Leitsatz
[1] Der Treuhandanstalt konnten bei ihrer Privatisierungstätigkeit (öffentlich-rechtliche) Amtspflichten gegenüber einer Gemeinde obliegen, sofern diese einen spezifizierten Kommunalisierungs- oder Restitutionsantrag gestellt hatte.
Gesetze: TreuhG § 1 Abs. 3; TreuhG § 1 Abs. 2; TreuhG § 2 Abs. 1 Satz 2; TreuhG § 2 Abs. 6; EV Art. 21 Abs. 3; EV Art. 22 Abs. 1 Satz 1; EV Art. 22 Abs. 1 Satz 7; EV Art. 25 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 34; BGB § 839 Ca
Instanzenzug: LG Berlin
Tatbestand
Im Zuge ihres Auftrages, die früheren volkseigenen Betriebe wettbewerblich zu strukturieren und zu privatisieren (§ 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 TreuhG i.V.m. der Maßgabe des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV), veräußerte die beklagte Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, die damals Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums hieß (im folgenden einheitlich: Treuhandanstalt), am die von ihr gehaltenen Aktien der M. AG (M. ) an die Deutsche B. Finanzierungs-GmbH (B. ).
Zu dem Vermögen der M. gehörten die in M. gelegenen Grundstücke "St. -Park" (Flurstück 46/3), "F. Straße" (Flurstück 939/11, jetzt 11/2) und "E. -Promenade" bzw. "An der St. " (Flurstück 8/3). Die ursprünglich im Eigentum der Stadtgemeinde M. (Flurstücke 939/11 und 8/3) und der St. GmbH (Flurstück 46/3) stehenden Liegenschaften waren in Eigentum des Volkes überführt worden; Rechtsträger war der VEB M. (VEB M. ). Mit der Umwandlung des VEB M. in die M. , eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile die Treuhandanstalt hielt (§ 1 Abs. 4 TreuhG), wurde diese Gesellschaft Eigentümer der Grundstücke gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG.
Die klagende Stadt beanspruchte die Übertragung der vorgenannten Grundstücke auf sich, weil es sich um volkseigenes Vermögen gehandelt habe, das kommunalen Aufgaben gedient habe und noch diene. Sie hat behauptet, entsprechende Zuordnungsanträge bereits auf der Grundlage des Gesetzes über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise (Kommunalvermögensgesetz - KVG) vom (DDR-GBl. I S. 660) und der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise - Verfahren zur Überführung volkseigenen Vermögens in das Eigentum der Gemeinden, Städte und Landkreise - (Eigentumsüberführungsverfahrensordnung) vom (DDR-GBl. I S. 781) bei der Bezirksverwaltung in M. und den Fachministerien in Berlin gestellt zu haben. Der von der Treuhandanstalt mit B. geschlossene "Kauf- und Abtretungsvertrag" vom enthält diesbezüglich keinen Vorbehalt. Die vertragsschließenden Parteien gingen gemäß § 5 Nr. 3 Satz 2 des Vertrages davon aus, daß die M. an sämtlichen Grundstücken, die in der DM-Bilanz ausgewiesen waren (ausgenommen das Grundstück Z. -Straße), Eigentum hatte und "keine Ansprüche von früheren Gesellschaftern der M. bzw. deren Rechtsvorgängern oder sonstigen Berechtigten sowie von früheren Eigentümern und Berechtigten der übertragenen Grundstücke ... geltend gemacht werden können". In § 4 Buchst. f des Vertrages wurde allerdings auch auf eine als Anlage 3 angefügte "Liste der schwebenden oder angedrohten Rechtsstreitigkeiten, Verwaltungsverfahren oder behördlichen Untersuchungen" Bezug genommen, worin es unter anderem hieß:
"Drohende Verwaltungsverfahren gegen die M. AG
a) ...
b) Magistrat der Stadt M. wegen Anspruch auf Übertragung von betrieblichem auf kommunales Eigentum (Kommunalvermögensgesetz)."
Am , und , also nach dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)", beantragte die Klägerin - nach ihrem Vortrag erneut - bezüglich der vorbezeichneten Grundstücke die "Übertragung von Vermögen in Kommunaleigentum", jetzt auf der Grundlage der Art. 21, 22 EV und des Gesetzes über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) vom (BGBl. I S. 766, 784). Hinsichtlich des Flurstücks 46/3 "St. -Park" begehrte sie die Zuordnung als Verwaltungsvermögen gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EV, hinsichtlich der Flurstücke 939/11 "F. Straße" und 8/3 "An der St. " beanspruchte sie die Restitution gemäß Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV.
Durch Bescheide der Präsidentin der Treuhandanstalt vom gemäß den Art. 21 Abs. 3 und 22 Abs. 1 Satz 7 EV sollten die Flurstücke 939/11 "F. Straße" und 8/3 "An der St. " in das Eigentum der Klägerin zurückübertragen werden. Auf Klage der inzwischen in eine GmbH umgewandelten M. hob das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom diese Bescheide auf. Die Grundstücke könnten der M. nicht wieder entzogen werden, weil sie bei Erlaß des angefochtenen Bescheids aufgrund der Veräußerung durch die Treuhandanstalt aus dem Kreis des zuordnungs- und restitutionsfähigen Finanzvermögens ausgeschieden und für die bis dahin zuordnungs- bzw. restitutionsberechtigte beigeladene Klägerin grundsätzlich verloren seien. Weder dem von der Treuhandanstalt mit der B. geschlossenen Privatisierungsvertrag selbst noch den Umständen des Vertragsschlusses sei die Vereinbarung eines Vorbehaltes zu entnehmen, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 95, 301; 96, 1; BVerwG VIZ 1994, 477) die nachträgliche Zuordnung oder Restitution zulasse. Die Klägerin ließ das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin im Hinblick auf die vorzitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig werden. Daraufhin stellte der Präsident der Treuhandanstalt durch Bescheide vom bezüglich der Flurstücke 939/11, 8/3 und 46/3 "St. -Park" fest, daß "die Zuordnung/Rückübertragung ... ausgeschlossen" sei. Das nahm die Klägerin aus den oben genannten Gründen hin.
Die Klägerin verlangt von der Treuhandanstalt Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung. Die Treuhandanstalt habe es bei der Privatisierung der M. versäumt, im "Kauf- und Abtretungsvertrag" vom die Zuordnung oder Restitution der Grundstücke an die Klägerin durch einen entsprechenden Vorbehalt zu sichern. Sie schulde ihr deshalb Schadensersatz in Höhe des Wertes der Grundstücke.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage auf Zahlung von 33.524,39 € (= 65.568 DM) nebst Zinsen abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Sie stützt es nun auch auf einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung.
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zu, weil den Bediensteten der Treuhandanstalt eine Amtspflichtverletzung bei der Privatisierung der M. nicht vorzuwerfen sei. Es könne offenbleiben, ob die Privatisierungstätigkeit der Treuhandanstalt im Verhältnis zur Klägerin öffentlich-rechtlich zu beurteilen sei; jedenfalls liege in dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag (es)" vom , ohne die spätere Zuordnung oder Rückübertragung von Grundstücken an die Klägerin vorzubehalten, keine Amtspflichtverletzung: Der sich aus Art. 22 Abs. 1 Satz 1 EV i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 TreuhG sowie aus Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 EV ergebende Kommunalisierungsauftrag habe sich nicht an die Treuhandanstalt gerichtet. Zuständig sei vielmehr die Präsidentin oder der Präsident der Treuhandanstalt als eigenständige Behörde gewesen. Der Treuhandanstalt habe allenfalls nach Erlaß der - vorzitierten - Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. März und eine Pflicht zur Sicherung der Kommunalisierung durch entsprechende Vereinbarung mit B. obgelegen.
Ein vertraglicher Vorbehalt zugunsten der Klägerin sei der Treuhandanstalt ferner nicht möglich gewesen, weil sie die in Rede stehenden Grundstücke nicht konkret habe benennen können. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß sie schon vor dem einen Antrag auf Zuordnung oder Rückübertragung gestellt habe, in dem die fraglichen Grundstücke bezeichnet worden seien.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.
1. Wenn und soweit die Treuhandanstalt bei der Durchführung ihres Privatisierungsauftrags den "Kommunalisierungsanspruch" einer Gebietskörperschaft zunichte macht, kommt - was das Berufungsgericht offengelassen hat - eine Haftung der Treuhandanstalt nur nach Amtshaftungsrundsätzen in Betracht.
Die Treuhandanstalt haftet als rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 TreuhG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 2 EV; Busche, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR <im folgenden: RVI>, Stand März 1995 § 2 TreuhG Rn. 1 f.; Bleckmann/Erberich in Rädler/Raupach/Bezzenberger <Hrsg., im folgenden: RRB>, Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand August 2003 Teil 2 C Rn. 4 und 9) für Amtspflichtverletzungen ihrer Bediensteten, wenn sie in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes handelten (Art. 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 BGB). Darum geht es hier.
a) Ob ein bestimmtes Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senat BGHZ 42, 176, 179; 68, 217, 218; 69, 128, 130 f; 108, 230, 232) danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist, und ob bejahendenfalls zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, daß die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muß. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, d.h. auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (Senat BGHZ 118, 304, 305; 147, 169, 171). Für die Abgrenzung, ob die Amtsausübung in den privatrechtlichen oder hoheitlichen Wirkungskreis der öffentlichen Hand fällt und damit "Ausübung eines öffentlichen Amtes" ist oder nicht, bietet die gewählte Rechtsform einen wichtigen Anhaltspunkt. Nimmt die Verwaltung ein Rechtsinstitut des öffentlichen oder des privaten Rechts in Anspruch, so kann darin in der Regel das prägende Merkmal gesehen werden (vgl. Senatsurteil vom - III ZR 179/99 - NJW 2000, 2810, 2811 m.w.N.).
b) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, daß das Verhalten der Treuhandanstalt bei der Privatisierung eines früheren volkseigenen Betriebes grundsätzlich dem privaten Recht zuzuordnen ist.
Die Privatisierungstätigkeit war zwar eine öffentliche Aufgabe; sie wurde aber in den Formen des privaten Rechts vollzogen (vgl. BVerwGE 100, 318, 321; KG NJW 1991, 2299; OVG Berlin NJW 1991, 715 f; VG Berlin NJW 1991, 1969 f; VIZ 1997, 695, 696; BezG Dresden VIZ 1992, 73, 74; Ebbing, Die Verkaufspraxis der Treuhandanstalt 1995 S. 322 ff; Weides JuS 1991, 818 ff; a.A. KG ZIP 1991, 407; VG Berlin NJW 1991, 376, 377 f; Busche, RVI § 2 TreuhG Rn. 6 ff; s. auch Weimar ZIP 1993, 1 ff, 14).
Der gesetzliche Auftrag (§ 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 TreuhG i.V.m. der Maßgabe des Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV) ging dahin, daß die Treuhandanstalt die früheren volkseigenen Betriebe gemäß den Bestimmungen des Treuhandgesetzes wettbewerblich strukturieren und privatisieren sollte. Die hierzu erlassenen Regelungen ließen keinen Raum für eine gestufte Aufgabenwahrnehmung im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Grundentscheidung und privatrechtlichen Umsetzung (sogenannte Zweistufentheorie). Der Gesetzgeber traf die Grundentscheidung selbst (vgl. OVG Berlin aaO S. 716). Er ordnete im Treuhandgesetz an, daß das volkseigene Vermögen in der Regel zu privatisieren sei (§ 1 Abs. 1 TreuhG). Die volkseigenen Betriebe wurden zum von Gesetzes wegen in Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung umgewandelt (§ 11 Abs. 2 Satz 1 TreuhG). Damit war der Weg zur möglichst zügigen (vgl. Präambel zum Treuhandgesetz und § 9 Abs. 2 TreuhG) Privatisierung in den flexiblen Formen des Privatrechts, vor allem des Sach- und Rechtskaufs (§ 433 BGB a.F.), vorgezeichnet.
c) Die Pflichtverletzung, die die Klägerin der Treuhandanstalt anlastet, steht vorliegend indes nicht mit dem Kernauftrag der Treuhandanstalt, der Privatisierung volkseigenen Vermögens, im Zusammenhang, sondern bezieht sich auf den öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungsauftrag, der dem Privatisierungsauftrag geradezu widerstreitet (BVerwGE 100, 318, 321). Daraus folgt, daß das Pflichtenverhältnis der Treuhandanstalt zu den zuordnungs- bzw. restitutionsberechtigten Gebietskörperschaften öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Dies ist nicht deshalb anders, weil im Streitfall der Schuldvorwurf an ein zivilrechtliches Handeln anknüpft: Die Treuhandanstalt habe bei dem Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" (§§ 433, 398, 413 BGB a.F.) vom pflichtwidrig mit der B. nicht eine Klausel vereinbart, wonach die nachträgliche Zuordnung oder Übertragung einzelner Grundstücke der M. auf die Klägerin vorbehalten blieb; hätte sie einen solchen vertraglichen Vorbehalt gemacht, so wäre die Kommunalisierung oder Restituierung der fraglichen Liegenschaften noch nach der Übertragung der M. -Aktien von der Treuhandanstalt auf die B. möglich gewesen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht - im März/April 1994 (BVerwGE 95, 301, 307 f; 96, 1, 2 f, 5 ff) - entschieden (vgl. auch die diese Rechtsprechung nachvollziehende gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 bis 3 Zuordnungsergänzungsgesetz vom , BGBl. I S. 2182, 2232).
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Amtspflichtverletzung der Treuhandanstalt gegenüber der Klägerin nicht schon deshalb zu verneinen, weil mit der Durchführung des Kommunalisierungsauftrages nicht die Treuhandanstalt selbst, sondern ihr Präsident betraut war und durch die bei Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" vom geltenden gesetzlichen Bestimmungen - im Unterschied etwa zu der Rechtslage nach dem Vermögensgesetz, wonach der Verfügungsberechtigte nach Stellung eines Restitutionsantrags den Abschluß dinglicher Rechtsgeschäfte oder die Eingehung langfristiger vertraglicher Verpflichtungen ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen hat (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG) - keinerlei "Sicherungspflichten" der Treuhandanstalt statuierten.
a) Die noch allein auf der Grundlage des Kommunalvermögensgesetzes am (i.V.m. dem Treuhandgesetz vom ) eingeleiteten Kommunalisierungsverfahren, wie sie die Klägerin "bei der Bezirksverwaltung in M. und den Fachministerien in Berlin" beantragt haben will, waren nach § 2 Abs. 1 Eigentumsüberführungsverfahrensordnung von dem "jeweils fachlich verantwortliche(n) Minister" oder dem Präsidenten der Treuhandanstalt durchzuführen. Nach dem Inkrafttreten des Vermögenszuordnungsgesetzes vom am war für Zuordnungen und (Rück-)Übertragungen nach Art. 21, 22 EV i.V.m. dem Kommunalvermögensgesetz und dem Treuhandgesetz der Präsident der Treuhandanstalt (oder eine von ihm zu ermächtigende Person) oder der Oberfinanzpräsident (oder eine von ihm zu ermächtigende Person) zuständig (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 4 VZOG). Der Präsident der Treuhandanstalt war insoweit nicht Organ der Treuhandanstalt, sondern eigenständige Bundesoberbehörde (vgl. VG Berlin VIZ 1997, 695, 696; Schmidt-Räntsch/Hiestand, RVI § 1 VZOG Rn. 20; Schmidt-Habersack/Dick in Kimme, Offene Vermögensfragen Stand November 2003 § 1 VZOG Rn. 4; Schmidt/Leitschuh in RRB § 1 VZOG Rn. 30).
b) Der Umstand, daß die Durchführung des Kommunalisierungsauftrages nicht der Treuhandanstalt selbst aufgegeben ist und das Gesetz keine verfahrensmäßigen und materiellen Regelungen zur Bewältigung des Konflikts zwischen Privatisierungsauftrag der Treuhandanstalt und Kommunalisierungsauftrag des Präsidenten der Treuhandanstalt bereithält, bedeutet indes nicht, daß - wie das Berufungsgericht gemeint hat - die Treuhandanstalt bei der Bewältigung ihrer Privatisierungsaufgabe insoweit freie Hand hat. Es stünde schon in Widerspruch zur Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht, wenn sich die Treuhandanstalt nach Belieben über gesetzliche Ansprüche der Kommunen hinwegsetzen könnte. Der Konflikt ist vielmehr im Wege praktischer Konkordanz so zu lösen, daß die Treuhandanstalt vor einer die Kommunalisierungs- oder Restituierungsrechte der kommunalen Gebietskörperschaften vernichtenden Veräußerung der betreffenden Vermögensgegenstände zumindest gehalten ist, die Körperschaft zu hören und ihre berechtigten Belange bei ihrer Privatisierungsentscheidung angemessen zu berücksichtigen (vgl. auch Schmidt-Habersack in Kimme, Offene Vermögensfragen Stand November 2003, Art. 21 EV Rn. 34).
3. Allerdings hätten der Treuhandanstalt derartige öffentlich-rechtliche Pflichten - und daraus herzuleitende Amtspflichten im Sinne von Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB - gegenüber der Klägerin nur dann obgelegen, wenn diese bei der Präsidentin der Treuhandanstalt oder einer sonstigen Zuordnungsbehörde einen den beanspruchten Vermögensgegenstand genau bezeichnenden Kommunalisierungs- oder Restitutionsantrag gestellt und die Treuhandanstalt hiervon Kenntnis erlangt hätte oder hätte erlangen müssen.
Allein durch einen solchen Antrag wäre die Treuhandanstalt überhaupt in der Lage gewesen, den öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungs- oder Restitutionsanspruch der Gemeinde bei dem konkreten Privatisierungsvorhaben zu berücksichtigen; nur einem auf bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände bezogenen Zuordnungsbegehren konnte die Treuhandanstalt - wenn nicht dem öffentlichen Interesse an arbeitsplatzschaffenden Investitionen der Vorrang gebührte - Rechnung tragen, etwa indem sie einen der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügenden, spezifizierten vertraglichen Vorbehalt mit dem Investor vereinbarte.
So liegt der Streitfall nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht. Danach hat die Klägerin erst mehr als ein halbes Jahr nach dem Abschluß des Privatisierungsvertrages einen Antrag auf Zuordnung oder Rückübertragung gestellt, in dem die fraglichen Grundstücke bezeichnet wurden. Ein öffentlich-rechtliches Pflichtenverhältnis zur Treuhandanstalt konnte dadurch nicht mehr entstehen.
4. Eine Vorverlagerung des der Treuhandanstalt gegenüber den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften obliegenden Pflichtenkreises ist ferner nicht wegen des Gedankens geboten, daß sich der hoheitlich handelnde Beamte bei der Rechtsausübung aller rechtswidrigen Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten hat (vgl. Staudinger/Wurm, BGB <2002> § 839 Rn. 126). Am hatte die Klägerin an den vorbezeichneten Grundstücken weder Eigentum noch ein sonstiges durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht, das durch den Abschluß des "Kauf- und Abtretungsvertrag(es)" zwischen der Treuhandanstalt und der B. hätte verletzt werden können. Dem öffentlich-rechtlichen Kommunalisierungsanspruch war ebensowenig wie dem Restitutionsanspruch eine quasi-dingliche Wirkung eigen (vgl. BVerwGE 95, 301, 305 ff; 96, 1, 3 ff; 100, 318, 320 f; BVerwG VIZ 1994, 477; 1995, 414; 1997, 539; v. Detten in Kimme aaO § 1 KVG Rn. 8, 10, 14; Schillo in RRB Teil 2 D Rn. 16, 32, 53; teilweise abweichend Schmidt-Habersack in Kimme aaO Art. 21 EV Rn. 22 ff, Art. 22 Rn. 2, 45; Schmidt/Leitschuh, RVI Art. 21 EV Rn. 30, Art. 22 EV Rn. 6, 13 f).
5. Der Klageanspruch läßt sich nicht, wie die Revision geltend macht, auf einen Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen. Die Treuhandanstalt verfügte bei der Übertragung der M. -Aktien auf die B. nicht als Nichtberechtigte im Sinne des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie war alleinige, nichtverfügungsbeschränkte Inhaberin dieser Aktien (§ 1 Abs. 4 TreuhG). Deren Veräußerung an einen privaten Erwerber geschah im Rahmen des gesetzlichen Privatisierungsauftrages (vgl. § 1 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2, § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 TreuhG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 EV).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAB-98866
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja