Leitsatz
[1] Stellt ein Lieferant von Flüssiggas Kunden im Rahmen eines Gaslieferungsvertrages, der die Kunden verpflichtet, ihren Bedarf an Flüssiggas allein bei ihm zu decken, gegen Nutzungsentschädigung Gasbehälter zur Verfügung, die nach den vertraglichen Vereinbarungen Eigentum des Lieferanten sind und bleiben, so erfüllt eine auf Veranlassung eines Kunden durch einen anderen Gaslieferanten ohne Einwilligung des Eigentümers vorgenommene Befüllung des Gasbehälters den Tatbestand einer Eigentumsbeeinträchtigung i.S. von § 1004 Abs. 1 BGB.
Der Eigentümer ist nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer solchen "Fremdbefüllung" verpflichtet, weil sie nach seinem Vertrag mit dem Kunden keine bestimmungsgemäße Nutzung des Gasbehälters ist.
Gesetze: BGB § 1004
Instanzenzug: OLG Hamm LG Münster
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihres Eigentums an einem Flüssiggastank geltend.
Beide Parteien handeln mit Flüssiggas. Die von der Klägerin formularmäßig abgeschlossenen Lieferverträge verpflichten ihre Kunden, ihren Bedarf an Flüssiggas während der Vertragslaufzeit ausschließlich bei der Klägerin zu decken. Im Rahmen dieser Verträge stellt die Klägerin ihren Kunden gegen Nutzungsentschädigung Gasbehälter zur Verfügung, die nach den vertraglichen Vereinbarungen, da nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden, unpfändbares und freies Eigentum der Klägerin bleiben.
Auf Grund Liefervertrages vom 4./ stellte die Klägerin bei dem Landwirt J. K. einen oberirdischen, mit dem Firmenlogo der Klägerin versehenen Gastank auf. Die Laufzeit des Vertrages war mit 15 Jahren vereinbart. Am befüllte die Beklagte im Auftrage K. diesen Tank. Hierin sieht die Klägerin eine Eigentumsbeeinträchtigung i.S. von § 1004 Abs. 1 BGB.
Landgericht und Oberlandesgericht haben dem Begehren der Klägerin, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im Eigentum der Klägerin stehende, mit deren Eigentumsaufklebern versehene Gastanks ohne Einwilligung der Klägerin zu befüllen bzw. befüllen zu lassen, stattgegeben. Mit ihrer - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Entgegen der Ansicht der Revision wird die Anwendbarkeit von § 1004 Abs. 1 BGB im gegebenen Fall nicht durch die Regelungen des § 1 UWG ausgeschlossen.
Es kann dahinstehen, ob der Klägerin eine Berufung auf den durch § 1004 BGB eröffneten Eigentumsschutz nach Treu und Glauben zu versagen wäre, wenn es ihr ausschließlich darum ginge, Besitzstände gegen eine sich verändernde Marktlage zu schützen. Allein das Bestehen einer Konkurrenzsituation der Parteien vermag eine solche Annahme nicht zu rechtfertigen und den von § 1004 BGB gewährten Schutz des Eigentums als eines absoluten Rechts nicht in Frage zu stellen.
2. Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsbegehren der Klägerin mit Recht aus dem Gesichtspunkt des § 1004 Abs. 1 BGB stattgegeben. Mit der Befüllung des bei dem Kunden K. aufgestellten Tanks hat die Beklagte Eigentum der Klägerin in anderer Weise als durch Besitzentziehung oder -vorenthaltung beeinträchtigt, ohne daß die Klägerin die Beeinträchtigung nach § 1004 Abs. 2 BGB hätte dulden müssen. Die Beklagte hat die aus ihrem Verstoß gegen § 1004 Abs. 1 BGB resultierende Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt.
a) Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin am Eigentümerin des bei ihrem Kunden K. aufgestellten Gasbehälters war und das Eigentum daran auch in der Folgezeit nicht verloren hat.
Die für K. streitende Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB ist durch die unstreitigen Umstände widerlegt: Nach der - von der Revision nicht beanstandeten - Feststellung des Berufungsgerichts ist zwischen den Parteien unstreitig, daß der Tank ursprünglich jedenfalls im Eigentum der Klägerin stand. Aus dem Liefervertrag vom 4./ ergibt sich, daß die Klägerin das Eigentum daran bei Aufstellung des Behälters nicht auf K. übertragen hat. Nach Nr. 7 des Vertrages sollte der Tank, weil nur zu vorübergehendem Zweck mit Grund und Boden verbunden, unpfändbares und freies Eigentum der Klägerin bleiben. Die Beklagte trägt weder eine nachträgliche Änderung dieser Vereinbarung vor noch Umstände, die den Schluß auf einen dennoch erfolgten Übergang des Eigentums an dem Behälter auf K. rechtfertigen können, so daß das Berufungsgericht mit Recht die Eigentümerstellung der Klägerin als fortbestehend angesehen hat, ohne den Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen.
Diese Beweisangebote waren entgegen der Ansicht der Revision unerheblich. Mit ihnen sollte die Behauptung der Beklagten bewiesen werden, K. habe ihr erklärt, nicht in Vertragsbeziehungen zu einem anderen Flüssiggaslieferanten zu stehen und Eigentümer des bei ihm aufgestellten Tanks zu sein. Für die Frage, ob die Klägerin am Eigentümerin des Tanks war und weiterhin ist, kommt es jedoch nicht darauf an, ob K. sich der Beklagten gegenüber als Eigentümer bezeichnet hat.
Maßgebend ist allein, ob die Klägerin das Eigentum an dem Gasbehälter, das ihr nach dem unstreitigen Parteivorbringen ursprünglich zustand, auf K. übertragen oder sonstwie an ihn verloren hat. Hierfür ergibt sich aus den unter Beweis gestellten Äußerungen K. nichts.
b) Da K. nach dem Liefervertrag mit der Klägerin nur berechtigt war, den Gasbehälter mit von der Klägerin geliefertem Flüssiggas befüllen zu lassen, hat das Berufungsgericht die von K. veranlaßte Tankbefüllung durch die Beklagte mit Recht als Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin i.S. von § 1004 Abs. 1 BGB gewertet.
Angesichts der vertraglich vereinbarten Beschränkung der Nutzung des Behälters nur zur Befüllung mit Flüssiggas der Klägerin war die Befüllung durch die Beklagte bestimmungswidrig. Weil K. nur das Recht zur Befüllung des Tanks mit von der Klägerin geliefertem Gas zustand, konnte er - entgegen der Ansicht der Revision - der Beklagten das Recht, den Behälter mit ihrem Gas zu befüllen, nicht wirksam einräumen. Die Befüllung durch die Beklagte mußte deshalb von der Klägerin nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB geduldet werden. Der Auffassung der Revision, der Verstoß gegen die vertragliche Beschränkung der Behälternutzung könne nur zu schuldrechtlichen Konsequenzen im Verhältnis der Klägerin zu K. führen, nicht aber dingliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auslösen, kann nicht gefolgt werden.
Das gilt unabhängig davon, ob die Vereinbarung einer 15-jährigen Laufzeit für den Liefervertrag gegen § 9 AGB-Gesetz verstieß, weil ein Wegfall der Bezugsverpflichtung, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, den Kunden nicht zur Vornahme von Fremdbefüllungen berechtigte.
c) Die Beklagte ist unmittelbare (Handlung-)Störerin i.S. des § 1004 BGB, weil die Befüllung des Tanks der Klägerin auf ihre Willensbetätigung, nämlich die Erteilung einer entsprechenden Weisung an ihren Verkaufsfahrer, zurückgeht (vgl. , WM 1983, 176, 177).
Auf die Frage, ob die Beklagte ihr zumutbare Maßnahmen getroffen hat, die eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin zu verhindern geeignet gewesen wären, kommt es nicht an. Der Unterlassungsanspruch setzt kein Verschulden voraus. Ein Zumutbarkeitskriterium besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den mittelbaren Störer (vgl. BGHZ 106, 229, 235; 148, 13, 17). Davon abgesehen könnte sich die Beklagte hier ohnehin nicht auf fehlende Zumutbarkeit berufen. Da die Klägerin die Unterlassung einer Befüllung ihrer Tanks ohne ihre Einwilligung nur insoweit verlangt, als diese Behälter mit ihren Eigentumsaufklebern versehen sind, kann die Beklagte ohne weiteres sicherstellen, daß sie nur Tanks befüllt, die nicht im Eigentum der Klägerin stehen.
d) Die festgestellte Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin begründet die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr (BGHZ 140, 1, 10). Daß diese Gefahr weggefallen ist, hat die Beklagte, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, nicht bewiesen. Ihre im Rechtsstreit abgegebene Erklärung, sie werde keine Gasbehälter befüllen, hinsichtlich derer sie positiv wisse, daß sie Eigentum der Klägerin seien, ist - das verkennt die Revision - ersichtlich nicht geeignet, der Gefahr einer erneuten Eigentumsverletzung der Art entgegenzuwirken, wie sie durch die Befüllung des Tanks der Klägerin am erfolgt ist. Das wäre nur durch die uneingeschränkte Zusage möglich, künftig keine Befüllung von Gasbehältern der Klägerin mehr vorzunehmen.
e) Entgegen der Ansicht der Revision vermag auch die sog. Öffnungsklausel unter Nr. 2 des Liefervertrages den Kunden der Klägerin kein Recht zur Fremdbefüllung der Tanks der Klägerin zu verschaffen. Wenn der Kunde der Klägerin ein günstigeres Angebot eines anderen Lieferanten nachweist, die Klägerin darin jedoch nicht eintritt, sondern den Kunden aus dem Vertrag entläßt, ist der Kunde zur Rückgabe des Gasbehälters an die Klägerin verpflichtet, aber nicht berechtigt, ihn von dem anderen Lieferanten befüllen zu lassen, so daß die von der Revision angestrebte Einschränkung des Unterlassungsgebots nicht in Betracht kommt.
Auch eine Einschränkung des Unterlassungsgebots auf den bei K. aufgestellten Behälter der Klägerin ist nicht geboten. Die durch die Eigentumsbeeinträchtigung vom gerechtfertigte Besorgnis weiterer derartigen Störungen, die eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr begründet (vgl. BGHZ 140, 1, 10), betrifft alle im Eigentum der Klägerin stehenden Gastanks.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
YAAAB-98056
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja