Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 354 Abs. 1a Satz 1
Instanzenzug: LG Mannheim vom
Gründe
Der Angeklagte, ein seit 1994 (früh-)pensionierter Finanzbeamter, wurde wegen 14 Anlagebetrügereien mit sehr hohem Schaden zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Wäre es nicht - offenbar wegen Überlastung - bei der Polizei und bei Gericht zu im Ergebnis jahrelanger Verfahrensverzögerung gekommen, wäre, so die Strafkammer, eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt worden.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die auf den Strafausspruch beschränkt ist, ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Revision meint, die Strafkammer hätte ausdrücklich erörtern müssen, dass der Angeklagte als Folge der Verurteilung seine Ruhestandsbezüge verliert.
Der Senat sieht hier keinen Rechtsfehler.
Allerdings sind berufliche Konsequenzen einer strafgerichtlichen Verurteilung grundsätzlich als Wirkungen, die für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, bei der Strafzumessung in Betracht zu ziehen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Zu diesen Konsequenzen kann auch der Verlust von Ruhestandsbezügen gehören (vgl. BGH StV 1985, 454; Tröndle/Fischer StGB, 53. Aufl. § 46 Rdn. 44 jew. m. w. N.). Ob dieser Strafzumessungsgrund ausdrücklich zu nennen ist, hängt aber davon ab, ob sich seine Erörterung als bestimmender Strafzumessungsgrund aufdrängt. Dies kann vor allem dann nahe liegen, wenn durch die Verurteilung die Grundlage für die wirtschaftliche Existenz des Täters verloren geht, wie dies bei dem Verlust der Ruhestandsbezüge eines früheren Beamten der Fall sein kann (vgl. zusammenfassend BGH NStZ 1996, 539 m. w. N.).
Hier hat die Strafkammer festgestellt, dass der Angeklagte - (ersichtlich) monatlich - 2.300 € als Ruhestandsbezüge erhält und außerdem seit 2004 durch eine beratende Tätigkeit im Bereich Programmierung "weitere 2.500 € bis 3.500 € im Durchschnitt" erzielt.
Die Ruhestandsbezüge belaufen sich daher auf jedenfalls weniger als die Hälfte der Gesamteinnahmen des Angeklagten. Ihr Verlust ist daher keinesfalls mit dem Verlust der alleinigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage gleichzusetzen. Der Angeklagte ist wie jeder andere Straftäter zu betrachten, der (auch) wirtschaftliche Nachteile durch seine Tat erleidet und bei dem dieser Umstand nicht notwendig bestimmende Bedeutung für das Strafmaß erlangen muss, die zur Erörterung in den Urteilsgründen zwingt (BGH aaO).
Auch im Übrigen sind Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ersichtlich. Allerdings hat die Strafkammer bei der Bemessung der Kompensation für die Verfahrensverzögerung nicht ausdrücklich berücksichtigt, dass dem Angeklagte dadurch jahrelang erhebliche staatliche Ruhestandsbezüge zugeflossen sind, was bei zügigerer Verfahrensdurchführung nicht so lange der Fall gewesen wäre (vgl. demgegenüber zur Berücksichtigung sämtlicher Folgen einer Verfahrensverzögerung ). Näher nachzugehen braucht der Senat dem aber hier nicht, da der Angeklagte durch die unterlassene Erörterung dieses Gesichtspunkts nur begünstigt worden sein kann.
Nach alledem kann auf sich beruhen, dass, wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, die von ihm als "außergewöhnlich milde" gekennzeichnete Strafe auch dann angemessen i. S. d. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO wäre, wenn der behauptete Fehler bei der Strafzumessung vorläge.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
wistra 2006 S. 137 Nr. 4
QAAAB-95205
1Nachschlagewerk: nein