über den Warenbestand am und den Warenabgang zwischen dem 1. September und dem , auf die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der erteilten Auskünfte und auf Zahlung in einer nach deren Erteilung noch zu bestimmenden Höhe in Anspruch genommen. Ferner hat die Klägerin unter anderem beantragt, den Beklagten zur Zahlung des Mietzinses für die Monate September und Oktober 1999 - jeweils 231.235,95 DM, insgesamt 462.471,90 DM - zu verurteilen. Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren stattgegeben. Hinsichtlich des Mietzinses hat es den Beklagten nicht zur Zahlung verurteilt, sondern lediglich die Verpflichtung festgestellt, daß der Beklagte zur Zahlung des genannten Betrages verpflichtet ist.
Während des Berufungsverfahrens ist Rechtsanwalt H. als Insolvenzverwalter entlassen worden. Zum neuen Insolvenzverwalter wurde der nunmehrige Beklagte bestellt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten, der weiter die Klageabweisung begehrte, mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß er verpflichtet ist, bei der Masseverteilung eine (Alt-)Masseforderung der Klägerin in Höhe von 462.471,90 DM nebst Zinsen zu berücksichtigen. Die Anschlußberufung der Klägerin, die den Zahlungsanspruch hinsichtlich des Mietzinses weiterverfolgte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit vom Berufungsgericht zugelassener Revision und einer Anschlußrevision verfolgen die Parteien ihre Berufungsanträge weiter.
Gründe
Das Rechtsmittel des Beklagten hat keinen Erfolg. Demgegenüber führt die Anschlußrevision teilweise zur Aufhebung und Zurückverweisung.
A. Zur Revision des Beklagten
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe möglicherweise ein Vermieterpfandrecht zu. Sie habe Forderungen aus dem Mietverhältnis, und in den Mieträumen hätten sich der Schuldnerin gehörende Sachen befunden. Das Vermieterpfandrecht gewähre der Klägerin in der Insolvenz der Schuldnerin ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 50 Abs. 1 InsO). Die Klägerin habe einen Anspruch auf Auskunft über den Zustand der dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen (§ 167 Abs. 1, § 166 InsO). Die Auskunftserteilung sei dem Beklagten weder unmöglich noch unzumutbar. Auch ein während des laufenden Verfahrens neu bestellter Insolvenzverwalter müsse sich den Besitz der Massegegenstände verschaffen, sich Geschäftsunterlagen herausgeben lassen und sich informieren, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Notfalls müsse er fehlende Informationen vom Schuldner einholen, der zur Auskunft verpflichtet sei (§§ 97, 98 InsO).
II.
Demgegenüber rügt die Revision, die Verurteilung zur Auskunft sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet, weil der Beklagte von den früheren Vorgängen keine Kenntnis habe. Der Insolvenzverwalter der ebenfalls insolventen "Auffanggesellschaft" R. AG habe sämtliche Unterlagen aus den Geschäftsräumen der Schuldnerin in Besitz genommen und entfernt. Ein gegen diesen Insolvenzverwalter gerichtetes Auskunftsverlangen sei aussichtslos. Der Beklagte könne somit den früheren Warenbestand weder für die genannten Zeitpunkte feststellen noch danach aufgliedern, ob die Waren dem Vermieterpfandrecht unterfielen oder nicht. In dem Warenbestand hätten sich "mit Sicherheit" auch unpfändbare und somit nicht dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen befunden. Jetzt seien keine Waren mehr vorhanden; durch deren Entfernung aus den Gewerberäumen mit Einverständnis der Klägerin sei ein etwaiges Vermieterpfandrecht erloschen. Für die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung fehle es an einer konkreten Grundlage, weil der Wert des Vermieterpfandrechts nicht bestimmt werden könne.
Diesen Angriffen ist der Erfolg zu versagen.
1. Die Klägerin hat einen Auskunftsanspruch gegen den Beklagten. Ob dieser aus § 167 Abs. 1 Satz 1 InsO folgt, wie das Berufungsgericht (im Anschluß an MünchKomm-InsO/Lwowski, § 167 Rn. 23; ebenso Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 167 Rn. 5) gemeint hat, kann dahin stehen. Falls der Ansicht des Landgerichts zu folgen wäre, wonach der Anspruch aus § 167 InsO voraussetzt, daß der Absonderungsberechtigte die dem Absonderungsrecht unterliegende Sache kennt und nur deren Zustand in Erfahrung bringen möchte (ähnlich FK-InsO/Wegener, 3. Aufl. § 167 Rn. 2; Kübler/Prütting/Kemper, InsO § 167 Rn. 5), würde sich der Auskunftsanspruch der Klägerin als Nebenrecht ihres Absonderungsrechts aus § 50 InsO ergeben (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, vor §§ 49 bis 52 Rn. 130). Die Ansicht der Revision, der Auskunftsanspruch sei nicht auf "Pfandrechtsermittlung" gerichtet, geht fehl. Wenn nach den der Klägerin bekannten Umständen ein Absonderungs- oder Ersatzabsonderungsrecht aufgrund eines Vermieterpfandrechts an Sachen, über die der Beklagte verfügen kann oder über die er oder sein Amtsvorgänger verfügen konnte, bestehen kann und die weitere Frage, ob es wirklich besteht und gegebenenfalls in welchem Umfang, von Umständen abhängt, über die nur der Beklagte und/oder sein Amtsvorgänger Kenntnis haben, schuldet er die von der Klägerin begehrte Auskunft.
a) Der Vermieter hat in der Insolvenz des Mieters ein Recht zur abgesonderten Befriedigung (§ 50 Abs. 1 InsO) an den dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen des Mieters (§ 559 BGB a.F.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, bestand zwischen der Klägerin als Vermieterin und der Schuldnerin als Mieterin ein Mietvertrag; die Klägerin hat Forderungen aus dem Mietverhältnis, und die Schuldnerin hat Sachen in die gemieteten Räume eingebracht.
aa) Der Hinweis der Revision, in dem Warenbestand der Schuldnerin seien "mit Sicherheit" auch verkaufsbereite Sachen vorhanden gewesen, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar gewesen seien und daher nach § 559 Satz 3 BGB a.F. nicht dem Vermieterpfandrecht unterlegen hätten, ist zum einen unerheblich und zum andern unzutreffend. Selbst wenn sich in dem Warenbestand auch unpfändbare Sachen befunden hätten, wäre es ebenfalls Aufgabe des Beklagten, der Klägerin insoweit Auskünfte zu erteilen. Denn diese kann nicht wissen, welche Lagerbestandteile unpfändbar waren und welche nicht. Im übrigen fällt das Warenlager eines größeren Möbeleinzelhändlers - auch und gerade die verkaufsbereiten Sachen - nicht unter § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (vgl. MünchKomm-ZPO/Schilken, § 811 Rn. 30, 57; Zöller/Stöber, ZPO 24. Aufl. § 811 Rn. 27 und 28 Stichwort "Waren"; Musielak/Becker, ZPO 3. Aufl. § 811 Rn. 20). Für das Gegenteil beruft sich die Revision zu Unrecht auf die Entscheidung des , NJW 1993, 921, 922). Diese Entscheidung befaßte sich nur mit den für die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit eines Leichentransportunternehmers erforderlichen Gegenständen.
bb) Soweit die von der Schuldnerin eingebrachten Sachen ihr unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden waren, ging das Vermieterpfandrecht zwar ins Leere (vgl. BGHZ 87, 274, 280). Indes hat der Beklagte selbst vorgetragen, daß in den angemieteten Räumen "freie" Ware vorhanden war. Dies kann, weil die Raumsicherungsübereignung umfassend war, nur bedeuten, daß insoweit Eigentumsvorbehalte der Lieferanten nicht bestanden.
cc) Die Raumsicherungsübereignung steht dem Vermieterpfandrecht nicht entgegen. Soweit die Ware im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung bereits eingebracht war, ließ diese das bereits bestehende Pfandrecht unberührt. Auch in bezug auf Ware, die erst nach der Sicherungsübereignung dem Warenlager zugeführt wurde, hat das Vermieterpfandrecht den Vorrang (vgl. BGHZ 117, 200, 207; MünchKomm-InsO/Ganter, § 50 Rn. 89).
dd) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, durch Entfernung der Ware aus den gemieteten Räumen mit Einverständnis der Klägerin sei deren Vermieterpfandrecht untergegangen. Im Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings, daß das Pfandrecht des Vermieters mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück erlischt, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt (§ 560 BGB a.F.). Dabei ist aber danach zu unterscheiden, ob die Entfernung vor oder nach Insolvenzeröffnung erfolgt ist.
(1) Vor Insolvenzeröffnung wurden dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen zwar teilweise mit Wissen der Klägerin von dem Grundstück entfernt. Nach den tatrichterlichen Feststellungen teilte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom dem früheren Beklagten mit, man sei unter der Voraussetzung, daß dies nachvollziehbar dokumentiert werde, mit dem vorläufigen Abverkauf von Ware in den Mieträumen bis zum einverstanden. Ein derartiger "Abverkauf" fand dann auch statt. Dadurch erlosch ein an den veräußerten Waren etwa bestehendes Vermieterpfandrecht jedoch nicht. Es setzte sich vielmehr an dem entsprechenden Erlös fort. Denn die zwischen der Klägerin und dem früheren Beklagten getroffene Vereinbarung ist zwanglos dahin auszulegen, daß mit dem "Abverkauf", soweit er mit dem Vermieterpfandrecht belastete Ware betraf, eine Verwertung zugunsten der Klägerin stattfinden sollte. Zu dieser Auslegung ist der Senat befugt, weil sie in den Vorinstanzen unterblieben und nicht erkennbar ist, daß zu dem betreffenden Vorgang noch vorgetragen werden könnte.
Am - also ebenfalls noch vor Insolvenzeröffnung - wurden sämtliche Orientteppiche abtransportiert. Dies führte nicht zu einem Erlöschen des Vermieterpfandrechts der Klägerin gemäß § 560 Satz 1 BGB a.F. Denn die Entfernung geschah ohne ihr Wissen. Tatrichterlich festgestellt ist, daß die Klägerin davon erst am erfuhr. Das Pfandrecht an den Orientteppichen erlosch auch nicht gemäß § 561 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. Danach erlischt das Vermieterpfandrecht, wenn die Sache ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden ist, falls nicht binnen eines Monats nach Kenntniserlangung von der Entfernung der Herausgabeanspruch nach § 561 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. gerichtlich geltend gemacht wird. Zwar muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin ab dem die in dieser Vorschrift vorausgesetzte Kenntnis hatte. Denn in der ihr übergebenen Bestandsliste für Juni 1999 war "Orient-/Chinaware" im Wert von 920.866,10 DM als freier Bestand angegeben gewesen. Indes ist das Landgericht in einem von der Klägerin eingeleiteten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon ausgegangen, daß diese der Entfernung der Gegenstände widersprochen und binnen Monatsfrist ab Kenntniserlangung den Rückgabeanspruch gerichtlich geltend gemacht habe. Etwas abweichendes ist im vorliegenden Verfahren weder festgestellt noch vorgetragen worden.
Soweit der frühere Beklagte vor Insolvenzeröffnung durch unerlaubte Entfernung von dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Waren wirklich das Vermieterpfandrecht zum Erlöschen gebracht hat, kommt ein Ersatzabsonderungsrecht analog § 48 Satz 2 InsO in Betracht. Die in diesem Zusammenhang von dem Beklagten herangezogene Rechtsprechung zu § 46 KO ist überholt. Danach stand dem Vermieter kein Ersatzabsonderungsrecht zu, wenn der Sequester Sachen des Gemeinschuldners, die einem Vermieterpfandrecht unterlagen, veräußerte und der Erlös vor Konkurseröffnung in das Schuldnervermögen gelangte. Die Insolvenzordnung hat insoweit die Rechte der Ersatzaus- und -absonderungsberechtigten erweitert. Sie können die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen oder in die Gegenleistung vollstrecken, soweit sie in der Insolvenzmasse noch unterscheidbar vorhanden ist, auch wenn die Gegenleistung schon vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner eingezogen worden ist. Insoweit ist die Klägerin ebenfalls auf die vom Beklagten zu erteilende Auskunft angewiesen. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerte Ansicht der Revision, ein Ersatzabsonderungsrecht sei in den Prozeß nicht eingeführt worden, liegt neben der Sache. Ein Ersatzabsonderungsrecht ist aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts von Amts wegen zu prüfen, weil es sich dabei um einen Bestandteil der rechtlichen Würdigung handelt.
(2) Der größte Teil des Warenbestands ist nach Insolvenzeröffnung abtransportiert worden. Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat ein Räumungsverkauf stattgefunden. Dieser hat nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten erst nach der Gläubigerversammlung am begonnen und praktisch zur Leerung der gemieteten Räume von verkaufsfähiger Ware geführt. Das Landgericht ist davon ausgegangen, daß der Geschäftsbetrieb in den gemieteten Räumlichkeiten nach Abschluß des Räumungsverkaufs am eingestellt worden ist. Danach seien dort nur noch "wertlose Gegenstände und Ausstellungsinventar" verblieben. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Somit konnte die Klägerin einem als Verwertungsmaßnahme gedachten Räumungsverkauf nicht widersprechen; ein Widerspruch war zur Erhaltung des Absonderungsrechts auch nicht notwendig (vgl. , WM 2001, 1628).
b) Daß der Beklagte, weil er erst mit Beschluß vom zum Nachfolger von Rechtsanwalt H. als Insolvenzverwalter bestellt worden ist, über geschäftliche Verhältnisse der Schuldnerin im Jahr 1999 nicht aus eigener Anschauung Kenntnisse haben kann, entbindet ihn nicht von der Verpflichtung, der Klägerin die begehrten Auskünfte zu erteilen.
aa) Als neuem Insolvenzverwalter steht dem Beklagten gegen seinen Vorgänger, Rechtsanwalt H. , seinerseits ein Auskunftsanspruch zu.
Wird ein Insolvenzverwalter vorzeitig aus dem Amt entlassen (§ 59 InsO) und statt seiner ein neuer Insolvenzverwalter bestellt, hat dieser alle Maßnahmen zu treffen, die im Hinblick auf den Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts (§ 80 Abs. 1 InsO) erforderlich sind. Umgekehrt ist es eine nachwirkende Amtspflicht des früheren Insolvenzverwalters, alle in Ausübung des Verwalteramtes erworbenen Gegenstände und Informationen, die der Nachfolger benötigt, um seiner Funktion gerecht zu werden, diesem zu überlassen. Er hat an den Nachfolger nicht nur die Massegegenstände und verfahrensbezogenen Unterlagen herauszugeben (MünchKomm-InsO/Graeber, § 58 Rn. 55 f), sondern diesem - zumindest auf Anfrage - auch Auskünfte zu verfahrensrelevanten Vorgängen während seiner Amtszeit zu erteilen. Gegebenenfalls umfaßt die Auskunftspflicht auch die Zeit als vorläufiger Insolvenzverwalter. Ob er ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 InsO) oder ein sogenannter schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter war, bleibt sich gleich. Denn zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehört auch die Erteilung von Auskünften über solche Handlungen des Schuldners, die den Bestand der Insolvenzmasse berühren (vgl. BGHZ 49, 11, 16). Deshalb muß auch der frühere Insolvenzverwalter seinem Nachfolger insoweit "Amtshilfe" leisten.
bb) Wegen der fehlenden Informationen kann sich der neue Insolvenzverwalter ferner an den Schuldner wenden, der seinerseits gemäß §§ 97, 98 InsO zur Auskunft verpflichtet ist (MünchKomm-InsO/Ganter, vor §§ 49 bis 52 Rn. 130).
cc) Der mit der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestattete Beklagte ist ferner berechtigt und verpflichtet, Dritte, die sich Massegegenstände angeeignet haben, auf Herausgabe in Anspruch zu nehmen. Der Vortrag, die Unterlagen der Schuldnerin seien durch den Insolvenzverwalter der später ebenfalls insolvent gewordenen Auffanggesellschaft R. AG "in Besitz genommen und unbekannt entfernt" worden, ist deshalb unerheblich. Daß die Unterlagen nicht mehr zu beschaffen seien, ist weder festgestellt noch nachvollziehbar vorgetragen worden.
dd) Der in diesem Zusammenhang von dem Beklagten geltend gemachte Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor. Das Berufungsgericht mußte dem neuen Beklagten keine Gelegenheit geben, seinen Vortrag in dem nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom in das Verfahren einzuführen. Die Revision legt nicht dar, daß dieser Vortrag entscheidungserheblich war. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen war er es nicht.
c) Daß der Auskunftsanspruch - wie die Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat - durch eine Negativauskunft erfüllt worden sei, trifft nicht zu. Wer erklärt, die begehrte Auskunft sei ihm unmöglich, erteilt keine Negativauskunft.
2. Gegen die vom Berufungsgericht ausgesprochene Feststellung bringt die Revision keine rechtlich durchgreifenden Rügen vor.
B. Zur Anschlußrevision der Klägerin
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin wegen der von dem Insolvenzverwalter angezeigten Masseunzulänglichkeit nur verlangen, daß ihre Mietzinsforderung bei der Verteilung anteilsmäßig bedient wird. Da ihr Anteil nicht feststehe, könne der Beklagte nicht zur Leistung verurteilt werden.
II.
Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Allerdings hat der Senat bereits entschieden, daß die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter für das Prozeßgericht bindend ist und Altmasseverbindlichkeiten danach nicht mehr mit einer Leistungsklage verfolgt werden können (, ZIP 2003, 914, 915, z.V.b. in BGHZ). Die Ausführungen der Revision geben dem Senat keinen Anlaß, hiervon abzuweichen. Die Ansicht der Anschlußrevision, daß ein unredlicher Verwalter die Masseunzulänglichkeit behaupten und die Gläubigerforderungen mit einer schlichten Erklärung, die keiner gerichtlichen Überprüfung ausgesetzt sei, "vernichten" könne, trifft nicht zu. Allerdings werden die Altmasseforderungen durch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Wert gemindert. Sie geraten in einen Nachrang gegenüber den Neumasseforderungen (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Dadurch entsteht den Altmassegläubigern jedoch kein Schaden, weil sie voll befriedigt werden, wenn der Verwalter zu Unrecht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (HK-InsO/Landfermann, 3. Aufl. § 208 Rn. 7). Als Nachteil verbleibt, daß die Befriedigung der Altmassegläubiger zunächst zurückgestellt wird, weil nicht mehr Zahlung, sondern nur noch Feststellung begehrt werden kann. Die aus § 61 InsO sich ergebenden Haftungsrisiken verhindern jedoch, daß ein Verwalter die Anzeige der Masseunzulänglichkeit mutwillig abgibt (MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 208 Rn. 40). Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann allenfalls unter denselben Voraussetzungen unverbindlich sein, unter denen eine entsprechende Feststellung des Insolvenzgerichts nichtig wäre ( aaO). Für eine solche Ausnahme hat die Klägerin nichts Hinreichendes dargetan.
Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, der Insolvenzverwalter könne, wenn er die von ihm angezeigte Masseunzulänglichkeit beseitigt habe, beim Insolvenzgericht durch eine "Zulänglichkeitsanzeige" die Rückkehr in das Regelinsolvenzverfahren beantragen (A. Schmidt NZI 1999, 442 ff; MünchKomm-InsO/Hefermehl, § 208 Rn. 55; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 208 Rn. 31; HK-InsO/Landfermann, § 208 Rn. 14; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 208 Rn. 23 f). Hierzu und zu der weiteren Frage, ob - wie die Anschlußrevision geltend macht - die Bindung des Prozeßgerichts an die Anzeige der Masseunzulänglichkeit auch dann entfällt, wenn der Insolvenzverwalter mit der tatsächlichen Gestaltung des Insolvenzverfahrens die von ihm angezeigte Masseunzulänglichkeit "widerlegt" hat, braucht der Senat nicht Stellung zu nehmen. Denn das Berufungsgericht hat eine derartige "Widerlegung" nicht festgestellt, und dagegen ist keine Rüge erhoben worden.
2. Die mit der Klage geltend gemachten Mietzinsforderungen sind jedoch nicht insgesamt Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
a) Der Mietzins für die Zeit vom 1. September bis zum ist eine Altmasseverbindlichkeit. Das Schuldverhältnis war bereits vor der mit Schreiben vom erfolgten Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden, und zwar selbst dann, wenn man insoweit auf die Neuformulierung des Mietvertrags vom abstellt. Die Miete und die Nebenkosten waren von der Schuldnerin monatlich im voraus zu bezahlen. Der eingeklagte Mietzins für September und Oktober 1999 war bereits fällig, als der frühere Beklagte dem Insolvenzgericht mitteilte, daß Masseunzulänglichkeit vorliege. Gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO gelten als Neumasseverbindlichkeiten zwar die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht erfüllt. Denn der frühere Beklagte hat das Mietverhältnis am zum gekündigt. Dies war gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO in Verbindung mit § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. der frühestmögliche Termin seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine erneute Kündigung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit hätte die Vertragsbeendigung nicht zu beschleunigen vermocht.
b) Für die Zeit zwischen dem 19. und dem greift jedoch § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO ein. Die Vorschrift setzt voraus, daß der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis für die Insolvenzmasse in Anspruch genommen hat. Unter "Inanspruchnahme" ist hierbei ein Verhalten des Insolvenzverwalters zu verstehen, mit dem er die Gegenleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nutzt, obwohl er dies pflichtgemäß hätte verhindern können ( aaO S. 916). Vorliegend war zwar der frühere Verwalter durch die noch laufende Kündigungsfrist gebunden. Indes hätte er die Klägerin im Zusammenhang mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit "freistellen" können, indem er ihr die weitere Nutzung der Mietsache anbot (vgl. aaO S. 917). Dies hat der frühere Beklagte nicht getan; vielmehr hat er die Mietsache jedenfalls bis zum Ende des Räumungsverkaufs am genutzt.
3. Reicht die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu erwirtschaftende Insolvenzmasse nicht aus, um alle Neumassegläubiger voll zu befriedigen, ist auf den Einwand des Insolvenzverwalters hin auch für diese Gläubiger nur noch eine Feststellungsklage zulässig; die Voraussetzungen sind vom Verwalter im Einzelnen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen ( aaO S. 918).
Bisher hat der Beklagte nicht dargelegt, daß die Insolvenzmasse auch nicht ausreiche, um wenigstens die Neumassegläubiger zu befriedigen. Da die Rechtslage aber erst durch das - nach Schluß der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ergangene - Senatsurteil vom geklärt wurde, muß ihm noch Gelegenheit gegeben werden, diesen Vortrag nachzuholen.
4. Der anteilige Mietzins für die Zeit vom 20. bis (12 Tage) beträgt 89.510,64 DM (= 45.766,06 €). Soweit das Berufungsgericht in dieser Höhe den Zahlungsantrag der Klägerin abgewiesen hat, ist das Berufungsurteil somit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2004 S. 1097 Nr. 20
HAAAC-00505
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja