Leitsatz
[1] a) Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter, der vor Bekanntwerden des Urteils des Senats vom (BGHZ 151, 353) bestellt wurde, konnte und durfte auf die Wirksamkeit seiner pauschalen und umfassenden Ermächtigung, die damals allgemein üblich und verbreitet war, vertrauen (Fortführung von BGHZ 151, 353, 367).
b) Wurde der vorläufige Insolvenzverwalter im Rahmen einer ihm wirksam übertragenen pauschalen und umfassenden Ermächtigung tätig, ist er für diese Tätigkeit angemessen zu vergüten. Von der Vergütungspflicht sind nur solche Tätigkeiten nicht erfaßt, die von den ihm übertragenen Aufgaben und Befugnissen ausdrücklich ausgenommen oder die insolvenzzweckwidrig sind.
c) Das Verbot der Schlechterstellung bezieht sich bei der Vergütung des vorläufigen (oder endgültigen) Insolvenzverwalters auf die Gesamthöhe der zuzuerkennenden Vergütung.
Gesetze: InsO § 21 Abs. 2 Nr. 1; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2; InsO § 22 Abs. 2; InsO § 63; InsVV § 3; InsVV § 10; InsVV § 11
Instanzenzug:
Gründe
I.
Der weitere Beteiligte wurde durch Beschluß des Insolvenzgerichts vom zum vorläufigen Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Es wurde angeordnet, daß Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO). Außerdem wurde angeordnet:
"Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, ist jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist."
Die Tätigkeit des weiteren Beteiligten als vorläufiger Insolvenzverwalter endete mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluß vom . Er beantragte für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter eine Vergütung in Höhe von 15.131,43 €. Ausgehend von einem Regelsatz von 20.084,55 € beantragte er einen Erschwerniszuschlag von 75 % (zusammen 35.840,97 €). Im Hinblick auf den Zustimmungsvorbehalt begehrt er hiervon einen Bruchteil von 35 % zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.
Das Amtsgericht hat die Vergütung auf insgesamt 9.011,43 € festgesetzt. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der vorläufige Insolvenzverwalter sein Festsetzungsbegehren in vollem Umfang weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig, § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Amtsgericht und Beschwerdegericht haben die beantragten Zuschläge versagt, weil dem Beschwerdeführer die Aufgaben, für deren Erledigung er die Zuschläge begehrt, nicht übertragen gewesen seien. Dies betreffe die Fortführung des Geschäftsbetriebes und seine Beordnung. Dasselbe gelte für die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes, die Abrechnung der Lohnverbindlichkeiten, die Abstimmung der Betriebsfortführungen sowie die Übertragung des Geschäftsbetriebes im Rahmen einer übertragenden Sanierung. Andererseits haben sie den Bruchteil des Vergütungssatzes auf 35 % des Regelsatzes festgelegt.
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Die Aufgabenbestimmung und Befugniszuweisung an den vorläufigen Insolvenzverwalter im Beschluß vom war zwar unzulässig, aber - noch - wirksam.
a) Die pauschale gerichtliche Ermächtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters, mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln, ist unzulässig. Der vorläufige schwache Insolvenzverwalter darf, wenn zugleich ein allgemeiner Zustimmungsvorbehalt (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) erlassen ist, zugleich dazu ermächtigt werden, über bestimmte Gegenstände des Schuldnervermögens zu verfügen. Er kann - ohne begleitendes allgemeines Verfügungsverbot - auch dazu ermächtigt werden, einzelne im voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen, soweit dies für eine erfolgreiche Verwaltung nötig ist. Müssen dazu nur einzelne Masseverbindlichkeiten von begrenztem Umfang begründet werden, ist deswegen nicht ohne weiteres der Erlaß eines allgemeinen Verfügungsverbotes nach § 22 Abs. 1 InsO erforderlich. Das Insolvenzgericht darf nach § 22 Abs. 2 InsO die Pflichten und Befugnisse des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters grundsätzlich bis hin zur Grenze des mit einem begleitenden Verfügungsverbot bestellten starken vorläufigen Verwalters (§ 22 Abs. 1 InsO) ausdehnen. Es darf die Befugnisse jedoch nicht - wie hier geschehen - in das Ermessen des schwachen Insolvenzverwalters stellen. Vielmehr hat das Gericht selbst die einzelnen Maßnahmen bestimmt zu bezeichnen, zu denen der vorläufige Verwalter berechtigt und verpflichtet sein soll (BGHZ 151, 353, 365 f).
b) Der Beschwerdeführer durfte sich indes auf die Wirksamkeit der am getroffenen Anordnung verlassen. Die pauschale, umfassende Ermächtigung war wirksam, weil der Bundesgerichtshof insoweit die Rechtslage erst im Urteil vom geklärt hat (BGHZ 151, 353, 367; , ZIP 2004, 766, 767).
2. Folglich ist für die Vergütung die Auslegung des wirksamen Beschlusses vom maßgebend. Hierbei ist entscheidend, daß seinerzeit Beschlüsse in dieser Form allgemein üblich und verbreitet waren. Sie hatten das Ziel, dem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter die Rechte und Pflichten eines starken vorläufigen Insolvenzverwalter zu übertragen, ohne dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen (vgl. BGHZ 151, 353, 363 f). Im Hinblick auf diese allgemeine Handhabung konnte und durfte der Beschwerdeführer davon ausgehen, daß er umfassend ermächtigt war. Dann ist er auch entsprechend zu vergüten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muß die Vergütung sowohl des Insolvenzverwalters als auch des vorläufigen Insolvenzverwalters für die ihm übertragenen und von ihm erledigten Aufgaben angemessen sein (BGHZ 146, 165, 174; 157, 282, 286).
Von der Vergütungspflicht sind demnach nur solche Tätigkeiten des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht erfaßt, die von den ihm übertragenen Aufgaben und Befugnissen ausdrücklich ausgenommen oder die insolvenzzweckwidrig sind.
3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es im Ausgangspunkt angemessen, dem vorläufigen Insolvenzverwalter 25 v.H. der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters zuzubilligen (, ZIP 2003, 1759; v. - IX ZB 10/03, ZIP 2003, 1612; v. - IX ZB 589/02, ZIP 2004, 1555, 1557).
Hat das Insolvenzgericht angeordnet, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, rechtfertigt dies bei der gesonderten Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters keinen generellen Zuschlag auf den Ausgangssatz von 25 % ( aaO, v. aaO).
Von diesem Ausgangssatz von 25 % sind sodann je nach der konkreten Art und Weise, wie der schwache vorläufige Insolvenzverwalter von seinen Befugnissen Gebrauch gemacht hat, Zu- und Abschläge in der Form vorzunehmen, daß sie unmittelbar gemäß § 3 InsVV den für den vorläufigen Insolvenzverwalter maßgebenden Bruchteil verringern oder erhöhen (, ZIP 2004, 518; v. - IX ZB 589/02 aaO). Das Leistungsbild der entfalteten Verwaltertätigkeit muß dabei im Einzelfall gewürdigt und eine leistungsangemessene Vergütung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1, § 63 InsO) festgesetzt werden (vgl. aaO).
Das Insolvenzgericht, das bislang einen Bruchteil des Vergütungssatzes von 35 % zugrunde gelegt hat, ist nach der Zurückverweisung nicht gehindert, entsprechend den genannten Vorgaben zu verfahren; das Verbot der Schlechterstellung bezieht sich nur auf die Gesamthöhe der zuzuerkennenden Vergütung (vgl. , ZIP 2004, 1214, 1215, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Beschl. v. - IX ZB 6/03 z.V.b.).
4. Die Zurückverweisung erfolgt an das Insolvenzgericht, weil schon dieses die Vergütung entsprechend hätte festsetzen und den aufgeworfenen Fragen hätte nachgehen müssen (, ZIP 2004, 1653, 1655) und weil auch das Beschwerdegericht ihm die Neufestsetzung der Vergütung vernünftigerweise übertragen hätte (, ZIP 2004, 1717, 1721).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2005 S. 1760 Nr. 33
DB 2005 S. 2297 Nr. 42
StBp. 2006 S. 131 Nr. 4
WM 2005 S. 1760 Nr. 37
ZIP 2005 S. 1372 Nr. 31
GAAAB-99825
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein