BGH Urteil v. - IV ZR 106/04

Leitsatz

[1] 1. Für den einen Rechtsschutzfall auslösenden Verstoß gemäß § 4 (1) Satz 1 c) ARB 94 genügt jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang, der den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt.

2. Der Streit um den Neuwertanteil in einer Feuerversicherung unterliegt nicht dem Risikoausschluss der so genannten Baufinanzierungsklausel in § 3 (1) d) dd) ARB 94.

Gesetze: ARB 94 § 3 (1) d) dd); ARB 94 § 4 (1) Satz 1 c)

Instanzenzug: LG Mannheim

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Versicherungsschutz aus einer bei der Beklagten vom bis gehaltenen Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutzversicherung für Selbständige für eine Klage gegen den Feuerversicherer der von ihr gemeinsam mit ihrem Sohn im Dezember 2001 erworbenen Schlossanlage. Der Rechtsschutzversicherung liegen die ARB 96 zugrunde, die, soweit für den Streitfall von Interesse, den ARB 94 (VerBAV 1994, 97 ff.) entsprechen.

Zu der Schlossanlage gehört ein denkmalgeschütztes Gebäude, das bereits am teilweise abgebrannt war. Die Erwerber beabsichtigen, das Gebäude wiederherzustellen. Sie verlangen von dem Feuerversicherer unter Berufung auf die AFB 87, die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegen sollen, die Differenz zwischen der an den Voreigentümer geleisteten Zeitwertentschädigung und den Wiederherstellungskosten, den so genannten Neuwertanteil.

Die Beklagte verweigert Deckung, weil der Rechtsschutzfall gemäß § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 nicht während der Laufzeit des Rechtsschutzversicherungsvertrages eingetreten sei; in dieser Zeit habe der Feuerversicherer noch nicht endgültig über die Regulierung des Neuwertanteils entschieden gehabt. § 4 (1) ARB 96 lautet auszugsweise:

"...

(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles

...

c) ... von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.

Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein.

..."

Des weiteren beruft sich die Beklagte auf den Risikoausschluss gemäß § 3 (1) d) dd) ARB 96 (so genannte Baufinanzierungsklausel), in dem es unter anderem heißt:

"§ 3 ...

Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit ...

d) aa) ...

bb) der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, das sich im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt,

cc) ...

dd) der Finanzierung eines unter aa) bis cc) genannten Vorhabens."

Das Landgericht hat den Antrag auf Feststellung von Versicherungsschutz für die inzwischen erhobene Klage gegen den Feuerversicherer abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Mit der Revision begehrt die Beklagte Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat aus ihrer Rechtsschutzversicherung Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Kosten für die Interessenwahrnehmung gegenüber ihrem Feuerversicherer. Das Berufungsgericht, dessen Urteil abgedruckt ist in RuS 2004, 459, hat im Ergebnis zutreffend den nachvertraglichen Eintritt des Versicherungsfalls verneint und die Baufinanzierungsklausel für unanwendbar gehalten.

I. Zum Eintritt des Versicherungsfalls

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Feuerversicherer habe spätestens Ende Februar 2002 gegen Rechtspflichten im Sinne von § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 verstoßen, als ein Angestellter der das Versicherungsverhältnis betreuenden Versicherungsmaklerfirma die bei seinen Mitarbeitern eingeholte Auskunft, über die Zeitwertentschädigung hinaus würden keine weiteren Leistungen erbracht, dem Sohn der Klägerin mitgeteilt habe. Mit der darin zumindest enthaltenen Ankündigung einer ernsthaften Leistungsverweigerung verstoße der leistungspflichtige Versicherer gegen die so genannte Leistungstreuepflicht als allgemeine, die vertragliche Hauptleistungspflicht ergänzende Nebenpflicht. Diese gebiete es, alles zu unterlassen, was den Vertragszweck oder Leistungserfolg beeinträchtigen könnte.

Jedenfalls auf diese Mitteilung sei abzustellen. Das bestätige der Ausschluss des Rechtsschutzes in § 4 (3) a) ARB 96, wenn eine Willenserklärung oder Rechtshandlung vor dem Beginn des Versicherungsschutzes den Verstoß ausgelöst hat. Aus dieser Regelung, mit der ersichtlich so genannten Zweckabschlüssen vorgebeugt werden solle, folge einerseits, dass es der Klägerin, hätte sie bei Erlangung der Kenntnis von der Ablehnungsabsicht des Feuerversicherers noch keinen Rechtsschutz gehabt, verwehrt gewesen wäre, im Hinblick auf die künftige Auseinandersetzung noch einen die Einstandspflicht des Versicherers begründenden Versicherungsvertrag abzuschließen. Dann müsse andererseits dieses aus dem Zusammenhang mit § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 gewonnene Verständnis auch im gegebenen "umgekehrten" Fall zugrunde gelegt werden, in dem eine Rechtshandlung, die einen bestimmten Verstoß nach § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 auslöst, noch in versicherter Zeit eingetreten ist, möglicherweise aber - wegen zwischenzeitlicher Beendigung des Versicherungsvertrages - nicht mehr dieser Verstoß selbst.

Für die zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes sei daher die mitgeteilte Ankündigung der Leistungsverweigerung ihrerseits als bedingungsgemäßer Verstoß anzusehen oder einem solchen Verstoß zumindest gleichzustellen.

Das hält rechtlicher Überprüfung stand.

2. a) Die von der Klägerin unterhaltene Rechtsschutzversicherung schloss - nach dem Wegfall des Ausschlusses in § 4 (1) h) ARB 75 (vgl. Harbauer/Stahl, Rechtsschutzversicherung 7. Aufl. § 2 ARB 94/2000 Rdn. 9) - gemäß §§ 28 (3), 2 d) ARB 96 sachlich die Interessenwahrnehmung aus Versicherungsverträgen ein; sie erfasste mithin gegenständlich die Auseinandersetzung mit dem Feuerversicherer um den Neuwertanteil (vgl. Mathy, VersR 2005, 872, 873, 875).

Rechtsschutz erhält die Klägerin dafür jedoch nur, wenn sich der mit diesem Streit um den Leistungsumfang in Zusammenhang gebrachte Versicherungsfall (Rechtsschutzfall) - wie in jeder anderen Versicherung auch - in versicherter Zeit - hier also vor dem Versicherungsende am - ereignet hat (vgl. - VersR 1990, 416 unter 2 b). Gemäß § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 gilt der Versicherungsfall dann als eingetreten, wenn einer der Beteiligten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften verstoßen hat oder verstoßen haben soll. Bei Versicherungsstreitigkeiten kommt für einen Versicherungsfall in diesem Sinne als streitauslösender Verstoß die Verletzung von Pflichten aus dem Versicherungsvertrag durch eine der Vertragsparteien in Betracht und zwar unabhängig davon, ob der Verstoß zeitlich vor, gleichzeitig mit oder auch nach dem Ereignis erfolgt ist, das seinerseits Versicherungsfall für das streitige Versicherungsverhältnis (hier: der Brand) ist (vgl. IVa ZA 7/83 - VersR 1984, 434; Harbauer/Maier, aaO § 14 ARB 75 Rdn. 55; Mathy, aaO S. 875). Für die danach vorzunehmende Festlegung des Versicherungsfalls als die dem Vertragspartner vorgeworfene Pflichtverletzung kommt es auf den Tatsachenvortrag an, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet (vgl. - VersR 2003, 638 unter 1). Das gilt auch für die zeitliche Komponente des Versicherungsfalls und damit den Eintritt des Rechtsschutzfalles. Frühester Zeitpunkt für den Beginn des Pflichtenverstoßes ist hier nach dem Klägervortrag die dem Feuerversicherer angelastete Auskunft, wegen des Erwerbs eines bereits brandgeschädigten Hausgrundstücks den Neuwertanteil nicht leisten zu müssen.

Das Berufungsgericht hat auf dieser Grundlage in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass in der von Schadensachbearbeitern des Feuerversicherers Ende Februar 2002 nach außen gegebenen Erklärung, für den Schadenfall keine weiteren Leistungen zu erbringen, ein von § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 geforderten Verstoß gegen Rechtspflichten liegt, der Versicherungsfall also noch vor Ablauf der Versicherung eingetreten ist.

b) Die Ankündigung einer ernsthaften Leistungsverweigerung des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer kann einen Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht darstellen. Die Revision meint jedoch - abgesehen davon, ob die Leistungsverweigerung hier überhaupt ernsthaft angekündigt worden sei - ein pflichtwidriges Verhalten des Versicherungsmaklers könne durch die Weitergabe der erhaltenen Auskunft dem Feuerversicherer - weil für ihn unvorhersehbar - nicht zugerechnet werden. Mit seiner ablehnenden Äußerung habe der Feuerversicherer im Rahmen des ursprünglichen Versicherungsverhältnisses mit dem Voreigentümer gehandelt. Dies könne keinen Pflichtenverstoß gegenüber der Klägerin als neuer Versicherungsnehmerin begründen.

Mit diesen Erwägungen ist der Eintritt des Rechtsschutzfalles vor Vertragsablauf nicht in Zweifel zu ziehen. Der Rechtsschutz auslösende Verstoß ist bereits mit der nach außen getragenen, begründeten Erklärung, nicht mehr leisten zu müssen und zu wollen, begangen. Mit dieser nach Darstellung der Klägerin unzutreffenden, der Vertragslage widersprechenden Auskunft hat der Feuerversicherer begonnen, gegen seine Pflichten aus dem Versicherungsvertrag zu verstoßen. Zu einer solchen Erklärung über die seiner Beurteilung nach nicht bestehende Leistungspflicht und die dafür gegebene Begründung war er - aus Sicht der Klägerin - vertraglich nicht berechtigt. Alles weitere - wie etwa die von der Revision behandelten Umstände bei Weitergabe und Kenntnisnahme der Erklärung - ist dann nicht mehr von Belang.

3. Das ergibt die Auslegung der Klausel, bei der es auf die Sichtweise des durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse ankommt (BGHZ 123, 83, 85 und ständig). Wortlaut und erkennbarer Sinn und Zweck des § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 machen ihm deutlich, dass ein (behaupteter) Verstoß gegen Rechtspflichten und Rechtsvorschriften objektiv zu verstehen ist, subjektive Elemente mithin keine entscheidende Rolle spielen.

a) Anknüpfend an den Wortlaut wird dem Versicherungsnehmer zunächst klar, dass sich ein Verstoß schon begrifflich auf einen im tatsächlichen Geschehen wurzelnden Vorgang beziehen muss. Ihm wird daher einleuchten, dass sein Vortrag nicht nur ein Werturteil enthalten darf, sondern einen Tatsachenkern haben muss, der die Beurteilung erlaubt, ob der damit beschriebene Vorgang den zwischen den Parteien ausgebrochenen Konflikt jedenfalls mit ausgelöst hat, und dass es insofern weiterer qualifizierender Voraussetzungen nicht bedarf, also ein adäquater Ursachenzusammenhang ausreicht (vgl. IVa ZR 48/81 - VersR 1983, 125 unter III; Harbauer/Maier, aaO § 14 ARB 75 Rdn. 57 und § 4 ARB 94/2000 Rdn. 5). Dieses Verständnis entspricht auch der gefestigten zu den insoweit vergleichbaren Regelungen in den ARB 75 ergangenen Rechtsprechung (vgl. IVa ZR 186/83 - VersR 1985, 540 unter 3 a und c und - IVa ZR 24/82 - VersR 1984, 530 unter I 4). Um so den Eintritt des Rechtsschutzfalles in zeitlicher Sicht festzulegen, muss der in dem erhobenen Vorwurf liegende Tatsachenkern geeignet sein, den Keim für eine (zukünftige) versicherungsrechtliche Auseinandersetzung zu legen.

b) Für die Annahme eines den Rechtsschutzfall auslösenden Verstoßes im Sinne des § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 genügt danach - worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend abstellt - jeder tatsächliche, objektiv feststellbare Vorgang, der den Keim eines solchen Rechtskonflikts in sich trägt. Der Rechtsstreit ist dann jedenfalls latent vorhanden und damit gewissermaßen bereits "vorprogrammiert" (vgl. BGH aaO VersR 1984, 530 unter I 3 e). Es wird - anders als bei den vorstehenden Regelungen unter a) und b) - nicht an ein äußerlich wahrnehmbares, sinnfälliges Ereignis angeknüpft, das sich vom Tagesgeschehen abhebt. Unschädlich ist demgemäß auch, dass das den Verstoß ausmachende gesetz- oder vertragswidrige Verhalten - wie häufig in diesen Fällen - nicht zugleich oder nicht ohne weiteres nach außen dringt. Die Annahme eines tatsächlichen, objektiv festzumachenden Vorganges, durch den ein Rechtskonflikt mit Aufwendungen von Rechtskosten bereits angelegt ist, hindert das nicht (vgl. Harbauer/Maier, aaO § 14 ARB 75 Rdn. 39).

c) Mit der nach außen bekundeten ablehnenden Haltung, deren Ernsthaftigkeit sich schon aus der dafür gegebenen Begründung ergibt, den umstrittenen Anspruch nicht erfüllen zu müssen und zu wollen, beginnt sich - objektiv feststellbar - die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr zu verwirklichen; der - spätere - kostenträchtige Rechtsstreit ist danach kein noch versicherbares ungewisses Risiko mehr (vgl. BGH aaO). Dass diese erklärte fehlende Leistungsbereitschaft einer etwaigen endgültigen Ablehnungsentscheidung noch vorangeht und letztere gegebenenfalls erst ankündigt, steht der nach dem Klägervortrag damit verbundenen Vertragsverletzung als Verstoß im Sinne von § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 nicht entgegen. Mit einer solchen nach außen - hier an den mit dem Versicherungsverhältnis befassten Makler - gerichteten, einschränkungslos erklärten Leistungsverweigerung - auch wenn darin noch keine abschließende Bescheidung liegen und ein Leistungsantrag nicht einmal ausdrücklich gestellt worden sein sollte - verlässt der Vertragspartner den geschützten Bereich der inneren Willensbildung, in dem er noch keinen Rechtsverstoß begeht, selbst wenn er für sich die Entscheidung schon getroffen haben sollte. Wann Äußerungen dieser Art bereits eine Vertragsverletzung und damit einen Rechtsverstoß gemäß § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 bilden und nicht mehr dem die Ablehnungsentscheidung in Übereinstimmung mit der vertraglichen Pflichtenstellung erst noch vorbereitenden internen Prüfungsbereich zuzuordnen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist einer näheren abstrakt generellen Festlegung nicht zugänglich (vgl. Harbauer/Maier, aaO § 14 ARB 75 Rdn. 44). Jedenfalls lässt hier die nicht bestimmten Empfängern vorbehaltene, mithin für die beteiligten Kreise freigegebene Erklärung, wie sie das Berufungsgericht festgestellt hat, dass und warum eine Leistungspflicht nicht bestehe, die von der Rechtsschutzversicherung erfasste Gefahr eintreten. Der Versicherungsnehmer hat jetzt Anlass erhalten, für die Durchsetzung seiner Rechte auch kostenauslösende Maßnahmen, wie etwa die Konsultation eines Rechtsanwalts, zu ergreifen. Dagegen hat er sich versichert und ist es hier auch noch gewesen.

d) Mit ihren Zurechnungserwägungen verlässt die Revision die im Interesse der Versicherungsnehmer und Versicherer gebotene möglichst exakte, leicht nachprüfbare zeitliche Festlegung des Versicherungsfalls anhand objektiver Kriterien durch Einbeziehung subjektiver Momente, die dieser Zielsetzung und der damit zugleich intendierten Vorbeugung von Manipulationsgefahren wie etwa durch Zweckabschlüsse zuwider läuft und daher grundsätzlich auszuscheiden hat (vgl. Harbauer/Maier, aaO § 14 ARB 75 Rdn. 41 und 70 mit vielen weiteren Nachweisen). Abzustellen ist - wie bereits ausgeführt - auf den im tatsächlichen Geschehen wurzelnden Vorgang; welches Bewusstsein der Vertragspartner etwa dabei hatte und der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Versicherungsnehmer sind insoweit ohne Belang. Ausreichend ist für den bedingungsgemäßen Eintritt des Versicherungsfalls ein möglichst eindeutig zu bestimmender Vorgang, dessen konfliktauslösende Bedeutung für alle Beteiligten - wenn auch erst nachträglich, wie das gerade bei Vertragsverletzungen typischerweise der Fall ist - erkennbar ist (Harbauer/Maier, aaO § 14 Rdn. 1 und 41).

e) Zu Recht weist das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf § 4 (3) a) ARB 96 hin. Dieser enthält keine zusätzliche Definition des Rechtsschutzfalles - neben der in § 4 (1) Satz 1 c) ARB 96 -, die an die Merkmale Willenserklärung und Rechtshandlung anknüpft, wie die Revision anzunehmen scheint. Mit dieser Regelung soll nur erkennbar vermieden werden, dass die Rechtsschutzversicherung mit Kosten solcher Rechtskonflikte belastet wird, die bei Abschluss des Versicherungsvertrages bereits die erste Stufe der Gefahrverwirklichung erreicht haben, und in diesem Sinn gewissermaßen "vorprogrammiert" sind; sie soll den Versicherer davor schützen, Rechtsschutz für Streitigkeiten zu gewähren, deren Ursachen schon in der Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages liegen (vgl. BGH aaO; OLG Köln NVersZ 2001, 367). Mit der Revisionserwiderung kann dies als zeitliche Vorverlagerung des Haftungsausschlusses bei Eintritt eines Versicherungsfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt verstanden werden. Der vom Berufungsgericht insofern gesehene Gleichlauf bei der zeitlichen Abgrenzung für den Versicherungsbeginn und das Versicherungsende entspricht der Senatsrechtsprechung (vgl. IVa ZR 186/83 - VersR 1985, 540 unter 3 c).

II. Zum Ausschluss des Baufinanzierungsrisikos

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Anspruch auf den Neuwertanteil unterfalle bei der gebotenen engen Auslegung von Risikoausschlussklauseln nach dem erkennbaren Zweck nicht der Baufinanzierungsklausel.

1. Die Revision meint, vor dem wirtschaftlichen Hintergrund, die Finanzierung für die Wiederherstellung des Gebäudes sicherzustellen, könne die Neuwertversicherung durchaus als ein versicherungswirtschaftliches Instrument der individuellen vorsorgenden Baufinanzierung für den Schadenfall gelten. Jedenfalls für den Erwerber eines brandgeschädigten Gebäudegrundstücks, dem es nicht einmal um vorsorgliche Maßnahmen zur Absicherung vor unvorhersehbaren Gefahren gehe, sondern nur darum, Leistungen für einen dem Versicherer bereits bekannten Schadenfall nach dem Neuwert zu erhalten, stelle sich diese Interessenwahrnehmung als typisches Baufinanzierungsrisiko dar. Wegen des zweckbestimmten Einsatzes der Neuwertentschädigung müsse dieser Risikoausschluss eingreifen.

2. Das trifft nicht zu.

Leistungen eines Brandversicherers sind kein Instrument der Baufinanzierung. Streitigkeiten darüber sind dem Versicherungsverhältnis und nicht einem Finanzierungsverhältnis zuzuordnen. Daran ändert auch die Festlegung in dem Versicherungsvertrag, die Entschädigungsleistung für eine Wiederaufbaumaßnahme zu verwenden, nichts. Es bedarf daher keiner Erörterung, inwieweit die Voraussetzungen der in § 3 (1) d) dd) in Bezug genommenen Baumaßnahmen nach aa) bis cc) hier erfüllt sind. Nach dem - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck und der bei Risikoausschlüssen gebotenen engen Auslegung (BGHZ 65, 142, 145; Senatsurteil vom - IV ZR 89/98 - VersR 1999, 748 unter 2 a und ständig) sind bereits die von § 3 (1) d) dd) ARB 96 geforderten Voraussetzungen der Baufinanzierung nicht gegeben.

a) Nach den Bedingungen, die dem Versicherungsverhältnis, in das die Klägerin gemäß § 69 VVG eingetreten ist, zugrunde liegen sollen, erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf den Neuwertanteil nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt hat, dass er die Entschädigung verwenden wird, um das versicherte Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung wiederherzustellen (§ 11 Nr. 5 AFB 87). Es handelt sich um eine sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel, nach der die Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens ist, der über den Zeitwert hinausgeht (Senat, Urteil vom - IV ZR 94/03 - VersR 2004, 512 unter II 1 a). Zweck dieser Klausel ist, das subjektive Risiko des Versicherers zu begrenzen, der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer - wie bei freier Verwendbarkeit einer Versicherungssumme - in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalls Vermögensvorteile zu verschaffen (Senat aaO unter II 1 c).

b) Es geht um den Anspruch des Versicherungsnehmers, Ausgleich für einen speziellen Teil seines erlittenen Sachschadens zu erhalten. Der Streit darüber, ob die Voraussetzungen dieses Leistungsanspruchs gegeben sind, selbst wenn er sich auf die Sicherstellung des Verwendungszwecks beschränkt, bleibt ein Streit um einen solchen Entschädigungs- bzw. Ersatzanspruch. Auch mit Blick auf Einhaltung des Verwendungszwecks "Wiederaufbau" hat der Feuer- oder Gebäudeversicherer nicht ein Bauvorhaben zu finanzieren, sondern für einen Schadenausgleich zu sorgen. Der Risikoausschluss des § 3 (1) d) dd) ARB 96 bezieht sich zwar auf sämtliche Streitigkeiten aus Finanzierungsverhältnissen, die der Versicherungsnehmer für die Realisierung eines Bauvorhabens eingegangen ist und setzt keinen Bezug zu einem spezifischen Baurisiko voraus; er greift, sofern nur ein ursächlicher Zusammenhang mit der Finanzierung der Baumaßnahme besteht und knüpft damit nicht mehr an das Bauvorhaben selbst, sondern an seine Finanzierung an (Senat, Urteil vom - IV ZR 170/03 - VersR 2004, 1596 unter II 2 c). Trotz dieser weiten Fassung muss es sich aber immer noch um eine Finanzierungsangelegenheit in dem Sinne handeln, dass das "Vorhaben" finanziert werden muss (Senat aaO unter II 3 c). Darauf zielt der Abschluss einer Sachversicherung nicht, sondern auf Ersatz des durch einen Versicherungsfall erlittenen Vermögensschadens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VVG). Die bloße Zweck- und Verwendungsbindung der von einem Sachversicherer zu leistenden Versicherungssumme vermag ein solches Finanzierungsverhältnis nicht zu begründen.

Soweit die Klauselverwender auch den Ausschluss von Streitigkeiten aus an sich in den Deckungsschutz einbezogenen Versicherungsverhältnissen im Auge gehabt haben sollten, wenn die Versicherungsleistung in ein Bauvorhaben fließen muss, wäre das der Regelung nach Wortlaut und erkennbarem Sinn und Zweck nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Mit einer solchen Lücke im genommenen Vertragsrechtsschutz braucht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nicht zu rechnen. Der Unterschied zwischen rechtsschutzversicherten Versicherungsrisiken und nicht rechtsschutzversicherten Baufinanzierungsrisiken bleibt bestehen, wenn die Versicherungsleistung, um die gestritten wird, für Bauzwecke zu verwenden ist, sofern sie dem Versicherungsnehmer zugesprochen wird. § 3 (1) d) ARB 96 verfolgt den - auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren - Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und auch im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten in diesem Bereich bis hin zu den unter dd) gesondert aufgenommenen Finanzierungsvorgängen von der Rechtsschutzversicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in dieser Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann (Senat aaO VersR 2004, 1596 unter II 2 b m.w.N.). Zu diesem ausgeschlossenen Risikobereich gehört die in der vorliegenden Rechtsschutzversicherung gerade eingeschlossene Interessenwahrnehmung aus Versicherungsverträgen nicht.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 37 Nr. 1
OAAAB-98979

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja