Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 347; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 354 Abs. 1 a Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht Hannover hatte den Angeklagten mit Urteil vom wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in fünf Fällen unter Einbeziehung der oben genannten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom den Schuldspruch dahin geändert, dass er des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in fünf Fällen schuldig ist, den Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zurückverwiesen.
Das Landgericht hat nunmehr gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Hiergegen richtet sich die neuerliche Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist. Sie hat teilweise Erfolg und führt zu einer Ermäßigung der verhängten Strafen.
1. Die Verfahrensrüge, mit der die Ablehnung eines Beweisantrags auf Beiziehung der Handakten des Generalbundesanwalts und des Senatsheftes des Bundesgerichtshofs (3 StR 464/04) gerügt worden ist, hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat diesen Antrag zu Recht als Beweisermittlungsantrag angesehen und abgelehnt. Auch die Aufklärungspflicht hat eine Beiziehung dieser Akten nicht geboten. Alle für die Feststellung einer Verfahrensverzögerung relevanten Umstände lassen sich den Sachakten entnehmen, in die der Beschwerdeführer Einsicht nehmen konnte. In einem Senatsheft des Bundesgerichtshofs befinden sich grundsätzlich neben Ablichtungen und Mehrfertigungen von Bestandteilen der Sachakten nur Bearbeitungsnotizen und Entwürfe der beteiligten Richter; sie unterliegen deshalb - schon zur Wahrung des Beratungsgeheimnisses - nicht dem Einsichtsrecht (BGHR StPO § 147 Abs. 1 Verfahrensakten 4).
2. Die zugleich erhobene Verfahrensrüge, mit der eine Verzögerung im ersten Revisionsverfahren geltend gemacht wird, hat teilweise Erfolg.
a) Sie ist allerdings unzulässig, soweit mit ihr eine Verzögerung von vier Wochen durch die Bearbeitung beim Generalbundesanwalt beanstandet wird. Denn es wurden die zur Prüfung eines solchen Verstoßes erforderlichen Verfahrenstatsachen, insbesondere der Eingang der Akten bei dieser Behörde, nicht mitgeteilt.
Die Rüge wäre allerdings auch unbegründet gewesen. Denn die Akten sind dort am eingegangen und bereits mit einem Antrag gemäß § 349 Abs. 2 StPO unter dem an den Bundesgerichtshof weitergeleitet worden.
Sollte mit der Rüge die vom Eingang der Revisionsbegründungen bis zur Vorlage der Akten gemäß § 347 StPO verstrichene Zeit angesprochen werden, die nicht die Bearbeitung beim Generalbundesanwalt, sondern bei der örtlichen Staatsanwaltschaft betrifft, fehlt es ebenfalls an der Mitteilung der sich aus den Sachakten ergebenden Bearbeitungsvorgänge zwischen dem Eingang der Revisionsbegründungen und der Vorlage der Akten. Ohne Kenntnis dieser Verfahrenstatsachen kann das Revisionsgericht das Vorliegen einer Verfahrensverzögerung nicht prüfen.
b) Soweit der Beschwerdeführer die Dauer des ersten Revisionsverfahrens vor dem Senat rügt, wird entsprechend der Beanstandung in der Revisionsbegründungsschrift festgestellt, dass durch die zu lange Bearbeitungsdauer im geltend gemachten Umfang das Recht des in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten auf ein Urteil in angemessener Frist sowohl nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 MRK als auch nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzt worden ist.
Zur Kompensation beider Konventionsverstöße werden auf Antrag des Generalbundesanwalts die Strafen nach § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO wie folgt ermäßigt:
Fall 1: Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten statt von drei Jahren;
Fälle 2 - 5: Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten statt von zwei Jahren und sechs Monaten;
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten statt von vier Jahren und sechs Monaten.
Diese Strafen erscheinen unter Berücksichtigung der vom Landgericht herangezogenen Strafzumessungserwägungen, insbesondere der jeweiligen Schwere der Missbrauchstaten, auch im Hinblick auf die nicht allzu erhebliche Verfahrensverzögerung als mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang stehend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO. Angesichts des geringen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig, dass der Angeklagte die gesamten Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat.
Fundstelle(n):
TAAAB-95431
1Nachschlagewerk: nein