Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; TzBfG § 1; TzBfG § 3 Abs. 1; TzBfG § 4; TzBfG § 17 Satz 1; BGB § 134; BGB § 611 Abs. 1; BeschFG 1996 § 1 Abs. 5; ZPO § 256 Abs. 1; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung) vom (Abl. EG 1999 Nr. L 175 S. 45) § 4 Nr. 1; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung) vom (Abl. EG 1999 Nr. L 175 S. 45) § 4 Nr. 2; Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom (Abl. EG 1999 Nr. L 175 S. 43); ETV-Arb Deutschen Post AG (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom § 23; ETV-Arb Deutschen Post AG (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom § 24; ETV-Arb Deutschen Post AG (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom § 25; ETV-Arb Deutschen Post AG (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom Anlage 6; ETV-Arb Deutschen Post AG (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom Anlage 9
Instanzenzug: ArbG Bremen 9 Ca 9289/01 vom LAG Bremen 1 Sa 108/02 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über tarifliche Besitzstandszulagen.
Die Klägerin ist seit dem ununterbrochen bei der Beklagten als Zustellerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war mehrfach befristet. Die Parteien schlossen ua. am einen befristeten Arbeitsvertrag über eine Vollzeitbeschäftigung bis zum . Als Befristungsgrund war angegeben "§ 1 Beschäftigungsförderungsgesetz". Am trafen sie eine Vereinbarung, nach der die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses geändert wird ab dem bis zum . Als Befristungsgrund wurde wiederum angegeben "§ 1 Beschäftigungsförderungsgesetz". Seit dem besteht zwischen den Parteien auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Vollzeit. Auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit finden die zwischen der Beklagten und der Deutschen Postgewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeiter Anwendung.
Mit dem am in Kraft getretenen Entgelttarifvertrag für die Arbeiter der Beklagten (Dritter Teil des Tarifvertrags Nr. 75 d) vom (ETV-Arb) wurden die bisherigen Grundvergütungen abgesenkt und leistungsabhängige variable Entgeltbestandteile eingeführt. In diesem Zusammenhang ist in ETV-Arb bestimmt:
"§ 23
Geltungsbereich für § 24 und § 25
Für Arbeiter, die am bereits und am noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.
§ 24
Besitzstand Lohn
Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) gemäß Anlage 6.
§ 25
Besitzstand Zulagen, Zuschläge und Entschädigungen
Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) gemäß Anlage 9."
Mit dem ETV-Arb setzten die Tarifvertragsparteien eine Eckpunktevereinbarung vom (Petersburger Eckpunktepapier) um. Darin verpflichtete sich die Beklagte ua. 1.200 Zusteller aus dem Kreis der befristet beschäftigten Arbeitnehmer auf Dauer einzustellen. Außerdem verzichtete sie bis zum auf die Fremdvergabe von Zustellbezirken und schloss für die Zeit vom bis zum betriebsbedingte Beendigungskündigungen aus.
Die Klägerin erhielt seit dem weder die Besitzstandszulage Lohn noch die Besitzstandszulage Zuschläge. Sie hat deshalb gemeint, die Zahlung der Zulagen nur an Arbeiter, die sowohl am als auch am unbefristet beschäftigt gewesen seien, diskriminiere befristet beschäftigte Arbeitnehmer.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie ab dem Anspruch auf Zahlung einer
a) Besitzstandszulage Lohn nach § 24 iVm. Anlage 6 und
b) Besitzstandszulage Zuschläge nach § 25 iVm. Anlage 9, Dritter Teil des Entgelttarifvertrags (ETV-Arb) Nr. 75 d hat;
hilfsweise,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Besitzstandszulage Lohn für das Jahr 2001 in Höhe von 2.342,77 Euro brutto zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Besitzstandszulage Zuschläge für das Jahr 2001 in Höhe von 103,11 Euro brutto zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen,
3. die Beklagte zu verurteilen, die Höhe der Besitzstandszulage Lohn nach § 24 iVm. Anlage 6 und die Besitzstandszulage Zuschläge nach § 25 iVm. Anlage 9, Dritter Teil, Entgelttarifvertrag Arbeiter Nr. 75 d zu berechnen und ab dem als Besitzstandszulage an sie zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Tarifvertragsparteien seien im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie berechtigt gewesen, die an den Stichtagen befristet beschäftigten Arbeiter von der Zahlung der Besitzstandszulagen auszunehmen. Unabhängig davon rechtfertigten auch die aus dem Petersburger Eckpunktepapier folgenden sachlichen Gründe die unterschiedliche Behandlung.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der Beklagten hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin stehen zwar die tariflichen Besitzstandszulagen ab dem für die restliche Laufzeit des befristeten Arbeitsverhältnisses bis zum zu. Diese Zulagen kann sie jedoch ab dem Beginn der unbefristeten Beschäftigung nicht mehr beanspruchen.
I. Die Klage ist zulässig. Für das Feststellungsbegehren fehlt nicht das von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse. Wegen der von der Klägerin sowohl für zurückliegende als auch künftige Monate beanspruchten Besitzstandszulagen in noch nicht feststehender Höhe ist eine Bezifferung des Anspruchs nicht möglich. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat eine Leistungsklage daher keinen Vorrang.
II. Die Klägerin hat für die Zeit vom bis zum gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung einer Besitzstandszulage Lohn nach § 24 iVm. Anlage 6 ETV-Arb und einer Besitzstandszulage Zuschläge nach § 25 iVm. Anlage 9 ETV-Arb. Der Ausschluss befristet Beschäftigter von der Gewährung dieser Zulagen verstößt für die Dauer der befristeten Beschäftigung gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.
1. Nach § 23 ETV-Arb finden die Regelungen der §§ 24 und 25 ETV-Arb für Arbeiter, die am bereits und am noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung. Die Tarifvorschrift legt damit den persönlichen Geltungsbereich für den Anspruch auf die Besitzstandszulagen fest. Jener ist auf Arbeiter begrenzt, die über die Jahreswende 2000/2001 hinaus in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht. Sie ist erst seit dem unbefristet beschäftigt.
2. Tarifliche Regelungen müssen mit § 4 TzBfG vereinbar sein. Die in dieser Vorschrift geregelten Diskriminierungsverbote stehen nach § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien (vgl. -).
3. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG darf ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das dient der Umsetzung von § 4 Nr. 1 der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung (Rahmenvereinbarung) über befristete Arbeitsverträge vom , die in die Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom (Abl. EG 1999 Nr. L 175 S. 43) aufgenommen worden ist. Danach müssen ungleiche Beschäftigungsbedingungen befristet beschäftigter Arbeitnehmer gegenüber denen vergleichbarer Dauerbeschäftigten aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein. Dieses spezielle Verbot der schlechteren Behandlung befristet beschäftigter gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern ist, wie das in § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG für den Bereich der Teilzeitarbeit geregelte Diskriminierungsverbot ( - AP TzBfG § 4 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 der Gründe; - 5 AZR 8/03 -), zugleich ein gesetzlich geregelter Sonderfall des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG.
4. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Diese Vorschrift regelt kein absolutes Benachteiligungsverbot beim Entgelt (ErfK/Preis 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 65; Meinel/Heym/Herms TzBfG § 4 Rn. 103; Kliemt NZA 2001, 63, 69; aA Rolfs TzBfG § 4 Rn. 3; Sievers TzBfG § 4 Rn. 14, 34; Däubler ZIP 2001, 217, 218). Ebenso wie beim Diskriminierungsverbot Teilzeitbeschäftigter nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ( -; - 10 AZR 675/02 - AP TzBfG § 4 Nr. 4 = EzA TzBfG § 4 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 a der Gründe; - 6 AZR 222/01 - AP TzBfG § 4 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 5 der Gründe) ist eine Schlechterstellung von befristet beschäftigten Arbeitnehmern bei Vorliegen eines sachlichen Grundes auch im Entgeltbereich zulässig.
a) Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG lässt, anders als § 4 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 TzBfG, Ausnahmen auch bei Vorliegen sachlicher, eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigender Gründe nicht ausdrücklich zu. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Bereich des Arbeitsentgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung eine Ungleichbehandlung befristet und unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer ausnahmslos verboten ist. Der systematische Zusammenhang zwischen § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG spricht für ein einheitliches Verbot einer sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung. § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG konkretisiert lediglich das allgemeine Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für den Bereich des Arbeitsentgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung, ohne eine nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bei Vorliegen sachlicher Gründe erlaubte unterschiedliche Behandlung auszuschließen.
b) Das bestätigt auch die Entstehungsgeschichte der Norm. § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG setzt § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung um, wonach der pro-rata-temporis-Grundsatz nur gilt, wo dies angemessen ist. Das zwingt nicht zur Regelung eines absoluten Differenzierungsverbots im Bereich der Vergütung. Ein solches entspricht auch nicht der Gesetzesbegründung. Der Regierungsentwurf zu § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG (BT-Drucks. 14/4374 S. 16) geht davon aus, dass auch im Bereich des Arbeitsentgelts oder einer anderen teilbaren geldwerten Leistung sachliche Gründe eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Das in diesem Zusammenhang aufgeführte Beispiel kurzzeitiger Arbeitsverhältnisse, bei denen bestimmte Zusatzleistungen unter bestimmten Voraussetzungen nicht zwingend anteilig gewährt werden müssen, lässt gerade nicht auf die Absicht des Gesetzgebers schließen, für den Bereich des Entgelts ein absolutes Diskriminierungsverbot regeln zu wollen.
5. § 23 ETV-Arb benachteiligt die an den Stichtagen befristet beschäftigten Arbeiter für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses gegenüber vergleichbaren dauerhaft beschäftigten Arbeitern. Ihnen werden für die Laufzeit des befristeten Arbeitsverhältnisses nach dem die tariflichen Besitzstandszulagen vorenthalten. Damit entspricht ihr Arbeitsentgelt nicht mehr der Vergütung der an den Stichtagen unbefristet beschäftigten vergleichbaren Arbeitern. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Benachteiligung durch die Einführung leistungsabhängiger variabler Entgeltbestandteile nicht ausgeglichen worden. Während die an den Stichtagen unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer die tarifliche Besitzstandszulage Lohn unabhängig von ihrer Leistung erhalten, vermindert sich bei den befristet beschäftigten Arbeitern die Lohnkürzung nur bei einer befriedigenden bis sehr guten Gesamtbeurteilungsstufe. Die Besitzstandszulage Zuschläge wird ungeachtet der individuellen Leistung überhaupt nicht mehr gezahlt.
6. Die Ausgrenzung der an den Stichtagen befristet beschäftigten Arbeiter aus dem Kreis der Zulagenberechtigten für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses ist nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.
a) Ebenso wie eine unterschiedliche Behandlung von teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern nach § 4 Abs. 1 TzBfG ( - AP TzBfG § 4 Nr. 4 = EzA TzBfG § 4 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 a der Gründe; - 10 AZR 714/00 - BAGE 99, 140, 148; - 6 AZR 460/96 - BAGE 88, 92, 96; - 6 AZR 65/96 - BAGE 86, 326, 330) kann eine Ungleichbehandlung befristet und unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer im Bereich des Arbeitsentgelts nur gerechtfertigt sein, wenn sich der Grund für die Differenzierung aus dem Leistungszweck ergibt. Allerdings sind die Tarifvertragsparteien grundsätzlich darin frei, in Ausübung ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten autonomen Regelungsmacht den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen ( - BAGE 88, 92, 97). Dieser ist der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen ausdrücklichen Zweckbestimmung der Leistung zu entnehmen oder im Wege der Auslegung der Tarifnorm zu ermitteln. Auf den Leistungszweck kann aus den jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen oder den Ausschluss- oder Kürzungstatbeständen geschlossen werden ( -; - 10 AZR 675/02 - AP TzBfG § 4 Nr. 4 = EzA TzBfG § 4 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3 a der Gründe).
b) Die in § 24 ETV-Arb iVm. Anlage 6 geregelte Besitzstandszulage Lohn und die in § 25 ETV-Arb iVm. Anlage 9 geregelte Besitzstandszulage Zuschläge dienen ausschließlich dem Ausgleich der mit der Einführung des neuen tariflichen Vergütungssystems zum verbundenen Lohnminderungen in einem laufenden Arbeitsverhältnis.
aa) Der Zweck der Zulagenregelung, die bisherige Vergütung zu sichern, wird bereits aus der Bezeichnung der tariflichen Leistung als Besitzstandszulage und der Überschrift des Fünften Teils des ETV-Arb "Besitz- und Rechtsstandsregelungen" deutlich. Die Ausgestaltung der Zulagen in den Anlagen 6 und 9 ETV-Arb und ihre Höhe bestätigen diese Zielsetzung.
bb) Ein weitergehender Leistungszweck kommt in der tariflichen Regelung nicht zum Ausdruck. Die Tarifvertragsparteien haben für die Zulagenberechtigung nicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter oder andere soziale Gesichtspunkte oder sonstige Kriterien abgestellt. Nach § 23 ETV-Arb ist für den Anspruch auf die Zulagen nach § 24 ETV-Arb und § 25 ETV-Arb allein das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses an den Stichtagen und maßgebend.
c) Der Sicherungszweck der tariflichen Besitzstandszulagen erlaubt keine Ausgrenzung von Arbeitnehmern, die an den Stichtagen in einem befristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen.
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Vertrauen eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers auf den Fortbestand der bisherigen Arbeitsbedingungen für die Dauer der Befristung seines Arbeitsvertrags nicht geringer zu bewerten als das eines unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers. Wird ein Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen, ist zwar die Beendigung des Arbeitsverhältnisses absehbar. Daraus ergibt sich jedoch kein geringerer Inhaltsschutz des befristeten Arbeitsverhältnisses. Während der Zeit, für die das Arbeitsverhältnis eingegangen ist, wird ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer von einer Absenkung seiner Grundvergütung ebenso betroffen wie ein unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer. Auch im Hinblick auf die von der Beklagten angeführte Demotivation auf Grund der Absenkung der Grundvergütung ergeben sich keine Unterschiede. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf eine fehlende langfristige Perspektive der befristet beschäftigten Arbeitnehmer im Unternehmen. Damit beschreibt sie letztlich die von ihr zu verantwortende Wirkung einer Befristung, die für sich gesehen keine Schlechterstellung rechtfertigen kann.
bb) Auch soweit die Beklagte die Ausgrenzung der an den Stichtagen befristet beschäftigten Arbeitnehmer damit begründet, diese sei Teil eines tarifvertraglichen Gesamtpakets, ohne diesen Kompromiss wäre die Zulagenregelung für die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer nicht getroffen worden, vermag das die Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Die Tarifvertragsparteien erzielen eine Übereinkunft stets auf der Grundlage gegenseitiger Zugeständnisse. Sie sind jedoch durch § 22 TzBfG gehindert, ihre jeweiligen Verhandlungspositionen unter Verletzung eines gesetzlichen, Art. 3 Abs. 1 GG konkretisierenden Diskriminierungsverbots zu erweitern.
cc) Ungeachtet der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, wonach befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Vergleich zu unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern in der Regel jünger seien, wegen ihrer größeren Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen hätten und seltener einer Gewerkschaft angehörten, rechtfertigt das die Ungleichbehandlung nicht. Solche Motive kommen in der tariflichen Regelung nicht zum Ausdruck. Ob sie überhaupt als Differenzierungsgründe außerhalb der Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags (vgl. - BAGE 95, 277) geeignet sein können, bedarf keiner Entscheidung.
dd) Schließlich sind auch der Verzicht der Beklagten auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen bis zum Ende des Jahres 2004, die bis zum ausgeschlossene Fremdvergabe von Zustellbezirken und die Verpflichtung der Beklagten, 1.200 Zusteller einzustellen und den dazu erforderlichen Bedarf an Arbeitnehmern aus dem Kreis der befristet Beschäftigten zu decken, nicht geeignet, die Benachteiligung der befristet beschäftigten Arbeiter zu rechtfertigen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass durch den zeitweiligen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und die Fremdvergabe von Zustellbezirken vor allem die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer begünstigt werden. Diese hätten auf Kosten der befristet Beschäftigten einen Vorteil. Einen solchen räumt die tarifliche Regelung den befristet beschäftigten Arbeitern nicht ein. Ihre Benachteiligung wird nicht durch einen individuellen tariflichen Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kompensiert. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Übernahmeanspruch die Ausgrenzung bei der Zahlung der Besitzstandszulagen rechtfertigen könnte.
7. Folge des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist die teilweise Nichtigkeit von § 23 ETV-Arb, soweit die an den Stichtagen befristet beschäftigten Arbeitnehmer für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von der Zulagengewährung ausgenommen sind. Das führt zu einem Anspruch der Klägerin auf die in §§ 24 und 25 ETV-Arb geregelten Besitzstandszulagen für die Zeit vom bis zum .
a) Bei Verstößen gegen die Diskriminierungsverbote des § 4 TzBfG sind die leistungsgewährenden Tarifvertragsbestimmungen auf diejenigen Personen zu erstrecken, die entgegen den Diskriminierungsverboten von den tariflichen Leistungen ausgeschlossen wurden ( - AP TzBfG § 4 Nr. 4 = EzA TzBfG § 4 Nr. 5, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 4 der Gründe). Das gilt jedenfalls solange, bis die Tarifvertragsparteien selbst eine diskriminierungsfreie Regelung schaffen (ErfK/Preis 4. Aufl. § 4 TzBfG Rn. 75).
b) Ursprünglich bestand zwischen den Parteien auf Grund des Arbeitsvertrags vom zwar nur ein bis zum befristetes Arbeitsverhältnis. Die Laufzeit dieses Vertrags wurde durch weitere Vereinbarung der Parteien vom bis zum aber hinausgeschoben. Erst mit dem Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags wurde die Laufzeit des bisherigen befristeten Arbeitsverhältnisses auf den verkürzt.
c) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei dem Vertrag vom nicht um den Neuabschluss eines weiteren befristeten Arbeitsverhältnisses. Der ursprüngliche Vertrag vom war ein Zeitvertrag nach § 1 BeschFG 1996. Die Befristung in diesem Vertrag haben die Parteien ausdrücklich auf diese Rechtsgrundlage gestützt. Damit haben sie eine Befristung vereinbart, für deren Wirksamkeit es keines Sachgrundes bedurfte und für den eine Verlängerungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG 1996 bestand. Der noch während der Laufzeit dieses Vertrags geschlossene Änderungsvertrag vom ist nach dem erkennbaren Parteiwillen ein Verlängerungsvertrag iS dieser Rechtsvorschrift (vgl. - BAGE 95, 255; - 7 AZR 546/99 - BAGE 95, 250). Mit ihm haben die Parteien unter Beibehaltung aller bisherigen Vertragsbedingungen lediglich die Laufzeit des Vertrags vom über den bis zum hinausgeschoben. Nach der getroffenen Vereinbarung ist nichts dafür ersichtlich, dass sie abweichend von der bisherigen Befristungsvereinbarung unter Verstoß gegen das Anschlussverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996 ein neues und vom bisherigen Zeitvertrag unabhängiges befristetes Arbeitsverhältnis begründen wollten.
8. Entgegen der Auffassung der Beklagten wirkt das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG nicht unzulässig zurück.
a) Eine echte Rückwirkung liegt nicht vor. Eine solche setzt voraus, dass der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem sie in Kraft getreten ist ( - BVerfGE 97, 67, 78). Daran fehlt es. Das TzBfG vom ist am (BGBl. I S. 1966) verkündet worden und nach Art. 4 am zeitgleich mit dem ETV-Arb in Kraft getreten.
b) Das TzBfG gilt ohne Übergangsregelung. Seine Bestimmungen erstrecken sich auf alle Sachverhalte, die sich seit dem in seinem Geltungsbereich verwirklichen ( - AP TzBfG § 14 Nr. 2 = EzA TzBfG § 14 Nr. 2, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Danach müssen sich auch Tarifverträge, die bereits vor In-Kraft-Treten des TzBfG vereinbart waren, an den Diskriminierungsverboten dieses Gesetzes messen lassen. § 4 TzBfG knüpft auch insoweit an einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt an. Eine solche Anknüpfung ist grundsätzlich zulässig. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann allerdings je nach Lage der Verhältnisse im Einzelfall der Regelungsbefugnis Schranken setzen. Wie weit der Vertrauensschutz bei Diskriminierungsverboten reicht, kann offen bleiben. Bereits beim Abschluss des Tarifvertrags Nr. 75 d am mussten die Tarifvertragsparteien davon ausgehen, dass der Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverhältnisse vom bis spätestens (Art. 2 Abs. 1 Satz 1) nachkommt. Unabhängig davon galt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
III. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten begründet.
1. Die Klägerin hat seit dem nach § 23 ETV-Arb keinen Anspruch mehr auf die tariflichen Besitzstandszulagen. Nach dieser Bestimmung finden die Regelungen der §§ 24 und 25 ETV-Arb für Arbeiter, die am bereits und am noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen und stehen, für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht. Sie wird seit dem unbefristet beschäftigt.
2. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die in § 23 ETV-Arb getroffene Regelung sei auch insoweit unwirksam, als sie Arbeitern den Anspruch auf die tariflichen Besitzstandszulagen versagt, die erst nach dem im unmittelbaren Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein Dauerarbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet haben.
a) Ab der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses fehlt es an einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Seit diesem Zeitpunkt unterfällt die Klägerin nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich der Norm. Dieser erstreckt sich auf befristet beschäftigte Arbeitnehmer. Dazu zählen nach § 3 Abs. 1 TzBfG diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag auf eine bestimmte Zeit geschlossen ist, sei es dass die Befristung kalendermäßig oder zweckbefristet erfolgt. Dazu gehört die Klägerin ab dem Beginn des Dauerarbeitsverhältnisses nicht mehr.
b) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts schützt § 4 Abs. 2 TzBfG nicht Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen eingehen. Dieser Schutz ist dem Befristungskontrollrecht vorbehalten. Nach § 17 Satz 1 TzBfG, der die gleichlautende Vorschrift des § 1 Abs. 5 BeschFG 1996 ersetzt hat, kann der Arbeitnehmer zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Befristung binnen einer Frist von drei Wochen nach Ablauf der Befristung Klage auf Feststellung des Fortbestandes des befristeten Arbeitsverhältnisses erheben. Macht er von dieser Kontrollmöglichkeit keinen Gebrauch, kann er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge der Befristung nicht mehr in Frage stellen. Mit dem Versäumen der Klagefrist werden alle Voraussetzungen einer rechtswirksamen Befristung fingiert ( - BAGE 93, 305). Ein gesetzlicher Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Anschluss an ein als wirksam befristet geltendes Arbeitsverhältnis besteht nicht. Vielmehr kann der Arbeitgeber frei darüber entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen er dem Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags unterbreitet. Danach hat der befristet beschäftigte Arbeitnehmer wegen der wirksamen Befristung einen geringeren arbeitsvertraglichen Bestandsschutz als ein auf Dauer eingestellter Arbeitnehmer. Dieser ist grundsätzlich vor einer einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen durch § 2 KSchG geschützt. Demgegenüber muss ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer davon ausgehen, dass im Anschluss an eine als wirksam geltende Befristung die Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses auch zu geänderten Arbeitsbedingungen erfolgen kann. An diese Unterschiede im vertraglich erworbenen Besitzstand (vgl. - BAGE 100, 304) knüpft die tarifliche Regelung in zulässiger Weise an.
3. Der Anspruch der Klägerin auf die tariflichen Besitzstandszulagen für die Zeit ab dem folgt nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Ob der Gleichheitssatz die Tarifvertragsparteien in gleicher Weise wie den Gesetzgeber bindet, bedarf keiner Entscheidung. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt nicht vor. Die Klägerin wird gegenüber der nunmehr für sie maßgeblichen Vergleichsgruppe der neu eingestellten unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer nicht ungleich behandelt.
b) Auch die Herausnahme solcher Arbeiter aus dem Kreis der Zulagenberechtigten, die erst nach dem ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zur Beklagten eingegangen sind, ist nicht gleichheitswidrig. Die Tarifvertragsparteien sind durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht daran gehindert, für eine Zulagenberechtigung Stichtage einzuführen (vgl. ua. - BVerfGE 87, 1, 43). Stichtage sind als Ausdruck einer pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Zeitpunktes am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist ( - AP TVG § 1 Beschäftigungssicherung Nr. 1 = EzA GG Art. 3 Nr. 99, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu A II 2 b aa der Gründe; - 10 AZR 643/99 - insoweit nicht veröffentlicht, zu II 3 a aa (1) der Gründe; - 1 AZR 498/81 - BAGE 42, 217, 222). Eine Umstellung von Vergütungssystemen wäre ohne Stichtagsregelungen nicht durchführbar. Dementsprechend knüpft auch § 23 ETV-Arb an die Einführung eines neuen tariflichen Vergütungssystems an, um Nachteile für bestandsgeschützte Arbeitsverhältnisse zu vermeiden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
IAAAB-94454
1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein