Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 256
Instanzenzug: ArbG Dortmund 1 Ca 8071/02 vom LAG Hamm 19 Sa 1569/03 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des vereinbarten Bruttoarbeitsentgelts.
Die Beklagte betreibt ein Autohaus. Der Kläger war dort vom bis zum beschäftigt. Bis zum erhielt der Kläger eine Bruttomonatsvergütung iHv. 4.950,00 DM (= 2.530,89 Euro). Der Nettolohn wurde dem Kläger jeweils bar in einer Lohntüte übergeben.
Vom bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am führte die Beklagte auf der Grundlage einer Bruttomonatsvergütung iHv. 3.900,00 DM (= 1.994,04 Euro) Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab. Für den Monat Juli 2001 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Lohnabrechnung über einen Bruttobetrag iHv. 3.900,00 DM. Nach Erhalt dieser Abrechnung verlangte der Kläger von der Beklagten, auf der Grundlage eines Bruttomonatsverdienstes von 4.950,00 DM Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Nachdem die Beklagte dem nicht nachkam, hat der Kläger mit einem am beim Sozialgericht Dortmund eingegangenen Schriftsatz eine entsprechende Feststellungsklage erhoben. Mit Beschluss vom hat das Sozialgericht den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Dortmund verwiesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe seine Bruttomonatsvergütung 4.950,00 DM bzw. 2.530,89 Euro betragen. Er habe in der Lohntüte ein monatliches Nettoentgelt iHv. 2.830,21 DM bzw. 1.447,06 Euro erhalten, was diesem monatlichen Bruttoverdienst entspreche.
Der Kläger hat in der Revision beantragt
festzustellen, dass das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers im Zeitraum vom bis zum 4.950,00 DM und im Zeitraum vom bis zum 2.530,89 Euro betragen hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, in einem Gespräch zwischen ihrem Geschäftsführer und dem Kläger im September 2000 sei vereinbart worden, dass der Kläger nicht mehr als Werkstattleiter eingesetzt und sein monatliches Arbeitsentgelt auf 3.900,00 DM brutto (= 1.994,04 Euro) abgesenkt werde. Dem entsprechend sei dem Kläger ein niedrigeres Nettoentgelt ausgezahlt worden. Die getroffene Vereinbarung habe sie dem Kläger in einem Schreiben vom bestätigt. Das Original des Schreibens sei dem Kläger übergeben worden, sie habe eine Kopie behalten. In dem Schreiben heißt es:
"Sehr geehrter Herr M,
wir bestätigen Ihnen nochmals den Inhalt des mit Ihnen geführten Gespräches. Von einer Kündigung wird zunächst einmal abgesehen.
Allerdings werden Sie die Funktion der Werkstattleitung nicht mehr ausüben. Daraus resultiert zwangsläufig eine Verschlechterung Ihres Entgeldes. Ihr neues Bruttogehalt beträgt somit 3.900,00 DM.
Wir hoffen eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden zu haben und verbleiben
mit freundlichen Grüßen
Autohaus E GmbH"
Auf dem Schreiben befindet sich unten rechts der handschriftliche Vermerk:
"Erhalten und in Ordnung" sowie der Namenszug M, von dem die Beklagte behauptet, er stamme vom Kläger.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die Klage als unzulässig abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter.
Gründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass er die Höhe seines Bruttomonatsverdienstes in der Zeit vom bis zum geklärt haben will. Während die Beklagte behauptet, die Arbeitsvergütung sei ab einvernehmlich von 4.950,00 DM auf 3.900,00 DM bzw. 1.994,04 Euro abgesenkt worden, bestreitet der Kläger das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung.
2. Gegenstand der Feststellungsklage ist ein Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Eine Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzt sein (Senat - 5 AZR 183/97 - AP BAT-O § 24 Nr. 2, zu II der Gründe; - AP BGB § 613a Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 6, zu II 1 a der Gründe; - 3 AZR 123/03 - ZTR 2005, 263, zu A der Gründe). Die Parteien streiten über die Höhe des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit über eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
3. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien vor Klageerhebung geendet hat. Bei einer Klage auf Feststellung eines in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses ist das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO gegeben, wenn sich gerade aus der begehrten Feststellung Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben (Senat - 5 AZR 364/01 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 78 = EzA ZPO § 256 Nr. 68, zu 1 b und c der Gründe; - 5 AZR 457/98 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 59 = EzA ZPO § 256 Nr. 52, zu I 2 der Gründe). Aus der vom Kläger begehrten Feststellung der Höhe des Arbeitsentgelts ergeben sich solche Rechtsfolgen. Obsiegt der Kläger, steht fest, dass die von der Beklagten behauptete Kürzung des Arbeitsverdienstes von 4.950,00 DM auf 3.900,00 DM nicht erfolgt ist und dem Kläger damit die Bruttodifferenz zusteht.
4. Der Kläger kann nicht auf den Vorrang der Leistungsklage verwiesen werden.
Zwar ist das rechtliche Interesse an der Erhebung einer Feststellungsklage in der Regel zu verneinen, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Allerdings kann auch in diesem Fall ein Feststellungsinteresse gegeben sein, wenn das angestrebte Urteil mit seiner lediglich ideellen, der Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern ( -, zu II 2 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil die Parteien allein über die Höhe der Bruttomonatsvergütung in der Zeit vom bis zum streiten. Der Kläger behauptet selbst, die dem Bruttobetrag von 4.950,00 DM bzw. 2.530,89 Euro entsprechende Nettozahlung erhalten zu haben. Da es dem Kläger ausschließlich um die Abführung von Abgaben und Beiträgen aus dem höheren Bruttobetrag geht, ist die Feststellungsklage aus prozessökonomischen Gründen geeignet, den Streit der Parteien zu beenden. Die Sozialversicherungsträger haben nach Maßgabe der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften die entsprechenden Beiträge einzuziehen, wenn die Höhe des von der Beklagten in dieser Zeit geschuldeten Arbeitsentgelts festgestellt wird. Entsprechendes gilt für die nachzuentrichtende Lohnsteuer.
5. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben, weil es die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist gem. § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann die Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts gerügt und zu Recht darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht das Schreiben vom nicht berücksichtigt hat. Dies wird vom Landesarbeitsgericht nachzuholen sein.
II. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
VAAAB-94266
1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein