Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BetrVerf-Reformgesetz Art. 1; BetrVerf-Reformgesetz Art. 14; BetrVG § 47 Abs. 2; BetrVG § 47 Abs. 3 (in der bis zum [aF] und in der ab dem geltenden Fassung [nF]); BetrVG § 47 Abs. 7 (in der bis zum [aF] und in der ab dem geltenden Fassung [nF]); BetrVG § 19; BetrVG § 33; BetrVG § 49
Instanzenzug: ArbG München 22 BV 151/03 vom LAG München 4 TaBV 47/03 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen des Betriebsrats über die Abberufung eines Mitglieds und von zwei Ersatzmitgliedern aus dem Gesamtbetriebsrat.
Die zu 1) bis 3) beteiligten Antragsteller sind Mitglieder des zu 5) beteiligten Betriebsrats, der im Mai 2001 im Betrieb M der zu 6) beteiligten Arbeitgeberin gewählt wurde. Der Beteiligte zu 4) ist der Gesamtbetriebsrat. Der Betriebsrat besteht aus 29 Mitgliedern. Er wurde in der Zeit vom bis nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes in der bis zum geltenden Fassung und nach den Vorschriften der Wahlordnung in der bis zum geltenden Fassung durch Gruppenwahl gewählt. In die Wählerliste waren insgesamt 5.239 Wahlberechtigte, darunter 4.848 Angestellte und 391 Arbeiter eingetragen. Gewählt wurden 26 Angestellte und drei Arbeiter. Die Beteiligten zu 1) bis 3) gehören der Gruppe der Arbeiter an. Mit Betriebsratsbeschluss vom wurde der Beteiligte zu 1) als Vertreter der Gruppe der Arbeiter vom Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat entsandt, die Beteiligten zu 2) und 3) wurden als Ersatzmitglieder bestellt. Am beschloss der Betriebsrat auf Grund gemeinsamer Abstimmung von Arbeiter- und Angestelltenvertretern nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, den Beteiligten zu 1) als Mitglied des Gesamtbetriebsrats und die Beteiligten zu 2) und 3) als Ersatzmitglieder abzuberufen. Mit ihrer am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1) bis 3) sowie das später aus dem Verfahren ausgeschiedene Betriebsratsmitglied E die Unwirksamkeit der Abberufungen geltend gemacht.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Abberufung der von der Gruppe der Arbeiter entsandten Gesamtbetriebsratsmitglieder bzw. Ersatzmitglieder dürfe nur durch die Gruppe der Arbeiter erfolgen. Zudem hätte nach den Grundsätzen der Verhältniswahl abgestimmt werden müssen.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) haben zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) Mitglied des Gesamtbetriebsrats der I AG ist.
2. Festzustellen, dass die Abberufung des Beteiligten zu 1) als Mitglied des Gesamtbetriebsrats der I AG durch Betriebsratsbeschluss vom rechtsunwirksam ist.
3. Festzustellen, dass die Beteiligten zu 2) und 3) stellvertretende Gesamtbetriebsratsmitglieder der I AG sind.
4. Festzustellen, dass die Abberufung der Beteiligten zu 2) und 3) als stellvertretende Mitglieder des Gesamtbetriebsrats der I AG durch Betriebsratsbeschluss vom rechtsunwirksam ist.
Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat haben beantragt, die Anträge zurückzuweisen.
Die Vorinstanzen haben die Anträge zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1) bis 3) ihre Anträge weiter. Der Betriebsrat und der Gesamtbetriebsrat beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Abberufungsbeschlüsse des Betriebsrats vom sind wirksam. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Abberufung von Gesamtbetriebsratsmitgliedern und von Ersatzmitgliedern nicht nach den Gruppenschutzbestimmungen des § 47 Abs. 2 BetrVG in der bis zum geltenden Fassung (aF), sondern nach § 47 Abs. 2 BetrVG in der ab dem geltenden Fassung (nF) auf Grund gemeinsamer Abstimmung nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl erfolgen musste. Das ergibt die Auslegung der Übergangsregelung in Art. 14 iVm. Art. 1 Nr. 35a des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom (BetrVerf-Reformgesetz).
I. Die Anträge zu 1) und 3) sind unzulässig. Die Anträge zu 2) und 4) sind zulässig.
1. Die Feststellungsanträge zu 1) und 3) sind unzulässig. Es fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsantrag ist auch im Beschlussverfahren nur zulässig, wenn er auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist und der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung hat. Ein solches Interesse an der Feststellung, dass die antragstellenden Betriebsratsmitglieder weiter Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats sind, besteht neben dem Interesse an der Anfechtung der Abberufungsentscheidungen nicht. Die Beteiligten streiten ausschließlich darüber, ob die Abberufungsentscheidungen des Betriebsrats wirksam sind oder nicht. Weitere Gründe, die zu einer Beendigung des Amts als Gesamtbetriebsratsmitglied oder Ersatzmitglied führen könnten, sind zwischen den Beteiligten nicht im Streit und auch für die Zukunft nicht erkennbar.
2. Die Anträge zu 2) und 4) sind zulässig, obwohl sie nach ihrem Wortlaut darauf gerichtet sind, die Unwirksamkeit der Abberufungen durch die Beschlüsse vom festzustellen, nicht aber die Abberufungsentscheidungen anzufechten, dh. durch eine gerichtliche Gestaltungsentscheidung für unwirksam zu erklären. Die Anträge sind jedoch dahin auszulegen, dass mit ihnen eine gerichtliche Gestaltungsentscheidung begehrt wird (vgl. - AP BetrVG 1972 § 51 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 51 Nr. 1, zu B I 1 der Gründe). Sie sind trotz ihres auf Feststellung gerichteten Wortlauts Wahlanfechtungsanträge nach § 19 BetrVG. Dies ergibt die auch in der Rechtsbeschwerde gebotene und mögliche Auslegung der Anträge unter Berücksichtigung der vorgebrachten Begründungen. So weisen die Beteiligten zu 1) bis 3) in ihrer Antragsschrift ausdrücklich darauf hin, dass die Anfechtungsfrist des § 19 BetrVG gewahrt sei.
Beschlüsse über die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat nach § 47 Abs. 2 BetrVG sind als betriebsratsinterne Wahl in entsprechender Anwendung des § 19 BetrVG einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ( - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 1, zu B I 3 der Gründe; - 7 ABR 2/99 - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 47 Nr. 8, zu B III 1 der Gründe). Das gilt auch für Abberufungsentscheidungen, da diese ebenfalls auf Grund einer betriebsratsinternen Wahl herbeigeführt werden und über die Besetzung des Gesamtbetriebsrats entscheiden.
Die drei Betriebsratsmitglieder sind antragsbefugt. Zur Anfechtung betriebsinterner Wahlen ist jedes Betriebsratsmitglied befugt, das geltend macht, in seiner Rechtsstellung als Betriebsratsmitglied oder einer Schutz genießenden Minderheit verletzt zu sein ( - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 1, zu B I 3 der Gründe).
Die Antragsteller haben auch die Zwei-Wochen-Frist entsprechend § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt. Der Beschluss wurde am gefasst. Fristgerecht am ging die Anfechtungsschrift beim Arbeitsgericht ein.
II. Die Anträge zu 2) und 4) sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Betriebsrat habe die Abberufungsentscheidungen ordnungsgemäß nach §§ 49, 33 BetrVG getroffen. Den Abberufungen steht nicht Art. 14 iVm. Art. 1 Nr. 35a BetrVerf-Reformgesetz entgegen.
1. Die Abberufung von Betriebsratsmitgliedern aus dem Gesamtbetriebsrat kann ebenso wie die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat in entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht oder das Wahlverfahren verstoßen wurde, eine Berichtigung nicht erfolgt ist und der Verstoß geeignet war, das Wahlergebnis zu ändern oder zu beeinflussen (vgl. für die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 47 Nr. 8, zu B III 1 b der Gründe).
2. Die Mitgliedschaft im Gesamtbetriebsrat endet nach § 49 BetrVG ua. auf Grund Abberufung durch den Betriebsrat. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde musste der Betriebsrat die Gruppenschutzbestimmungen des § 47 Abs. 2 BetrVG aF bei seiner Abberufungsentscheidung nicht beachten. Die Entscheidung durfte durch das gesamte Gremium getroffen werden. Das ergibt die Auslegung der Überleitungsvorschrift des Art. 14 iVm. Art. 1 Nr. 35a BetrVerf-Reformgesetz nach grammatikalischen, systematischen, historischen und teleologischen Gesichtspunkten.
a) § 47 Abs. 2 BetrVG aF enthielt entsprechend den bis zum Juli 2001 in der Betriebsverfassung bestehenden Gruppenprinzip (Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern) Regelungen zum Gruppenschutz bei der Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat. So wählte nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BetrVG aF jede Gruppe den auf sie entfallenden Gruppenvertreter in den Gesamtbetriebsrat, wenn jeder Gruppe mehr als 1/10 der Mitglieder des Betriebsrats, jedoch mindestens drei Mitglieder angehörten. Dies galt nach § 47 Abs. 2 Satz 4 BetrVG aF für die Abberufung entsprechend. Es war deshalb für die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus dem Gesamtbetriebsrat die Stimmenmehrheit der Betriebsratsmitglieder erforderlich, die derselben Gruppe wie das abzuberufende Gesamtbetriebsratsmitglied angehörten ( - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 47 Nr. 8, zu B III 1 b aa der Gründe). Mit dem In-Kraft-Treten des BetrVerf-ReformGesetzes am wurde der Gruppenschutz sowohl für die Entsendung als auch für die Abberufung abgeschafft. Deshalb entsendet nach § 47 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BetrVG nF jeder Betriebsrat mit mehr als drei Mitgliedern zwei seiner Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat ohne Differenzierung nach Arbeitern oder Angestellten durch Mehrheitsbeschluss nach § 33 BetrVG ( - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe). Die Abberufung erfolgt in demselben Verfahren wie die Entsendung nach § 47 BetrVG, auch wenn das Gesetz das nicht (mehr) ausdrücklich bestimmt (ErfK/Eisemann 5. Aufl. § 49 BetrVG Rn. 3). Eine gruppeninterne Entscheidung über die Abberufung ist nach neuem Recht künftig nicht mehr möglich.
b) Das neue Abberufungsrecht ist auch für Abberufungen von Mitgliedern eines Gesamtbetriebsrats anzuwenden, die auf Grund einer Wahl nach altem Recht Mitglied eines entsendenden Betriebsrats geworden sind und nach § 47 Abs. 2 BetrVG aF entsandt worden sind. Aus der Übergangsregelung in Art. 14 des BetrVerf- ReformGesetzes folgt nicht, dass für die Abberufung von Gesamtbetriebsrats- und Ersatzmitgliedern weiterhin der Gruppenschutz des § 47 Abs. 2 BetrVG aF bis zur Neuwahl des Betriebsrats anzuwenden ist. Zwar gilt nach Art. 14 Satz 2 BetrVerf- ReformGesetz Art. 1 Nr. 35a BetrVerf-ReformGesetz für die im Zeitpunkt des In-Kraft- Tretens des Gesetzes bestehenden Betriebsräte erst bei deren Neuwahl. Art. 1 Nr. 35a BetrVerf-ReformGesetz betrifft die Neufassung des § 47 Abs. 2 BetrVG. Dennoch ist bereits vor der Neuwahl der Betriebsräte § 47 Abs. 2 nF bei der Abberufung anzuwenden. Das ergibt die Auslegung der Übergangsregelung (so auch Hanau in seiner von den Antragstellern vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme; anderer Auffassung Zachert in seiner gutachterlichen Stellungnahme im Auftrag des Vorstandes der IG Metall S. 14).
aa) Nach der Übergangsregelung des Art. 14 Satz 2 iVm. Art. 1 Nr. 35a BetrVerf- Reformgesetz soll ua. § 47 Abs. 2 BetrVG nF insgesamt für die im Zeitpunkt des In- Kraft-Tretens bestehenden Betriebsräte erst bei deren Neuwahl gelten. Damit gilt nach dem Wortlaut auch § 47 Abs. 2 Satz 4 BetrVG aF über die Abberufung. Der Wortlaut ist aber bereits dann nicht mehr eindeutig, wenn bedacht wird, dass die Anordnung der Fortgeltung der Gruppenschutzbestimmungen des § 47 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 BetrVG aF über die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat wegen des Wegfalls des Gruppenschutzes nicht mehr zwingend das Wahlverfahren, sondern nur noch die Zahl der in den Gesamtbetriebsrat zu entsendenden Betriebsratsmitglieder sichern soll. Das ermöglicht auch die Auslegung, der Gesetzgeber habe mit der Übergangsregelung trotz Abschaffung der Gruppenschutzbestimmungen für die Zukunft ausschließlich die zahlenmäßige Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats nicht verändern wollen, um die Notwendigkeit neuer Entsendungsbeschlüsse vor der Neuwahl des Betriebsrats zu vermeiden.
bb) Diese Auslegung wird bei Einbeziehung der Vorstellungen der Normgeber bestätigt. Die Übergangsregelung des Art. 14 BetrVerf-Reformgesetz beruht in seiner jetzigen Fassung auf einem Änderungsvorschlag des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung. Der Gesetzesentwurf sah zunächst ein In-Kraft-Treten des Gesetzes ohne Übergangsregelung vor. Wie sich aus dem Bericht des Ausschusses ergibt, sollte mit der von ihm vorgeschlagenen Übergangsregelung zum einen erreicht werden, dass die bestehenden Betriebsräte in der Größe und ihrer Zusammensetzung beibehalten werden, in der sie gewählt worden sind. Das betraf die Fortgeltung der §§ 9 und 15 BetrVG aF. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass für Betriebsräte mit bis zu drei Mitgliedern die Absenkung der Zahl der in den Gesamtbetriebsrat zu entsendenden Betriebsratsmitglieder von bisher zwei auf ein Mitglied erst mit der Neuwahl des Betriebsrats zur Anwendung kommt (BT-Drucks. 14/6352 S. 55). Allein dieser Satz der Begründung bezieht sich auf die Fortgeltung des § 47 Abs. 2 aF (ebenso Hanau aaO, S. 4 zu II 2). Eine Fortgeltung des Gruppenschutzes insbesondere auch hinsichtlich der Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats durch Erhalt der bisherigen Abberufungsregeln wird dort nicht angesprochen (ähnlich Hanau aaO S. 4, der bereits daraus schließt, dass die Regelung nicht den Gruppenschutz der Gesamtbetriebsratsmitglieder umfasst; aA Zachert aaO S. 6 zu III 1, der von einer umfassenden Ausnahme zur Aufhebung des Gruppenschutzes in Art. 14 BetrVerf-Reformgesetz ausgeht).
cc) Die Systematik des Gesetzes spricht ebenfalls für die vorstehende Auslegung. Es ist zu berücksichtigen, dass die Überleitungsregeln keinen umfassenden Gruppenbestandsschutz für den Gesamtbetriebsrat geschaffen haben. Der Gruppenschutz bestand nach altem Recht durch eine Verweisung in § 47 Abs. 3 Satz 2 BetrVG auf § 47 Abs. 2 BetrVG auch für Ersatzmitglieder. Mit In-Kraft-Treten des BetrVerf- Reformgesetzes ist die entsprechende Regelung ohne Überleitung aufgehoben. Art. 14 des BetrVerf-Reformgesetzes verweist nämlich nicht auf die übergangsweise Fortgeltung von Nr. 35b BetrVerf-Reformgesetz und damit der Regelung in § 47 Abs. 3 Satz 2 BetrVG aF. Für Betriebsratsmitglieder, die als Ersatzmitglieder bestellt wurden, ist deshalb § 47 Abs. 2 BetrVG nF sogleich anzuwenden. Bei einer Auslegung des Gesetzes, die zur Anwendung des früheren Abberufungsrechts für Mitglieder des Gesamtbetriebsrats nach neuem Recht käme, müssten diese nach den Grundsätzen des Gruppenschutzes gemäß § 47 Abs. 2 BetrVG aF abberufen werden, während Ersatzmitglieder ohne Geltung der Gruppenschutzregelungen abberufen werden könnten. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung dieses Inhalts hat schaffen wollen.
dd) Die Auslegung ist letztlich aus teleologischen Gründen geboten. Die Beibehaltung eines umfassenden Gruppenschutzes für die Gesamtbetriebsratsmitglieder bis zur Neuwahl nach neuem Recht führte zu einer nicht veränderbaren Stimmenverteilung im Gesamtbetriebsrat, die mit dem Ziel der Aufhebung des Gruppenprinzips nicht zu vereinbaren wäre. Art. 14 BetrVerf-Reformgesetz bestimmt für § 47 Abs. 7 BetrVG aF nämlich keine übergangsweise Fortgeltung. Danach hatte jedes Mitglied des Gesamtbetriebsrats so viele Stimmen, wie in dem Betrieb in dem es gewählt wurde, wahlberechtigte Angehörige seiner Gruppe in der Wählerliste eingetragen waren. Nach § 47 Abs. 7 BetrVG nF hat demgegenüber jedes Mitglied des Gesamtbetriebsrats so viele Stimmen, wie in dem Betrieb, in dem es gewählt wurde, wahlberechtigte Arbeitnehmer einer Wählerliste eingetragen sind. Entsendet der Betriebsrat mehrere Mitglieder, stehen ihnen die Stimmen anteilig zu. Die Zahl der repräsentierten Gruppenangehörigen ist unerheblich. Hat der entsendende Betrieb beispielsweise 600 Arbeitnehmer, darunter 150 Arbeiter, würden dem von der Gruppe der Arbeiter entsandten Gesamtbetriebsratsmitglieder nunmehr 300 statt bisher 150 Stimmen zustehen (Beispiel nach Däubler DB 2001, 1669, 1670). Das lässt sich mit dem Gruppenschutz nicht rechtfertigen. Hätte der Gesetzgeber die Entsendung und Abberufung von Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat weiter den Gruppen in getrennter Abstimmung überlassen, hätte auch die übergangsweise Fortgeltung des § 47 Abs. 7 BetrVG aF bestimmt werden müssen. Die Stimmgewichtung nach § 47 Abs. 7 BetrVG aF war notwendiges Korrektiv dafür, dass auch eine im Betriebsrat nur zahlenmäßig kleine Gruppe ebenso wie die andere größere Gruppe eines ihrer Mitglieder in den Betriebsrat entsandte.
3. Nach diesen Grundsätzen ist die Abberufung der Antragsteller als Gesamtbetriebsratsmitglied bzw. als Ersatzmitglieder durch das Betriebsratsgremium und nicht nur durch die Arbeiter im Betriebsrat nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde durfte der Betriebsrat den Abberufungsbeschluss mit einfacher Mehrheit (nach § 33 BetrVG) fassen. Es gelten nicht die Grundsätze der Verhältniswahl. Das hat der Senat für die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Gesamtbetriebsrat bereits entschieden. Denn es handelt sich bei der Entscheidung über die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BetrVG nF zu entsendenden Betriebsratsmitglieder nicht um eine Wahl, sondern um einen Geschäftsführungsbeschluss des Betriebsrats nach § 33 Abs. 1 BetrVG ( - AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 13 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 1, zu B II der Gründe). Für den Abberufungsbeschluss gilt nichts anderes.
Fundstelle(n):
JAAAB-94607
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