BAG Urteil v. - 9 AZR 554/02

Leitsatz

[1] 1. Der vom Arbeitgeber während der Altersteilzeit nach § 5 Abs. 2 TV ATZ geschuldete Aufstockungsbetrag von "83 v.H. des Nettobetrags des bisherigen Arbeitsentgelts" bemisst sich nach dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu beanspruchen hätte ("Hätte-Entgelt"). Für die Berechnung dieses "Nettobetrags" hat sich der Arbeitgeber nach der auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers eingetragenen Lohnsteuerklasse zu richten.

2. Allerdings muss der Arbeitgeber einen rechtsmissbräuchlichen Lohnsteuerklassenwechsel für die Bemessung des Aufstockungsbetrages nicht berücksichtigen.

3. Ein Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, wenn die Änderung nur erfolgt, um die Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers zu erhöhen. Das gilt insbesondere, wenn die gewählte Lohnsteuerklassenkombination offensichtlich steuerlich nachteilig ist.

Gesetze: Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) § 5; BGB § 242; Altersteilzeitgesetz (ATG) § 3 Abs. 1; Altersteilzeitgesetz (ATG) § 6; EStG § 32a; EStG § 39 Abs. 5; EStG § 38a; EStG § 46 Abs. 2; ZPO § 139; ZPO § 286

Instanzenzug: ArbG Nürnberg 9 Ca 8443/99 vom LAG Nürnberg 6 (3) Sa 190/01 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung des Aufstockungsbetrages im Rahmen ihres Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Die am geborene Klägerin ist seit dem bei der Beklagten als Lehrkraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages sowie des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im öffentlichen Dienst Anwendung.

Die Klägerin führte im Januar 1999 Gespräche mit der Beklagten über die Möglichkeit von Altersteilzeit. Sie wurde darauf hingewiesen, dass dies nur ab 1. März eines Kalenderjahres möglich sei. Am beantragte die Klägerin die Rücksendung der Lohnsteuerkarte wegen eines beabsichtigten Wechsels der Steuerklasse. Bis zu diesem Zeitpunkt führte die Beklagte die Lohnsteuern gemäß der von der Klägerin eingereichten Lohnsteuerkarte auf der Basis der Lohnsteuerklasse V ab. Ihr berufstätiger Ehemann hatte die Lohnsteuerklasse III gewählt. Nach Übersendung der Lohnsteuerkarte durch die Beklagte reichte die Klägerin am die mit Wirkung zum auf die Lohnsteuerklasse III geänderte Lohnsteuerkarte zurück. Ihr Ehemann wechselte in die Steuerklasse V.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom Altersteilzeit ab dem beantragt hatte, vereinbarten die Parteien am 17. Februar/ die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. In Ziff. 2 ATZ-Vertrag heißt es hierzu:

"Die Altersteilzeit wird im Blockmodell geleistet. In der Zeit vom bis erfolgt die Beschäftigung mit der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechend vollbeschäftigten Lehrkraft (Regelstundenmaß zur Zeit 27 Wochenstunden). Der Ausgleich erfolgt vom bis .

... Für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wird Entgelt nach Maßgabe der reduzierten Arbeitszeit gewährt. Außerdem werden die Aufstockungsleistungen nach § 5 TV ATZ gezahlt."

Im Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) idF vom ist bestimmt:

"§ 5

Aufstockungsleistungen

...

(2) Der Aufstockungsbetrag muß so hoch sein, daß der Arbeitnehmer 83 v. H. des Nettobetrages des bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als Vollzeitarbeitsentgelt ist anzusetzen, das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer ohne Reduzierung der Arbeitszeit im Rahmen der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erzielt hätte; ...

(3) Für die Berechnung des Mindestnettobetrages nach Absatz 2 ist die Rechtsverordnung nach § 15 des Altersteilzeitgesetzes zugrunde zu legen. ..."

In der Fassung des TV ATZ vom heißt es in § 5:

"(2) Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 v. H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als bisheriges Arbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 Unterabs. 2) zu beanspruchen hätte; ..."

Für die Monate März bis Mai 1999 berechnete die Beklagte die Aufstockungsleistung mit 808,96 DM. Dabei legte sie 83 vH desjenigen Nettoentgelts zugrunde, wie es sich aus der gewählten Steuerklasse III errechnet. In den Folgemonaten berechnete sie die Aufstockungsleistung auf der Basis der ursprünglichen Lohnsteuerklasse V der Klägerin und zahlte nur noch einen Aufstockungsbetrag in Höhe von 562,63 DM.

Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages stets die Steuerklasse III zugrunde zu legen. Ihr Steuerklassenwechsel von der Steuerklasse V in die Steuerklasse III mit Wirkung von März 1999 sei nicht rechtsmissbräuchlich. Ihr Ehemann, mit dem sie gemeinsam veranlagt sei, habe seit März 1998 ein geringeres Einkommen als sie. Er habe im Jahr 1998 66.166,92 DM zu versteuernde Einkünfte erzielt. Sie selbst in Höhe von 68.495,30 DM. Im Monat Februar 1999 habe ihr Ehemann ein Monatseinkommen von 5.151,51 DM gehabt, sie selbst in Höhe von 5.168,95 DM. Bei Lohnsteuerklasse V für sie und III für den Ehemann müßten sie gemeinsam 2.417,16 DM Lohnsteuer monatlich zahlen; bei Lohnsteuerklasse III für sie und V für ihren Ehemann nur 2.176,62 DM. Die Änderung der Lohnsteuerklasse sei daher sinnvoll und keineswegs rechtsmissbräuchlich gewesen.

Mit Klageerweiterung vom hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, sie habe Anspruch auf eine den Vollzeitkräften zustehende Altersentlassungsstunde auch während der Altersteilzeit.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Berufungsbeklagte bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages auf 83 vH des Nettoentgelts des bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitentgelts der Berufungsklägerin die Lohnsteuerklasse III zugrunde zu legen hat, solange die Klägerin Lohnsteuerklasse III behalte.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.038,17 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Wechsel der Steuerklasse sei rechtsmissbräuchlich und müsse von ihr bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages nicht berücksichtigt werden. Die Änderung der Lohnsteuerklasse sei im März 1999 nicht sinnvoll gewesen. Die Klägerin habe ein weit geringeres Einkommen als ihr Ehemann bezogen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision allein ihren Anspruch auf Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse III im Rahmen der Berechnung der Aufstockungsleistungen.

Gründe

A. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

Die Parteien streiten über den Inhalt ihres Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich die Berechnungsweise der Aufstockungsleistungen im Rahmen des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist damit gegeben. Die Möglichkeit einer Zahlungsklage steht dem nicht entgegen. Wird ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber verklagt, ist zu erwarten, dass dieser sich einer Feststellung seiner rechtlichen Verpflichtung entsprechend verhalten wird ( - AP BeschFG 1985 § 2 Nr. 70). Die gerichtliche Feststellung ist daher geeignet, den Streit der Parteien endgültig beizulegen.

II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Aufstockungsbetrag auf 83 vH des sich nach der Lohnsteuerklasse III für eine Vollzeittätigkeit ergebenden Nettoentgelts zu leisten. Der Lohnsteuerklassenwechsel der Klägerin ist rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) und daher für die Bemessung des Aufstockungsbetrages unverbindlich.

1. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es einem Arbeitnehmer nicht verwehrt, die Lohnsteuerklasse während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu wechseln. Die Änderung der Lohnsteuerklasse ist grundsätzlich auch für die Berechnung des Aufstockungsbetrages beachtlich.

a) Das Landesarbeitsgericht hat in seiner Hauptbegründung angenommen, dass nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 TV ATZ der Aufstockungsbetrag so hoch sein müsse, dass der Arbeitnehmer 83 vH des "Nettobetrags des bisherigen Arbeitsentgelts" erhalte, sei allein die Lohnsteuerklasse vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses maßgeblich. Es komme auf die Aufrechterhaltung des Standards an, der auf den bisherigen Bezügen beruhe.

b) Diese allein am Wortlaut orientierte Auslegung des Landesarbeitsgerichts ist fehlerhaft. Sie widerspricht der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Tarifnorm. Das "bisherige Arbeitsentgelt" gem. § 5 Abs. 2 TV ATZ in der maßgeblichen Fassung vom ist nicht das dem Arbeitnehmer vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zustehende Arbeitsentgelt.

aa) Das folgt bereits aus der Entstehungsgeschichte. Gem. § 5 Abs. 2 TV ATZ idF vom musste der Aufstockungsbetrag so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 vH des Nettobetrages des ihm bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehenden Vollzeitarbeitsentgelts erhält. Hier wurde nach dem Wortlaut gerade nicht auf das bisherige Arbeitsentgelt abgestellt. Erst durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom , gültig ab , ersetzten die Tarifvertragsparteien den Begriff Vollzeitarbeitsentgelt durch den Begriff des bisherigen Arbeitsentgelts. Die Tarifvertragsparteien folgten damit der wortgleichen Änderung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG aF. In der bis zum geltenden Fassung des ATG war ebenfalls die Berechnung der Aufstockungsbeträge noch auf das Vollzeitarbeitsentgelt bezogen. Ab dem wurde dies in § 3 Abs. 1 Ziff. 1a ATG durch das bisherige Arbeitsentgelt ersetzt. Hierdurch sollte keine andere Berechnung der Aufstockungsleistungen herbeigeführt werden. Die Änderung war gesetzlich und auch tariflich nur deswegen geboten, weil nunmehr die Altersteilzeitregelungen nicht nur für Vollzeit-, sondern auch für Teilzeitbeschäftigte gelten sollten (BT-Drucks. 14/1831 S. 8). Es konnte daher nicht mehr auf das Vollzeitarbeitsentgelt abgestellt werden. Bisheriges Arbeitsentgelt ist deshalb weiter das Arbeitsentgelt, welches der Arbeitnehmer ohne Begründung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses unter Beibehaltung der bisherigen Arbeitszeit zu beanspruchen hätte ("Hätte-Entgelt").

Der neue Wortlaut des § 5 Abs. 2 TV ATZ lässt bei oberflächlicher Betrachtung allerdings die Auslegung zu, nunmehr solle nur noch auf das bisherige Arbeitsentgelt abgestellt werden, ohne Veränderungen während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses berücksichtigen zu können. Der Bundesrat hat im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des § 3 Abs. 1 Nr. 1a ATG deshalb auch einen anderen Wortlaut angeregt. Er wies darauf hin, dass der Begriff "bisheriges Arbeitsentgelt" sprachlich in die Vergangenheit weise und daher missverständlich nahe lege, dass dies das feststehende Entgelt vor Beginn der Altersteilzeit sei. Tatsächlich handele es sich aber um das im jeweiligen Monat der Altersteilzeit konkret zu ermittelnde volle Entgelt, das der Berechnung des Aufstockungsbetrages anhand der tatsächlichen Verhältnisse in diesem Monat zugrunde zu legen sei (BT-Drucks. 14/1831 S. 11). Der Bundesrat schlug daher anstelle des Begriffs "bisheriges Arbeitsentgelt" den Begriff "volles Arbeitsentgelt" vor. Dem stimmte die Bundesregierung nicht zu, da ihrer Auffassung nach die Einführung eines neuen Begriffs nicht zur Transparenz beitrage (BT-Drucks. 14/1831 S. 13). Schon aus dem Gesetzgebungsverfahren folgt daher, dass nicht auf das bisherige Arbeitsentgelt vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses abgestellt werden sollte. Es ist vielmehr für den jeweiligen Monat der Altersteilzeit das "Hätte-Entgelt" konkret zu ermitteln, wobei die steuerrechtlichen Verhältnisse dieses Monats zugrunde zu legen sind.

bb) Das Landesarbeitsgericht hat zudem übersehen, dass § 6 Abs. 1 ATG den Begriff des bisherigen Arbeitsentgelts ausdrücklich definiert. Danach ist das bisherige Arbeitsentgelt das Entgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen hätte. Die Tarifvertragsparteien haben diesen im Gesetz verwandten Begriff ausdrücklich übernommen. Damit ist allein die Feststellung der Arbeitszeit auf die Arbeitszeit vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vergangenheitsbezogen.

2. Dem Anspruch der Klägerin auf Bemessung des Aufstockungsbetrages nach der Lohnsteuerklasse III steht hier nach den festgestellten Umständen dieses Einzelfalles der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegen. Der Steuerklassenwechsel erfolgte allein, um den vom Arbeitgeber zu zahlenden Aufstockungsbetrag zu erhöhen.

a) Zwar hat ein Arbeitgeber bei der Berechnung des Nettoentgelts die steuerrechtlich wirksam getroffene Lohnsteuerklassenwahl des Arbeitnehmers zugrunde zu legen. Er ist aber rechtlich nicht gehindert, für die Bemessung des Aufstockungsbetrages der Änderung der Lohnsteuerklasse den Einwand des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB entgegenzuhalten. Das setzt voraus, dass die Rechtsausübung des Arbeitnehmers als solche zu missbilligen ist, weil sie zur Verfolgung eines rücksichtslosen Eigennutzes zum Nachteil des Arbeitgebers dient. Allerdings ist es noch kein Missbrauch, wenn ein Berechtigter die ihm erkennbaren Interessen des anderen unberücksichtigt lässt (vgl. Staudinger/J. Schmidt BGB 1995 § 242 Rn. 799). Er setzt über die finanzielle Mehrbelastung des Arbeitgebers hinaus das Vorliegen weiterer Umstände voraus, die eine Rechtsausübung als unredlich kennzeichnen. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Rechtsmissbrauch kann daher nur angenommen werden, wenn für die Änderung der Lohnsteuerklasse kein sachlicher Grund besteht (vgl. - AP MuSchG 1968 § 14 Nr. 10 = EzA MuSchG § 14 Nr. 10). Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Wahl der Lohnsteuerklassenkombination nicht den tatsächlichen Einkommensverhältnissen der Ehegatten entspricht und - wie hier - sogar offensichtlich steuerlich nachteilig ist. Dann ist davon auszugehen, dass die Änderung der Lohnsteuerklasse nur deshalb erfolgt ist, um die Zuschusspflicht des Arbeitgebers zu erhöhen ( - BAGE 53, 217; - 5 AZR 581/90 - AP MuSchG 1968 § 14 Nr. 10 = EzA MuSchG § 14 Nr. 10).

b) Der Wechsel von der Lohnsteuerklasse V in die Lohnsteuerklasse III mit Wirkung zu Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses führt zu einem höheren Aufstockungsbetrag, weil sich das monatliche Nettoarbeitsentgelt als Bemessungsgrundlage gem. § 5 TV ATZ erhöht. Rechnerisch ergibt sich für die Lohnsteuerklasse III ein monatlicher Aufstockungsbetrag von 808,96 DM, während sich bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse V nur ein Aufstockungsbetrag in Höhe von 562,63 DM errechnet. Der Steuerklassenwechsel wirkt sich allerdings nur beim monatlichen Lohnsteuerabzug aus. Die Jahressteuerbelastung der Klägerin und ihres Ehemannes bleibt unabhängig von der jeweils gewählten Lohnsteuerklassenwahl gleich. Für die Jahreslohnsteuer ist gem. § 38a EStG der Jahresarbeitslohn maßgebend. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG wird bei Eheleuten eine Veranlagung für diesen Veranlagungszeitraum auch vorgenommen, wenn einer der Ehegatten nach der Lohnsteuerklasse V oder VI besteuert worden ist.

c) Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass es keine sachlichen Gründe in der Person der Klägerin gab, den Steuerklassenwechsel vorzunehmen. Denn er wirkte sich im Hinblick auf das zu versteuernde Einkommen nur nachteilig aus.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Beurteilung der Folgen eines Steuerklassenwechsels auf die Verhältnisse des zum begonnenen Altersteilzeitarbeitsverhältnisses an. Denn der Steuerklassenwechsel erfolgte erst zu diesem Zeitpunkt.

Nach § 39 Abs. 5 Satz 4 EStG hat die Gemeinde die Änderung der Steuerklassen bei Ehegatten, die beide in einem Dienstverhältnis stehen, mit Wirkung vom Beginn des auf die Antragstellung folgenden Kalendermonats an vorzunehmen. Das ist hier der März 1999. Für die Prüfung des rechtsmissbräuchlichen Steuerklassenwechsels kommt es daher nicht mehr auf die steuerlichen Verhältnisse vor dessen Beginn an. Deshalb ist auch die Rüge der Revision gem. §§ 139, 286 ZPO, das Landesarbeitsgericht wäre für 1998 und die abgerechneten Monate in 1999 vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach genügender Aufklärung nicht zu der Auffassung gelangt, dass die Einkommen der Klägerin und des Ehemanns der Klägerin bei der Lohnsteuerklassenkombination IV/IV zu dem mit Abstand geringsten Lohnsteuerabzug geführt hätten, unbeachtlich.

bb) Nach den Einkommensverhältnissen der Klägerin und ihres Ehemanns während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses war der Wechsel der Lohnsteuerklassen der Klägerin von V auf III und ihres Ehemanns von III auf V steuerlich sogar nachteilig. Das zu versteuernde monatliche Einkommen der Klägerin war nämlich erheblich geringer, als das des Ehemanns. Denn es reduzierte sich für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses um die Hälfte. Im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zieht der Arbeitgeber monatlich nur Lohnsteuern für die reduzierte Altersteilzeitvergütung ab. Der Aufstockungsbetrag nach Ziff. 2 ATZ-Vertrag ist nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei. Er wirkt sich steuerlich erst bei der jährlichen Einkommenssteuerveranlagung aus, weil bei der Berechnung der Einkommenssteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen um den Aufstockungsbetrag vermehrt wird (Senat - 9 AZR 155/01 - BAGE 101, 351).

d) Der Einwand des Rechtsmissbrauchs soll nur verhindern, dass dem Arbeitnehmer aus dem Steuerklassenwechsel unberechtigt Vorteile zufließen. Er soll aber nicht schlechter stehen, als er ohne Steuerklassenwechsel gestanden hätte. Deshalb muss der Aufstockungsbetrag fiktiv nach den steuerlichen Verhältnissen vor dem rechtsmissbräuchlichen Steuerklassenwechsel berechnet werden, obwohl der Arbeitgeber die monatliche Lohnsteuer nach der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse abzuführen hat. Nur so bleibt der Rechtszustand erhalten, wie er ohne den Rechtsmissbrauch bestehen würde. Eine solche Schlechterstellung hat die Klägerin nicht behauptet.

B. Die Klägerin hat die Kosten der erfolglosen Revision gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
BB 2004 S. 1396 Nr. 25
BFH/NV-Beilage 2004 S. 339 Nr. 3
DB 2004 S. 821 Nr. 15
UAAAB-95046

1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein