Leitsatz
[1] Eine kennzeichenmäßige Benutzung einer Farbe in einer Werbeanzeige kann nicht immer schon dann angenommen werden, wenn die Farbe blickfangartig verwendet wird.
Gesetze: MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug: LG Düsseldorf vomo
Tatbestand
Die Parteien bieten als Wettbewerber Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation an.
Die Klägerin, die Deutsche Telekom AG, verwendet die Farbe magenta (Farbton RAL 4010) umfangreich in ihrer Werbung als eine Unternehmensfarbe und zur Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen. Sie ist seit Inhaberin der Farbmarke Nr. 395 52 630 "magenta" (RAL 4010), die am angemeldet und aufgrund des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom im Hinblick auf die nachgewiesene Verkehrsdurchsetzung (u.a. für Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Telekommunikation) eingetragen worden ist. Darüber hinaus ist die Klägerin Inhaberin einer am eingetragenen Gemeinschaftsfarbmarke "magenta".
Die Beklagte warb am mit der im Tenor wiedergegebenen Zeitungsanzeige für ihre Dienstleistungen mit dem Slogan "Unser Weihnachtsgeschenk für Telekom-Kunden: Mit 0 10 19 kostenlos telefonieren!". Die in der Anzeige rechts unten abgedruckte Netzbetreiberkennzahl der Beklagten 0 10 19 ist in einer magenta-ähnlichen Farbe gehalten, alle anderen Elemente der Anzeige sind schwarz/weiß gedruckt.
Die Klägerin hat ihre Klage zunächst nur auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche gestützt (§§ 1, 3 UWG) und dazu vorgetragen, die Farbe magenta habe als Hinweis auf ihr Unternehmen einen großen Bekanntheitsgrad. Die Beklagte führe durch die blickfangartige Benutzung dieser Farbe bewußt die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung herbei und nutze dadurch den guten Ruf der Klägerin aus.
Die Klägerin hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung der im einzelnen bezeichneten gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ihre Netzbetreiberkennzahl 0 10 19 in der Weise zu bewerben, daß die Ziffern blickfangartig in der Farbe "magenta" (mit oder ohne Rahmen um die einzelne Ziffer) dargestellt werden.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgetragen, die Farbe magenta sei eine übliche Druckfarbe mit signalhafter Wirkung, die Werbeaussagen hervorheben könne. Die beanstandete Anzeige enthalte zudem in unmittelbarer Nähe zu der farblich gestalteten Netzbetreiberkennzahl ihr Firmenlogo und weise schon deshalb nicht auf eine Herkunft von der Klägerin hin.
Das Landgericht hat der Klage gemäß § 1 UWG stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage auch auf ihre nunmehr eingetragene Farbmarke "magenta" gestützt und vorgebracht, der Grad der Bekanntheit ihrer Hausfarbe magenta im Verkehr sei nochmals gestiegen.
Die Beklagte hat die behauptete Verkehrsgeltung der Farbe magenta als Herkunftshinweis auf die Klägerin bestritten.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf der Grundlage der eingetragenen Farbmarke "magenta" zugesprochen. Es bestehe Begehungsgefahr. Die angegriffene Werbung stamme zwar aus der Zeit vor der Eintragung der Marke, doch habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß sie auch nach der Markeneintragung zu einer Werbung wie in der beanstandeten Anzeige berechtigt sei.
Die auffällige und nach wie vor ungewöhnliche Farbe magenta werde von der Klägerin als eine ihrer Unternehmensfarben umfangreich und konsequent benutzt. Durch eine Verkehrsbefragung sei nachgewiesen, daß die Farbe magenta im September 1999 jedenfalls von annähernd 70 % der Bevölkerung als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin verstanden worden sei. Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei auch nicht ins Gewicht fallend dadurch geschwächt worden, daß andere Unternehmen die Farbe magenta verwendet hätten.
Die Beklagte habe in der beanstandeten Anzeige eine der Farbe magenta zumindest sehr ähnliche Farbe kennzeichenmäßig zur Werbung für identische Dienstleistungen benutzt. Der Farbton der in der Anzeige rechts unten stehenden Netzbetreiberkennzahl 0 10 19 sei lediglich etwas blasser als bei der Klagemarke "magenta". Das darüber stehende Firmenzeichen der Beklagten "MOBILCOM" könne als bloßer Hinweis auf eine Abwicklungsstelle verstanden werden. Danach bestehe die Gefahr, daß der Verkehr das Farbzeichen in der angegriffenen Anzeige und die Klagemarke demselben Unternehmen zuordne oder zumindest annehme, die hinter den Farben stehenden Unternehmen seien miteinander vertraglich, organisatorisch oder in sonstiger Weise wirtschaftlich verbunden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben nur insoweit Erfolg, als die Verurteilung der Beklagten über das Verbot der konkreten Verletzungsform hinausgeht.
1. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, es zu unterlassen, für ihre Telefondienstleistungen wie mit der angegriffenen Anzeige zu werben. Die Beklagte verletzt die für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation eingetragene Klagemarke "magenta", wenn sie in ihrer Werbung für identische Dienstleistungen wie in der beanstandeten Anzeige eine Farbe als Kennzeichen benutzt, die mit der als Marke geschützten Farbe magenta verwechslungsfähig ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 5, Abs. 5 MarkenG).
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte in der angegriffenen Anzeige die Farbe - einen magenta zumindest sehr ähnlichen Farbton - als solche kennzeichenmäßig benutzt hat.
aa) Das Recht aus einer abstrakten Farbmarke kann durch eine Werbeanzeige nur dann verletzt werden, wenn die Farbe darin als Herkunftshinweis verwendet wird. Für die Farbmarke gilt insoweit nichts anderes als für andere Markenformen (vgl. , GRUR 2003, 55, 57 f. Tz. 51 ff. = WRP 2002, 1415 - Arsenal Football Club plc; , GRUR 2002, 809, 811 = WRP 2002, 982 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I; Urt. v. - I ZR 91/00, GRUR 2003, 332, 333 f. = WRP 2003, 521 - Abschlußstück, zum Abdruck in BGHZ 153, 131 vorgesehen). Wird eine Farbe in einer Werbeanzeige verwendet, besteht allerdings besonderer Anlaß zu prüfen, ob dies herkunftshinweisend geschieht.
Bei dieser Prüfung ist auf das Verständnis des angesprochenen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. , GRUR 2003, 604, 606, 608 Tz. 46, 63 = WRP 2003, 735 - Libertel; BGH GRUR 2003, 332, 334 - Abschlußstück). Bei Dienstleistungen der Telekommunikation gehören alle Verbraucher zu den maßgeblichen Verkehrskreisen. Die Verbraucher sehen in einer Farbe nicht in erster Linie einen Herkunftshinweis. Sie sind es nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung ohne Hinzutreten von graphischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, da eine Farbe als solche - zumindest bisher - in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verwendet wird (vgl. - zur Verwendung von Farben auf Waren oder deren Verpackungen
- EuGH GRUR 2003, 604, 606, 608 Tz. 27, 65 f. - Libertel).
Nur ausnahmsweise kann angenommen werden, daß der Verkehr eine Farbe in einer Anzeige nicht nur als Gestaltungsmittel, sondern als Herkunftshinweis auffaßt. Dazu ist es erforderlich, daß die Farbe als solche im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, daß sie als Kennzeichnungsmittel verstanden wird (vgl. , GRUR 2002, 171, 175 = WRP 2001, 1315 - Marlboro-Dach; vgl. auch Ströbele, Festschrift für Erdmann, 2002, S. 491, 503; Grabrucker, WRP 2000, 1331, 1341).
bb) Das Berufungsgericht hat dem Gesamtbild der angegriffenen Anzeige zu Recht entnommen, daß der darin verwendete, der Farbe magenta sehr ähnliche Farbton herkunftshinweisend benutzt worden ist.
Ein Verständnis, daß die Farbe in der angegriffenen Anzeige zur Werbung für Telefondienstleistungen kennzeichenmäßig benutzt ist, liegt ohnehin sehr nahe, weil magenta nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine auffällige und nach wie vor ungewöhnliche Farbe ist und schon im September 1999 eine "Hausfarbe" der Klägerin war, die zumindest annähernd 70 % der Bevölkerung als Herkunftshinweis auf das Unternehmen der Klägerin bekannt war. Eine Schwächung der Marke "magenta" durch Drittzeichen ist nicht eingetreten. Die Gewöhnung des Verkehrs, bei Telefondienstleistungen in der Farbe magenta einen Herkunftshinweis zu sehen, und die durch Benutzung erworbene Kennzeichnungskraft des Klagezeichens führen dazu, daß der Verkehr die Farbe auch bei einer Verwendung in einer Werbeanzeige für solche Dienstleistungen um so eher als Herkunftshinweis auffaßt und ihr eine selbständig kennzeichnende Funktion beimißt (vgl. dazu auch , GRUR 2001, 158, 160 = WRP 2001, 41 - Drei-Streifen-Kennzeichnung; BGH GRUR 2002, 171, 173 - Marlboro-Dach; , GRUR 2003, 880, 881 = WRP 2003, 1228 - City Plus).
In der Anzeige ist die verwendete Farbe, die magenta sehr ähnlich ist, zudem nicht nur die einzige Farbe, sondern auch ein signalhaft eingesetztes Gestaltungsmittel. Die Netzbetreiberkennzahl ist mit diesem Farbton blickfangartig herausgestellt.
Der Umstand, daß es die Netzbetreiberkennzahl der Beklagten ist, die in dieser Weise herausgestellt wird, kann an der Annahme, daß die verwendete Farbe auf ein bestimmtes Unternehmen als Werbetreibenden hinweist, schon deshalb nichts ändern, weil nicht ersichtlich ist, daß der Verkehr die Netzbetreiberkennzahl einem anderen Unternehmen als demjenigen zuordnet, mit dem es die Farbe magenta verbindet. Für ihre gegenteilige Ansicht hat die Revision nicht - wie erforderlich - auf Vorbringen in den Vorinstanzen verwiesen.
Der Abdruck des Firmenschlagworts der Beklagten "MOBILCOM" in einem Rahmen über der Netzbetreiberkennzahl und in der Anschrift des in die Anzeige aufgenommenen Formularschreibens steht der Annahme einer kennzeichenmäßigen Benutzung der magenta sehr ähnlichen Farbe nicht entgegen. Das Firmenschlagwort wird erst bei näherer Betrachtung wahrgenommen, da es klein und in schwarz/weiß wiedergegeben ist. Es ist daher nicht geeignet, den Herkunftshinweis zu beseitigen, der mit der Verwendung des Farbtons gegeben wird. Gleiches gilt für die sonstigen Elemente der Anzeige. Nach dem Gesamtinhalt der Anzeige ist im übrigen auch gewollt, daß diese zunächst als Werbung der Klägerin verstanden wird, da sich die Anzeige nach ihren Textaussagen gerade an die Kunden der Klägerin richtet ("Liebe Telekom-Kunden", "Unser Weihnachtsgeschenk für Telekom-Kunden" usw.).
b) Die kennzeichenmäßig benutzte Farbgestaltung der angegriffenen Anzeige, die - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - vom Verkehr als selbständiges Kennzeichnungsmittel aufgefaßt wird, ist mit der Klagemarke verwechslungsfähig (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Nach den getroffenen Feststellungen ist der Farbton in der Anzeige der Beklagten dem Farbton magenta jedenfalls sehr ähnlich. Von einer identischen Farbe kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil das Berufungsgericht als unstreitig festgestellt hat, daß die Netzbetreiberkennzahl in einer "magenta-ähnlichen" Farbe gehalten ist. Die Verwechslungsgefahr wird dadurch erhöht, daß die angesprochenen Verbraucher, wenn sie - wie hier - auf ihr Erinnerungsvermögen angewiesen sind, geringe Unterschiede in den Farbtönen kaum feststellen können (vgl. dazu auch EuGH GRUR 2003, 604, 607 Tz. 47 - Libertel).
c) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts besteht die Gefahr, daß die Beklagte zukünftig erneut wie mit der angegriffenen Anzeige wirbt.
2. Der Unterlassungsantrag der Klägerin kann aber nicht in vollem Umfang Erfolg haben, weil er zu weit gefaßt ist.
Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind allerdings im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Dies hat seinen Grund darin, daß eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 126, 287, 295 - Rotes Kreuz; , GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Unterlassungsantrag aber nicht gerecht. Er umfaßt, da er nur auf einzelne Besonderheiten der angegriffenen Verletzungsform, nicht auf diese selbst abstellt, eine Vielzahl von denkbaren Werbemaßnahmen. Diese verletzen nicht notwendig die Klagemarke. Eine blickfangartige Darstellung der Netzbetreiberkennzahl der Beklagten in einer als magenta angesehenen Farbe wird zwar vielfach, aber nicht durchweg als eine kennzeichenmäßige Benutzung der Farbe magenta zu beurteilen sein.
Das Klagevorbringen kann aber dahingehend ausgelegt werden, daß sich die Klägerin jedenfalls auch gegen die konkrete Verletzungsform, d.h. die konkret angegriffene Anzeige, wendet (vgl. dazu auch BGHZ 126, 287, 296 - Rotes Kreuz; , GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.). Dementsprechend war ein solches Verbot auszusprechen und die Klage im übrigen abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAB-97277
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja