BGH Urteil v. - 2 StR 65/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 244 Abs. 2; StPO § 244 Abs. 3; StPO § 344 Abs. 2 Satz 2; StGB § 23 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine Revision führt mit der Sachrüge zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erlangte der gesondert verfolgte, derzeit flüchtige B. im Oktober 2003 Kenntnis davon, dass am im Rahmen eines sogenannten "Pyramidenspiels" ein Betrag von 160.000 Euro in einem Lokal an die später Geschädigten K. und M. übergeben werden sollte. B. gewann in der Folge den Angeklagten für den Plan, K. und M. zu überfallen. Spätestens am erklärte sich der Angeklagte, der in finanziellen Schwierigkeiten war, zur Beteiligung bereit. B. gewann außerdem noch die Brüder und Sk. sowie David Kl. für die Tat, denen er jeweils 5.000 Euro aus der Beute versprach.

Am Tatabend beobachtete Sk. absprachegemäß das Lokal, in dem sich die Geschädigten aufhielten, und teilte ihren Aufbruch an die übrigen Beteiligten mit, die in der Nähe der Wohnung der Geschädigten warteten. Sk. blieb im Fluchtfahrzeug sitzen, Kl. beobachtete 30 Meter vom Tatort entfernt die Umgebung; B. und der Angeklagte versteckten sich in der Nähe des Hauses. Als die Geschädigten auf das Grundstück fuhren und anhielten, rissen sie die Türen auf, besprühten die Geschädigten mit Reizgas und schlugen mit harten Schlagwerkzeugen auf sie ein, so dass beide Tatopfer Platzwunden am Kopf erlitten. Der Mittäter Kl. entnahm unterdessen aus dem Kofferraum einen Karton; sodann flohen die Täter in ihrem Fluchtfahrzeug. Als sie unterwegs den Karton öffneten, fanden sie darin statt der erwarteten 160.000 Euro nur einige Flaschen Wein. Diese warfen sie mit dem Karton weg, da sie keine Verwendung dafür hatten. Die Mittäter Kl. , Sk. und Sk. wurden kurz darauf festgenommen und im April 2004 wegen der Tat zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten und drei Jahren verurteilt. Der Angeklagte tauchte zunächst unter und wurde erst im Januar 2005 festgenommen. Der Mittäter B. ist weiterhin flüchtig.

2. Die Verfahrensrüge, mit der die Ablehnung eines auf Vernehmung des (tatbeteiligten) Zeugen B. gerichteten Antrags gerügt wird, ist unzulässig, da sie den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt. Es handelte sich insoweit nicht um einen Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO, da es an hinreichenden Angaben zur Erreichbarkeit des Zeugen fehlte; der Antrag war daher als Beweisermittlungsantrag zu behandeln. Soweit die Revision unter dem Gesichtspunkt des § 244 Abs. 2 StPO rügt, dass der Tatrichter weitere Bemühungen zur Ermittlung des Aufenthalts des (angeblich) "in die Türkei" ausgereisten Zeugen hätte entfalten müssen, ist die Rüge unzulässig, denn es ist nicht vorgetragen, welches Ergebnis diese Bemühungen gehabt hätten. Der Vortrag der Revision beschränkt sich auf Vermutungen; soweit auf Aktenvermerke oder sonstige Unterlagen verwiesen wird, sind diese nicht vorgetragen.

3. Soweit die Sachrüge sich gegen die Beweiswürdigung zur täterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten wendet, ist sie, entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts, unbegründet. Das Landgericht, das seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Aussagen der bereits rechtskräftig zu milden Strafen verurteilten Tatbeteiligten Sk. und David Kl. gestützt hat, hat die gegen die Richtigkeit dieser den Angeklagten belastenden Aussagen sprechenden Gesichtspunkte gesehen; die Aussagen der Zeugen hat es gleichwohl mit knapper, aber noch tragfähiger Begründung als glaubhaft angesehen.

Das gilt im Ergebnis auch für die Erwägungen zu der Aussage des Geschädigten K. . Dieser hatte in zwei polizeilichen Vernehmungen angegeben, einer der beiden Täter, die am Fahrzeug auf ihn und die Geschädigte M. einschlugen, sei "auffallend groß" gewesen, nämlich etwa 1,90 m groß. Der Angeklagte ist 1,68 m groß, der Mittäter B. 1,75 m; Sk. , der nach den auf seine Aussagen gestützten Feststellungen des Landgerichts ca. 100 Meter vom Tatort entfernt im Fluchtfahrzeug verblieb, ist 1,92 m groß. In der Hauptverhandlung hat der Zeuge K. dann angegeben, die Angreifer hätten "normale" Körpergröße gehabt; der Täter am Kofferraum sei etwa 1,80 m groß und der größte der Angreifer gewesen. Diese Beschreibung passte auf den Zeugen Kl. , der auch eingeräumt hat, den Karton aus dem Kofferraum genommen zu haben.

Die Auffälligkeiten dieser Aussageänderung hat das Landgericht gesehen und bei der Beweiswürdigung bedacht. Seine Erwägungen, wonach der Zeuge K. , der zum Tatzeitpunkt alkoholisiert war, aufgrund des überraschenden Angriffs in der Dunkelheit nur eingeschränkte Wahrnehmungen machen konnte und daher zu fehlerhaften Schätzungen gelangte, lassen im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen.

4. Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs wird von den Feststellungen nicht getragen. Soweit das Landgericht ausgeführt hat, es sei dem Angeklagten darauf angekommen, "den Karton samt Inhalt ... an sich zu bringen" (UA S. 12/13), hat es nicht bedacht, dass der weggenommene Karton den erwarteten Inhalt, auf welchen sich der Vorsatz der Täter bezog, nicht hatte. An dem tatsächlichen Inhalt hatte der Angeklagte aber ebenso wenig Interesse wie an dem Karton selbst, beides wurde von den Tätern alsbald fortgeworfen.

Der Angeklagte hat sich daher insoweit nur wegen versuchen schweren Raubs schuldig gemacht. Die gefährliche Körperverletzung steht hierzu in Tateinheit. Sie ist abweichend von der Ansicht des Landgerichts in zwei tateinheitlichen Fällen gegeben. Der Senat konnte insoweit den Schuldspruch selbst ändern, da weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. § 265 StPO steht der Änderung des Konkurrenzverhältnisses nicht entgegen; eine andere Verteidigung wäre dem Angeklagten nicht möglich gewesen.

5. Die Veränderung des Schuldspruchs führt schon im Hinblick auf § 23 Abs. 2 StGB zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Insoweit merkt der Senat an, dass die mit einer Verfahrensrüge angegriffene Ablehnung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines Sachverständigen zum Beweis der Tatsache, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten im Hinblick auf seinen Drogenkonsum zur Tatzeit zumindest erheblich vermindert war, rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, das Beweismittel sei völlig ungeeignet, da es in der Akte an Anknüpfungstatsachen fehle und der Angeklagte keine (weiteren) Angaben zur Tat machen wolle. Auch wenn Anhaltspunkte dafür, die Schuldfähigkeit des Angeklagten könne gänzlich aufgehoben gewesen sein, hier offenkundig fehlten und es daher von vornherein nur um die Prüfung einer möglicherweise erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehen konnte, durfte der Antrag, wie die Revision zutreffend einwendet, mit dieser Begründung nicht zurückgewiesen werden. Dass ein psychiatrischer Sachverständiger wenige oder nur solche Anknüpfungstatsachen vorfindet, welche eine Beweisbehauptung nicht stützen, macht ihn nicht zu einem völlig ungeeigneten Beweismittel; im Übrigen ist auch nicht festgestellt, dass der Angeklagte sich einer Exploration verweigert hätte. Der neue Tatrichter wird dies im Rahmen der erforderlichen neuen Feststellungen zur Strafzumessung gegebenenfalls zu berücksichtigen haben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WAAAB-95404

1Nachschlagewerk: nein