Leitsatz
[1] Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB droht, kann regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden, wobei maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen ist. Zu berücksichtigen ist insbesondere, in welcher Höhe der Schädiger Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Weiterhin ist in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen.
Gesetze: BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 Db
Instanzenzug: LG Düsseldorf 39 O 74/97 vom OLG Düsseldorf 18 U 83/98 vom
Tatbestand
Die Klägerin ist Transportversicherer der K. GmbH in H. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin und die Beklagte standen in laufender Geschäftsbeziehung. Die Beklagte führte für die Versicherungsnehmerin zahlreiche Pakettransporte durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen eine Tarifvereinbarung vom sowie die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten mit Stand September 1996 zugrunde. Diese enthielten u.a. folgende Bestimmungen:
"1. Allgemeines
...
Die Transporte werden auf Grundlage dieser Beförderungsbedingungen durchgeführt. ...
...
2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen
Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an:
...
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle ('Die Tariftabelle') anders festgelegt. ...
...
10. Haftung
... U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von ... DM 1.000 pro Sendung ... oder bis zu dem nach § 54 ADSp ... ermittelten Erstattungsbetrag, je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben.
Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung ... . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt.
...
Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen.
Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. ...
..."
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte am mit dem Transport von vier Paketen zu einem in F. ansässigen Unternehmen. Die Beklagte lieferte die von ihr übernommenen Pakete bei dem Empfänger nicht aus, da diese zu einem unbekannten Zeitpunkt an einem unbekannten Ort abhanden gekommen waren.
Die Versicherungsnehmerin hatte den Wert der Sendung nicht besonders deklariert. Die Beklagte hat ihre Ersatzleistung deshalb unter Hinweis auf Nr. 10 ihrer Allgemeinen Beförderungsbedingungen auf 1.000 DM beschränkt.
Die Klägerin hat den ihrer Versicherungsnehmerin durch den Verlust entstandenen Schaden in Höhe von 30.383,52 € reguliert und sich von der Versicherungsnehmerin etwaige Ersatzansprüche gegen die Beklagte abtreten lassen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte aufgrund qualifizierten Verschuldens unbeschränkt für den Schaden. Ein Mitverschulden wegen unterlassener Wertdeklaration komme nicht in Betracht. Die von der Beklagten behaupteten Sicherungsvorkehrungen im Falle einer Wertdeklaration würden in der Praxis nicht umgesetzt. Selbst wenn dies der Fall wäre, gewährleisteten sie keine erhöhte Sicherheit. Zudem habe die Versicherungsnehmerin keine Kenntnis von den behaupteten Sicherungsvorkehrungen gehabt. Der Mitverschuldenseinwand scheide im Übrigen auch deshalb aus, weil der Beklagten aufgrund der laufenden Geschäftsbeziehung bekannt gewesen sei, dass die Versicherungsnehmerin hochwertige Mobiltelefone vertreibe und dementsprechend auch befördern lasse.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.383,52 € nebst Zinsen zu bezahlen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden in Höhe von 80 % zurechnen lassen. Im Falle der Wertdeklaration hätte sie - im Einzelnen vorgetragene - Maßnahmen ergriffen, die die Sicherheit der Beförderung dergestalt erhöht hätten, dass der Transportweg zu 80 % sicher gewesen wäre. Die Versicherungsnehmerin habe auch Kenntnis davon gehabt, dass bei einer Wertsendung besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden wären.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten - nach Rücknahme des Rechtsmittels in Höhe von 6.076,70 € - und die in Höhe von 511,29 € eingelegte Anschlussberufung der Klägerin mit Urteil vom zurückgewiesen. Dieses Urteil hat der Senat, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde, auf die Revision der Beklagten aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urt. v. - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen.
Mit der vom Senat beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, soweit sie zur Zahlung von mehr als 6.076,70 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) ihrer Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 51a ADSp a.F. i.V.m. Nr. 10 der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Beförderungsbedingungen der Beklagten zuerkannt. Hierzu hat es ausgeführt:
Ihre grundsätzliche Haftung für den Verlust der hier in Rede stehenden Pakete stelle die Beklagte aufgrund der Ausführungen im und der von ihr erklärten teilweisen Berufungsrücknahme nicht mehr in Frage.
Der Anspruch bestehe auch in voller Höhe. Die Beklagte könne sich nicht auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen und in den ADSp a.F. berufen, da sie den Verlust der Pakete wegen fehlender Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen grob fahrlässig verursacht habe.
Die von der Versicherungsnehmerin unterlassene Wertdeklaration führe nicht zu einer Schadensminderung wegen Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB, da nichts dafür ersichtlich sei, dass die Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin Kenntnis davon gehabt hätten oder hätten haben müssen, dass die Beklagte, wie sie behaupte, wertdeklarierte Pakete weiterreichenden Kontrollen unterziehe. Die erforderliche Kenntnis, die nicht Gegenstand der Entscheidung des Revisionsgerichts vom gewesen sei, ergebe sich insbesondere nicht aus den Beförderungsbedingungen der Beklagten.
Eine Mithaftung gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht, weil kein ungewöhnlich hoher Schaden eingetreten sei. Dieser sei erst oberhalb eines Wertes von 50.000 US-Dollar anzunehmen, da die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen bereit sei, Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardpakete zu befördern, und deshalb auch bis zu diesem Wert mit einem Schadenseintritt rechnete.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint hat, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich das Unterlassen der Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin anrechnen lassen.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens zu berücksichtigen ist (vgl. , TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
b) Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht jedoch in seiner Annahme, ein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB - § 425 Abs. 2 HGB kommt im vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung, da der streitgegenständliche Transportauftrag vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am erteilt wurde (vgl. BGHZ 149, 337, 344 f.) - wegen unterlassener Wertdeklaration komme nicht in Betracht, weil die Beklagte nicht dargetan habe, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin bei Auftragserteilung Kenntnis von der besonderen Beförderung von Wertpaketen gehabt habe oder eine solche besondere Behandlung von Wertpaketen hätte kennen müssen.
aa) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen gemäß § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = NJW-RR 2005, 265). Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen kann, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen hätte kennen müssen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGHZ 74, 25, 28; , NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 BGB; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23). Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt.
bb) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch die Beklagte nicht kennen müssen.
Dem Versender wird durch Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis vermittelt, dass die Beklagte nur bei einer Wertdeklaration über die in Nr. 10 genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte alles daran setzen wird, Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Diese Haftung ist von der Zahlung eines Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten abhängig. Die erhöhte Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem steht nicht entgegen, dass Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Möglichkeit eröffnet, die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein verständiger Versender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten in diesem Fall, wird davon ausgehen, dass die Beklagte bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte Sorgfalt aufwendet. Er wird zur Vermeidung eigenen Schadens den Wert der Sendung deklarieren, wenn dieser den in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs genannten Haftungshöchstbetrag überschreitet.
Danach hätte die Versicherungsnehmerin der Klägerin zumindest wissen müssen, dass die Beklagte Wertpakete im Vergleich zu Standardsendungen mit größerer Sorgfalt behandelt.
2. Der Mitverschuldenseinwand der Beklagten scheitert entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht an der fehlenden Kausalität der unterlassenen Wertdeklaration für den eingetretenen Schaden, weil die Beklagte aufgrund des ihr bekannten Unternehmensgegenstandes der Versicherungsnehmerin mit einem hohen Warenwert habe rechnen müssen.
Die Kausalität eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertangabe lässt sich in solchen Fällen nur verneinen, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. , VersR 1953, 14; MünchKomm.BGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 72; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 254 Rdn. 38). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand nicht für begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hat (vgl. , TranspR 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058). Im vorliegenden Fall ist indes eine entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht festgestellt. Die Versicherungsnehmerin hatte vielmehr einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der zum Versand gebrachten Ware genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Ware befand, die möglicherweise höherwertig war. Der Beklagten kann allein aus dem Umstand, dass sie den Unternehmensgegenstand der Versicherungsnehmerin kannte, nicht die Kenntnis unterstellt werden, dass ihr jeweils Güter von erheblichem Wert zur Beförderung übergeben würden.
3. Der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration scheitert auch dann nicht an der fehlenden Kausalität, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes Verschulden der Versender kommt vielmehr auch in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen Lücken in der Schnittstellenkontrolle verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Werts der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassene Wertangabe auf der in Verlust geratenen Sendung den Schaden mit verursacht hat, weil die Beklagte bei richtiger Wertangabe und entsprechender Bezahlung des höheren Beförderungstarifs ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann nicht zu dem Verlust gekommen wäre. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht wertdeklarierten Sendung unterliege. Diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben. Gelingt der Beklagten dieser Beweis nicht, wird sich das Berufungsgericht mit dem Einwand des Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auseinanderzusetzen haben, bei dem es nicht darauf ankommt, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte oder hätte wissen müssen, dass der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Den Auftraggeber trifft vielmehr eine allgemeine Obliegenheit, auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert, wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird (vgl. , TranspR 2005, 311, 314 f.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 US-Dollar vor. Die Voraussetzung einer ungewöhnlichen Höhe des Schadens lässt sich nicht in einem bestimmten Betrag oder in einer bestimmten Wertrelation (etwa zwischen dem unmittelbar gefährdeten Gut und dem Gesamtschaden) angeben (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 254 Rdn. 75). Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, kann vielmehr regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei ist maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen (vgl. , NJW 2002, 2553, 2554; OLG Hamm NJW-RR 1998, 380; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 254 Rdn. 28). Es ist dabei auch in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen. Da insoweit die Sicht des Schädigers maßgeblich ist, ist vor allem zu berücksichtigen, in welcher Höhe dieser, soweit für ihn die Möglichkeit einer vertraglichen Disposition besteht, Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Angesichts dessen, dass hier in erster Hinsicht ein Betrag von 1.000 DM und in zweiter Hinsicht 50.000 US-Dollar im Raum stehen, liegt es aus der Sicht des Senats nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens i.S. des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert der Sendung 5.000 €, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten, übersteigt.
5. Die Haftungsabwägung nach § 254 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH TranspR 2004, 399, 402).
Im Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. - I ZR 238/02, Umdruck S. 10).
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung: Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin der Klägerin verneint hat. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 1426 Nr. 20
MAAAB-97182
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja