Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ArbGG § 72a Abs. 2; ArbGG § 72a Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3; ZPO § 114; ZPO § 233
Instanzenzug: ArbG Hannover 7 Ca 572/03 Ö vom LAG Niedersachsen 1 Sa 2131/04 vom
Gründe
I. Die Klägerin und Antragstellerin begehrt für die Durchführung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Die Parteien haben zuletzt noch darüber gestritten, ob die beklagte Stadt die Klägerin bei der Bewerbung um die Stelle einer Leiterin/eines Leiters des zum eingerichteten Jugendamtes zu Unrecht übergangen hat.
Die Stelle war wie folgt ausgeschrieben:
"Wir suchen für unser neu einzurichtendes Jugendamt spätestens zum eine/n
LEITERIN/LEITER
Bes./Vergüt.-Gr. A 13 g.D./A 13 h.D. bzw. III/II
BAT/II BAT je nach Aus- und Vorbildung
Gesucht wird eine Fachkraft (Dipl.-Sozialpädagogin/Dipl.-Sozialpädagoge oder vergleichbare Ausbildung) mit Berufs- und Verwaltungserfahrung, möglichst in einem Jugendamt.
Sie/er muss in der Lage sein, das neue Jugendamt organisatorisch und konzeptionell mit aufzubauen, die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, die Kooperation mit Jugendhilfeeinrichtungen und örtlichen Akteuren sicherzustellen und präventive Arbeitseinsätze zu initiieren und auszubauen.
Erwartet werden neben Einfühlungs- und Durchsetzungsvermögen ein hohes Maß an Engagement und die Fähigkeit, die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen im Interesse der Klienten optimal einzusetzen.
..."
Die Klägerin ist staatlich anerkannte Erzieherin, Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin und Volljuristin. Sie bewarb sich mit Schreiben vom auf diese Stelle. Am nahm die Klägerin an einem Vorstellungsgespräch teil. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sich nicht für sie, sondern für eine andere Bewerberin entschieden habe. Diese Bewerberin, Frau A, ebenfalls Diplom-Sozialpädagogin, war seit 1997 als Leiterin der Jugendpflege bei der Beklagten angestellt.
Das Arbeitsgericht hat zunächst durch inzwischen rechtskräftiges Teilurteil vom (Bl. 104 ff. VorA) den Hauptantrag der Klägerin, die Personalauswahlentscheidung zu wiederholen, wegen zwischenzeitlicher endgültiger Besetzung der Stelle mit der Konkurrentin abgewiesen. Mit Schlussurteil vom (Bl. 140 ff. VorA) hat es auch den Hilfsantrag auf Schadensersatz wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches abgewiesen. Die gegen das Schlussurteil gerichtete Berufung der Klägerin ist durch Urteil vom (Bl. 76 ff. SenA), der Klägerin zugestellt am , zurückgewiesen worden, ohne die Revision zuzulassen.
Die Klägerin ist rechtsschutzversichert. Sie hat mit Schreiben vom (Bl. 19 SenA) um Deckungszusage für die Kosten für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Rechtsanwalt gebeten. Der mit der Prüfung beauftragte Rechtsanwalt hat mit Schreiben vom (Bl. 63 SenA) die Erfolgsaussicht einer Nichtzulassungsbeschwerde verneint. Deswegen hat die Rechtsschutzversicherung bislang keine Deckungszusage erteilt.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom , eingegangen beim Bundesarbeitsgericht am , beantragt, ihr für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr einen Rechtsanwalt ihrer Wahl als Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
II. Die Anträge der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, sind zurückzuweisen. Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
1. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung liegt vor, wenn der von einem Kläger vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht ( - NJW 1994, 1160).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 iVm. dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes ( -NJW 2004, 1789). Im Institut der Prozesskostenhilfe sind die notwendigen Vorkehrungen getroffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht ermöglichen. Art. 3 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsgrundsatz gebietet dabei keine vollständige Gleichstellung Unbemittelter mit Bemittelten, sondern nur eine weitgehende Angleichung. Der Unbemittelte braucht nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Es ist demnach verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht kann nur in einem summarischen Verfahren erfolgen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz in § 114 ZPO, in dem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss ( - AP GG Art. 19 Nr. 10).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsschutzbegehren in aller Regel dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Prozesskostenhilfe braucht hingegen nicht bewilligt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder durch die in der Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als schwierig erscheint ( - BVerfGE 81, 347; - 1 BvR 596/03 - NJW 2004, 1789; - NJW-RR 2003, 130).
2. Die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht bereits deswegen zu verneinen, weil die Frist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde nach § 72a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 ArbGG bereits abgelaufen ist.
Zwar sind die gesetzlichen Fristen für die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 ArbGG nicht gewahrt. Eine noch einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde müsste aus diesem Grund als unzulässig verworfen werden. Dem steht jedoch der innerhalb der Beschwerdefrist eingelegte Antrag auf Prozesskostenhilfe entgegen.
Einer Partei, die wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage war, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, wirksam zu erheben, ist nach § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Wiedereinsetzung setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Davon ist auszugehen, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist alles in seinen Kräften Stehende und Zumutbare getan hat, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beheben. Aus diesem Grund muss er bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe schaffen (vgl. - BAGE 43, 297; - NJW-RR 2001, 570; (PKH) -). Das Hindernis der Bedürftigkeit besteht für die rechtsschutzversicherte Partei bis zur Deckungszusage des Versicherers, wenn die Partei ohne schuldhaftes Verzögern Rechtsschutz beantragt hatte (vgl. - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 39 = EzA ZPO § 233 Nr. 26). Wegen der versäumten Fristen kann nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO Wiedereinsetzung für die Einlegung der Beschwerde und nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO Wiedereinsetzung für die Begründung der Beschwerde beantragt werden (vgl. ErfK/Koch 6. Aufl. § 72a ArbGG Rn. 16; ArbGG-Bepler 2. Aufl. § 72a Rn. 61).
Die Klägerin hat innerhalb der bis zum laufenden Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde das in ihren Kräften Stehende zur Fristwahrung getan. Sie hat beginnend mit ihrem Schreiben an die Rechtsschutzversicherung vom versucht, eine Deckungszusage für das Verfahren zu erhalten. Nach Ablehnung der Erfolgsaussicht einer Nichtzulassungsbeschwerde durch den mit der Prüfung beauftragten Rechtsanwalt hat sie ebenfalls noch innerhalb der Frist am den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt.
3. Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das Prozesskostenhilfegesuch hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels sachlich nicht begründet werden ( - IV ZB 9/00 - NJW-RR 2001, 570). Dies sei in Bezug auf ein beabsichtigtes Rechtsmittel zwar zweckmäßig und erwünscht. Ein Zwang sei hierzu aber mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der prozessualen Chancengleichheit von bemittelten und mittellosen Parteien nicht zu vereinbaren. Da eine bedürftige Partei nicht über die Mittel verfüge, um einen Rechtsanwalt zu konsultieren, würde sie gegenüber einer bemittelten Partei benachteiligt, wenn der Erfolg ihres Prozesskostenhilfegesuchs von einer Stellungnahme zu Fragen abhängig gemacht würde, deren sachgerechte Beantwortung juristische Sachkunde erfordere, wie es in Bezug auf Rechtsmittel regelmäßig der Fall sei (vgl. -LM ZPO § 233 (Hb) Nr. 18 mwN).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist einem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu versagen, wenn nicht wenigstens in groben Zügen dargelegt worden ist, welcher der im Gesetz bezeichneten Gründe für eine Zulassung der Revision mit der Beschwerde geltend gemacht werden soll ( 1 ER 619.89 - Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 20). Ein von der Partei selbst eingereichter Antrag sei dagegen von Amts wegen auf seine Erfolgsaussichten zu prüfen: Eine Begründung sei in diesem Falle nicht unerlässliche Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. V ER 224.64 - NJW 1965, 1293; offen gelassen in (PKH) -).
b) Ob für die beabsichtigte Rechtsverfolgung im arbeitsgerichtlichen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zumindest eine laienhafte Bezeichnung von möglichen Zulassungsgründen iSd. § 72a Abs. 3 Satz 2 ArbGG erforderlich ist, kann offen bleiben. Hier hat die Klägerin mehrere Gründe für eine Zulassung der Revision angeführt. Diese Zulassungsgründe sind jedoch offensichtlich nicht gegeben. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für einen von der Klägerin nicht aufgezeigten Zulassungsgrund iSv. § 72 Abs. 2 ArbGG vor.
aa) Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt werden, dass eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und die Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (Senat - 9 AZN 982/04 - AP ArbGG 1979 § 72a Grundsatz Nr. 63 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 99, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen [zVv.]; - AP ArbGG 1979 § 72a Rechtliches Gehör Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 102 zVv.). Die Frage ist klärungsfähig, wenn sie entscheidungserheblich war, das Urteil also auf der Beantwortung der zu entscheidenden Rechtsfrage beruht. Sie ist klärungsbedürftig, wenn sie entweder noch nicht höchstrichterlich entschieden oder zwar entschieden ist, aber gewichtige Gesichtspunkte gegen diese Entscheidung vorgebracht werden. Sie ist jedoch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie so einfach zu beantworten ist, dass divergierende Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte nicht zu erwarten sind (Senat - 9 AZN 982/04 - aaO).
Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage gemäß § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Beschwerdebegründung die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und ihrer Entscheidungserheblichkeit enthalten. Danach ist es regelmäßig erforderlich, dass der Beschwerdeführer die durch die anzufechtende Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret benennt und ihre Klärungsfähigkeit, Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung oder ihre Auswirkung auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzeigt ( - AP ArbGG 1979 § 72a Rechtliches Gehör Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 102, zVv.). Es ist auszuführen, welche abstrakte Interpretation das Landesarbeitsgericht bei Behandlung der Rechtsfrage vorgenommen hat und dass diese nach Auffassung des Beschwerdeführers fehlerhaft ist (Senat - 9 AZN 982/04 - AP ArbGG 1979 § 72a Grundsatz Nr. 63 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 99, zVv.).
(1) Die Klägerin macht geltend, das Landesarbeitsgericht sei an der "Problematik vorbeigegangen", ob der Hauptverwaltungsbeamte im Hinblick auf erst zukünftige gesetzliche Zuständigkeiten, hier das In-Kraft-Treten der für die Einrichtung des Jugendamtes erforderlichen Rechtsgrundlage erst nach Ausscheiden des Stadtdirektors aus dem Amt, zulässigerweise eine Generalvollmacht auch für den vorliegenden Rechtsstreit erteilt hat. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zu begründen.
Unerheblich ist, ob diese Rechtsfrage das Arbeitsrecht betrifft. Auch Rechtsfragen des Verfahrensrechts oder anderer Rechtsgebiete können für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht nur erheblich, sondern von grundsätzlicher Bedeutung sein (Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 72 Rn. 13).
Maßgeblich ist, ob das Landesarbeitsgericht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen und von ihr seine Entscheidung abhängig gemacht hat. Es genügt nicht, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in Betracht kommt, von der das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung hätte abhängig machen müssen (vgl. Bepler RdA 2005, 65, 71). Mit der Rüge, das Landesarbeitsgericht sei an einer "Problematik vorbeigegangen", wird geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe fehlerhaft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung übersehen. Eine derartige Überprüfung ist dem Beschwerdegericht verwehrt, sie ist dem Revisionsgericht vorbehalten.
Den weiteren Darlegungen zu dieser Rechtsfrage kann entnommen werden, das Landesarbeitsgericht habe - wenn auch ohne nähere eigene Begründung - über die Rechtsfrage entschieden, ob eine vom früheren Stadtdirektor für Anwälte erteilte Generalvollmacht nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wirksam bleibe. Die Frage ist einfach zu beantworten. Die Vollmacht zur Vertretung der Stadt überdauert die persönliche Amtszeit des Amtsinhabers.
Die Klägerin hat ergänzend darauf hingewiesen, das Landesarbeitsgericht habe damit über die Rechtsfrage entschieden, ob nach niedersächsischem Kommunalverfassungsrecht der gesetzliche Vertreter der Gebietskörperschaft schon für künftig ihm erwachsende Zuständigkeiten im Rahmen der Personalauswahl tätig werden darf. Auch diese Frage ist einfach zu beantworten. Die Gebietskörperschaft muss schon im Vorgriff auf künftige Zuständigkeiten insbesondere durch Auswahl des künftig benötigten Personals tätig werden können, um sicherzustellen, dass nach der Übertragung der Zuständigkeiten durch den Landesgesetzgeber keine Verzögerung bei der Durchführung der gesetzlichen Aufgaben eintritt.
(2) Die Antragstellerin hat als weiteren Zulassungsgrund iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG geltend gemacht, der Frage, welche Anforderungen an eine Fachkraft iSv. § 72 Abs. 2 SGB VIII zu stellen seien, komme grundsätzliche Bedeutung zu. Eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde wäre jedoch offensichtlich unbegründet.
Nach § 72 Abs. 2 SGB VIII sollen leitende Funktionen des Jugendamts oder des Landesjugendamts in der Regel nur Fachkräften übertragen werden. Die Klägerin hat dargelegt, dass nach ihrer Auffassung nach Sinn und Zweck der Regelung leitende Funktionen des Jugendamts nur Personen mit sowohl sozialpädagogischer als auch verwaltungsrechtlicher Qualifikation zu übertragen seien. Sie hat insoweit auf einen Lehr- und Praxiskommentar verwiesen. Die ihr vorgezogene Bewerberin sei keine Fachkraft iSv. § 72 Abs. 2 SGB VIII. Dies hätte zur Folge haben müssen, dass die Konkurrentin noch nicht einmal in die engere Wahl hätte kommen dürfen.
Die Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie einfach zu beantworten ist.
Eine zusätzliche besondere Ausbildung im Verwaltungsbereich wird von der Norm nicht vorausgesetzt. § 72 Abs. 1 SGB VIII unterscheidet drei Gruppen von Mitarbeitern: Die Fachkräfte als Personen, die eine ihrer jeweiligen Aufgabe entsprechende Ausbildung erhalten haben, die Personen, ohne entsprechende Ausbildung mit besonderen Erfahrungen in der sozialen Arbeit und die Fachkräfte mit entsprechender Zusatzausbildung. Fachkräfte oder Fachkräfte mit entsprechender Zusatzausbildung sind nach § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII entsprechend dem Erfordernis der jeweiligen Aufgabe einzusetzen. In § 72 Abs. 2 SGB VIII heißt es lediglich, dass die leitenden Funktionen in der Regel nur Fachkräften übertragen werden sollen. Dies bedeutet also zunächst, dass Personen ohne Ausbildung in der Regel hierfür nicht in Frage kommen. Dagegen greift § 72 Abs. 2 SGB VIII nicht die Begrifflichkeit des § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII -der Fachkraft mit entsprechender Zusatzausbildung - auf. § 72 Abs. 2 SGB VIII stellt keine Anforderungen an Zusatzqualifikationen auf, die über die einer Fachkraft mit Ausbildung im sozialen Bereich und "mit Berufs- und Verwaltungserfahrung in einem Jugendamt" (so die Ausschreibung der Beklagten) hinausgeht.
(3) Die Klägerin macht weiter ohne Aussicht auf Erfolg geltend, § 72 Abs. 2 SGB VIII sei als Sollvorschrift von grundsätzlicher Bedeutung für die Entscheidung.
Die Klägerin hat vorgebracht, das Landesarbeitsgericht sei wohl von einer rein programmatischen Bedeutung des § 72 Abs. 2 SGB VIII ausgegangen. Dies ergebe sich daraus, dass es auf den Charakter der Norm als Sollvorschrift und die Einschränkung "in der Regel" hingewiesen und hinzugefügt habe, dass sich daraus ein Spielraum zur Stellenausschreibung ergeben habe. Tatsächlich sei aber "sollen" im Sinne der Norm als "müssen mit Ausnahmen in atypischen Fällen" zu lesen. Ein solcher Ausnahmefall sei von der Beklagten aber nicht vorgetragen worden. Damit hat die Klägerin keine entscheidungserhebliche abstrakte Rechtsfrage aufgezeigt.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre offensichtlich unbegründet. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu einem durch § 72 Abs. 2 SGB VIII eröffneten Spielraum bei der Stellenausschreibung sind nicht entscheidungserheblich. Das Landesarbeitsgericht weist primär darauf hin, in der Stellenanzeige sei eine Fachkraft gesucht worden und die ausgewählte Konkurrentin sei auch eine solche gewesen. Damit seien die Vorgaben des § 72 Abs. 2 SGB VIII erfüllt worden. Die Norm verlange keine Zusatzqualifikation im hoheitlichen Bereich, selbst wenn diese nützlich sein sollten. Lediglich ergänzend wird in der Entscheidung auf den Charakter der Norm als Sollvorschrift und darauf verwiesen, dass die Norm auch einen Spielraum bei der Stellenausschreibung gewähre.
(4) Die Klägerin macht auch ohne Erfolg geltend, es komme der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zu, ob es im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zulässig sei, eine Personalauswahlentscheidung unter Berücksichtigung eines Kriteriums - insbesondere der Personalverantwortung - zu überprüfen, das in der Stellenanzeige und im vorangegangenen Auskunftsstreit nicht ausdrücklich genannt sei.
Eine darauf gestützte Nichtzulassungsbeschwerde wäre bereits unzulässig.
Ein derartiger im Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgestellter Rechtssatz ist weder aufgezeigt noch ersichtlich.
Im Übrigen wäre eine darauf gestützte Nichtzulassungsbeschwerde auch unbegründet. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes nach Art. 33 Abs. 2 GG verpflichtet sind, vor der Auswahlentscheidung ein Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle festzulegen. Dabei muss das Anforderungsprofil zur Gewährleistung eines hinreichenden Rechtsschutzes des unterlegenen Bewerbers nach Art. 19 Abs. 4 GG so dokumentiert sein, dass die Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann ( - 9 AZR 72/02 - BAGE 104, 295). Die aufgeworfene Frage ist daher bereits geklärt. Das Landesarbeitsgericht hat auch keinen davon abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass sich aus der Stellenanzeige ohne weiteres herauslesen lasse, dass die Personalführungskompetenz ein wichtiges Auswahlkriterium sein sollte. Entgegen der Darlegung der Klägerin ist das Landesarbeitsgericht damit ohne besondere Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats von den dort aufgestellten Grundsätzen ausgegangen.
(5) Die Klägerin macht ohne Aussicht auf Erfolg weiter die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend, ob in einem Konkurrenten-/Schadensersatzstreit noch eine Beweiserhebung im Hinblick auf bislang nicht schlüssig vorgetragene Profilmerkmale des erfolgreichen Bewerbers zulässig sei. Tatsächlich rügt sie eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall. Eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde wäre unzulässig.
(6) Die Klägerin macht schließlich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend, ob die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe des BAT als Maßstab bei einer Personalauswahlentscheidung zu beachten sei. Ausgehend von der Eingruppierung der erfolgreichen Bewerberin in Vergütungsgruppe IVa bzw. IVb BAT gegenüber der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe II BAT hätten die Bewerberinnen nicht als gleichwertig eingestuft werden dürfen. Diese Frage ist einfach zu beantworten. Es ist nicht allein ausgehend von der Vergütungsgruppe der der höchsten Gruppe zugehörige Bewerber für die freie Stelle auszuwählen. Der Arbeitgeber legt das Anforderungsprofil fest und kann es derart fassen, dass Bewerber, die verschiedenen Vergütungsgruppen angehören, für die zu besetzende Stelle in Betracht kommen. Ausgehend von dem Anforderungsprofil ist die Geeignetheit der Bewerber zu bestimmen. Auch Bewerber, die verschiedenen Vergütungsgruppen zugehörig sind, können daher für eine konkrete Stelle gleich geeignet sein.
bb) Die Klägerin macht ohne Aussicht auf Erfolg den Zulassungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG) geltend.
Das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, um eine Verletzung rechtlichen Gehörs feststellen zu können, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Prozessbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrages einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht ( - NJW 1998, 2583; Senat - 9 AZN 916/05 -).
(1) Die Klägerin beruft sich darauf, das Landesarbeitsgericht habe sich nicht ausreichend mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, dass die Beklagte ihren beruflichen Werdegang einschließlich der Tätigkeit im Kreisjugendamt nicht berücksichtigt habe. Eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde wäre offensichtlich unbegründet, denn das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Klägerin nicht übergangen. So hat das Landesarbeitsgericht auf S. 9/10 des Urteils auf die frühere Tätigkeit der Klägerin Bezug genommen. Es hat nur der vorherigen Tätigkeit im Jugendamt nicht das von der Klägerin erwartete Gewicht beigemessen.
(2) Die Klägerin rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen nicht ausreichend gewürdigt, dass die Beklagte ihre fachlichen Leistungen auf dem Gebiet der Anleitung von Berufspraktikanten, dem Entwerfen von Beschlussvorlagen für den Jugendwohlfahrtsausschuss und der Mitarbeit in der Jugendhilfeplanung nicht berücksichtigt und nicht mit der Personalverantwortung der erfolgreichen Konkurrentin verglichen habe. Eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde wäre offensichtlich unbegründet.
Das Landesarbeitsgericht hat auf S. 10 des Urteils ausgeführt, dass die Klägerin keine selbst wahrgenommene Führungs- und Personalverantwortung dargetan habe, während von einer ausgeübten Personalverantwortung der erfolgreichen Bewerberin auszugehen sei. Damit hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen der Klägerin ausreichend berücksichtigt.
(3) Die Klägerin macht weiter geltend, das Landesarbeitsgericht habe einfach unterstellt, dass die Beklagte die zur Vorstellungsrunde eingeladenen Bewerber als in etwa gleichwertig eingestuft habe, obwohl diese das gar nicht vorgetragen habe. Eine Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör ist nicht ersichtlich.
Das Vorbringen der Klägerin ist berücksichtigt worden. Das Landesarbeitsgericht hat sich auf das Ablehnungsschreiben vom bezogen. Dort hat die Beklagte ausgeführt, sie habe die Klägerin neben anderen Bewerbern lediglich deshalb zum Vorstellungstermin eingeladen, weil die formalen Voraussetzungen erfüllt worden seien. Das Landesarbeitsgericht durfte dieses Schreiben berücksichtigen, selbst wenn die Beklagte sich nicht ausdrücklich darauf bezogen haben sollte. Wird ein begünstigendes Vorbringen des Gegners nicht bestritten, so kann davon ausgegangen werden, dass der Begünstigte es sich hilfsweise zu Eigen macht, wenn es dem eigenen Vortrag zur Schlüssigkeit verhilft und mit diesem nicht in Widerspruch steht (Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 138 Rn. 11, § 286 Rn. 2). Der Klägerin musste auch nicht Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem in dem Schreiben wiedergegebenen Eindruck im Vorstellungsgespräch gegeben werden. Die Klägerin hat in der Klageschrift (Bl. 4 ff. VorA) den Verlauf des Vorstellungsgesprächs ausführlich dargelegt.
(4) Die Klägerin rügt schließlich, das Landesarbeitsgericht habe ihr Vorbringen, der Jugendhilfeausschuss sei nicht angehört worden, nicht berücksichtigt. Eine darauf gestützte Nichtzulassungsbeschwerde wäre offensichtlich unbegründet.
Zwar hat sich das Landesarbeitsgericht in den Entscheidungsgründen mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt. Das genügt jedoch noch nicht für die Begründetheit einer Beschwerde; denn die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann nur auf eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt werden (Senat - 9 AZN 195/05 - AP ArbGG 1979 § 72a Rechtliches Gehör Nr. 5 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 103, zVv.). Hier fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit. § 71 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII sieht vor, dass der Jugendhilfeausschuss vor der Berufung eines Leiters oder einer Leiterin des Jugendamtes gehört werden soll. Die ordnungsgemäße Beteiligung ist jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Personalentscheidung.
cc) Die Klägerin hat sich im Rahmen ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe detailliert mit der Urteilsbegründung und dem Streitfall insgesamt auseinandergesetzt. Über die von ihr als Volljuristin angesprochenen Punkte hinaus sind für den Senat keine Gründe ersichtlich, die zu einer Zulassung der Revision führen könnten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAB-94881
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein